Vorwort

Der Autor hat sich bereits in einem Artikel mit der Frage befasst, ob man die Yamaha RD LC tunen kann oder nicht? Wer sich für ein Tuning der Yamaha entscheidet, findet in diesem Beitrag hier eine Tuninganleitung aus den 1980er Jahren, die von Zweiradtechnik Harting aus Minden damals herausgegeben wurde. Für die Abschrift der Tuninganleitung für die Yamaha RD LC stand eine vergilbte Fotokopie im Besitz von Klaus Hermann zur Verfügung, die unverändert abgetippt und mit den gescannten Abbildungen von Heiner Jakob zusammengestellt wurde. Die Veröffentlichung hat Herr Harting genehmigt.

Der Inhalt wurde weder auf Korrektheit der Angaben noch auf Wirksamkeit der vorgeschlagenen Maßnahmen überprüft. Die 1:1 Abschrift erfolgte, um zeitgenössische Informationen aus der Epoche des RD-Booms für die Nachwelt zu erhalten. Sie soll nicht dazu einladen, die Maßnahmen wie beschrieben auszuführen.

Tuninganleitung Yamaha RD LC

Einschränkungen

Der RD LC Motor sollte nicht mehr als 25.ooo Kilometer gelaufen sein und eine relativ gut erhaltene Lauffläche besitzen. Ansonsten sind die Zylinder – nach Rücksprache mit einem kompetenten Yamaha-Händler – auf das nächste Übermaß auszuschleifen und neue Kolben zu verwenden (Kosten etwa 200 €).

Allgemeines

Diese Anleitung zum Tuning der Yamaha RD LC wurde nach bestem Wissen und Gewissen und eigenen Erfahrungen erstellt. Für nicht sachgemäße Ausführung kann keinerlei Regress oder Haftung gegenüber dem Autor geltend gemacht werden. Es wird ferner darauf hingewiesen, daß die ABE mit den beschriebenen Maßnahmen erlischt.

Brennräume vergleichen

Hierfür ist es erforderlich die Kolben auf den Oberen Totpunkt (OT) zu bringen, Brennraum bis zum ersten (unteren) Gewindegang mit Messpipette und dünnflüssigem Öl auslitern. Die Messteilung der Pipette sollte nicht größer als 0,1 bis 0,2ccm sein. Der OT ist mittels einschraubbarer Messuhr im Kerzengewinde festzustellen, ggf. kann auch eine Schieblehre verwendet werden (Vorsicht vor Verkanten) – diese Methode ist aber recht ungenau.

Das Brennraumvolumen beträgt bei senkrecht stehendem Zylinder:

Der tatsächlich gemessene Wert ist nicht primär, sondern die Differenz der beiden Brennräume zueinander. Die maximale Differenz sollte bei 0,5 ccm liegen.

Grundsätzliches

Nachfolgend beschriebene Tuningmaßnahmen sind jeweils nur kleine Schritte, aber im Zusammenhang leistungssteigernd. Sehr stark spürbar ist die Verwendung größerer Vergaser, möglichst mit 34mm Durchmesser. Bei richtiger Abstimmung macht dies alleine 7 – 8 PS frei. 28er Vergaser von den luftgekühlten RD-Modellen der Baujahre 1971 – 1980 ggf. auch noch auf 30mm Durchmesser erweitert oder auf 29mm Durchmesser aufgeweitete Originalvergaser sind nur Kompromisse. Zu kleine Vergaser sind auch das Hauptproblem der RD 350 LC YPVS-Modelle.

Das Problem der YPVS-Zündung ist nicht umfassend lösbar, da es nicht möglich ist, eine geänderte Zündbox zu einem einigermaßen akzeptablen Preis zu liefern. Basteleien auf Umbau der RD-LC-Zündung (4L0/4L1) gehen zwar und sind nachfolgend beschrieben, jedoch mit Nachteilen im oberen Drehzahlbereich erkauft. Wir empfehlen bezüglich der Zündung, sich an die Firma Kröber in Winningen zu wenden oder bei dem Importeur in Löhne nachzufragen, ob die Adaption einer Rennzündanlage der neuesten 250er Rennmaschine möglich ist. Vermutlich wird eine solche Zündanlage nicht unter 500 € zu haben sein. Wir haben uns bemüht, das Problem zu lösen. Leider war es, wie eingangs erwähnt, finanziell unrealistisch.

Handschriftlicher Zusatz: Achtung! 86er YPVS hat neue Zündbox! Daten z.Zt. noch nicht bekannt. Unbedingt empfehlenswert, diese bei der Firma Mitsui (Importeur) zu erfragen.

Yamaha RD LC Zylinder

Bei der Bearbeitung der Zylinder und Kolben muß ein Kompromiß zwischen den TZ-Rennzylindern und den Serienzylindern gefunden werden. Zunächst einmal ist darauf zu achten, daß das vorgeschriebene Kolbenspiel zwischen Kolben und Zylindern mit 0,04 genau stimmt. Ist das Laufspiel geringer, geht der Kolben fest, ist es zu groß, kommt es zu Leistungsverlust. Das Problem ist, daß von Haus aus schon große Toleranzen bestehen, die bis zu 0,15mm Spiel gehen.

Kolben mit anderer Bemaßung gibt es bei Yamaha genügend. Ebenfalls ist zu kontrollieren, ob die Zylinder richtig rund und nicht ellipsenförmig sind. Abhilfe schafft nur erneutes Ausschleifen. Dann sollten in jedem Fall die Überströmkanäle am Zylinderfuß im Übergang vom Gehäuse zum Zylinder kontrolliert und korrigiert werden. Die Übergänge sind furchtbar, und das stehen einige Millimeter im Wege.

Praktisch durchführbar ist das, indem man die sehr genau auf das Gehäuse passende Fußdichtung auf den Zylinder auflegt und als Schablone verwendet. Überstehende Kante mittels Filzstift markieren und mit kleiner grober Rundfeile korrigieren. Der Auslaßkanal kann um 2mm höhergebracht und 2mm breiter gemacht werden. Zu berücksichtigen ist auch, daß die Auslaßhöhe je nach Modell geringfügig unterschiedlich ist.

27 mm ab Oberkante ist jedoch selbst mit gekürzter Auspuffanlage als Richt- und Grenzwert anzusehen. Im Einlaßbereich stellt die Membrane eine Durchflußbegrenzung dar, und die Kanalgröße kann so belassen werden. Lediglich das Kolbenhemd ist an dieser Stelle um 2mm zu kürzen und die Kolbenfenster zur Mitte hin etwas zu erweitern. Keinesfalls Kolbenfenster höherziehen.

Eine weitere, mögliche Maßnahme ist die leichte Anschrägung des Kolbenbodens zur Einmündung der Überströmkanäle, damit diese eher öffnen. Keinesfalls am Austritt der Überströmkanäle arbeiten, da diese Vorgänge wesentlich komplizierter sind.

Auslasskanal bearbeiten

Die wichtigsten Werte bei einem Zweitaktmotor sind die Höhe bzw. die Steuerzeit des Auslasskanals und die Breite des Auslasskanals. Der Auslasskanal wird mittels eines Walzenfräsers nach oben vergrößert. Der Abstand Oberkante Auslassschlitz zur Oberkante Zylinder beträgt 26mm, der Auslaßschlitz wird somit nach oben gefräst. In der Breite wird der Auslaßschlitz links und rechts um 1mm ausgefräst. Die beiden Kanten müssen tangential zur Zylinderwand münden. Der Durchmesser des Auslaßkanals an der Auspuffseite wird an den Innendurchmesser des Auspuffkrümmers angepaßt.

Mit dem Walzenfräser werden alle Flächen im Auspuffkanal (von Laufbuchse bis Auspuff) begradigt, d.h. Ober-, Unterseite, linke und rechte Kanalwand werden begradigt, danach mit dem Fächerschleifer mit der Körnung 150 geglättet. Alle Kanten (Oberkante, linke und rechte Kante) im Auslaßschlitz zur Laufbuchse werden gerundet. Dabei können sowohl der Walzenfräser wie auch der Fächerschleifer verwendet werden. Maße: Oberkante in der Höhe 2mm mit 0,1mm Tiefe. Linke und rechte Kante seitlich 1mm und in der Tiefe 0,1 mm. Alle Radien des Auslaßschlitzes müssen mindestens einen Radius von r=5mm besitzen.

Die neu eingefrästen Steuerzeiten beider Zylinder müssen miteinander verglichen werden. Dabei sind beide nachfolgend beschriebenen Methoden zu verwenden:

  1. Kolben mit Kolbenringen in die eingeölte Laufbuchse einführen, Kolben hochschieben, bis Auslassschlitz bis auf einen kleinen Spalt geschlossen ist (Auslaßkanal ins Gegenlicht halten und Spaltbreite vom Zylinder aus kontrollieren). Danach Maß von Zylinderoberkante bis Kolben messen: h=26,5mm (+0,2mm) – wichtig für exakte Auslaßsteuerzeit!
  2. Ein Blatt Transparentpapier auf die Zylinderlaufbahn auflegen und Konturen von Auslasskanal und Überströmkanal aufzeichnen. Blatt herausnehmen, Kanäle ausschneiden und mit dem anderen Zylinder vergleichen (Achtung: sehr sorgfältig arbeiten – auf dem Blatt die Zylinderoberkante als Nullpunkt aufzeichnen) – wichtig für Auslaßkanalbreite und Steuerzeiten der Überströmkanäle respektive Vorauslaßwinkel.

Einlasskanal

Der Einlaßkanal darf in der Höhe nicht verändert werden. Er wird bei der Laufbuchse in der Breite um 1mm links und rechts geweitet und die Kanten werden verrundet. Die Kanten werden tangential in der Laufbuchse geführt. Ansonsten wird der Einlasskanal auf der Seite zur Membran nur von Gussrückständen mit dem Fächerschleifer der Körnung 150 geglättet. Polieren bringt keine Mehrleistung. Der Hilfskanal über dem Einlasskanal wird 0,5 mm tiefer gezogen, bei gleichem Abstand der Kanaloberkante zur Zylinderoberkante und mit identischer Neigung und Breite.

Überströmkanäle

Bei der RD250LC werden die Überströmkanäle im Zylinderfuß mittels Handfeilen mit einer Verjüngung von 6 – 8 Grad nach oben in der Breite und nach vorne bis zur Laufbuchse aufgefeilt.

RD 250 Kanäle

RD250 Darstellung der kolbengesteuerten Schlitze

Steuerschlitze der RD 350 LC

Darstellung der Steuerschlitze der RD 350 LC

Bei allen Typen wird die Trennwand zwischen den Überströmkanälen jeder Seite an der unteren Kante auf einen Radius von 1mm gerundet. Die Form dieser Kante sollte einem Tragflügelprofil entsprechen. Es ist wichtig, die Überströmkanäle an der Oberkante (beim Eintritt in die Laufbuchse) nicht in der Breite zu vergrößern und deren Oberkante nicht nach oben zu ziehen (Ausnahme: Bei der Kontrolle mit einer Papierschablone werden mehr als 0,3mm Differenz festgestellt, dann wird der niedrigere Wert nach oben angepasst). Die Kanten der Spülkanäle sind wiefolgt zu verrunden:  Ober- und Unterkante Höhe 1mm, Tiefe 0,1mm; Seitenkante (Richtung Einlaßseite) nicht verrunden, sondern tangential zur Zylinderwand. Die Oberflächen innerhalb der Spülkanäle werden mittels Schmirgelleinen (Körnung 150) und gebogenen Feilen (Vogelzungen) geglättet und Gußrückstände entfernt. Die Radien der Spülkanäle dürfen nicht verändert werden!

Zylinderkopf der RD LC

Mittels eines 15-Grad-Fräsers mit jeweils 55 bzw. 65 mm Durchmesser wird der Brennraum um 1mm abgesenkt, also nur vom äußeren Rand Material weggenommen. Um den gleichen Betrag wird der gesamte Kopf geplant. Der Brennraum wird konzentrischer, und die Verdichtung bildet wiederum einen Mittelwert zwischen Renn- und Straßenmaschine.

Vorverdichtung

Die Vorverdichtung, auch Kurbelhausvolumen genannt, sollte ebenfalls erhöht werden. Bei der 250er gegenüber der 350er hat man dies gemacht, indem der Kolbenbolzen höher eingebohrt wurde. Es gibt auch bei Yamaha kürzere Pleuel im Programm. Früher steckte man Kork von unten in die Kolben, was nicht empfehlenswert ist. Eine weitere Möglichkeit ist eine Aluplatte unterhalb des Zylinders, also oberhalb der Kurbelwelle einzuschweißen , daß man quasi von oben auf eine Platte guckt. Diese Platte muß dann von unten ausgefräst werden, damit die Kurbelwangen frei laufen können. Ebenfalls muß ein Schlitz für das Pleuel eingebracht werden. Man verringert quasi den Totraum in den Ecken der Abrundungen, und das ist dann schon eine ganze Menge.

Sonstiges im Yamaha RD LC Motor

Geradeverzahnter Primärtrieb, Rennzündung und erleichterter Kupplungskorb sowie Kurbelwelle sind subjektiv nicht spürbar, aber kommt zum Schluß eine Sache zur anderen. Wichtig ist auch, daß die Kurbelwelle auf 0,01mm genau ausgefluchtet ist und die Lagersitze eine ähnliche Toleranz aufweisen. Nur so werden leistungsfressende Vibrationen gekillt.