Der kleinste der vier Motorradhersteller aus dem Land der aufgehenden Sonne in Akashi fing erst Mitte der 80er Jahre an, dem damaligen Marktführer Honda mit seinem traditionsreichen Super-Tourer GL 1200 „Goldwing“ ernsthaft Konkurrenz zu machen. Sicherlich war die Kawasaki Z 1000 ST bzw. die hubraumerweiterte Z 1100 ST einige Jahre später als kardangetriebene Vierzylinder-Maschine eine tourensportliche Überlegung wert, aber im Segment der „fahrenden Wohnzimmer“ mit der großen Ausstattungsliste und allen erdenklichen Extras gab es bei Kawasaki bis dato nur einen weißen Fleck „auf der Landkarte“.
Das Erfolgsrezept war eigentlich ganz einfach: ein „Bullenmotor“ in einem „Bullenfahrwerk“ mit „Bullenbremsen“ und einer „Bullenausstattung“ – die Blues-Brothers lassen auch herzlich grüßen! Zur Freude der amerikanischen Supertourer-Fans wurden 4.500 Exemplare der Kawasaki ZN 1300 A sowohl im Stammwerk in Akashi, als auch in den USA gebaut.
Motor und Antrieb der ZN 1300 Voyager
Mit dem Triebwerk der Kawasaki KZ 1300 „SUPER SIX“ hatte man den „Bullenmotor“ ja schon im Regal. Offen 120 PS stark mit 1.286 ccm, einem Bohrung-Hub-Verhältnis von 62 x 71 mm und einem Verdichtungsverhältnis von 9,9 : 1, stemmte der wassergekühlte DOHC-Reihensechszylinder in der Voyager ein maximales Drehmoment von jetzt mehr als 118 Nm bei 6.500 U/min auf die lange Kurbelwelle. In Deutschland wurde bei Markteinführung der Super Six die Leistung auf 99 PS gemäß dem damaligen Gentleman-Agreement der Motorradhersteller mittels geänderter Vergaserbedüsung und verkleinerten Lufteinlässen durchgeführt. Da die Kawasaki ZN 1300 Voyager jedoch für den amerikanischen Markt aufgelegt wurde, lief der Motor dort nach geänderter Abstimmung der Gemischaufbereitung ungedrosselt mit 130 Pferden, die bei 8.000 U/min anlagen und dem bereits erwähnten Drehmomentberg.
Statt der ursprünglichen drei Mikuni-BSW 32-Doppelvergaser wurde eine digitale Benzineinspritzung (DFI) angebaut. Der auf dem einen Kurbelwellenende aufgesetzte Drehschwingungsdämpfer (Lancaster-Dämpfer), welcher für einen ruhigeren Kurbelwellenlauf sorgte, wurde durch eine zweite Lichtmaschine mit 200 Watt Leistung ersetzt, da die Maschine durch zahlreiche Ausstattungsfeatures einen erhöhten Bordspannungsbedarf hatte.
Schließlich wollten die elektronische Einspritzanlage, die elektronische Zündung, die Audio/Kommunikationsanlage, der Bordcomputer und die digitale Instrumentenkonsole sowie der elektrische On-Board-Kompressor für die luftunterstützten Federelemente mit Strom versorgt werden. Über eine gegenüber der ursprünglichen Motorkonzeption verkleinerten Mehrscheibenkupplung im Ölbad wurde die reichlich produzierte Kraft per 5-Gang-Getrieb auf die wartungsfreie Kardanwelle ans Hinterrad geleitet. Immerhin erreichte der Wonneproppen bei voller Fahrt weit über 200 km/h.
Voyager Fahrwerk und Rahmen
Das 635 mm breite Kraftpaket wurde von einem Doppelschleifen-Stahl-Rohrrahmen aus 45 mm dicken Hauptrohr umrahmt. Durch den Radstand von 1.645 mm und einem fahrfertigen Gewicht von knapp 420 kg lag die Fuhre wie eine Lokomotive auf dem Highway.
Vorne federte eine luftunterstütze, ölgedämpfte 41 mm KAYABA-Telegabel mit 200 mm Arbeitsweg, hinten sorgte eine konventionelle Doppelschwinge mit 2 mehrfach verstellbaren, luftunterstützten KAYABA-Federbeinen und 105 mm Federweg für die Federung. Durch die komfortbetonte Grundabstimmung des Fahrwerks und wegen des hohen Fahrzeuggewichts machte das Geradeausfahren mehr Spaß als etwaige Kurvenhatz. Um mögliche hohe Geschwindigkeit zu drosseln, standen am 18-Zoll-LM-Vorderrad eine Doppelscheibenbremse mit Einkolben-Schwimmsättel und einem Durchmesser von 266 mm und die 296 mm-Einzelscheibenbremse mit Einkolben-Schwimmsattel am 17-Zoll-LM-Hinterrad stets zuverlässig zu Diensten.
Große Modellpflege wurde der Kawasaki ZN 1300 Voyager in der gesamten Zeit nicht zuteil, einzig die Lackdesigns wurden je nach Baujahr abgeändert. Da die Maschine mit einer gut schützenden, ausladenden Tourenverkleidung im Craig-Vetter-Design, großen Seitenkoffern und einem geräumigen Top-Case nebst Sissy-Bar mit komfortabler Rückenlehne ausgestattet war, ließen sich auf den US-Highways viele Meilen Tagesetappe sehr bequem herunterfahren. Zumal bei 55 mph, d.h. 88 km/h offiziellem Autobahntempo (mit Cruise Control eingestellt) der Treibstoffverbrauch mit dem 27 Liter Benzin fassenden Tank überschaubar blieb.
Farben
Die Kawasaki ZN 1300 VOYAGER war serienmäßig in drei Farben unterwegs:
- Two Tone Ebony
- Luminous Blue/Metallic Graystone
- Luminous Vintage Red/Metallic Graystone
Situation am Gebrauchtmarkt
Über Kawasaki Deutschland in Friedrichsdorf bei Frankfurt/Main wurde die Maschine seinerzeit nicht offiziell importiert, wenngleich einige Exemplare den Weg über sogenannte „Grauimporteure“ oder Privatiers nach Deutschland fanden. Da neben dem Platzhirschen Honda mit der Goldwing GL 1200 (SC 14) ASPENCADE und INTERSTATE auch Suzuki mit der GV 1400 CAVALCADE und der Yamaha XVZ 12 T / 13 T ROYAL einige Supertourer mit verschiedenen Motorkonzepten im Angebot der Söhne Nippons auf dem US-Markt waren, wollte Kawasaki mit der ZN 1300 VOYAGER seinerzeit das Beste und Aufwändigste im Motorenbau auf zwei Räder stellen.
Wegen der geringen Verbreitung hierzulande liegen dem KBA in Flensburg keine Zahlen über angemeldete Exemplare vor. In der Zusammenfassung erscheinen 237 Exemplare vom Typ Kawasaki Z 1300 für Ende 2017 im Bestand innerhalb der Bundesrepublik Deutschland. Daher ist von einem Liebhabermarkt mit entsprechend hohem Preisgefüge auszugehen, da auch die entsprechenden Bewerter aufgrund der geringen Bestandszahl hierzulande keine valide Zahlenbasis zum Preisgefüge für die ZN 1300 VOYAGER vorliegen haben.
Technische Daten Kawasaki ZN 1300
Kawasaki ZN 1300 A | Kawasaki ZN 1300 DFI | ||
1. Fakten | |||
Produktion | 1978-1983 | 1984-1987 | |
Nummerierung | |||
Farben | Two Tone Ebony, Luminous Blue/Metallic Graystone, Luminous Vintage Red/Metallic Graystone | Two Tone Ebony, Luminous Blue/Metallic Graystone, Luminous Vintage Red/Metallic Graystone | |
Neupreis | |||
2. Motordaten | |||
Motortyp | 6-Zylinder 4-Takt | 6-Zylinder 4-Takt | |
Ventilsteuerung | DOHC, 2 Ventile/Zyl | DOHC, 2 Ventile/Zyl | |
Nockenwelle | 2 obenliegend | 2 obenliegend | |
Hubraum | 1.286 ccm | 1.286 ccm | |
Bohrung | 62 mm | 62 mm | |
Hub | 71 mm | 71 mm | |
Verdichtungsverhältnis | 9,9 : 1 | 9,3 : 1 | |
Vergaser | 3 Mikuni-BSW 32-Doppelvergaser | DFI Einspritzsystem | |
3. Leistungsdaten | |||
Leistung | 100 PS | 130 PS | |
bei Drehzahl | 7.500 U/min | 8.000 U/min | |
Drehmoment | 106 Nm | 118 Nm | |
bei Drehzahl | 6.000 U/min | 6.500 U/min | |
Leistungsgewicht | 4,2 Kg/PS | 2,9 Kg/PS | |
Höchstgeschwindigkeit | 200 km/h | 223 km/h | |
4. Abmessungen | |||
Länge | 2.595 mm | 2.595 mm | |
Radstand | 1.645 mm | 1.645 mm | |
Reifen vorn | MR90-18 | ||
Reifen hinten | MU90-16 | ||
Leergewicht | 420 Kg | 387 Kg | |
5. Bremse | |||
Bremse vorn | 2 Scheiben 266 mm | 2 Scheiben 266 mm | |
Bremse hinten | 1 Scheibe 296 mm | 1 Scheibe 296 mm | |
6. Antrieb | |||
Getriebe | 5-Gang | 5-Gang | |
Antrieb | Kardan | Kardan | |
Starter | E-Starter | E-Starter |
Hallo liebe Freunde von NIPPON-CLASSIC,
da habe ich mich aber ein wenig in der Ortographie verhauen…
Es muss LANCHESTER-Dämpfer heißen und nicht LANCASTER, ersterer ist ein dynamischer Drehschwingungsdämpfer für technische Wellen, der zweite Begriff ist die Typbezeichnung eines viermotorigen Langstreckenbombers der britischen Firma AVRO, der im 2. Weltkrieg von der Royal Air Force eingesetzt wurde.
Sorry und gute Fahrt.
Bikergruß
Frank Colling
Ja und abgebildete kawasaki ist eine 12er und nicht die 13er