Moto Guzzi hat vor wenigen Tagen mit der Auslieferung der neuen V85TT begonnen. Die neu entwickelte Reiseenduro steckte der Hersteller aus Mandello in ein schickes Retro-Design der frühen 1980er Jahre. Anders als ihre Konkurrenz, ist die Moto Guzzi V85TT die einzige Maschine in ihrer Klasse, die über einen Kardanantrieb verfügt, den die Italiener ebenfalls für die V85 TT neu entwickelt haben. Mit 80 PS und einem maximalen Drehmoment von 80 Newtonmeter bei 5000 Umdrehungen bewegt sich die Guzzi auf Augenhöhe mit der BMW F 850 GS und wird flankiert von der ebenfalls neuen Yamaha Ténéré 700 und Honda CRF 1000 L Africa Twin.
Der Hersteller aus Mandello hatte es in den letzten Jahrzehnten nicht leicht gehabt: nur noch wenige Käufer fanden Interesse an den schweren Motorrädern mit dem typischen V-Motor. Mit der V7 beschwor Moto Guzzi den klassischen Geist der Marke. Doch die zwischen der Retro-Baureihe und der großen 1400er klafft eine Lücke sowohl beim Hubraum – an der auch die V9 mit 853 Kubik nichts ändert – als auch in der Modellabdeckung. Das soll sich mit Moto Guzzi V85TT nun ändern, die seit Anfang März bereits ausgeliefert wird.
Moto Guzzi VT85 TT hält am V-Twin fest
Die neue Zwei-Zylinder-Enduro unter dem Markenlogo des fliegenden Adlers stößt in das publikumsstarke Segment der Mittelklasse-Enduros vor. Hier tummeln sich unter anderem die erfolgsverwöhnte BMW F 850 GS, die KTM 790 Adventure und die Triumph Tiger 800 und der erwähnte Neuzugang von Yamaha.
Zunächst einmal ist auch die neue Guzzi eindeutig eine Moto Guzzi. Am Prinzip des quer eingebauten und nach wie vor luftgekühlten 90-Grad-V2 wurde ebenso wenig gerüttelt wie am Kardantrieb, den im Midsize-Enduro-Segment sonst keiner zu bieten hat. Das „TT“ im Namen der Moto Guzzi V85TT steht für „Tutto Terreno“ und bedeutet so viel wie „All Terrain“, obwohl das bevorzugte Revier der Moto Guzzi Landstraßen und Autobahnen sein dürften.
Der äußere Eindruck der „Classic Enduro“
Als eine Marke, die sich ihrer Tradition verpflichtet fühlt, folgt das Design an vielen Stellen dem typischen Stil der Marke. Da fällt vor allem sofort die Form des Tanks auf, der sich mehr in die Breite als in die Höhe rundet und klare Knieeinbuchtungen trägt. Dass das Spritfass 23 Liter bunkert, sieht man ihm nicht unbedingt an, ist aber mehr als ein Wort.
Auch wenn es in der Guzzi-Historie Motorräder wie die V65 TT und die Stelvio 1000 gab, ein Retro-Bike ist die V85 nicht. Die Marketingabteilung spricht recht treffend von „Classic Enduro“ und sortiert sie in die Mitte von Crossover-Modellen und einfachen Enduros auf der einen und Scramblern und Adventure-Bikes auf der anderen Seite ein. Wenngleich der Hubraum der Neuen aus Mandello exakt dem der V9 entspricht, handelt es sich um einen komplett neuen Motor, der da am ebenfalls neu konstruierten Gitterrohrrahmen hängt. Das wird nicht nur mit Blick auf die innermotorischen Details deutlich, sondern allein schon auf dem Datenblatt der Moto Guzzi V85TT sichtbar.
80 PS und 80 Newtonmeter contra 55 PS und 55 Nm. An Leistung und Drehmoment herrscht also bei der V85 TT kein Mangel. Sie werden per elektronischer Gassteuerung mit drei Fahreinstellungen abgerufen (Road, Rain, Offroad). Das farbige TFT-Cockpit ist auf der Höhe der Zeit, das zwischen den beiden runden Hauptscheinwerfern als Adler-Silhouette ausgeführte Tagfahrlicht ein willkommener Gag. Die turbinenartig gestalteten beiden LED-Rückleuchten sind ebenfalls ein nettes Designgimmick, passen aber eher zu einer Supersportlerin als zu einer Allrounderin.
V2-Motor mit kultiviertem Lauf
Beim Start schüttelt sich der V2-Motor Guzzi-typisch erst einmal ein wenig hin und her, glänzt aber im Fahrbetrieb mit kultiviertem Lauf. Es kribbelt allenfalls ein wenig an den Lenkerenden, ansonsten sind der Moto Guzzi V85TT Vibrationen fremd. Entsprechend weich fällt die Leistungsentfaltung aus, was jedoch nicht bedeutet, dass es nicht zur Sache geht. Im Gegenteil. Die Befehle der rechten Hand werden unmittelbar umgesetzt, und wer den Hahn aus dem Leerlauf heraus aufreißt, der bekommt sogar eine gewisse Bissigkeit zu spüren.
Ab 2.500 Umdrehungen läuft der Twin rund, 1.000 Touren später schiebt er nachdrücklich voran, wobei das früh anliegende hohe Drehmoment die Drehzahlen in angenehmen Regionen hält. Im flott gefahrenen Alltag braucht es fast nie mehr als 5.000 U/min. Allenfalls bei beherztem Überholen steht einmal eine Sechs vorne. Die höheren Bereiche hat Moto Guzzi übrigens grau hinterlegt, wobei das Display auch rot kann, wie nicht nur der Hinweis auf das abgeschaltete Hinterrad-ABS im Offroad-Modus belegt. Bei 6900 Umdrehungen beginnt das neuralgische Feld, 300 Touren später flackert gefühlt das halbe Cockpit beim Schaltblitz (es sind acht Leuchten) auf, und bei 7800 Umdrehungen ist dann definitiv Schluss.
Wie es sich auf der V85TT sitzt
Die Sitzbank ist bequem und das Handling der neuen Moto Guzzi-Kreation ohne Tadel. Die hüben wie drüben 170 Millimeter Federweg sind nicht die Welt, aber vor allem komfortabel abgestimmt. Hier beweist Moto Guzzi klar, dass es nicht zwangsläufig elektronisch geregelter Dämpfer braucht – Klassik-Enduro halt. Etwas engagiertere Fahrer dürften sich die Federvorspannung und Zugstufe vorne feinjustieren, denn beim Beschleunigen hebt sich die USD-Gabel gerne ein wenig und taucht beim Bremsen etwas tiefer ein.
Dafür sind dem Moto Guzzi Kardan Lastwechselreaktionen fremd. Ruhigen Gewissens lässt sich mit der V85TT zudem ohne wahrnehmbares Aufstellmoment in Schräglage bremsen. Mit dem 19-Zoll-Vorderreifen und dem Metzeler Tourance Next lässt sich die Fuhre absolut punktgenau steuern, während der alternative Michelin Anakee Adventure aufgrund seines Profils in Schräglage nicht ganz so feinfühlig der Spur folgt.
Auf losem Untergrund kann sich der V85TT-Reiter im zweiten und dritten Gang ganz auf das Drehmoment sowie den hervorragenden Knieschluss verlassen. Vor allem aber ist die V85 ein Kurvenräuber für die Landstraße. Die exakte Vorderradführung, das fehlende Aufstellmoment beim Bremsen in Kurven und eine hohe Schräglagenwilligkeit mit keineswegs seltenem Kontakt zwischen Stiefelsohle und Asphalt garantieren in Verbindung mit dem sanft laufenden V2 jede Menge Fahrdynamik. Zudem fällt der Kraftaufwand an Kupplungs- und Bremshebel sehr moderat aus. Der linksseitig geführte Eintopf des Zweizylinders gefällt durch eine dezente und nicht zu tiefe Tonlage zwischen Brummen und Bellen.
Zwei Modellvarianten und üppige Ausstattung
Die Guzzi ist mit Ride-by-Wire-Technologie ausgerüstet, hat serienmäßig eine Traktionskontrolle und Voll-LED-Licht sowie optional eine Smartphone-Anbindung. Mit Tempomat, Gepäckbrücke und Handschützern sowie wirksamem und in der Neigung verstellbarem Windschild ist die Moto Guzzi V85TT von Hause aus respektabel ausgestattet. Nicht nur die Hand, sondern auch die Fußhebel sind einstellbar. Die Standardsitzhöhe beträgt 83 Zentimeter, zwei mehr und zwei weniger sind aber auch möglich. Optional ist die Bluetooth-Koppelung des Smartphones mit der Guzzi-App Mia für Navigation, Telefonie und Speicherung von Fahrdaten möglich.
Die Standardversion Blue Atlante kommt einfarbig und mit den Metzeler-Reifen daher, während die beiden dreifarbigen TT-Ausgaben mit den Dual-Purpose-Pneus von Michelin sowie Sitzbank in Alcantaraoptik mehr den Abenteurer rauskehren. Der Preis bewegt sich zwischen 11.999 Euro für die Standardversion und 12.300 Euro für die Gelb Sahara. Dazu gibt es passend zwei verschiedenartige asymetrische Koffersets, die sich vom Volumen her aber nahezu gleichen. Die Preisdifferenz zwischen den beiden Varianten beträgt 300 Euro. Und natürlich gibt es eine Reihe von hauseigenem Zubehör, angefangen vom Hauptständer über einklappbare Endurospiegel bis hin zu Nebelzusatzscheinwerfern. Optional ist beispielsweise auch ein zweiter USB-Anschluss unter der Sitzbank zu haben.
Für Moto Guzzi ist die neue V85 TT ein äußerst wichtiges Modell, denn die Zulassungszahlen hierzulande sind im letzten Jahr um drei Prozent zurückgegangen. Mit hierzulande 755 abgesetzten Maschinen liegt Moto Guzzi gerade einmal auf Platz 15 bei den Zulassungszahlen und musste sogar Betamotor an sich vorbeziehen lassen. Also, frischer Wind im Neugeschäft ist dringend notwendig. Ob die V85 TT das Zeug hat im Revier von BMW zu wildern, wird sich erst zeigen müssen.
Aber, es müsste schon nicht mehr mit rechten Dingen zugehen, wenn es Moto Guzzi mit dem neuen Modell nun nicht endlich gelingt, weltweit wieder mehr Motorräder im Jahr zu verkaufen als allein die beiden zulassungsstärksten Maschinen in Deutschland zusammenbringen. Grund zur Hoffnung sind über 8000 Probefahrten, europaweit bereits vorreserviert wurden. Die meisten Interessenten kommen aus Italien und aus Deutschland.
Technische Daten Moto Guzzi V85TT
Motor und Leistung:
- Typ: 90-Grad-V2, luftgekühlt
- Hubraum: 883 ccm,
- Leistung: 80 PS bei 7.750 U/min
- Drehmoment: 80 Nm bei 5.000 U/min
- Höchstgeschwindigkeit: 195 km/h
- Beschleunigung 0–100 km/h: k.A.
- Normverbrauch: 4,9 l/100 km
Kraftübertragung:
- Getriebe: sechs Gänge
- Antrieb: Kardan
Maße und Gewichte:
- Tankinhalt: 23 Liter
- Sitzhöhe: 830 mm
- Gewicht: 229 kg (fahrbereit)
- Bereifung: 110/80 R19 (vorne), 150/70 R17 (hinten)
- Basispreis: 11 990 Euro
[Autoren: Jens Schultze, Jens Riedel]
Das ist ein Laien-Bericht, nur abgeschrieben wie alle anderen. „Technisch absolut aktuell“ ist allenfalls die von Aprilia stammende Elektronik. Der Motor (Lustgekühlt, 2-Ventil, Stoss-Stangen) ist stand früher 70er Jahre.
Die angegebenen 80PS werden kaum zu halten sein, wenn Moto Guzzi seine letzten verbliebenen Kunden wiedereinmal enttäuscht, sehe ich die Marke in den nächsten Jahren nicht als überlebensfähig an.
Das ist ein Laien-Kommentar. Die EU-Typzulassung umfasst auch die Prüfung der Leistungsdaten. Unabhängig davon wird die Düster-Prognose gerade von der Realität überholt. Guzzi kommt wegen der Nachfrage nach der V85 mit der Produktion kaum nach. Die Maschine ist für die Marke der größte Wurf seit der LM I. Fahren Sie doch einmal Probe, anstatt Unfug zu verbreiten.