Wenn man „Dominator“ hört, denkt man nicht sofort an ein Motorrad. Vielmehr bewegen sich die eigenen Gedanken entweder in Richtung des jährlichen Hardcore Musik-Festivals in den Niederlanden oder man assoziiert eventuell auch noch eine Biermarke aus dem thüringischen Apolda damit. Prost! Doch neben dem Dominator-Festival und -Bier legte Honda im Jahr 1988 die NX 650 – mit eben diesem Namenszusatz Dominator – auf. Unter den Werkscodes RD 02 und RD 08 baute der japanische Motorrad-Hersteller die leicht verkleidete Honda Dominator immerhin 12 Jahre lang bis ins Jahr 2000.

Ahnenreihe der Honda Einzylinder-Enduros

Zur Geburtsstunde der NX 650 Dominator blickte Honda bereits auf eine jahrzehntelange Erfahrung im Bau von Einzylinder-Enduros zurück. Mit der SL 250S legten die Japaner 1972 ihre erste, richtige Enduro auf. Im Laufe der Geschichte änderten sich die Typbezeichnungen, aus SL wurde XL, und der Hubraum legte in mehreren Stufen zu, bis 1986 die Honda XL 600 quasi den Vorläufer der Dominator markierte.

Dass das Zeitalter schwarzer Sitzbänke passé war, demonstrierte bereits 1985 die XL 350 und XR 500 eindrucksvoll. Ein Jahr später legte die Paris-Dakar Version der Honda XL 600LM noch eins darauf und buhlte mit rot-lackiertem Motor und gold-eloxierten Felgen um die Gunst der Kunden, die sich einen Hauch Abenteuer in die Garage holen wollten. Genau in dieser Zeit, Honda hat dreimal in Folge die Rallye Paris-Dakar gewonnen, passt die Honda NX 650 Dominator, die mit „großspurigen“ Lettern ihren Namen unverkennbar auf dem Tank trägt. Doch tatsächlich wirkt sie vielmehr wie ein Hybrid: ist sie nun eine echte Enduro fürs Gelände oder eine komfortable Reiseenduro? Und hier vermag das schicke Kleid der Honda Dominator nicht darüber hinwegtäuschen, dass sie sich zwischen den Welten bewegt.

 

Die Honda XL 600 it quasi die Offroad-Vorgängerin der NX650

Die Honda XL 600 it quasi die Offroad-Vorgängerin der NX650 (Foto: Honda)

Doch tragisch ist das nicht. Denn die Zeiten, in denen man inbrünstig und ungestört mit grobstolligem Gerät über Stock und Stein brettern kann, waren eh längst vorbei. Das Refugium der Enduristen schmolz zusammen wie Schnee in der Sonne. Kaum ein Weg, der nicht privatisiert wurde und bei dem die Durchfahrt nicht mittlerweile verboten war.

Auch die damalige Fachpresse vergab in zahlreichen Vergleichstest Bestnoten an die Honda NX 650 Dominator. Aber was sagen eigentlich Besitzer über die Hondas Dominator?

Honda NX650 – Baujahr 1996 von Susanne

„Meine Dominator habe ich im Oktober 2020 gekauft. Zuvor war sie im Besitz einer Frau, die sich wohl immer regelmäßig „neue“ Domis holt, nachdem sie das Motorrad ein paar Tausend Kilometer gefahren ist. Sie war entsprechend im Originalzustand und wurde nicht im Gelände gefahren – so meine Vermutung, da es keinerlei Spuren diesbezüglich gab. Nach knapp einer Woche riss mir der Kupplungszug auf dem Weg in die Werkstatt, aber die NX hat mich dennoch ans Ziel gebracht, oder ich sie…

Vom Sound her finde ich sie sehr brav, sie tuckert eher wie ein kleiner Traktor vor sich hin. Ich fuhr zuvor eine Honda XBR 500, ebenfalls ein Einzylinder-Motorrad, aber an deren Sound kommt die NX nicht annähernd heran. Erster Zukauf war ein Ölthermometer. Wobei ich es eigentlich auch gut ohne Anzeige merke, ab wann sie warm ist und ab wann wir richtig Gas geben dürfen. Ich kannte ja zuvor quasi nur 1-Zylinder und wurde entsprechend frühzeitig auf die Eigenheiten sowie Pflege und Wartung hingewiesen.

Der Motor der Honda NX 650 Dominator ist wie ein kleiner Traktor

Der Motor der Honda Dominator ist wie ein kleiner Traktor (Foto: Nippon-Classic.de)

Die Honda NX 650 Dominator ist im Handling – egal ob in der Stadt oder auf der Landstraße – unglaublich agil und zuverlässig. Durch die hohe aufrechte Sitzposition hat man in der Stadt eine sehr gute Übersicht und auf der Landstraße lässt sie sich ebenfalls mühelos in ihrem Rahmen beschleunigen und sicher durch Kurven bewegen. Der breite Lenker und die Sitzposition machen es einem hier auch bei längeren Fahrten recht angenehm.

Ich bin sie dann den milden Winter über in Berlin regelmäßig gefahren und die erste längere Ausfahrt gab es schließlich im Frühling 2021, wobei ich sie auch einmalig auf knapp 140 km/h auf der Landstraße beschleunigen konnte. Mehr wollte bzw. konnte ich nicht, da es mir dann zu zugig um die Ohren wurde, vom Tempolimit mal ganz abgesehen.

Die Feuertaufe gab es dann im Sommer: im Juni 2021 nahm ich mit der NX 650 an einer Offroad-Rallye in Polen teil, was einige Stürze und Umfaller mit sich brachte. Einen Umfaller im tiefen Sand, einen im hohen Gras (plötzlich auftauchender tiefer Graben direkt vor mir), einmal Stecken-bleiben an einem Hang zwischen Bäumen und einen üblen Sturz auf einer „Panzer-Strecke“ aus Sand mit diversen Unebenheiten, Wasser und Kurven. Sie hat alles bestens gemeistert.

Leider im Stillstand erwischt, dennoch schafft die Honda Dominator gut 145 km/h

Leider im Stillstand erwischt, dennoch schafft die Honda Dominator gut 145 km/h (Foto: Nippon-Classic.de)

Ein abgebrochener Bremshebel war uns ebenfalls kein Hindernis, um die Rallye weiterzufahren. Meist lag sie nach einem Sturz da und der Motor tuckerte weiter, nur ich konnte sie erstmal nicht hochheben oder rausziehen. Etwas zu schwer ist sie dann leider doch für mich. Da die Verkleidung den Sturz auf der Piste nicht unbeschadet überstanden hat, gab es den finalen Beschluss, sie umzubauen. Also runter mit dem Plastik und allem unnötigen Gewicht. Ein Motorrad, das ich im Gelände nicht selbst hochheben kann, ist einfach nicht das richtige für mich. Da ich die Dominator aber zu sehr ins Herz geschlossen habe, kommt ein Verkauf nicht in Frage.

Das wird jetzt sicherlich ein etwas länger dauerndes Projekt, aber der Weg ist das Ziel. Zum Glück scheint es Fans der Domi überall zu geben, so dass ich mir immer ein paar Umbau-Ideen holen kann. Hier spalten sich die Lager übrigens ganz hartnäckig in: „Definitiv Original belassen!“ & „Super Grundlage für coole Umbauten“. Ich hätte mich nicht entscheiden können, aber die Honda Dominator macht im Gelände einfach so großen Spaß, dass ich sie nicht der Optik wegen fahren möchte. Sie ist für mich Alltags-Motorrad, um meinen Sohn durch die Stadt zu fahren, Transportwunder für Supermarkteinkäufe, am Wochenende mit Freunden über die Landstraßen Brandenburgs zu gurken (und gern auch abseits) oder sogar mal eine längere Reise zu wagen. Sie ist für mich die „eierlegende Wollmilchsau“: Ein Motorrad, mit dem man alles machen kann – die Welt erobern! Naja.. und ich hoffe natürlich, dass noch viele Abenteuer vor uns liegen.“

Das Cockpit der Honda NX 650 Dominator gibt keine Rätsel auf

Das Cockpit der Honda NX 650 Dominator gibt keine Rätsel auf (Foto: Nippon-Classic.de)

Fahrbericht von Jens Rother im Kradblatt 1999

Jens fuhr damals sowohl ein 1991er als auch 1988er RD 02 Modell. Für ihn steht fest, den Namen „Dominator“ „trägt die Honda NX 650 zu Recht, denn der 644 ccm-Einzylinder ist besonders im mittleren Drehzahlbereich enorm durchzugsstark, dreht aber auch bereitwillig in höhere Regionen. Der Honda-Motor der RD 08 leistet 46 PS bei 6000 U/min und 58 Nm bei 5000 U/min. Zudem halten sich die Vibrationen und die mechanischen Laufgeräusche in Grenzen. Ansonsten ist die Geräuschkulisse bedingt durch die zwei Auspufftöpfe recht kernig, um nicht zu sagen: schön laut.“

Trotz üppiger Plastikverkleidungen brachte es die Honda Dominator anfänglich auf nur 168 Kilogramm Gewicht. Wie das Kradblatt berichtete, begeisterte insbesondere die „üppige Ausstattung mit Edelstahl-Doppelkrümmer, den Motorschutz aus Aluminium, die Handprotektoren, den einstellbaren Handbremshebel, die Zugstufenverstellung des Showa-Federbeins und einen praxistauglichen Gepäckträger.“

Die NX 650 trägt einen soliden Unterfahrschutz aus Aluminium

Die NX 650 trägt einen soliden Unterfahrschutz aus Aluminium (Foto: Nippon-Classic.de)

Auch das „Fahrwerk mit dem geschlossenen Rahmen mit doppelten Unterzügen“ überzeugte Jens Rother aufgrund von „Stabilität sowohl auf der Straße als auch in leichtem bis mittelschwerem Gelände. Auf Schotter und losem Boden kann fast rallyemäßig gefahren werden, und das trotz der recht kurzen Federwege der 41er Showa-Telegabel von 220 mm und den an der Pro Link-Schwinge anliegenden 195 mm. Es ist also alles eine Frage der Abstimmung, die in diesem Fall zwar recht straff, aber dennoch komfortabel ausfällt.“

Den gesamten Bericht könnt ihr hier nachlesen.

Technische Daten zur Honda NX 650 Dominator (RD 02)

Motor:

  • Typ: Luftgekühlter Einzylinder-Viertaktmotor
  • Ventilsteuerung: 4 Ventile, eine obenliegende Nockenwelle
  • Hubraum: 644 ccm
  • Bohrung x Hub: 100 x 82 mm
  • Gemischaufbereitung: Keihin-Gleichdruckvergaser mit 40 mm Durchlass

Leistungswerte:

  • Maximalleistung: 44 PS bei 6.000 U/min
  • Max Drehmoment: 53 Nm bei 5.000 U/min
  • Höchstgeschwindigkeit: Solo 153 km/h

Fahrwerk:

  • Rahmen: Einschleifenrahmen aus Stahlrohr mit geteilten Unterzügen
  • Vorn: Telegabel mit 41 mm Standrohren und 220 mm Federweg
  • Hinten: Zweiarmschwinge aus Stahlprofilen, über Hebelsystem angelenktes Zentralfederbein, verstellbare Federbasis und 195 mm Federweg
  • Speichenräder mit Reifengröße 90/90-21S vorn und 120/90-17S hinten
  • Bremsen: vorn 1 Scheibenbremse mit 256 mm, hinten 1 Scheibenbremse mit 220 mm Durchmesser

Maße und Gewichte:

  • Länge: 2.195 mm
  • Radstand: 1.435 mm
  • Sitzhöhe: 860 mm
  • Gewicht: 168 kg (später 178 kg)
  • Tank: 13 Liter
Die Dominator verfügt über einen geschlossenen Einschleifenrahmen mit doppelten Unterzügen aus Stahl

Die Dominator verfügt über einen geschlossenen Einschleifenrahmen mit doppelten Unterzügen aus Stahl (Foto: Nippon-Classic.de)

 

Danke an Susanne S. für ihren schönen Erlebnisbericht!

Welche Erfahrungen habt ihr mit der Domi gemacht? Habt ihr vielleicht sogar noch eines der ersten Modelle? Schreibt uns gerne einen Kommentar oder auf Facebook. Gerne möchten wir auch noch eine Bildergalerie ergänzen, welche die Dominator in „ihrem Revier“ zeigt.