Wie schon in den vergangenen acht Jahren findet die Rallye Paris-Dakar auch 2017 wieder in Südamerika statt. Die härteste aller Rallyes startete in diesem Jahr auf südamerikanischem Boden von Paraguays Hauptstadt Asunción. Dort begann das Spektakel am 2. Januar. Fast 9.000 Kilometer durch drei Länder in 13 Tagen liegen vor den Fahren von Motorrädern, LKWs und Autos. Die Zwischen- und Sonderprüfungen gehen von Paraguay über Bolivien nach Argentinien bis ins Ziel am 14. Januar in Buenos Aires.

„Die Dakar“ – Wie alles begann (1997 – 2001)

38 Jahre nach der ersten Auflage und nach zahlreichen Änderungen zählt die Dakar heute zu den bedeutendsten großen Rallye-Veranstaltungen. Sie ist ein menschliches und sportliches Abenteuer, ein Erlebnis für Wagemutige und ist längst auch eine Marketing-Maschine sowie ein Prestige-Monster geworden. Die Rallye Dakar ist aber auch ein Abenteuer, das allen offen steht, das Begegnungen, persönliche Erlebnisse, aber auch knochenharte Schinderei mit sich bringt. Vor allem aber ist sie ein hartes Langstreckenrennen, bei dem Geschick, Cleverness und Mut gefragt sind und bei dem bereits das „Durchkommen“ einen Sieg an sich bedeutet.

In der Wüste verirrt

Bei der Rallye Abidjan-Nizza im Jahr 1977 verirrt sich Thierry Sabine mit seinem Motorrad in der libyschen Wüste. Er wird in letzter Minute gefunden und kehrt nach Frankreich zurück, aber die Wüste hat ihn definitiv in den Bann gezogen. Sein Erlebnis bringt ihn auf eine verrückte Idee: Er will eine „Wettfahrt durch das Sandmeer“ organisieren. Die Wüste, die ihn fast das Leben gekostet hätte, lässt ihn nicht mehr los und so beschließt er, die von ihr ausgehende Faszination möglichst vielen Menschen zugänglich zu machen. Das ist die Geburt der Rallye Paris-Dakar, eines Abenteuers, von dem „die Daheimgebliebenen träumen sollen“.

Rallye Dakar

Jean-Claude Olivier bei der Cote d’Ivoire Rallye 1976 auf der XT 500 (Quelle: Yamaha)

Ihm schwebt eine Strecke vor, die in Europa startet, durch geheimnisvolle Wüsten führt und in Dakar endet. Der Plan nimmt schnell konkrete Formen an. Die Paris-Dakar wird ein Tor zu einer unbekannten Welt, in der Thierry Sabine zum Pionier wird.

Sein Credo lautet: „Eine Herausforderung für die, die dabei sind. Ein Traum für die, die daheim bleiben.“

Denn Afrika mit seinen unzähligen Gesichtern ist immer noch der Kontinent, der am meisten zum Träumen verführt.

Die ersten Jahre der Rallye Dakar

Am 26. Dezember 1978 wird Thierry Sabines Traum Wirklichkeit: Am Pariser Trocadéro wird die erste Paris-Dakar gestartet. 170 Teilnehmer machen sich auf den Weg in ein 10.000 Kilometer langes Abenteuer über die Pisten Algeriens, des Niger, Malis, Obervoltas und des Senegal. Noch ohne organisierte Versorgung zehren Hunger und Erschöpfung an der Karawane. Zwischen Arlit und Agadés verirrt sich ein gutes Viertel der Teilnehmer im Aïr-Gebirge. In Bamako hat die Hälfte bereits aufgegeben. So begründet die Dakar ihren legendären Ruf und kreiert ihre ersten Helden.

Rallye Dakar

Werbung für die erste Rallye Paris-Dakar (Quelle: zeitgen. Zeitung)

Schon bei dieser ersten Ausgabe stehen sportliche Leistung, Selbsterkenntnis und Überwindung der eigenen Grenzen im Vordergrund. Das Rennen, das in den 80-er Jahren am meisten Medienbeachtung finden wird, nimmt seinen Lauf.

Die Rallye Dakar hat von Anfang an großen Erfolg und löst sowohl bei den Teilnehmern wie bei den Automobil- und Motorradherstellern echte Begeisterung aus. Bereits im zweiten Jahr sind Werksteams dabei: Yamaha mit der XT 500, Volkswagen, Lada und BMW.

Rallye Dakar

Die Yamaha XT 500 von 1982 für den Dakar Einsatz (Quelle: Yamaha)

1981 zieht die Rallye Dakar nicht nur die Menge, sondern auch Stars und Sternchen an. Allein die Verschiffung nach Afrika ist schon ein Spektakel, das keiner verpassen will! Das Abenteuer wird zur Leidenschaft, man reißt sich um die Teilnahme, und sämtliche Fahrzeugtypen, vom 4×4 über den Buggy bis zum Seitenwagengespann, stehen nun am Start, einschließlich so unerwarteter Autos wie dem Rolls-Royce von Thierry de Montcorgé oder dem Citroën CX von Jacky Ickx und Claude Brasseur. „Die Menschen vereinen“, lautet der Wunsch von Thierry Sabine.

Yamaha Tenere

Die 83’er Yamaha Tenere des französischen Importeurs Sonauto (Quelle: www.rallye-tenere.com)

1982 ist die Rallye ein Kult-Ereignis geworden und ihr Ruf geht über die französischen Grenzen hinaus. Viele Teilnehmer verirren sich, so Mark Thatcher und Charlotte Verney, die drei Tage lang verschwunden sind, bevor man sie in einem entlegenen südalgerischen Dorf findet. Auch Serge Bacou muss drei Tage und drei Nächte allein, ohne Notsender, ohne Wasser und ohne Nahrung auskommen. So schreibt die Dakar ihre Geschichte. Im folgenden Jahr hätte die Dakar aufgrund der Thatcher-Affäre beinahe nicht stattgefunden.

Thierry Sabine erhält die nötigen Genehmigungen erst am Abend vor dem Start. In diesem Jahr führt die Rallye noch höher und noch weiter, und sie ist noch intensiver. Sie durchquert das Tassili-Gebirge, erlebt die Ténéré-Wüste in einem denkwürdigen Sandsturm und dringt auf einer 2500 km langen Marathonetappe bis Khorogo in der Elfenbeinküste tief in den schwarzafrikanischen Kontinent vor.

Rallye Paris-Dakar

Die Chuck Stearns Tenere und das Yamaha Seriemodell 55W (Quelle: www.rallye-tenere.com)

Der Aufschwung der Dakar hält an. Immer mehr Nennungen gehen ein. Millionen Zuschauer säumen die Straßen, um die „modernen Abenteurer“ anzufeuern. Immer mehr Stars sind dabei, um die sich die Presse reißt. Aber auch die Fahrzeughersteller machen mit, so wie Porsche, Lada, Mitsubishi, Toyota, Range Rover, Opel, Audi usw. Und Yamaha schickte 1983 die brandneue Yamaha XT 600 Z Ténéré ins gefährliche Wüstenabenteuer.

Rallye Dakar

1985: Jean-Claude Olivier auf dem Podium der Paris-Dakar Rallye mit der Ténéré 600 (Quelle: Yamaha)

Sportlich gesehen liegen die Höhepunkte im Jahr 1985 in der Etappe Néma-Tichit und der engen Néma-Anhöhe, wo unzählige Konkurrenten ihre Fahrzeuge einsanden und stundenlange Höllenqualen erleiden! Bei den Motorrädern heimst BMW nach 1981, 1983 und 1984 bereits seinen vierten Sieg ein.

Rallye Dakar

Hubert Auriol siegte 1983 auf BMW bei der Rallye Paris Dakar (Quelle: BMW)

Rallye Dakar

Der Rallye Dakar Sieger von 1984: Gaston Rahier (Quelle: BMW)

Die schwierigen Jahre der Paris Dakar

Im folgenden Jahr dann ereignet sich eine Tragödie: Am 14. Januar 1986 kommen Thierry Sabine und vier seiner Gefährten bei einem schrecklichen Hubschrauberabsturz ums Leben (Der Helikopter stieß in der Dunkelheit gegen einen Baum). Die Dakar hat ihren Anführer verloren, doch die trauernde Karawane beschließt bis ins Ziel weiterzufahren.

1987 übernimmt der Vater von Thierry, Gilbert Sabine, das Ruder bei der Rallye Dakar. Zum ersten Mal steht Peugeot in dieser Disziplin am Start. Aber bereits 1988 gerät die Rallye Dakar mit neuen Unfällen und dem Diebstahl von Vatanens Auto in Bamako erneut ins Kreuzfeuer. Am Ende steht sie kurz vor dem Aus: Zu viele Dramen, zu viel Polemik haben sie in Verruf gebracht.

1989 verlegt die Dakar ihren Start von Paris nach Barcelona und führt erstmals durch Libyen. Im selben Jahr lässt Jean Todt (der damalige Teammanager von Peugeot) in Gao eine Münze über den Sieg zwischen Vatanen und Ickx entscheiden! Nach vier Teilnahmen und vier Siegen überlässt Peugeot 1991 Citroën das Feld.

Rallye Dakar

Stephane Peterhansel 1989 auf der Zweizylinder Ténéré (Quelle: Yamaha)

Für 1992 hat sich die Dakar ein neues Ziel gesucht. Nach dem Start in Paris nimmt sie statt auf die senegalesische Hauptstadt Kurs auf Südafrika via Libyen, den Niger, den Tschad, die zentralafrikanische Republik, Kamerun, Gabun, den Kongo, Angola und Namibia. Eine schöne und zugleich dramatische Rallye: Die Organisation stolpert etliche Male, muss improvisieren, hält aber letztlich durch: Nach 13.000 km Wüste und Savanne passiert Mitsubishi in Kapstadt die Ziellinie als Sieger und beendet damit die Vorherrschaft von Citroën.

1993 – In diesem  Jahr bleiben die Teilnehmer aus. Am 1. Januar stehen nur 166 Rallyezeuge am Start. Die Privatfahrer bleiben aus und nur die Werksteams scheinen noch interessiert. Das Rennen ist hart und schwierig. Die Etappe Beni Outif – El Goléa mag als Beispiel dafür gelten: Nur 19 (von 65 gestarteten) Autos beenden die Etappe innerhalb der vorgegebenen Höchstzeit.

Rallye Dakar

Die Honda NXR 750 wurde zur Wüstenlegende (Quelle: Rainmaker47, CC-BY-SA 4.0)

Fenouil nimmt das Heft in die Hand

1994 – Nach und nach erholt sich die Rallye Dakar und die Zahl der Anmeldungen steigt wieder an. Gilbert Sabine und sein Team ziehen sich zurück. „Fenouil“ übernimmt das Heft. Der neue Chef der Rallye Dakar beschließt, Paris-Dakar-Paris aufs Programm zu setzen. Die Idee ist verlockend, aber das Rennen deswegen nicht weniger diffizil. Die Autos bleiben in den Dünen zwischen Atar und Nouadhibou stecken, wo es einen 70 km langen Berg zu bewältigen gilt. Mitsubishi kämpft sich durch, Citroën beschließt, die Klippe zu umfahren. Die Sonderprüfung wird annulliert, aber die Mitsubishi-Fahrer, die nicht mehr umkehren können, sind gezwungen, die Dünenketten zu überqueren. Nach 36 Stunden sind sie im Ziel. Ausgelaugt und völlig übermüdet treten sie zur nächsten Etappe nicht mehr an.

Fenouil organisiert die Dakar nur dieses eine Mal. Bereits 1995 wird Hubert Auriol mit der Leitung der Dakar betraut. Um sie wieder zu dem zu machen, was sie ursprünglich war, nämlich eine Rallye vor allem für Amateure, lässt Hubert Auriol das Reglement überarbeiten.

Werksautos werden aus dem Rennen ausgeschlossen, um die Kluft zwischen Profis und Amateuren zu verringern. Vor allem den Motorradfahrer bieten die Veranstalter etliche neue Serviceleistungen. Die Dakar hat wieder Rückenwind und die Zahl der Teilnehmer steigt von Jahr zu Jahr.

1997 wird die Rallye zum ersten Mal in der Hauptstadt des Senegal gestartet, sie kehrt auch wieder in den Niger und die mythische Ténéré-Wüste zurück und endet nach einer großen Schleife in Dakar.

20 Jahre Rallye Paris Dakar

1998 feiert die Dakar ihr 20-jähriges Jubiläum. Nach einer Phase, in der sie mit vielen Unsicherheiten und Schwierigkeiten zu kämpfen hatte, kehrt sie wieder an ihre Wurzeln zurück: Das Unvorhergesehene, die legendären Wüstenetappen stehen wieder im Mittelpunkt. Und zum ersten Mal gewinnt mit Jutta Kleinschmidt eine Frau eine Etappe! Die Teilnehmerzahlen steigen ständig weiter. Die Motorradwerke kommen zurück, so wie BMW im Jahr 1999.

Rallye Dakar

Richard Sainct siegte bei der Granada-Dakar 1999 und verstarb 2004 in Ägypten (Quelle: BMW)

2000 – anlässlich der Jahrtausendwende wird für die Rallye Dakar eine traumhafte Strecke erarbeitet: die Durchquerung Afrikas von West nach Ost, von Dakar nach Kairo. 400 Nennungen sind der Beweis für die Begeisterung, die dieser Parcours weckt. Aber das Rennen wird von der Bedrohung durch Terroristen überschattet, so dass die um die Sicherheit aller Teilnehmer besorgten Veranstalter beschließen, ein Teilstück der Strecke mit einer Luftbrücke zu umgehen. Das Rennen wird in Libyen wieder aufgenommen und endet ohne weitere Zwischenfälle in Kairo.

Die Dakar, Ausgabe 2001, besinnt sich erneut ihrer ursprünglichen Werte und verleiht diesen durch zahlreiche Änderungen Ausdruck. So wird beschlossen, den Transport der Servicemechaniker per Flugzeug einzuschränken und die Zahl der Marathon-Etappen anzuheben: Das Rennen soll ausschließlich auf der Strecke entschieden werden. Zum ersten Mal trägt sich mit Jutta Kleinschmidt eine Frau in die Siegerliste der legendären Rallye Paris-Dakar ein!

Rallye Dakar

Jutta Kleinschmidt in der Wüste (Quelle: BMW)

Die Sieger der Motorradwertung bei der Rallye Paris-Dakar 1979 – 2001:*

  • 1979: Cyril Neveu (YAMAHA XT 500)
  • 1980: Cyril Neveu (YAMAHA XT 500)
  • 1981: Hubert Auriol (BMW Boxer 800)
  • 1982: Cyril Neveu (HONDA XR 550)
  • 1983: Hubert Auriol (BMW Boxer 800)
  • 1984: Gaston Rahier (BMW Boxer 980)
  • 1985: Gaston Rahier (BMW Boxer 980)
  • 1986: Cyril Neveu (HONDA NXR 750)
  • 1987: Cyril Neveu (HONDA NXR 750)
  • 1988: Edi Orioli (HONDA NXR 820)
  • 1989: Gilles Lalay (HONDA NXR 820)
  • 1990: Edi Orioli (CAGIVA Elefant 900)
  • 1991: Stephane Peterhansel (YAMAHA YZE 750 Fr.)
  • 1992: Stephane Peterhansel (YAMAHA YZE 850 Fr.)
  • 1993: Stephane Peterhansel (YAMAHA YZE 850 Fr.)
  • 1994: Edi Orioli (CAGIVA Elefant 900)
  • 1995: Stephane Peterhansel (YAMAHA YZE 850 Fr.)
  • 1996: Edi Orioli (YAMAHA YZE 850 Ital.)
  • 1997: Stephane Peterhansel (YAMAHA YZE 850 Fr.)
  • 1998: Stephane Peterhansel (YAMAHA YZE 850 Fr.)
  • 1999: Richard Sainct (BMW F 650 R)
  • 2000: Richard Sainct (BMW F 650 R)
  • 2001: Fabrizio Meoni (KTM LC 4 660)

 

Mein Dank gilt Ingo Löchert, der die grandiose Seite http://www.rallye-tenere.com/ betreibt und Nippon-Classic.de die Verwendung einiger Fotos aus seinem Fundus erlaubt hat und auch die Liste der *Sieger zusammengetragen hat.