Nachdem im ersten Beitrag geklärt wurde, ob sich die Restaurierung einer Yamaha RD Liquid Cooled überhaupt lohnt, geht es im 1. Teil um den Rahmen der Yamaha RD 350 LC.
Inhalt des 1. Teils der Yamaha RD 350 LC Restaurierung
1. Rahmen und alle schwarzen Anbauteile
1.1 Rahmen
1.2 Heckrahmen
1.3 Hinterradschwinge
1.4 Gabelbrücke oben mit Lenkerböckchen
1.5 Gabelbrücke unten
1.6 Scheinwerferhalter
1.7 Lenker
1.8 Seitenständer
1.9 Hauptständer
1.10 Zugstrebe Hinterradbremse
1. Rahmen der RD 350 LC und alle schwarzen Anbauteile
Die Rahmen der Yamaha RD 350 LC sind verwindungssteif und dank ihrer großzügigen Dimensionierung und klugen Konstruktion selbst bei einem Crash kaum zu verbiegen. Leider wurde an einer Stelle gespart: Die Hauptständeraufnahme ist viel zu schwach und verbiegt sich, wenn man auf der aufgebockten Maschine Platz nimmt. Die Verarbeitungsqualität ist allerdings unter aller Würde. Schweißperlen, Metallspritzer, Grate – nichts hat Yamaha damals nachgearbeitet. Rahmen und Anbauteile wurden im Akkord von angelernten Kräften rustikal zusammen geschweißt und ohne weitere Überarbeitung lackiert, sofern man bei der Lackqualität überhaupt von Lackierung reden kann – ein Hauch von schwarzer Beschichtung ohne Grundierung. Kurz: Von Finish kann keine Rede sein. Hier darf man ruhig Hand anlegen. Der schlimme Originalzustand ist nicht erhaltenswert.
Die Diskussion, ob eine Pulverbeschichtung historisch korrekt und vertretbar ist, ist im Grunde müßig. Eine handwerkliche Lackierung mit Grundierung entspräche ebenso wenig dem Original mit seiner hauchdünnen Einschichtlackierung wie der Auftrag der heute üblichen „Wasserlacke“ mit Klarlacküberzug. Lösemittelhaltige Kunstharzlacke oder gar Nitrolacke dürfen gewerblich nicht mehr verarbeitet werden. Es gibt für den Hobbybereich sogenannte Einschicht-Metallschutzlacke, die ohne Grundierung aufgetragen werden können, aber letztlich spricht alles für die Pulverbeschichtung. Sie kostet erheblich weniger als eine handwerkliche Lackierung und hat den Vorteil, dass der Lackauftrag auch an unzugänglichen Stellen in voller Schichtdicke erfolgt. Pulverlack ist Lack und lässt sich wie normaler Lack mit Pinsel und Farbe ausbessern oder auch mit der Sprühdose nachlackieren. Die Pulverbeschichtung ist dicker und widerstandsfähiger als eine Spritzlackierung. Lackiert wird im Farbton RAL 9005 Tiefschwarz glänzend.
1.1 Rahmen
Nach dem Reinigen der Rahmenteile erfolgt das Bearbeiten der Schweißnähte. Es geht nicht darum, die Schweißnähte selbst zu bearbeiten und den Anblick zu verfälschen. Es geht nur um ein Versäubern, wie es handwerklich normal und geboten ist. Haupt- und Seitenständer weisen oft Abschürfungen und andere Beschädigungen auf. Es wartet eine Menge Arbeit. Der Rahmen der Yamaha RD 350 LC ist selten intakt. In aller Regel ist das Querrohr hinten unter dem Motor, das den Hauptständer trägt, durch Überlastung verdreht. Die LC verträgt es nicht, wenn man sich auf die aufgebockte Maschine setzt. Der Rahmen verbiegt sich an der Hauptständeraufnahme, und das aufgebockte Motorrad sackt immer weiter herunter, bis es schließlich seinen sicheren Stand verliert. Leider kommt die Reparatur einem chirurgischen Eingriff gleich und erfordert tiefgreifende Kenntnisse und einen versierten Schlosser und Schweißer.
Mit einem langen Hebel lässt sich die Hauptständeraufnahme wieder halbwegs zurück biegen. Dabei wird die ursprüngliche Position zwar nicht mehr erreicht, weil der Schaden zu groß und die Deformation zu stark ist, aber das Motorrad steht anschließend wieder ordentlich auf dem Hauptständer. Am besten funktioniert das am nackten Rahmen. Hier wurde nur der Motor ausgebaut, die Hauptständeraufnahme gerichtet und nachgeschweißt. Eher eine Notreparatur, keine perfekte Lösung.
85,2 Grad beträgt der Winkel zwischen den Rahmenunterzügen und dem Hauptständer im ausgeklappten Zustand bei der Yamaha RD 350 LC. Dies ist nicht der Winkel des Hauptständers zum Boden, da die Rahmenunterzüge nicht parallel zur Fahrbahn verlaufen.
Selten ist eine Yamaha RD sturzfrei. Dabei leidet fast immer der Lenkanschlag. Das Material an der Stelle ist dünnwandig, eine Instandsetzung auch nur möglich, wenn man in Metalltechnik richtig gut ist. Was ist sonst noch zu beachten? Eine Sichtkontrolle auf Risse und Verbiegungen, insbesondere am Rahmenheck und an der Gabel, kann später viel Ärger ersparen. Besonders die 80er Modelle ohne Streben unter dem Motor neigen zu Anrissen im Bereich der vorderen Motoraufhängung. Da die Rahmen der Yamaha RD 350 LC aus normalem Konstruktionsrohr bestehen, lassen sie sich aber gut schweißen.
Vor dem Pulverbeschichten müssen der Steuerkopf und die Schwingenlagerung verschlossen werden, damit keine Farbe hinein gelangt. Die Gewindelöcher verschließt der Pulverbeschichter mit Silikonkegeln. Das Typenschild wird abgenommen und wird nach dem Pulverbeschichten wieder mit Blindnieten befestigt. Blindnieten funktionieren mit Abreißstift. Der Stift reißt ab und bleibt in der Zange. Das abgerissene Reststück dornt den Niet von der Rückseite auf und verbleibt in der Nietbohrung – sollte es. Wenn es aber heraus fällt, gelangt es ins Steuerkopflager und kann die Lenkung blockieren. Es ist besser, die Reststücke mit einem schlanken Dorn heraus zu treiben und die Hohlnieten mit Silikon oder Uhu plus zu verschließen, damit kein Wasser eindringen kann. Die Bilder wurden zwar an einem früheren RD-Rahmen fotografiert, aber der Vorgang ist an der LC der gleiche:
1.2 Heckrahmen
Am Heckrahmen sind oft die Rohre für die Blinker verbogen. Kalt richten führt selten zu befriedigenden Ergebnissen. Besser man erhitzt die Teile mit der Azetylenflamme und biegt sie wieder in Form. Der Heckrahmen ist eine aufwändige, komplizierte und verwinkelte Schweißkonstruktion, die sich nur im Tauchbad oder mit Pulverbeschichtung bis in den letzten Winkel mit rosthemmender Farbe überziehen lässt.
1.3 Hinterradschwinge
Entgegen einer weit verbreiteten Irrmeinung ist die serienmäßige Hinterradschwinge unglaublich verwindungssteif und kaum zu verbessern. Wer trotzdem zu einer Kastenschwinge greift, wird beim Fahren keine Vorteile feststellen. Solange die Schwingenlagerung in Ordnung ist, gibt es an der Schwinge nichts zu verbessern.
Die 250er der ersten Serie hatten keine Schmiernippel an der Schwingenlagerung – ein Unding und gleichzeitig ein weiterer Beweis für den rücksichtslosen Sparkurs, den Yamaha bei der LC praktizierte! Ob Plastik- oder Bronzelager, ab und zu ein Stoß mit der Fettpresse sichert ein langes Leben.
Knackpunkt Schwingenlagerung: Die Plastiklager sind besser als ihr Ruf und müssen nicht raus, wenn sie noch in Ordnung sind. Nadellager hingegen müssen nicht rein. Gute Bleibronzebuchsen tun es genauso und sind nicht so bruchempfindlich. Allerdings muss man bei den Buchsen ein etwas größeres Spiel in Kauf nehmen, was durchaus fühlbar ist, wenn man seitlich am Hinterrad wackelt. Yamaha war da ziemlich großzügig bei der Festlegung der Toleranzgrenze. Bei den Nadellagersätzen sind nicht die eigentlichen Lager das Problem. Nur die Axiallager sind problematisch: Ein klein wenig zu viel Vorspannung und – knack, Nadeln gebrochen. Fährt man trotzdem, rieselt es bald Metallpartikel, und die eigentlichen Lager gehen ebenfalls zu Bruch. Die seitlichen Axialnadellager kann man ersetzen durch 3mm dicke Anlaufscheiben aus Teflon, aus Lagerbronze oder durch gehärtete Anlaufscheiben aus Wälzlagerstahl, wie sie später zum Teil serienmäßig verbaut worden sind.
Die Bronzelagerbuchsen sind am Markt bei zahlreichen Herstellern zu bekommen. Für den Einbau braucht man aber eine Presse. Einschlagen mit dem Hammer zerstört die Buchsen. Dies gilt in noch größerem Maße für die Nadellager. Leider reichen die Kräfte, die sich mit einer Gewindestange erzielen lassen, nicht aus. Es führt kein Weg daran vorbei, die Werkstatt zu bitten, die Buchsen mit einem genau passenden Führungsdorn einzupressen.
1.4 Gabelbrücke oben mit Lenkerböckchen
In erster Linie kommt es darauf an, dass die Klemmverbindung nicht überdehnt wurde, erkennbar daran, dass der Spalt nicht parallel ist. Bei einer überdehnten Klemmverbindung ist nichts zu retten – ab in die Schrottkiste. Strahlen mit Glasgranulat beseitigt den unansehnlichen alten Lack. Will man das Teil zum Pulverbeschichten geben, müssen passende Rundkörper in die Standrohrbohrungen gesteckt werden, ebenso in die Bohrung für das Steuerrohr.
1.5 Gabelbrücke unten
Werksseitig ist die untere Gabelbrücke galvanisch schwarz verzinkt. Lange hält die Verzinkung an dieser exponierten Stelle nicht und wird unansehnlich. Wenn die Möglichkeit besteht, sollte man den Originalzustand wahren und die Gabelbrücke wieder schwarz verzinken lassen. Alternativ bleibt der Weg zum Pulverbeschichter. Was die Klemmungen anbelangt, gilt das Gleiche wie für die obere Gabelbrücke.
1.6 Scheinwerferhalter
Verbogene Scheinwerferhalter lassen sich am besten unter einer hydraulischen Presse richten, indem man das Teil mit der Außenseite auf ein glattes Aluminiumstück legt und mit einem passenden Stempel von der Innenseite glattpresst. Mit dem Hammer ist kein befriedigendes Ergebnis zu erwarten. Die RD 250er LC hat am linken Scheinwerferhalter ein Auge für den Hupenhalter. Bei der Yamaha RD 350 LC ist dies nicht der Fall.
1.7 Lenker
Von Yamaha gibt es zu einem moderaten Preis einen Ersatzlenker, der dem Original in Form, Farbe und Größe entspricht. Einziger Wermutstropfen: Die Riffelung für die Lenkerböckchen sitzt enger beieinander und ist bei genauem Hinsehen zu erkennen. Im Gegensatz zum Original verfügt der Ersatzlenker über fest eingefügte Lenkergewichte an beiden Enden.
1.8 Seitenständer
Der Seitenständer ist meistens am Gelenk aufgespreizt. Das kann man mit dem Schraubstock wieder auf Maß bringen. Da der Seitenständer im Ruhezustand zu weit einklappt, kollidiert er mit dem Auspuff und scheuert dort eine Schadstelle. Mit einem Schweißpunkt am Anschlag von etwa 1 bis 1,5 mm Höhe löst man das Problem. Der Ständer klappt nicht mehr so weit ein und kann weder den Auspuff berühren, noch ist er dem Schalthebel im Weg. Oft ist der Seitenständer an der Aufstandfläche abgenutzt und muss durch Auftragsschweißung frischbesohlt werden.
1.9 Hauptständer
Falls dem Hauptständer kein Straßenkontakt zugesetzt hat, gibt es an dem Teil wenig zu tun. Dass er ziemlich in der Aufhängung wackelt, gehört bei der LC dazu. Alle Passungen, die keine besondere Funktion zu erfüllen haben, sind bereits ab Werk recht großzügig bemessen.
1.10 Zugstrebe Hinterradbremse
Normalerweise kein gefährdetes Bauteil, da üppig dimensioniert. Sowohl am Anlenkpunkt zur Schwinge als auch an der Bremsankerplatte kommen Spezialschrauben und -muttern zum Einsatz. Zusätzlich ist eine Splintsicherung vorgesehen.
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