Anlässlich seines 50. Produktionsjubiläums veranstaltete das BMW am 7. September auf dem Werksgelände in Spandau ein großes Fest für alle Mitarbeiter und deren Familien. Die 12.000 angemeldeten Besucher erwartete eine Zeitreise durch fünf Jahrzehnte BMW Motorrad Produktion am Standort. Das Motto „50 Jahre Taktjefühl“ steht bewusst in Berlinerisch für den effizienten Produktionstakt an den Montagebändern, den zuverlässigen Takt der BMW Motoren, aber auch für den taktvollen Umgang miteinander. Seit 1969 werden BMW Motorräder in Spandau gefertigt. Die Erfolgsbilanz: drei Millionen Motorräder, die in den letzten 50 Jahren im BMW-Werk in Berlin vom Band rollten. Das Jubiliäumsmodell 2019 ist eine BMW S 1000 RR, mit dem in dieser Saison Tom Sykes und Markus Reiterberger vom BMW Motorrad WorldSBK Team in der Superbike-Weltmeisterschaft an den Start gehen.

BMW baut bereits seit 1923 Motorräder - hier eine R 37

BMW baut bereits seit 1923 Motorräder – hier eine R 37 (Quelle: Nippon-Classic.de)

Helmut Schramm, Leiter Produktion BMW Motorrad, betont: „Im September 1969 lief mit der BMW R 60/5 das erste komplett im Werk Berlin gefertigte Motorrad vom Band. 50 Jahre und mehr als drei Millionen Motorräder später hat sich unser Werk in Spandau zu einem der modernsten in der Motorradindustrie entwickelt. Auf die hohe Kompetenz am Standort sind wir sehr stolz. Und das wollen wir mit dem heutigen Mitarbeiter- und Familientag feiern. Herzlichen Dank an alle Helfer, die diesen Tag ermöglichen.“

Begehrtes Jubiläumsbike

Anlässlich der 50 Jahre BMW in Berlin wurde eine BMW R nineT /5 verlost. Mit dem Jubiläumsmodell würdigt BMW Motorrad den 50. Geburtstag der legendären /5 Baureihe und der BMW Motorrad Fertigung in Spandau. Seit Juni 2019 wird die Sonderedition im Berliner Werk gebaut. Alle Einnahmen aus der Verlosung am Mitarbeiter- und Familientag gehen an das SOS Kinderdorf Berlin.

Jubiläumsmodell der BMW R nineT /5

Jubiläumsmodell der BMW R nineT /5 (Foto: BMW/Jules Esick)

Start neuer Baureihe bekräftigt Bekenntnis zum Standort

Das BMW Group Werk Berlin ist auch für die Zukunft sehr gut aufgestellt. Für 2020 ist unter anderem die Produktion einer vollkommen neuen Baureihe geplant. Einen ersten Ausblick auf das künftige Modell gibt das BMW Motorrad Concept R18, dessen Herzstück ein neuentwickelter, großer Zweizylinder Boxer-Motor mit 1800 ccm ist. Die Marke präsentiert damit ihre Version eines puristischen Custom Bikes für das große Cruiser Segment. Sowohl Motor als auch Gesamtfahrzeug werden ab dem kommenden Jahr im Berliner Werk gefertigt.

Mit dem 1800 ccm Zweizylinder Boxer willBMW künftig bei den großen Cruisern mitmischen

Mit dem 1800 ccm Zweizylinder Boxer willBMW künftig bei den großen Cruisern mitmischen (Foto: BMW)

50 Jahre BMW in Berlin –  eine Zeitreise

BMW übernahm den Berliner Standort bereits 1939

BMW übernahm 1939 den Berliner Standort. Damals wurden in Spandau Flugmotoren unter der Regie von BMW gebaut, nach dem Krieg erfolgte der Umstieg auf eine zivile Fertigung auf Motorrad- und Automobilteile. Im Jahr 1969 wurde schließlich die gesamte Produktion von Motorrädern von München in das BMW Werk nach Berlin verlagert. Mit dem Aufbau der Motorenmontage und Fertigung der legendären /5 Baureihe startete der Betrieb der bis dahin einzigen Produktionsstätte für BMW Motorräder weltweit.

Bandmontage von BMW Motorrädern der /5-Baureihe

Bandmontage von BMW Motorrädern der /5-Baureihe (Foto: BMW Group)

Damit blickt der Berliner Standort auf 50 Jahre Produktion zurück. Es waren die damals etwa 400 Mitarbeiter, die 30 Maschinen täglich produzierten und damit den Grundstein des heutigen Erfolgs legten. Die Produktionszahlen stiegen rasant an: Im Jahr 1975 verließ das 100.000ste Motorrad aus Berlin die Montagehallen, 1980 waren es bereits eine Viertelmillion. Die Schallmauer von einer Million BMW Motorräder durchbrach das Werk 2001. Zehn Jahre später feierte die Belegschaft das zweimillionste BMW Motorrad aus Berliner Produktion.

„Und mit dem heutigen Tag haben nunmehr drei Millionen BMW Motorräder die Montagebänder des Berliner Werks verlassen. Ohne Frage, wir werden die Erfolgsstory von BMW Motorrad und unseres Werks fortsetzen“, verkündete Werkleiter Schramm.

Bescheidener Anfang vor 50 Jahren für BMW in Berlin

Bescheiden hat das BMW-Werk in Spandau angefangen – ganze 1.605 Motorräder wurden im Eröffnungsjahr 1969 ausgeliefert. Es hatte freilich erst im September begonnen, und zwar mit dem Modell BMW R 60/5. In den letzten Monaten des Jahres folgten dann die sportlichere R 75/5 und die R 50/5 als leistungsreduziertes Behördenmodell. Maximal 30 Motorräder konnten die 400 in Spandau beschäftigten Mitarbeiter pro Tag bauen.

Alles begann im Eröffnungsjahr mit der BMW R60/5

Alles Begann im Eröffnungsjahr mit der BMW R60/5 (Foto: BMW)

Der damalige technische Direktor, Helmut Werner Bönsch, präsentierte sie mit selbstbewussten Worten:

„Es besteht kein Zweifel, dass BMW über viele Jahre das beste und fortschrittlichste Motorrad der Welt baute. Wir haben den Ehrgeiz, uns diesen Ruf auch in Zukunft zu erhalten.“

Und in der Tat verfügten die als sportliche Tourer im modernen Design konzipierten Modelle BMW R 50/5, BMW R 60/5 und BMW R 75/5 über ein komplett neues Fahrwerk mit Telegabel für das Vorderrad und einer verstellbaren Hinterrad-Federung. Ebenfalls neuentwickelt war der Motor, wenngleich es sich auch weiterhin um einen bewährten Zweizylinder-Boxer handelte. Als Novum standen den Kunden erstmals verschiedene Farbvarianten zur Auswahl.

BMW R75/5 mit 17 PS weniger Leistung als die Honda CB 750 Four

BMW R75/5 mit 17 PS weiniger Leistung als die Honda CB 750 Four (Foto: BMW Group)

Es war aber auch die Zeit, als BMW an seinen Motorrädern noch keine Scheibenbremsen verbaute und für 50 PS Motorleistung ein 750 Kubikzentimeter großer Boxermotor benötigt wurde. Die R 60/5 kam lediglich auf 40 PS, die Halblitermaschine, ausschließlich für das Behördengeschäft aufgelegt, beschied sich mit 32 PS. Die /5-Modelle waren zugleich die ersten BMWs, die zusätzlich zum traditionellen Kickstarter mit einem Elektrostarter ausgerüstet wurden. Auch bei den Motoren setzte BMW auf Neukonstruktionen, bei denen die Kurbelwellen nicht mehr rollengelagert, sondern gleitgelagert waren. Neu im Jahr 1969 war auch der Gleichdruckvergaser, den es im Spitzenmodell R 75/5 gab. Dennoch lag deren Motorleistung um volle 17 PS unter derjenigen der damals neuen Honda CB 750 Four.

Die Honda CB 750 Four setzte 1969 neue Maßstäbe

Die Honda CB 750 Four setzte 1969 neue Maßstäbe (Foto: Nippon-Classic.de)

Die BMW GS-Modelle verhalfen zum Aufschwung

Es verwundert angesichts der seinerzeit niedrigen Produktionszahlen von maximal 30 Stück am Tag nicht, dass vom Produktionsbeginn 1969 an 32 Jahre vergehen mussten, bis BMW das ein millionste in Berlin gefertigte Motorrad feiern konnte: Für die ersten 100.000 Fahrzeuge, aktuell in etwa neun Monaten hergestellt, brauchte es immerhin sechs Jahre. Man schrieb bereits das Jahr 2001, als die Eine-Million-Jubiläumsmaschine, eine R 1200 RT, vom Band lief.

Die nächste Million war angesichts des anhaltenden Aufschwungs von BMW Motorrad, bereits zehn Jahre später geschafft: Das Jubiläumsbike war eine R 1200 GS. Die Zwölfhunderter Boxer-GS ist ohnehin das meistgebaute Fahrzeug der bayrischen Berliner: Mehr als 25.000 Einheiten dieses Typs wurden 2018 fertiggestellt, dazu kommen weitere über 18.000 des Schwestermodells R 1200 GS Adventure. Beide Modelle werden seit Ende 2018 durch das Modell BMW R 1250 GS ersetzt.

Auf den nächsten Plätzen des letztjährigen Produktions-Rankings in Berlin liegen die F 850 GS, deren Motor allerdings nicht in Berlin, sondern in China gebaut wird, mit gut 9.000 Einheiten, der Luxustourer R 1200 RT mit knapp 9.000 Einheiten und die F 750 GS mit über 8.600 Einheiten.

Der letzte "alte" Boxer läuft 1996 vom Band - hier die BMW R 80 GS

Der letzte „alte“ Boxer läuft 1996 vom Band: BMW R 80 GS

BMW produziert heute weltweit Motorräder

Außer im Werk Berlin-Spandau werden BMW Motorräder auch noch in Brasilien, Thailand, China und Indien montiert. Auf die höchsten Zahlen kommt dabei die ausschließlich beim Partner TVS in Indien gebaute G 310, die es derzeit als Roadster- und als GS-Version gibt. Der Erfolg dieser anfangs schwierigen Zusammenarbeit lässt mittlerweile den Gedanken aufkommen, ob nicht sogar BMW Motorräder mit 125 ccm Hubraum auf die Räder gestellt werden könnten. Denn KTM baut bereits seit Jahren sehr erfolgreich Achtelliter-Modelle, und zwar ebenfalls in Indien.

Weitere Entwicklungen, die allerdings bereits weitaus früher als eine eventuelle 125er erscheinen werden, betreffen die F-Baureihe und die Boxer-Baureihe. Die Entwicklung eines etwa 1,8 Liter großen Boxermotors für ein Neumodell im Cruiser- und Touringsegment ist bereits bestätigt. Das primär für den US-Markt gedachte Serienmodell könnte 2020 von den Bändern rollen. Und auch die dritte Version der F-Baureihe nach F 750 GS und F 850 GS wird wohl schon nächstes Jahr in Berlin produziert werden; sie folgt einer Studie namens Concept 9cento und orientiert sich stilistisch an der sehr erfolgreichen S 1000 XR.

Wie lange an der Spree noch die großvolumigen Roller der Typen C 650 GT und C 650 S gebaut werden, ist fraglich. BMW hat sich nämlich mittlerweile entschieden, mittelfristig sämtliche Zweiräder, die in die Urban-Kategorie fallen, zu elektrifizieren. Deshalb werden die derzeit in Berlin gebauten Verbrenner-Scooter wohl auch keine Nachfolgemodelle erhalten.

Das bereits vor Jahren formulierte Ziel von BMW Motorrad sieht vor, im Jahr 2020 200.000 Motorräder und Roller abzusetzen. 2018, im achten Rekordjahr in Folge, erreichten die Bayern über 165.000 Einheiten. ZU den wichtigste Märkten nach Deutschland gehören Frankreich, Italien, die USA, Spanien und Großbritannien. Diese sechs Länder nahmen rund 90.000 Einheiten auf. Insbesondere in den USA, dem größten Motorradmarkt der Welt, will BMW sich künftig stärker in Szene setzen.

BMW 1800 Boxer "Departed" von CUSTOM WORKS ZON

BMW 1800 Boxer „Departed“ von CUSTOM WORKS ZON (Quelle: BMW Motorrad)

Meilensteine von BMW Motorrad in Berlin

  • 1939: BMW übernimmt in Berlin-Spandau das Werk der Brandenburgischen Motorenwerke (Bramo) und führt dort die Produktion von Flugmotoren fort.
  • 1949: Die Herstellung von BMW Motorradteilen für das Stammwerk in München beginnt. Weil die dortige PKW Produktion wächst und Platz knapp ist, verlagert BMW die Motorradteilefertigung schrittweise nach Berlin.
  • 1969: Das erste komplett in Berlin hergestellte Motorrad verlässt die Montagehalle im September 1969 – eine BMW R 60/5. Rund 400 Mitarbeiter bauen in reiner Handarbeit täglich 30 Maschinen.
Seit 1969 rollten drei Millionen BMW Motorräder vom Band in Berlin

Seit 1969 rollten drei Millionen BMW Motorräder vom Band in Berlin (Foto: BMW Group)

  • 1973: Zum 50-jährigen Jubiläum von BMW Motorrad beginnt in Berlin die Produktion der bis dahin größten BMW, der R 90 S. Es ist das erste Motorrad mit serienmäßiger Cockpitverkleidung. Mit ihrer sportlichen Linie und der auffallenden Zweifarben-Verlaufslackierung gilt die R 90 S heute als Designklassiker der 1970er Jahre.
  • 1975: Das 100.000ste BMW Motorrad aus Berlin läuft vom Band, der Designklassiker R 90 S.
  • 1980: Das 250.000ste BMW Motorrad aus Berlin läuft vom Band, eine R 65. Als erster Hersteller bringt BMW Motorrad eine Reise-Enduro auf den Markt, die BMW R 80 G/S. Innerhalb von fünf Jahren gewinnt sie vier Mal die Rallye Paris-Dakar. Die Modellreihe entwickelt sich zur meistverkauften der Welt.
  • 1988: BMW präsentiert das weltweit erste Motorrad mit ABS und bleibt bis heute Vorreiter in dieser essenziellen Sicherheitstechnologie. Zum Einsatz kommt es auch beim neuen Sporttourer K1 mit revolutionärer Vollverkleidung.
  • 2001: Die Erfolgsgeschichte am Juliusturm erreicht einen weiteren Höhepunkt: Das 1.000.000ste BMW Motorrad – eine R 1150 RT – aus Berliner Produktion rollt vom Band und wird von Unicef zu Gunsten von Schulprojekten in Afrika und Lateinamerika für über 60.000 D-Mark versteigert.
  • 2006: Erstmals werden in Berlin mehr als 100.000 Fahrzeuge in einem Jahr gefertigt.
  • 2009: Trotz der weltweiten Wirtschafts- und Finanzkrise führt BMW neue Modelle im Sport- und Luxussegment ein. Die neue BMW S 1000 RR etabliert sich schnell als feste Größe im Motorradsport, sowie als Serienversion. BMW Motorrad gewinnt neue Fans und verdoppelt so den Marktanteil. BMW Motorrad beauftragt Dafra Motos in Manaus, Brasilien, mit der Montage von BMW Motorrädern für den lokalen Markt. Vor drei Jahren übernimmt BMW Motorrad das Werk und fertigt dort BMWs mithilfe von Montagekits, die aus dem Berliner Werk versandt werden.
  • 2011: Das 2.000.000ste Motorrad, eine R 1200 GS, wird im „Berlin-Design” produziert und in Kooperation mit der Berlin Partner GmbH verlost.
  • 2013: Anlässlich des 90. Jubiläums schafft das BMW Motorrad Designteam mit der R nineT eine Hommage an die BMW R 90 S von 1973 und eröffnet so das erfolgreiche Segment der Heritage – Familie.
  • 2014: Mit dem neuen C evolution, dem ersten rein elektrisch betriebenen Scooter, schlägt BMW Motorrad ein neues Kapitel im Bereich „Urban Mobility“ auf.
    Am BMW Standort Rayong in Thailand beginnt die Montage von BMW Motorrädern. Es ist weltweit das einzige Werk der BMW Group, in dem Pkws und Motorräder gebaut werden.
  • 2015: Mit dem Einstieg in das Segment unter 550 ccm, beginnt 2015 die Produktion der einzylindrigen G 310 GS und G 310 R durch den Montage-Partner TVS in Hosur, Indien.
  • 2019: Im BMW Group Werk Berlin werden jährlich über 130.000 Zweiräder gebaut. Täglichen fertigen rund 2.100 Mitarbeiter bis zu 800 Motorräder und Scooter von 25 verschiedenen Modellen täglich.
Intermot Customized 2018

BMW R nineT Umbau auf dem BMW-Stand der Intermot (Foto: Nippon-Classic.de)

Weitere historische Aufnahmen haben wir inder Foto-Gallerie oben zusammengestellt – für Bildschirmgröße einfach Doppelklick.

 

[Autoren: Jens Schultze, Ulf Böhringer/SP-X]