Im letzten Beitrag zur Restauration geht es um verschiedene Bauteile, die neu verzinkt, verchromt oder anderweitig oberflächlich behandelt werden. Nach dem Zusammenbau wird die restaurierte Yamaha RD 350 LC wieder in Betrieb genommen.
Inhalt des 8. Teils der Yamaha RD 350 LC Restaurierung
10. Galvanisierte Bauteile
10.1 Schrauben und Kleinteile
10.2 Fußbremshebel und Verbindungsstange
10.3 Soziushaltebügel
10.4 Kotflügelhalter vorne
10.5 Gabelbrücke unten
11. Alle übrigen Teile
11.1 Aluminiumteile (Tauchrohre und Fußrastentraversen)
11.2 Räder und Reifen
11.3 Zentralfederbein
11.4 Kettensatz
11.5 Tankdeckel
12. Zusammenbau und Inbetriebnahme
10. Galvanisierte Bauteile
Schrauben, Muttern und Kleinteile sind entweder gelb, blau oder schwarz verzinkt. Als Blauverzinkung bezeichnen die Galvaniseure die normale, silbrig glänzende Verzinkung. Gelb und blau verzinken ist heute Standard, das Schwarzverzinken erledigen nur wenige Betriebe. Es scheint aufwändiger und komplizierter zu sein. Wie dem auch sei, man wird einen Betrieb finden, der das macht, zum Beispiel MEA in Frankfurt: http://www.mea-online.de/
Wenn man die RD komplett zerlegt und die Schrauben fein säuberlich gesammelt hat, sortiert man am besten alles nach Art der Beschichtung, arbeitet Schraubenköpfe und die anderen Teile je nach Bedarf auf und schickt sie zum Galvanisieren. Verzinkung ist nicht sehr teuer.
10.1 Schrauben und Kleinteile
Neue Originalschrauben von Yamaha sind nicht mehr in allen Dimensionen zu bekommen, oft auch nur in einer anderen Ausführung – und sie sind sehr, sehr teuer. Es lohnt sich, mit gutem Werkzeug zu arbeiten, um die Schraubenköpfe nicht zu beschädigen. Ein kräftiger Handschlagschrauber ist ein absolutes Muss. Ohne den bekommt man kaum eine Kreuzschlitzschraube auf, ohne den Schraubenkopf zu ruinieren. Leicht beschädigte Schraubenköpfe lassen sich retten, indem man die Schadstelle mit Hammerschlägen zurück staucht und anschließend eine genau passende gehärtete Schraubendreherklinge eintreibt, um den Kreuzschlitz wieder in Form zu bringen.
10.2 Fußbremshebel und Verbindungsstange
Der Fußbremshebel ist oft verbogen, lässt sich aber ganz gut richten, da es sich um ein Stanzteil moderater Festigkeit handelt. Wie beim Haupt- und Seitenständer und übrigens auch beim Schaltgestänge sollte man sich nicht über die Schlackerpassungen wundern. Die sind RD-spezifisch und ein Yamaha Qualitätsmerkmal jener Zeit. Lagerbuchsen oder Schmiermöglichkeiten sucht man vergebens. Ein Vorteil der Schlackerpassungen besteht allerdings darin, dass die Teile selten festrosten… Der Hebel ist original schwarz, das Gestänge samt Feder, Hülse und Einstellmutter blau verzinkt.
10.3 Soziushaltebügel
Der Soziushaltebügel ist das einzige verchromte Teil an der Yamaha RD LC außer den Scheinwerferringen. Yamaha verwendete aus Kostengründen traditionell billigen Industriechrom, wie auch bei den Auspufftöpfen und den anderen Chromteilen der luftgekühlten Vorgängermodelle. Industriechrom besteht nur aus einer Nickel- und einer Chromschicht, während bei einer hochwertigen Verchromung zuerst verkupfert, und dann erst vernickelt und verchromt wird. Industriechrom ist wenig korrosionsbeständig. Man wird also in aller Regel ein nicht mehr ganz taufrisches Teil vorfinden und muss abwägen, ob sich das Entmetallisieren – so nennen die Galvaniseure das „Entchromen“ – und anschließende handwerklich Neuverchromen lohnt. Ein preiswertes Unterfangen ist das nicht, und wenn man ein gutes gebrauchtes Teil ergattern kann, kommt man meist sehr viel günstiger weg.
10.4 Kotflügelhalter vorne
Das Teil ist blau verzinkt und einzeln als Ersatzteil nicht erhältlich. Man bohrt die Nieten heraus und gibt den Halter zum Galvaniseur. Vorsicht: Bei den Befestigungsschrauben handelt es sich um Spezialschrauben mit flachem Kopf, damit der Reifen beim Aus- und Einbau vorbei passt. Problem: Die Blindnieten mit dem originalen Kopfdurchmesser gibt es nicht im Handel. Ich verwende von Gesipa 5 x 12 Großkopf, Artikelnummer 6304052 und lege wie beim Original Scheiben unter. Leider sind auch die außerhalb der Norm. Man muss entweder die alten aufarbeiten oder sich welche anfertigen.
10.5 Gabelbrücke unten
Die untere Gabelbrücke ist ab Werk schwarz verzinkt.
11. Alle übrigen Teile
Bei den Tauchrohren gab es zwei Versionen: Die erste Serie hatte noch keine Ölablassschrauben (M6, Sechskantkopf). Die Gabelstandrohre rosten gerne und sind meistens krumm. Bei Horst Meise gibt es neue zu kaufen – sind auch bezahlbar.
11.1 Aluminiumteile (Tauchrohre und Fußrastentraversen)
Die Fußrastentraversen wie auch die Tauchrohre der Gabel sind ab Werk gebürstet und mit Klarlack beschichtet. Der Zahn der Zeit macht den Lack spröde, Feuchtigkeit dringt ein, und das darunter liegende Aluminium korrodiert. Bewährt hat sich das Strahlen mit Glasgranulat und anschließende Strukturieren mit der langsam laufenden Kunststofftopfbürste (blau). Das ergibt eine dem Original ähnliche Oberfläche. Man kann die Teile auch entlacken und polieren. Vom Lackieren ist abzuraten. Bei regelmäßiger Pflege bleiben die Aluminiumteile auf Dauer ansehnlich.
Zum Entlacken gut geeignet ist der Scheidel Oxystrip, www.scheidel.com. Wenn man den Abbeizer über Nacht einwirken lässt, lassen sich die Klarlackreste mit heißem Wasser problemlos abspülen.
11.2 Räder und Reifen für die Yamaha RD 350 LC / RD 250 LC
Einer der besten oder gar der beste Reifen für die Yamaha RD 350 LC / Yamaha RD 250 LC und andere Youngtimer ist heute der BT45 von Bridgestone. Solange man nicht bei Nässe fährt, kann man auch die Metzeler – seinerzeit quasi Standard für die RD – fahren, es gibt sie tatsächlich noch zu kaufen, aber eigentlich müssten sie verboten werden. Wer aus Sicherheitsreserven und auf Nassgriff Wert legt, kommt am Bridgestone BT45 nicht vorbei. Vorn benötigen die Yamaha RD 350 LC und RD 250 LC Reifen in der Dimension 3.00 H -18 und hinten im Format 3.50 H -18.
Ein leidiges und extrem ärgerliches Thema sind vermackte Felgenhörner durch unsachgemäßen Gebrauch von Montiereisen bzw. Verzicht auf Felgenschoner und Montageplatten. Tiefe Macken können zu Rissen führen. Da unglaublich viele RD´s immer noch ausgeschlachtet werden, besteht eine gewisse Chance, für kleines Geld bessere gebrauchte Felgen zu bekommen. Ansonsten heißt es hier in Handarbeit aufpolieren. Man kann ruhig mit grobem Schleifvlies (rot) beginnen. Die Felgenhörner sind ab Werk lediglich maschinell geschlichtet aber nicht hochglanzpoliert. Die Drehriefen sind erkennbar. Durch regelmäßiges Putzen und Nachpolieren werden die Felgen im Laufe der Jahre immer schöner. Man kann an dieser Stelle also durchaus und ausnahmsweise auch mal manana sagen.
Die Ruckdämpferelemente im Hinterrad sind robust und langlebig. Es ist äußerst selten, dass sie erneuert werden müssen. Ich hatte diesen Fall noch nicht, verfüge also auch nicht über Erfahrungen mit Zubehörteilen.
11.3 Zentralfederbein
Dieses Teil ist robust, langlebig und weit besser als sein Ruf. Defekte sind ausgesprochen selten. Für den normalen Solo-Fahrbetrieb kann selbst ein 80-Kilo-Fahrer eine weiche Einstellung wählen. Im Soziusbetrieb schlägt die Federung hingegen selbst bei maximaler Vorspannung schon mal durch. Dafür ist die Yamaha RD eigentlich auch nicht gebaut. Am besten passt zur filigranen RD – wenn es denn sein soll – eine ebenso zierliche Sozia. Aber das wäre ja dann wohl ein anderes Thema. Federn gab es in zwei Ausführungen. Späte Modelle haben eine blaue Kennzeichnung und verfügen über eine verbesserte Federrate.
Ein Blick in die Ersatzteilliste hilft: Die Bolzen und Scheiben können beim Federbein leichtverwechselt werden. Auf keinen Fall Normschrauben verwenden. Die passen nicht und schlagen aus. Ein wenig Kupferpaste hilft, um später eine Demontage zu erleichtern. Wer über die Möglichkeit verfügt, sollte sich jetzt noch einen Spezialschlüssel für die Federbeinverstellung basteln bzw. besorgen. Das Federbein ist später nicht mehr so komfortabel zugänglich. Für den Solobetrieb genügt die weiche Einstellung mit der geringsten Federvorspannung.
11.4 Kettensatz
Die Antriebskette ist überdimensioniert und überlebt nicht selten das Motorrad. Ein häufiger Schaden bei Ketten, die vor längerer Zeit unsachgemäß erneuert wurden, ist der Verschleiß des Gliedes mit dem Kettenschloss bzw. des vernieteten Glied bei Endlosketten. Das verursacht Lenkerpendeln in langgezogenen Kurven. Außerdem reißt die Kette früher oder später an der Stelle.
Komplette Kettensätze sind problemlos bei diversen Zubehörhändlern und bei Leo Sieg erhältlich: http://www.ls-motorradteile.de/
Die Ketten für die Yamaha 4L0 und 4L1/2 sind unterschiedlich und nicht kompatibel. Die Preisunterschiede richten sich nach der Bauart und der Qualität der Ketten. Billigangebote sind häufig Standardprodukte ohne O-Ringe. O-Ring-Ketten sind doppelt so teuer.
11.5 Tankdeckel
Die Tanklüftung erfolgt über den Tankdeckel. Das macht ihn zu einem komplizierten und störanfälligen Teil. Die gezeigte Dichtung ist bei vielen alten Tankdeckeln eingetrocknet und geschrumpft, mitunter auch rissig. Da der Tankdeckel in einer Vertiefung des Tanks angeordnet ist, in der sich bei Regenfahrten Wasser ansammeln kann, zieht der im Tank durch den abnehmenden Kraftstoffpegel herrschenden Unterdruck Wasser über die defekte Dichtung in den Tank. Nach einer längeren Regenfahrt hatten sich auf dieses Weise 1,5 Liter Wasser angesammelt! Der Hauptgrund für Durchrostungen an LC-Tanks ist diese Dichtung.
Beim Zerlegen des Tankdeckels kommen einem urplötzlich rätselhafte Kleinteile entgegen und verschwinden gerne auf Nimmerwiedersehen auf dem Werkstattboden: ein Kügelchen, ein Stück Messing, ein Filzklötzchen und dergleichen mehr. Es empfiehlt sich, den Tankdeckel über einem geschlossenen Behälter zu zerlegen und dabei ruhig und besonnen vorzugehen, damit man ihn wieder richtig zusammen bekommt.
12 Zusammenbau und Inbetriebnahme
Die Drecksarbeit ist getan, jetzt kommt der Genießerteil. Es ist ein tolles Gefühl, die sorgfältig restaurierten Bauteile wieder zu einem funktionierenden Ganzen zusammen zu fügen. Ich baue immer erst das Fahrgestell rollfähig zusammen. Dabei montiere ich auch gleich den hinteren Kotflügel mit der Zündbox. Dann ziehe den Kabelbaum ein. So geht es Schritt für Schritt weiter. Der Motor kommt ganz zum Schluss an die Reihe. Damit der Rahmen nicht zerkratzt wird lege ich für den Motoreinbau eine 5 mm dicke Gummimatte auf die Rahmenunterzüge und schütze die Rahmenrohre mit geschlitzten Gartenschläuchen von 1 Zoll Durchmesser. Jetzt kommt es darauf an, alles von Anfang an gleichrichtig zu machen und nichts auf später zu verschieben.
Sind alle Flüssigkeiten eingefüllt, ist die letzte Kontrolle zur Zufriedenheit ausgefallen, kommt der große Moment. Zündschlüssel rein und ankicken: Stopp!
Entweder muss eine Batterie oder ein Kondensator als Batterieersatz angeschlossen sein, damit die Lichtmaschine nicht verglüht. Für die ersten zehn Minuten Motorlauf sollte man dem Motor Gemisch 1:15 aus einem kleinen Zusatztank spendieren und ihn so lange laufen lassen, bis die Ölpumpe bis zu den Vergasern fördert. Dazu zieht man den Ölpumpenzug aus Vollgasstellung. Das verkürzt den Entlüftungsvorgang. Auch sollte man den Motor so lange laufenlassen, bis die Temperaturanzeige über die Mittelstellung hinaus ist. Laut Handbuch soll man nach dem Erkalten des Motors die Zylinderkopfschrauben nach ziehen. Vor dem Nachziehen müssen sie eine Achtelumdrehung gelöst werden, um das Losbrechmoment zu überwinden. Die originale Yamaha Zylinderkopfdichtung neigt viele weniger zum Setzen als manche Zubehördichtungen, bei denen der Zylinderkopf mitunter mehrfach nachgezogen werden muss. Auch neigen die Gewebedichtungen zum Schwitzen, was sich erst nach dem Setzen der Dichtung gibt. Die aufwändige, dreilagige Yamaha Metalldichtung ist zwar sehr teuer, aber den Zubehördichtungen qualitativ haushoch überlegen.
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