Alles, was Rang und Namen in der motorisierten Zweirad-Welt hat, trifft sich aktuell auf der Intermot 2016 in Köln. Insgesamt 1.127 Anbieter aus 41 Ländern locken vom 5. bis 9. Oktober 2016 mit ihren Neuheiten zehntausende Motorradfans in die Messestadt und schießen mit zahlreichen Weltpremieren und unzähligen Innovationen ein wahres Feuerwerk ab. Alle Top-Player der Branche sind mit einem breiten Spektrum an Motorrädern, Rollern, E-Bikes sowie Anhängern und Seitenwagen bis hin zu Teilen und Zubehör für motorisierte Zweiräder vertreten.

Ein außergewöhnliches Eventprogramm der INTERMOT mit spektakulären Stuntshows und Action sorgen auf dem Freigelände für unvergessliche Momente für Groß und Klein. Und die großen Hersteller sind mit ihren aufsehenerregenden Messeständen nicht zu übersehbaren und präsentieren dem interessierten Publikum ihre neuesten Modelle. Nippon-Classic.de hat sich für euch auf der Intermot 2016 umgesehen.

Totgesagte leben länger oder die Wiederbelebung alter Marken

Bei meinem Besuch auf der INTERMOT 2016 faszinierten mich neben den zahlreichen Neuvorstellungen aus Japan, Hepco & Beckers auferstandene CB 750 Four K1 und beeindruckende Builts der Custom-Szene auch drei alte – vielen immer noch geläufigen – Marken aus Ost und West, den ich meinen ersten Beitrag zur Motorrad-Messe widmen möchte.

Die Schwalbe hebt auf der Intermot 2016 ab zu einem neuen Höhenflug

Mit über 1 Million gebauten Exemplaren war die „Schwalbe“ von 1968 bis 1986 der Bestseller der ehemaligen Simson-Werke schlechthin. Die Simson KR 51, wie die „Schwalbe“ offiziell hieß, hatte einen nahezu unkaputtbaren Einzylinder-Zeitaktmotor mit 50 ccm Hubraum, drei bis vier Gänge oder eine Halbautomatik. Längst erfreut sich das Kult-Objekt aus der DDR großer Beliebtheit in Ost wie West. Schätzungsweise sind noch heute rund 300.000 der damals gebauten „Schwalben“ auf unseren Straßen anzutreffen. Mit dem endgültigen Niedergang von Simson im Jahr 2003 fehlte aber die Grundlage für eine Neuauflage des Kultrollers.

Fasziniert von der Idee einer Wiederbelebung der „Schwalbe“ erwarb vor geraumer Zeit die Münchner Firma GOVECS die Markenrechte. Von dem missglückten Neuversuch einer anderen Firma lässt sich CEO Thomas Grübel nicht abschrecken und fand eine Neuauflage als Elektroroller für die urbane Mobilität indes sehr spannend. GOVECS kann inzwischen auf jahrelanges Know How im Bereich Elektro-Mobilität zurückgreifen und entwickelte gemeinsam mit Technologiepartner Bosch in nur zwei Jahren die neue „Schwalbe“ als erstes Lifestyle Produkt der Firma.

Und die „Schwalbe“ 2017 kann sich wirklich sehen lassen. Auch wenn der Elektroroller außer dem Namen keine Gemeinsamkeiten mit dem Ur-Modell besitzt, bewies GOVECS ein sehr glückliches Händchen. Denn die „Schwalbe“ trägt eindeutig die liebenswerten Stilelemente von einst – sei es der markante Scheinwerfer, die typische Seitenlinie oder der Gepäckträger am Heck. In Kombination mit dem modernsten Antriebssystem der Welt kann die Schwalbe durchaus ein Erfolg werden. Auch wenn sie mit 120 Kilogramm deutlich schwerer als die KR51 ausfällt und mit 47 km/h nicht an die Spitzengeschwindigkeit vor 30 Jahren heranreicht, überzeugt der Roller ‚Made in Europe‘ mit einer hochwertigen Verarbeitung und einem liebenswerten Design. Pressesprecher Danielle Cesca gibt eine Reichweite von über 100 Kilometer, 4,5 Stunden Ladezeit und einen Preis von knapp 5.000 Euro an.

Schwalbe Roller

Die neue Schwalbe als Elektroroller (Quelle: Govecs)

Schwäbische Kultmarke Kreidler setzt auf Retro und Funbikes

Kreidler aus Kornwestheim bei Stuttgart war von 1904 bis 1982 der deutsche Inbegriff für Mopeds, Leicht- und Kleinkrafträder mit 50 bis 80 ccm Hubraum. Gewiefte Hobby-Schrauber holten sich Tuning-Kits aus Holland und verwandelten damals ihre Kreidler Florett zum Geschoss. Statt der 50 km/h rannten die Mokicks dann (unerlaubte) 90 Sachen. Obwohl 1976 das einmillionste Fahrzeug vom Band rollte und Rudolf Kunz mit Kreidler mehrfacher Deutscher Meister wurde, kam wenige Jahre später das aus. 1982 wurde das Konkursverfahren eröffnet und die Kreidler-Produktion eingestellt.

Vor einigen Jahren sicherte sich Heiko Jungen den Markennamen. Und seit 2006 setzen Cycle Union bzw. die Kreidler Europe Motor GmbH auf den geschätzten Markennamen und entwickeln und vertreiben unter dem Label „Kreidler“ Fahrräder, Roller, Mopeds und Kleinmotorräder von 50 bis 125 ccm.

In Anlehnung an die legeändere Kreidler Florett hält nun mit der DICE CR 125 wieder ein Motorrad  im Stil der 1970er Jahre Einzug in die Produktpalette des Unternehmens.  Jüngste Neuerscheinung ist dabei eine Version mit Einspritzsystem, die die Euro 4 Norm erfüllt und für 3.299 Euro zu haben sein wird. Der klassische Look mit Cockpitverkleidung, Heckbürzel und leuchtenden Farben soll vor allem das jüngere Publikum ansprechen. Aber auch so mancher Retro-Fan in der zweiten Hälfte seines Lebens stellt sich eine neue Kreidler wieder in die Garage oder sogar ins Wohnzimmer, wie mir auf der Intermot versichert wurde.

Kreidler DICE CR 125

Kreidler DICE CR 125 im Stil der 1970er Jahre (Quelle: Nippon-Classic.de)

Das spektakuläre Comeback von Horex

Horex, die deutsche Motorradmarke, die Fritz Kleemann im Jahr 1923 im hessischen Bad Homburg gründete, stand jahrzehntelang für Motorräder unter dem Leitmotto „gebaut von Motorradfahrern für Motorradfahrer“. Vom preiswerten „Volksmodell“ bis hin zu erfolgreichen Rennmaschinen machten sich die Maschinen mit richtungsweisenden Konstruktionen weltweit einen Namen.

Mit Einstellung der Motorradproduktion im Jahr 1956 und späterer Übernahme der Werksanlagen durch Daimler-Benz gingen die Namensrechte 1960 an den genialen Konstrukteur Friedel Münch. Münch verkaufte die Markenrechte später wiederum an den Zweiradimporteur Fritz Röth, der sie auch 1990 weitergab. Die Marke wurde immer wieder herumgereicht und landete letztendlich 2015 bei der 3C-Carbon-Group aus Landsberg am Lech.

Die neuentwickelten VR6-Modelle, mit denen Horex den Neuanfang wagt, sind echte Superlativen auf zwei Rädern. Wenn man Design, Kraft und Luxus im Motorradbau in einem Atemzug nennen möchte, bietet sich „Horex“ als perfekte Beschreibung an. Denn der wassergekühlte Sechszylinder-VR-Motor mit drei obenliegenden Nockenwellen besticht mit einer bulligen Leistung von 163 PS bei gleichzeitig bescheidenen 219 Kilogramm Trockengewicht. Nicht nur feinste Materialien, sondern auch eine hochmoderne CFK-Leichtbautechnologie haben bei der Horex VR6 Einzug gehalten. Natürlich hat das auch seinen Preis. 42.500 Euro sollten Horex-Fans mindestens auf der hohen Kante haben.

Auf der Intermot 2016 präsentiert die bayerischen Motorrad-Schmiede die zweisitzige „Classic“ – auch in der „Heritage Line“ – sowie den sportlichen „Café Racer“ – auch als Sondermodell „Black Edition“. Der Power Cruiser „HL“ beeindruckt in einem Outfit, das nicht nur bei älteren Horex-Fans für Aufsehen sorgen wird. Nach dem historischen Vorbild ist das „HL“-Sondermodell in Chromlook und den Farben Rot und Schwarz gehalten, die Felgen erhalten ebenfalls rote Farbapplikationen. Zum Einsatz kommen dabei – wie auch in den anderen Serienmodellen und Sondereditionen – ausschließlich nach HOREX-Designvorgaben entwickelte hochwertigste Lackkomponenten.

„Mit der Lackierung im klassischen Design erweisen wir der „Regina“ als einem weltweit herausragenden Motorrad der 50er Jahre unsere Reminiszenz“, sagt HOREX-Geschäftsführer Karsten Jerschke.

Horex VR6

Die Horex VR6 „HL“ erinnert an die Horex Regina (Quelle: Nippon-Classic.de)

Unterschiedlicher können die drei Marken nicht sein, aber alle verbindet eine jahrzehntelange Tradition und eine bis heute lebendige Fan-Gemeinde.