1984 war die Gruppe ALPHAVILLE aus Münster 23 Wochen lang die Nummer 1 der deutschen Single-Charts mit ihrem Ohrwurm „BIG IN JAPAN“. Big in Japan war zu der Zeit auch die Yamaha Motor Corporation, die sich anschickte, in einem seit 1982 geführten zweijährigen, extrem erbitterten Zweikampf gegen Honda um die Pole-Position unter Japans Motorradherstellern die enorm erfolgreiche, flüssigkeitsgekühlte RD-LC-Modellreihe nach oben hin ab zu runden. Fast hätte diese epische Schlacht Anfang der 80er Yamaha die Existenz gekostet, denn die Kosten für Entwicklung und Produktionsaufbau waren bei der Vielzahl an neuen Modellen – wie der Yamaha RD 500 – und hektischen Modellwechseln mörderisch.

Der Stoff, aus dem die Träume sind

Wie bei den Wettbewerbern, stand auch bei dem 1984 vorgestellten Spitzenmodell bei den wassergekühlten Zweitaktern der Marke mit den drei gekreuzten Stimmgabeln, die Yamaha RD 500 LC, der jeweilige 500 cc-GP Renner (hier von Kenny Roberts sen.), nämlich die Yamaha YZR 500 OW 71 Pate. Während beim Renngerät Drehschieber den Einlass steuerten, regelten bei der Yamaha RD 500 LC Membraneinlässe (für die vorderen Zylinder im Kurbelgehäuse liegend) die Frischgasfüllung der einzelnen Zylinder. Der Aufbau des V4-Zweitakters mit 499 ccm und 56,4 mm Bohrung sowie 50 mm Hub bestand aus zwei Zweizylinder-Bänken, die im Winkel von 50° in einem gemeinsamen Kurbelgehäuse zueinander standen.

Yamaha RD 500 YPVS

Yamaha RD 500 YPVS (Quelle Yamaha)

Die beiden in je vier Gleitlagern liegenden Kurbelwellen waren miteinander gekoppelt und gaben über eine Zwischenwelle die Kraft an den Primärtrieb weiter. Von da aus ging es über ein 6-Gang-Kassetten-Getriebe und eine wartungsfreundliche O-Ring-Kette weiter ans Hinterrad. Die Zündfolge war jeweils diagonal, die Frischgasaufbereitung erfolgte über vier 26 mm MIKUNI-Vergaser. Ebenso aufwändig war die Abgassteuerung über das bei der RD 350 LC YPVS bereits ein Jahr zuvor eingeführte YAMAHA POWER VALVE SYSTEM, einer Auslass-Steuerung mittels Resonanzkammern und Walzensteuerung zur Abgasumlenkung mit Stellmotoren, erwies sich aber im täglichen Fahrbetrieb als ähnlich wirkungslos wie die Systeme der Wettbewerber. Die Abgase verließen über eine vierflutige Auspuffanlage (je 2 Underengine und 2 Underseat), wie beim Stadtkonkurrenten Suzuki RG 500 Gamma aus Hamamatsu, den Brennraum.

Yamaha YPVS

Die „YPSE“ ist schwieriger zu warten und am Leben zu halten als die Ur-LC (Quelle: Nippon-Classic.de)

Die Leistungsdaten hatten es in sich: 88 PS bei 9.000 U/min und ein maximales Drehmoment von 67 Nm bei 8.500 U/min. Das reichte aus, um die vollgetankt 216 kg schwere Renn-Replica in 5,1 Sekunden von 0 auf 100 km/h zu beschleunigen und erst bei 225 km/h war „Schluss mit Lustig“. Der Dampf ging aber erst ab 6.000 U/min richtig los, darunter war es sehr ruhig am Zweitakt-Feuer. Das war eine deutliche Kampfansage an die Honda NS 400 R, die mit ihren 72 PS Spitzenleistung ins Hintertreffen geriet.

Honda NS 400 R

Honda NS 400 R im Rothmans Design (Foto: Nippon-Classic.de)

Rahmen und Fahrwerk der RD 500 LC

Der stabile Rahmen der Halbliter-RD bestand aus einer Doppelschleifen-Konstruktion mit Vierkant-Stahlrohr-Profil-Teilen und durchgehendem Strang vom Lenkkopf zur Schwingen-Lagerung. Zusammen mit den einstellbaren Federelementen resultierte daraus ein verwindungssteifes Fahrwerk, das endlich so schnell war wie der in ihm hängende Motor. Die vordere, ölgedämpfte 37 mm Telegabel mit 140 mm Federweg und hydraulisch angesteuertem Anti-Dive-System beherbergte einen 120/80 – 16 Reifen auf dem 3-Doppelspeichen-Gußrad, hinten glich das modifizierte Yamaha-Cantilever-Federungssystem mit DeCarbon-Federbein und 120 mm Arbeitshub, welches in der Federbasis stufenlos und in der Dämpfung vierfach verstellbar war, alle anfallenden Unebenheiten unter dem 130/80 – 18 Hinterreifen aus.

Verzögert wurde vorne mit einer innenbelüfteten 267 mm Doppelscheiben-Bremsanlage mit Einkolben-Festsätteln, der nachlassende Bremswirkung (Fading) fremd war, hinten verwandelte eine Einzelscheibenbremse mit 245 mm Durchmesser ebenfalls in einem Einkolben-Festsattel bei Bedarf Geschwindigkeit in Wärme.

Die gesamte Rahmengeometrie war mit einem Radstand von 1.375 mm und einem Lenkkopfwinkel von 64 ° sowie einem Nachlauf von 95 mm schon auf Handlichkeit getrimmt mit leichter Kippeligkeit der Vorderhand beim Einbremsen in Kurven, dennoch stimmte auch bei Top-Speed die Fahrstabilität. Die Maschine lag wie das berühmte „Brett“ auf der Straße. Mit diesem „Kurvensuchgerät“ macht das Erschrecken von großvolumigen Viertakt-Vierzylinder-Sportlern heute noch genau so viel Spaß wie Mitte der 80er Jahre.

Die Rahmengeometrie der Yamaha RD 500 war auf Handlichkeit getrimmt

Die Rahmengeometrie der Yamaha RD 500 war auf Handlichkeit getrimmt (Quelle: Yamaha)

RD 500 Farben

Yamaha gab der RD 500 LC einmal ein rot-weißes Farbkleid und auf einigen Märkten ein schwarz-rotes Outfit mit auf den Weg. Neben der Tankbeklebung mit dem Markenschriftzug informierte ein großes Decal am Verkleidungsmittelteil in Rot über die Motorbauweise, auf den Seitendeckeln, die bis zum Heckbürzel reichten, wurde das YPVS-Auslass-Steuerungssystem neben der Typbezeichnung ausgewiesen.

Einige Besitzer haben Ihre Yamaha RD 500 LC in der typischen „Kenny Roberts Kampflackierung“ in Gelb-schwarz-weiß aufwändig und teuer um gestylt, die, wenn sie handwerklich sehr gut gemacht ist, sicherlich nicht wertmindernd anzurechnen ist.

Typische Schwachstellen der Yamaha RD 500 LC

Trotz des 22 Liter fassenden Tanks zog sich die RD 500 LC beim Zug am Kabel gerne schon einmal 9 Liter Superbenzin durch die vier schwer einzustellenden Mikuni-Vergaser bei Abfrage der vollen Leistung, was den Aktionsradius einschränkt. Daneben handelt es sich bei diesem Hochleistungs-Zweitakter natürlich um ein wartungsintensives Fahrzeug, das bei fordernder Fahrweise innermotorischen Verschleiß in Form von undichten Simmerringen, verschlissenen Kolbenringen/Kolben und geweiteten Zylinderlaufbuchsen aufweist.

Wie jeder Zweitakter reagiert auch die Yamaha RD 500 LC mit Motorschäden auf Falschlufteinzug, die serienmäßig eher fettere Einstellung der Förderpumpe für die Frischöl-Getrenntschmierung sorgt neben einem höheren Ölverbrauch auch für schnellere Verkokungen im Motor. Aufgrund der Leistungscharakteristik mit langem ersten Gang und (trotz YPVS) mit einer absoluten Drehmomentschwäche unter 6.000 U/min war die Maschine weniger alltagstauglich, als vielmehr ein ambitioniertes Spaß- und Sportgerät fürs Kurvenräubern am Wochenende.  Zusätzlich sollte der Soziusbetrieb eher die Ausnahme als die Regel darstellen, zum Bummeln und Touren zu zweit gab und gibt es eh bessere Bikes.

Yamaha RD 500 LC

Spaß- und Sportgerät fürs Kurvenräubern: Yamaha RD 500 YPVS (Quelle: Yamaha)

Marktsituation

In der Flensburger KBA-Datei tauchen für 2016 keine zugelassenen Stückzahlen der Yamaha RD 500 LC mehr auf, mittlerweile stehen Exemplare dieses Motorrads abgemeldet in vielen Sammlungen und warten auf Wiederbelebung. Der Rest der in den vier Verkaufsjahren in Deutschland abgesetzten 1.550 Maschinen ist also fest in Sammlerhände und Preise für gut erhaltene und technisch saubere, gut gewartete Maschinen liegen zwischen 10.000,- und 13.000 Euro mit unterdurchschnittlichen Laufleistungen. Da es sich bei der RD 500 LC, wie auch bei den Konkurrentinnen um echte „Szene-Geräte“ handelt, gilt hier das Gleiche wie bei RG 500 GAMMA und Co.: „die schnellen Zwiebacksägen“ sind Kult, damals wollte sie kaum einer wegen der mangelnden Alltagstauglichkeit haben. Wer als Liebhaber jetzt noch ein gutes Exemplar zum gerechtfertigten Preis findet…HERZLICHEN GLÜCKWUNSCH…KAUFEN…reng-teng-teng-de-deng!!!!

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