Wir sprachen mit Reimund Stotz von Liqui Moly über die Unterschiede von Motorölen, wie sie früher angeboten werden und modernen Schmierstoffen von heute. Reimund Stotz war über 20 Jahre für Liqui Moly im Außendienst als Gebietsleiter tätig. Privat restauriert er Autos und Motorräder und fährt außerdem Trial, klassisch wie auch moder. Darüber hinaus engagiert er sich im Rüsselsheimer Motorsport und Touristik Club RMSC. Seine Motorradlaufbahn begann Reimund Stotz 1974 mit einer Yamaha RD 250.

Nippon-Classic.de:

Die damaligen Herstellervorschriften verlangen für Youngtimer und Oldtimer Schmierstoffe nach Spezifikationen, die heute überholt und nicht mehr erhältlich sind. Ist damit heute automatisch das teuerste Motoröl gerade gut genug?

Reimund Stotz:

Die modernsten und daher auch eher teuren Motoröle sind für Young- und Oldtimer nicht die optimalen. Einbereichsöl und auch Mehrbereichsöl 20W-50 und 15W-40 bieten dennoch sehr gute Betriebsvoraussetzungen für Fahrzeugmotoren der Nachkriegszeit. Dies trifft zum Teil auch für das Mehrbereichsöl 10W-40 zu. Motorenölqualitäten der Vorkriegszeit sind auch heute noch erhältlich, wenn auch nicht unbedingt als Motorenöl sondern unter Industrieöl-Bezeichnungen, zum Beispiel für Kompressoren und Werkzeugmaschinen.

 

Nippon-Classic.de:

Schmieren moderne Mineralöle besser als traditionelle Mineralöle?

Reimund Stotz:

Moderne Mineralöle verfügen über einen leistungsfähigeren Additivanteil, sind daher zum Teil erheblich belastbarer und gewähren unter hohen Drücken eine stabilere Schmierung. Diese sind jedoch bei betagten Motoren nicht immer von Vorteil, vor allem dann nicht, wenn z.B. Ablagerungsbildung zur Abdichtung beitragen soll und die gute Reinigungswirkung moderner Motoröle in einem solchen Fall genau das Gegenteil bewirkt.

 

Nippon-Classic.de:

Schmieren Synthetiköle grundsätzlich besser als Mineralöle?

Reimund Stotz:

Synthetische Öle verfügen über einen höheren Viskositätsindex und deshalb über eine geringere Änderung des Fließverhaltens bei hohen Temperaturunterschieden. Daher gewähren sie erheblich bessere Betriebssicherheit bei starken Temperaturschwankungen. Weitere Vorteile sind höhere Druckbelastbarkeit, Alterungsbeständigkeit und ein sehr gutes Reinigungsvermögen.

 

Nippon-Classic.de:

Stärken VI-Verbesserer gleichzeitig Schmierkraft und Scherstabilität?

Reimund Stotz:

VI-Verbesserer vermindern die Temperaturabhängigkeit der Viskosität, was eine bessere Tragfähigkeit (Schmierkraft) des Schmierfilms bei steigender Öltemperatur ergibt als ohne VI-Verbesserer. Das verbesserte Viskositäts-Temperaturverhalten von Schmierölen erhöht damit auch die Scherstabilität.

 

Nippon-Classic.de:

Warum gibt es so viele unterschiedliche Ölsorten und Ölqualitäten?

Reimund Stotz:

Um für den Gesetzgeber und die Fahrzeughersteller alle erdenklichen Anforderungen, vor allem in Bezug auf Leistung, Betriebssicherheit und Umweltverhalten, zu erfüllen, gehen die verschiedenen Motorenhersteller auch sehr unterschiedliche konstruktive Wege. Die Festlegung des dazu notwendigen Motorenöls mit dessen Qualitäten wird allgemein in ACEA- oder fahrzeugherstellerbezogenen Motorenöl-Spezifikationen angegeben. Dies trifft derzeit vor allem den Bereich von Dieselmotoren mit einer sehr breiten Vielfalt an fahrzeugherstellerbezogenen Motorenöl-Qualitätsanforderungen.

 

Nippon-Classic.de:

Können Reinigungsadditive (Detergentien) Werkstoffe angreifen, zum Beispiel Lagermetalle oder Flächen- und Wellendichtungen alter Motoren?

Reimund Stotz:

Allgemein verhalten sich Detergentien bzw. Reinigungsadditive gegenüber Werkstoffen neutral, so auch gegenüber Lagermaterialien und Kunststoffen. Sie halten den Schmutz in der Schwebe, so dass dieser weiter angesaugt wird und im Ölstrom mit zirkuliert. Dies kann in Motoren ohne wirksame Ölfilterung erhöhten Verschleiß verursachen.

 

Nippon-Classic.de:

Warum sind für ältere Hochleistungsmotoren oft dickflüssige Einbereichsöle vorgeschrieben?

Reimund Stotz:

Einerseits gab es früher noch keine Mehrbereichsöle, und man hatte den Wärmeverzug von Motorenbauteilen nicht richtig im Griff, insbesondere bei luftgekühlten Motoren. Wärmeverzug ergibt ungünstige Toleranzen gegenüber Brennräumen. Öle mit höherer Viskosität kompensierten einigermaßen den Öleintrag in Brennräume. Die höhere Viskosität ergab auch die notwendig höhere Scherstabilität, um den Verschleiß damaliger Hochleistungsmotoren besser in Grenzen halten zu können.

 

Nippon-Classic.de:

Brauchen Motoren mit Luftkühlung andere Öle als Motoren mit Wasserkühlung?

Reimund Stotz:

In heutiger Zeit eigentlich nicht, mit Ausnahme moderner wassergekühlter 2-Takt-Bootsmotoren, für die oft aschearme 2-Takt-Öle nach Spezifikation NMMA-TC-W3 oder -TC-W3R vorgeschrieben sind, damit durch den eher kühl laufenden Motor auch weniger Rückstände entstehen, welche eine eventuelle Betriebseinschränkung ergeben könnten. Früher wurde der durch extremeren Zylinderverzug verursachte Öleintrag in die Brennräumezug luftgekühlter Motoren durch Öle mit höherer Viskosität kompensiert.

 

Nippon-Classic.de:

Gibt es spezielle Einfahröle?

Reimund Stotz:

Gab es, sie finden jedoch seit Jahren keine Notwendigkeit mehr. Allgemein handelte es sich dabei um sehr niedrig additivierte Mineralöle, damit abrasiver Einlaufverschleiß ein schnelleres Einglätten von Oberflächen ergab.

 

Nippon-Classic.de:

Ich kaufe ein Fahrzeug mit unbekannter Ölfüllung. Was raten Sie für den Ölwechsel?

Reimund Stotz:

Herstellervorschriften recherchieren. Im Zweifel unlegiertes Öl fahren oder Ölsorte im Labor bestimmen lassen. Wenn Motoren von deren innerer Sauberkeit einen ordentlichen Eindruck machen, dann Motoröl- mit Ölfilter-Wechsel durchführen und dazu den Spezifikationen entsprechendes und zur Fahrcharakteristik passendes Motorenöl auswählen. Eine Motorinnenreinigung z.B., mit Ölschlammspülung oder MotorClean ist besonders ratsam, wenn Verkokungen, Ölschlamm usw. ersichtlich sind und der Motor technisch in Ordnung ist. Dann kann das passende Frischöl ideal wirken. Dies begünstigt die Kompression und wirkt Verschleiß entgegen, denn der Motor läuft dann eher wieder konstruktiv.

 

Nippon-Classic.de:

Soll man einen alten Motor vor Gebrauch mit dünnem Öl oder Petroleum spülen?

Reimund Stotz:

Nach langen Standzeiten von Motoren gibt ein intensiver Blick in das Innere einen guten Aufschluss zur weiteren Vorgehensweise. Das Demontieren und Reinigen der Ölwanne zeigt vorgefundenen Abrieb und Ablagerungen auf und verrät viel über den Gesamtzustand. In demontiertem Zustand empfehlen wir die Reinigung mit Kalt- oder Bremsenreiniger und im betriebsfähigen und technisch ordentlichen Zustand mit MotorClean.

 

Nippon-Classic.de:

Wenn das Motoröl im Betrieb schwarz wird, ist es dann schlecht?

Reimund Stotz:

Je höher die Öltemperatur, desto schneller altert der Schmierstoff und grenzt seine Leistungsfähigkeit ein. Das Öl verschlammt zunehmend und verschlechtert sich. Wenn gutes synthetisches Öl bei optimalen Betriebstemperaturen schnell schwarz wird, deutet dies auf sehr gutes Reinigungsvermögen hin. Bei Dieselmotoren wird das Motoröl wegen stärkerem Rußeintrag normalerweise erheblich schneller schwarz. Sofern die Ölwechselintervalle eingehalten werden und das Fahrzeug keinen erschwerten Betriebsbedingungen unterliegt,  braucht man sich in einem solchen Fall keine Sorgen zu machen. Vor allem bei thermisch belasteten Motoren, wie z.B. manche Turbomotoren, empfehlen wir jeweils beim Ölwechsel eine Motorspülung vorzunehmen, um vor allem Ablagerungen im Bereich der Kolbenringe abzutragen. Dies ergibt eine bessere Abdichtung gegenüber den Brennräumen und eine verbesserte Kompression. Das Frischöl kann besser Schmieren und das Verschleißverhalten wird eingegrenzt.

 

Nippon-Classic.de:

Wie unterscheiden sich Rennöle von Standardölen?

Reimund Stotz:

Rennöle sind nicht zu stark additiviert, um die Reibung gering zu halten. Korrosionsschutz wird kaum berücksichtigt, denn Rennöle haben nur einen begrenzten Einsatz und keine Alltagsproblematiken zu kompensieren!

 

Nippon-Classic.de:

Gibt es ein modernes Öl mit einer besseren Schmierkraft als Rizinusöl?

Reimund Stotz:

Zunächst weisen Rizinusöle eine sehr gute Schmierkraft auf. Diese verharzen jedoch stark und sind daher für die heute normalen und vor allem verlängerten Öl-Service-Intervalle nicht geeignet.

 

Nippon-Classic.de:

Stimmt es, dass Rizinusöl bei Temperaturen unter Null gefrieren kann?

Reimund Stotz:

Gefrieren nicht unbedingt, jedoch im Bereich knapp unter 0 °C dickt Rizinusöl ein und ist von der Ölpumpe nicht mehr förderbar.

 

Nippon-Classic.de:

Stellen Nasssumpfschmierungen andere Anforderungen an die Öle als Trockensumpfschmierungen?

Reimund Stotz:

Nein. Wo das Öl gesammelt und bevorratet wird, ist unerheblich und von wo aus es zur Schmierstelle befördert wird, auch.

 

Nippon-Classic.de:

Wie kann ich Motorinnenkorrosion bei Standzeiten vorbeugen?

Reimund Stotz:

Bei betriebswarmem Motoröl eine Motorspülung mit anschließendem Öl- und Ölfilterwechsel durchführen und als Frischöl ein möglichst niedrig additiviertes Mineralöl verwenden.

 

Nippon-Classic.de:

Entstehen bei der Verbrennung von Öl gesundheitlich bedenkliche Substanzen?

Reimund Stotz:

Ja, aus Schwefel werden schädliche Schwefelverbindungen wie Schwefeloxid und Schwefeltrioxid und aus Stickstoff werden schädliche Stickoxide und Kohlenwasserstoffe.

Trial-Fahrer Reimund Stotz ist Experte zum Thema Motoröl

Reimund Stotz ist Experte zum Thema Motoröl (Foto: Hans Greiner)

Nippon-Classic.de:

Gibt es für Motoren mit Verlustschmierung biologisch abbaubare Öle?

Reimund Stotz:

Im Bootsbereich, für Gartengeräte und in der Forstwirtschaft sind solche Öle in Gebrauch.

 

Nippon-Classic.de:

Warum stinken manche Zweitaktöle fürchterlich, während andere weder rauchen noch riechen?

Reimund Stotz:

Dies liegt an der Verwendung von verschiedenen Grundölen und nicht optimal angepassten Mischungsverhältnissen.

 

Nippon-Classic.de:

Schmieren heutige Zweitaktöle besser, und kann ich deshalb das Mischungsverhältnis reduzieren, wenn ja, um wieviel?

Reimund Stotz:

Heutige Qualitäts-Zweitaktöle schmieren besser als damalige. Das Mischungsverhältnis kann nicht grundsätzlich verändert werden, da ältere Motoren auch nach anderen Vorgaben als heute konstruiert worden sind. Eine Anpassung eines mageren Mischungsverhältnisses muss selbst ausgelotet werden.

 

Nippon-Classic.de:

Stimmt es, dass ein 90er Getriebeöl das gleiche Fließverhalten besitzt wie ein 30er Motorenöl?

Reimund Stotz:

Ein SAE 90 Getriebeöl ist um eine gute Viskositätsklasse hochviskoser (zähflüssiger) als ein SAE 30 Motorenöl, welches mit einem SAE 80 Getriebeöl von der Viskosität vergleichbar ist.

 

Nippon-Classic.de:

Wie kann man sich im Dschungel der Spezifikationen zurecht finden, welche ist die seriöseste?

Reimund Stotz:

Zunächst sollte die vom Motorenhersteller geforderte Motorenölqualität bzw. Spezifikationsvorgabe ausgemacht werden. API- und ACEA-Spezifikationen bieten eine gute Übersicht und Einteilung. LIQUI MOLY bietet einen Ölwegweiser im Internet unter www.liqui-moly.de, in welchem auch über die Fahrzeug-Schlüssel-Nummern die passenden Schmierstoffe des jeweiligen Aggregats zugeordnet werden.

 

Nippon-Classic.de:

Soll ich das Motoröl vor der Winterpause oder zum Saisonstart erneuern?

Reimund Stotz:

Wird das Fahrzeug stillgelegt, so ist der Ölwechsel vor dem Stilllegen optimal. Bei Dauerbetrieb mit jährlichem Öl-Service, dann nach der Winterzeit.

 

Nippon-Classic.de:

Was sind die schwersten Fehler bei der Wahl der Schmierstoffe?

Reimund Stotz:

  1. Fehler Nummer 1: Nur das beste (teuerste) Öl verwenden. Denn das beste Öl für den Motor ist das bestangepasste. Daher Spezifikation einhalten und die Auswahl der Motor-Viskosität den Betriebsbedingung anpassen!
  2. Fehler Nummer 2: Nur das billigste Öl verwenden. Begründung: Begünstigung von Verschleiß.
  3. Fehler Nummer 3: Leichtlauföle in Wälzlagermotoren. Folge: Erhöhter Verschleiß bei nicht geeigneter Motorenölqualität. Mehrbereichsöle hingegen stellen heute bei passender Ölqualität kein Problem mehr dar.
  4. Fehler Nummer 4: Legierte Öle in Motoren ohne Feinfilter. Bei Motoren ohne Ölfilterung tritt erhöhtes Verschleißverhalten auf, bei Motoren mit Standardölfilter oder Feinfilter kein Problem.
  5. Fehler Nummer 5: Handelsübliche PKW-Motorenöle in Motoren mit Nasskupplung. Je normaler, bzw. niedriger additiviert oder niedriger legiert die Motorenöle sind, desto unproblematischer verhalten sich diese in Nasskupplungen. Je mehr Verschleißschutzanteil und Reibwertverbesserer beinhaltet sind, desto eher tritt Kupplungsrutschen ein.

 

Nippon-Classic.de:

Was sind Ihre besten Tipps für ein langes Motorleben?

Reimund Stotz:

  1. Ölsorte nicht nach dem Preis, sondern nach den vom Fahrzeughersteller vorgegebenen Spezifikationsvorschriften auswählen und nach Möglichkeit die Viskosität optimal den Betriebsbedingungen anpassen.
  2. Vor dem Losfahren Durchölungszeit abwarten und Kaltlaufbelastungen meiden.
  3. Vor längeren Standzeiten Ölwechsel in betriebswarmen Zustand durchführen.
  4. Ölwechselintervalle einhalten – frisches Öl schmiert und schützt am besten.

 

Interview geführt Heiner Jakob

Yamaha RD