Der bei Honda allseits bekannte 90° V4-DOHC-Vierzylinder wurde als vielseitig verwendbares Triebwerk  in den Hubraumgrößen von 400, 500, 700, 750, 1000 und 1100 ccm und für viele Fahrzeugkonzepte ab Anfang der 80er Jahre verwendet. Die stärkste und schnellste Ausbaustufe trieb die Honda VF 1000 R Typ SC 16 ab 1984 an. Gebaut wurde die damalig als Supersport-Bike lancierte Maschine bis 1987.

Abgeleitet wurde die SC 16 vom Werksrenner HONDA FWS 1000 aus der AMA F1-Rennserie

Abgeleitet wurde die SC 16 vom Werksrenner HONDA FWS 1000 aus der AMA F1-Rennserie (Quelle: Steve Munro)

Die Übernahme des Motorenbaukonzepts für möglichst viele Fahrzeugtypen war als Gleichteilstrategie nach dem Baukasten-Prinzip ein wichtiger Teil der KAIZEN-Philosophie, die in dieser Zeit immer mehr in den Vordergrund rückte. Neben den Prozessen der kontinuierlichen Verbesserung ging damiteine immer stärkere Fokussierung auf Kunden, Zulieferer, Anteilseigner und Mitarbeiter im Hinblick auf fortwährende Qualitätssteigerung einher, bis hin zur finanziellen Fast-Autarkie durch einen eng angeschlossenen jeweiligen Bankensektor zur Eigenfinanzierung (MITSUBISHI-Bank, TOYOTA-Bank, HONDA-Finance, etc.). Als Resultierende des japanischen KAIZEN-Ansatzes stand die totale Dominanz japanischer Produzenten in einigen Sektoren industrieller Fertigung auf der Agenda jener Tage, speziell im Motorrad-Bau.

Die Honda VF 1000R wurde von 1984 bis 1987 als Supersport-Bike gebaut

Die Honda VF 1000R wurde von 1984 bis 1987 als Supersport-Bike gebaut (Quelle: Steve Munro)

Motorcharakteristik der Honda VF 1000 R: Linearer Bulle…

Allen Honda VF-Modellen war nun der V4-Motor mit seinem Zylinderwinkel von 90 Grad gemeinsam. Dem Motor selber sah man seine technischen Finessen nicht an: beide Zylinderbänke wiesen einen DOHC-4-Ventil-Kopf auf. Die je zwei obenliegenden Nockenwellen liefen ohne Lagerschalen oder Wälzlager direkt gleitgelagert im Aluminium des Zylinderkopfes und wurden je Zylinderpaar über eine Zahnradkaskade angetrieben.

Abgeleitet wurde die SC 16 vom Werksrenner Honda FWS 1000, der in der nordamerikanischen AMA F1-Rennserie sowie im Rennen Daytona 200 für Furore sorgte und mit denen Freddie Spencer sensationelle Erfolge in der Rennserie feierte.  Mit einer kurzhubigen Auslegung mit nur 53,6 mm Hub bei üppiger 77 mm Bohrung war eine hohe Drehzahlfestigkeit bei gleichzeitig genauester Einhaltung der Steuerzeiten durch die „Gear driven Cams“, die zahnradgetriebenen Nockenwellen, garantiert. Die insgesamt 16 Ventile wurden über einstellfreundliche Kipphebel betätigt. Das zündfähigen Benzin-Luftgemisch bekam das Kraftwerk von vier im Zylinder-V liegenden 36mm Gleichdruckvergasern spendiert.

Die Honda VF 1000R leistete in Amerika bis zu 125 PS

Die Honda VF 1000R leistete in Amerika bis zu 125 PS (Quelle: Steve Munro)

Die Leistungsdaten des 998 ccm großen und 10,7:1 verdichteten V4-Triebwerks:  122 PS bei 10.500 U/min und ein maximales Drehmoment von 92,28 Nm bei 8.500 U/min waren mehr als bullig. Für den nordamerikanischen Markt waren seinerzeit sogar 125 PS angesagt. Fahrtests bescheinigten der Honda VF 1000 R eine Top-Speed von 249 km/h. Das war damals ein sensationeller Wert, der sowohl dem bärenstarken Motor, als auch der gelungenen Aerodynamik  geschuldet waren. Das Triebwerk zog einfach etwas über Standgasdrehzahl linear und jederzeit gut beherrschbar mit unglaublicher Kraft Mann und Maschine nach vorne und erfreute Fahrer und Passagier gleichermaßen mit kernigem V4-Sound.

100 PS Schranke in Deutschland

In Deutschland blieben durch die zeitgenössische „Freiwillige Selbstbeschränkung“ der Hersteller immer noch 100 PS bei 10.000 U/min und 84 Nm bei 7.500 U/min über, genug für knapp 240 km/h. Der prestigeträchtige Sprint von 0 auf 100 km/h absolvierte die Honda VF 1000 R lässig in 3,4 Sekunden, nach 12,6 Sekunden hatte sich die Geschwindigkeit der VF 1000 R nochmals verdoppelt. Trocken wog die Maschine 244 kg, dazu kamen 25 Liter Benzin, Öl und Kühlflüssigkeit in nicht unerheblicher Menge für den großen Wasserkühler und den nach den verheerenden Motorschäden bei der Honda VF 750 F  (RC 15) installierten größeren Ölkühler. Von daher waren die gebotenen Fahrleistungen aller Ehren wert.

Die VF 1000R erreichte 249 km/h Top-Speed

Die VF 1000R erreichte 249 km/h Top-Speed (Foto: Umberto Rossino)

Die Kraft wurde mittels einer hydraulisch beaufschlagten Anti-Hopping-Kupplung über ein 5-Gang-Getriebe auf eine wartungsarme O-Ring-Kette ans Hinterrad übertragen. Die Anti-Hopping-Kupplung pufferte beim Herunterschalten das Rückdrehmoment des Motors bei Drehzahlunterschieden zwischen Getriebe und Kurbelwelle  ab und verhinderte so ein stempelndes oder blockierendes Hinterrad.

Die VF 1000R knackte die 100 km/h Marke nach 3,4 Sekunden

Die VF 1000R knackte die 100 km/h Marke nach 3,4 Sekunden (Quelle: Steve Munro)

Rahmen und Fahrwerk: Geradeaus tadellos, aber in Kurven…

Der Doppelschleifen-Rohrrahmen aus silbern lackiertem Vierkant-Stahl-Rohr mit einem Radstand von 1.505 mm, 810 mm Sitzhöhe sowie 135 mm Bodenfreiheit arbeitete hinten mit einer nadelgelagerten hohl gegossenen Aluminium-Kastenschwinge , die sich mit einem mehrfach verstellbaren Federbein gegen den Rahmen abstützte. Das hondaspezifische PRO LINK-System erlaubte einen Federweg von 120 Millimetern. An der Fahrzeugfront war eine hydraulisch gedämpfte, druckluftunterstützte und in der Zugstufe dreifach einstellbare 41 mm Telegabel mit 150 mm Arbeitshub montiert, die mit dem gerade in Mode geratenen, mechanischen Anti-Dive-System  TRAC ausgestattet war.  Zusätzliches technisches Schmankerl waren die Schnellverschlüsse an der Vorderachsklemmung, die ein schnelles Radwechseln ermöglichten.

nach 12,6 Sekunden standen 200 Sachen auf der Uhr

Nach 12,6 Sekunden standen 200 Sachen auf der Uhr (Quelle: Steve Munro)

Auf den schlanken Alu-Guss-Com-Star-Rädern mit sternförmig angeordneten fünf Doppelspeichen befand sich vorne ein 120/80-V16  Reifen, hinten drehte sich ein 140/80-VR17 Radial-Pendant in der Erstausrüstung. Der vordere 16-Zöller war für das kippelige Einlenkverhalten in Kurven und für die Neigung zum Aufrichten beim Bremsen in Schräglage verantwortlich, wegen des dachförmigen Querschnitts fiel dieser Effekt umso ausgeprägter aus.

Die sehr gute und standfeste Bremsanlage bestand aus einer schwimmend gelagerten Doppelscheibenbremsanlage mit 285 mm Durchmesser und Doppelkolbensätteln an der Vorderhand, hinten verzögerte eine aus  der Renntechnik übernommene , innenbelüftete 285 mm Bremsscheibe  mit Einkolbensattel die fahrfertig vollgetankt 272 kg schwere Fuhre.

25 Liter Sprit fasste die Honda VF 1000R

25 Liter Sprit fasste die Honda VF 1000R (Foto: Umberto Rossino)

Farben: Immer schön bunt

Die Honda VF 1000 R (SC 16)  war serienmäßig in den drei HRC -“Kriegsfarben“ Rot-Weiß-Blau unterwegs: Fighting Red (R -134), Shasta White (NH – 138) und Candy Aleutian Blue (PB – 127 C-U)). Die letzte Version der SC 16 von 1987 war nur in der Sponsoren-Lackierung im ROTHMANS – Design in Blue Rothmans (HON SB 008.0) erhältlich. Einen kleinen weiteren Farbakzent setzten die beiden Tankaufkleber mit den HONDA-Schwingen in Sonnen-Gelb, die bei beiden „Sportanzügen“ appliziert wurden.

Volles Farbspektrum: Honda VF 1000R

Volles Farbspektrum: Honda VF 1000R (Foto: Umberto Rossino)

Die VF 1000 R ist auf dem Gebrauchtmarkt ein seltener Vogel

 Im Zentralregister des Kraftfahrtbundesamtes in Flensburg sind noch ca. 110 zugelassene Exemplare der  Honda VF 1000 R (SC 16) gelistet, die komplette, jemals produzierte Losgröße in Japan lag bei etwas über 9.100 Einheiten.

Das Angebot an Gebrauchtmaschinen im Originalzustand ist entsprechend schmal,  der damalige Neupreis lag bei happigen 19.360 DM. Laut Classic-Analytics bewegen sich die Gebrauchtpreise zwischen 5.500 € und mehr für gepflegte Maschinen im Originalzustand ohne Wartungs- und Reparaturstau; am anderen Ende der Skala liegen die „Verwahrlosten“, die noch als Basis für Restaurierungen bilden können, bei rund 2.100 €.

Das Hauptproblem dieser Generation V4-Motoren waren eindeutig die Zylinderköpfe und die Nockenwellen, gerne brachen die Wellen im Fahrbetrieb wegen Härtungsfehler / Pittings und die Zylinderköpfe der hinteren Zylinderbank litten häufig unter Ölmangel oder starben die Hitzetod, so dass die Nockenwellen fraßen. Erst im Laufe der Produktionszeit verschwanden auch bei der VF 1000 R (SC 16) und ihrer Tourenschwester VF 1000 F (SC 15) diese eklatanten Mängel und festigten von da an den zuverlässigen Ruf der V4-Baureihen wie bei der Honda VFR 750 F (RC 24).