Nach der Ebbe folgt die Flut

Ende der 1970er Jahre schickte Honda seine erfolgreichen Vierzylinder-Maschinen der Halbliter-Klasse in Rente. Die CB 400 Four durfte bereits 1977 einpacken, die Honda CB 500 Four und CB 550 Four folgten ihr ein Jahr später in den Ruhestand. Quasi als Trostpflaster hatte der weltgrößte Motorradhersteller die – inzwischen äußerst kultige – Honda CX 500 mit ihrem markanten V-Motor auf den Markt gebracht.

Für Fans der quirligen Vierzylinder-Modelle war die „Güllepumpe“ natürlich kein adäquater Ersatz und so schauten sie sich notgedrungen bei der Konkurrenz um. Suzuki schloss in jener Zeit erfolgreich die Lücke zwischen 400 und 750 ccm Hubraum und legte mit der Suzuki GS 550 einen Beststeller auf. Mit ihren 49 PS war die Mittelklasse-Suzi alles andere als langweilig. Sie war technisch ausgereift und für ein langes Leben konstruiert. 1979 legte Kawasaki mit der Z 500 nach, die mit spritzigen 50 bzw. 52 PS zu überzeugen wusste. Ihr folgte zwei Jahre darauf die Kawasaki Z 550 mit mehr Dampf aus dem Keller.

Und was war bei Honda los? Nichts. Erst 1981 legte der führende Zweiradhersteller mit einer Neukonstruktion nach. Die Honda CBX 400F war vollgestopft mit innovativer Technik, überzeugte mit einem guten Leistungsgewicht und nicht zuletzt mit einer tollen Optik. Hierzulande mussten Käufer noch ein Jahr warten, und zwar auf das größere Modell, die neue Honda CBX 550F.

Die Honda CBX 550F2  erschien 1982

Die Honda CBX 550F2 erschien 1982 (Quelle: Honda)

Die Honda CBX 550F bot Temperament und clevere Technik

Mit 60 PS aus 550 ccm Hubraum legte die neue Mittelklasse-Honda die Messlatte in diesem Segment recht hoch und musste sich erst 1982 von der Kawasaki GPZ 550 leistungsseitig geschlagen geben. Hinter dem Leistungsversprechen verbarg sich für damalige Zeiten modernste Technik – ein Ergebnis jahrelanger Expertise des ‚Research and Development Centers‘ im japanischen Asaka.

So spendierte Hondas Entwicklungschef, Hiroshi Kameyama, dem CBX 500F Vierzylinder-Reihenmotor nicht nur ein Vierventil-Zylinderkopf mit zwei Nockenwellen, sondern auch eine ausgeklügelte Brennraumform. Mit einer dachförmige Wölbung („Pent-Roof“) im Zylinderkopf und speziellen Zündkerzen sollte der neue Motor den Kraftstoff optimaler verbrennen. Neben einer besseren Leistungsausbeute sollten auch Verbrauch und Abgase mit dem neuen Motorenkonzept verringert werden.

In der Praxis versprach der tatsächlich 572 ccm große Motor ein nutzbares Drehzahlband zwischen 4.000 und 10.000 U/min. Unter 4.000 Touren war nicht viel los. Dafür legte der Vierventil-Motor ab 7.000 Umdrehungen umso mehr los.

„Dann katapultiert der 550er-Motor das Motorrad vorwärts, dass es Mühe bereitet, rechtzeitig die Gänge zu wechseln. Glücklicherweise ist das sechsstufige Getriebe leicht und präzise zu schalten.“, befand MOTORRAD in einem ersten Test.

Mit knapp 200 Sachen war die Honda CBX 550F somit deutlich schneller unterwegs als ihre Vorgängerin. Neben mehr Drehmoment (48 Nm statt 41 Nm) trumpfte die temperamentvolle Honda mit einem geringeren Gewicht auf.

Wie bei der kleineren CBX 400F sind die sich kreuzenden Krümmer der Vier-in-zwei Auspuffanlage ein typisches Markenzeichen der Maschine. Ungewöhnlich dabei ist, dass Zylinder 1 und 4 nach links ausatmen und die beiden anderen den rechten Auspufftopf zur Abgasentsorgung nutzen.

Honda CBX550F in rot/weißer Lackierung

Honda CBX550F in rot/weißer Lackierung (Foto: Tommy Pettersen)

Monoshock-Fahrwerk und gekapselte Doppelscheibenbremse

Dem 18 Zoll bereiften Fahrwerk spendierte Hiroshi Kameyama ein paar technische Raffinessen. Am auffälligsten war das neue Monoshock-Fahrwerk hinten. Über eine Pro-Link-Umlenkung federte die Kastenschwinge über ein luftunterstütztes Zentralfederbein – progressiv ausgelegt – ein, was sehr gut funktionierte, wie MOTORRAD in einem Test 1982 feststellte:

„In kniffligen Kurvenkombinationen zeigt sich die kleine Honda CBX von ihrer besten Seite: Schräglagenwechsel gehen mit spielerischer Leichtigkeit vonstatten.“

Die Vorderrad-Führung übernimmt eine luftunterstützte, hydraulisch gedämpfte Telegabel mit 140 Millimeter Federweg und Anti-Dive System, um lästiges Einfedern beim Bremsen zu vermeiden. Für zusätzliche Stabilität sorgte eine Gabelbrücke direkt über dem Schutzblech, die die Telegabel in schnellen Kurvenfahrten versteift. Die CBX 400F musste auf dieses nicht unbedeutende Detail verzichten.

Tatsächlich erlaubte sich das Fahrwerk in der Praxis keinerlei Schwächen und überzeugte mit spielerischem Handling, Kurvenstabilität und makellosem Geradeauslauf – auch bei hohen Geschwindigkeiten.

Um die „Sportlerin mit dem Zeug zum Renner“ in jeder Situation zuverlässig abzubremsen, setzten drei Scheibenbremsen mit Doppelkolbenzangen dem Vortrieb ein Ende. Völlig neu konstruiert, waren die Scheibenbremsen (vorn innenbelüftet) direkt mit der Radnabe verschraubt und schützend unter einer belüfteten Kapsel untergebracht.

Honda CBX550F2 Integra von 1982

Honda CBX550F2 Integra von 1982 (Quelle: Honda)

Die Erfahrungen von CBX550F Besitzer Ulrich lesen hingegen etwas anders als die Presse jener Tage:

Mein damaliger Kumpel und ich hatten ab 1982 zwei identische CBX550F und sind damit sehr intensiv und an den Grenzen gefahren. Die Maschinen hatten aber ca. 170 km/h aufwärts beileibe kein einwandfreies Fahrverhalten. In entsprechenden AB Kurven reichte eine Bodenwelle, um ein beängstigendes Schütteln auszulösen. Auf gerader Fährt neigte sie generell zu einem (beherrschbaren) Schwänzlen. Wir bekamen beides in den Griff in dem wir die damals berühmten Magura Stummellenker unter der Gabelbrücke montierten und dadurch die Standrohre ein paar Zentimeter tiefer in den Gabelbrücken setzen konnten. Dadurch wurde der Nachlauf etwas länger und fortan hatte die 550er einen tadelloses Fahrverhalten.

Technische Daten Honda CBX 550F

EinheitHonda CBX 550FHonda CBX 550F2
1. Fakten
ProduktionJahr1982 bis 19851982 bis 1985
Nummerierung (Rahmen)Start
Farbenrot-weiß, weiß-blaurot-weiß, weiß-blau
NeupreisDM7.063 DMn/a
2. Motordaten
Motortyp4-Zylinder, 4-Takt4-Zylinder, 4-Takt
VentilsteuerungDOHC, Kette, 4 VentileDOHC, Kette, 4 Ventile
Nockenwelle2 obenliegend2 obenliegend
Hubraumccm572 ccm572 ccm
Bohrungmm59,2 mm59,2 mm
Hubmm452 mm452 mm
Verdichtungsverhältnis9,5:19,5:1
Vergaser4 Keihin Gleichdruckvergaser
je 25 mm
4 Keihin Gleichdruckvergaser
je 25 mm
3. Leistungsdaten
LeistungPS60 PS65 PS
bei Drehzahlmin-110.000 U/min10.000 U/min
DrehmomentNm48 Nm51 Nm
bei Drehzahlmin-18.000 U/min8.000 U/min
LeistungsgewichtKg/PS3,0 Kg/PS2,8 Kg/PS
Höchstgeschwindigkeitkm/h195 km/h200 km/h
4. Abmessungen
Längemm2.085 mm2.085 mm
Radstandmm1.380 mm1.380 mm
LeergewichtKg183 Kg183 Kg
5. Bremse
Bremse vorn2 Scheiben 229 mm2 Scheiben 229 mm
Bremse hinten1 Scheibe 229 mm1 Scheibe 229 mm
6. Antrieb
Getriebe6-Gang Fußschaltung6-Gang Fußschaltung
AntriebKetteKette
StarterE-StarterE-Starter