Heute möchte ich euch ein wirklich interessantes Buch vorstellen. Heiner Jakob und Frieder Bach erzählen in ihrem Buch „Der letzte Kompressor-Zweitakter mit DKW-Genen“ eine Geschichte vom sächsischen Ingenieurgeist. Es ist eine Geschichte, wie sie außergewöhnlicher nicht sein kann. Schicksale sind mit der Konstruktion verhaftet, und die Russen spielen die entscheidende Rolle. Es ist eine Mischung aus Krimi, technischer Dokumentation und Rennsportgeschichte. Zahlreiche Porträts der beteiligten Menschen machen diese Erzählung vom Schicksal des letzten Kompressor-Zweitakters mit DKW-Genen lebendig und verstehbar.
Wie es zu dem Buch kam
Jahrelang hat Heiner Jakob über ein faszinierendes Stück Motoren- und Rennsportgeschichte recherchiert und ein Manuskript darüber verfasst. Die Geschichte dazu beginnt beim Schottenring Grand Prix 1999. Die Audi Tradition präsentierte seinerzeit eine Sammlung historischer Rennmaschinen. Eine wassergekühlte DKW weckte dabei sein Interesse. Den Motor konnte Heiner keiner ihm bekannten Bauart zuordnen.
Ein Vergaser und vier Auspuffrohre zeigen wenigstens, dass es ein Verbrenner sein muss. In der Beschreibung steht etwas von einem Zweizylinder-Gegenkolbenmotor mit Centrix-Lader. Seine Neugierde lässt ihn nicht mehr los und so beginnt Heiner zu recherchieren. Audi schickte ihm auf Anfrage ein paar alte Fotos und auch nicht mehr an Informationen als in der Beschreibung von Schotten.
Im Internet kursieren die wildesten Stories über die Maschine und ihren Motor. Auch renommierte Autoren verbreiten Un- und Halbwahrheiten. Von einer Werksrennmaschine ist die Rede. Ein Braunschweiger Privatfahrer soll den Motor „abgezweigt“ haben. Sein Name: Kurt Kuhnke. Im Braunschweiger Telefonbuch findet Heiner Jakob zwei Einträge. Einer ist der Sohn. So beginnt das Puzzle.
Nach und nach findet er Zeitzeugen, die er besucht. Die Spur führt nach Chemnitz. Dort lernt er Frieder Bach kennen, der sein Mitstreiter wird. Söhne, Töchter und Enkel der an der Konstruktion Beteiligten stellen ordnerweise Originaldokumente zu Verfügung. Nach jahrelanger Recherche beginnt Heiner ein Manuskript, Frieder vervollständigt es.
Die Geschichte hinter der Geschichte
In den 1920er und 1930er Jahren dominierten im Rennsport die leistungsfähigen Maschinen der weltgrößten Motorradfabrik DKW in Zschopau. Drei Jahre vor Kriegsbeginn entwarf das Konstruktionsbüro von DKW einen Motor der Bauart »Gegenkolben mit Aufladung«. August Prüßing, damaliger Chef der Rennabteilung, räumte dem Entwurf jedoch keine Priorität ein. 1939 brachte der Zweite Weltkrieg den Rennsport zum Erliegen und dieser Entwurf wurde fast vergessen.
1945 beanspruchte die Siegermacht UdSSR in Gestalt der Sowjetischen Militäradministration in Deutschland (SMAD) für erlittene Kriegsverluste Reparationen. Die Sowjets respektierten die Leistungen der Firma DKW und des Leiters der Rennsportabteilung, so dass sie ihn und seine Mitarbeiter nicht zur Reparationsleistungen in die UdSSR deportierten. Stattdessen gestatteten sie ihnen die Leistungserbringung in einem Sonderkonstruktionsbüro in Chemnitz (STKB 10).
Zwischen 1945 und 1947 entwickelte Prüßing mit Kurt Bang, Herbert Friedrich, Erich Bergauer u.a. die letzte DKW-Rennmotorengeneration auf dem Reißbrett. Fünf Rennmotorräder mit diesem Motor wurden unter kaum vorstellbaren Bedingungen hergestellt und nach Serpuchow, dem Standort des zentralen Motorradentwicklungsinstitutes der UdSSR verbracht. Dort nutzte man den neuen technologischen Ansatz noch längere Zeit.
Das Buch „Der letzte Kompressor-Zweitakter mit DKW-Genen“ kommt jetzt in den Handel
Der Mironde Verlag zeigt Interesse an dem Buch. „Der letzte Kompressor-Zweitakter mit DKW-Genen“ wird nun im März im Museum für sächsische Fahrzeuge offiziell präsentiert – so Corona es erlaubt. Die letzte noch lebende Tochter des damaligen Chefkonstrukteurs Hermann Weber will aus den USA anreisen.
Die Story ist so abgefahren, dass sie aus einer anderen Welt stammen könnte oder gar als Roman durchginge. Es war aufregend, spannend und mitunter wegen der menschlichen Schicksale auch traurig. Es war wenige Sekunden vor Zwölf.
Bei einem Verkaufspreis von 14,50 Euro wird der Verlag nicht reich werden. Aber bereuen wird den Kauf niemand. Das Buch kann hier erworben werden.
Heiner Jakob
Heiner Jakob wurde 1947 in der Rennstadt Schotten geboren. In seiner Hobbywerkstatt baute er Rennmotoren, restaurierte Motorräder und spezialisierte sich auf Kurbelwellen. Er hatte unter anderem viele Jahre Yamaha-Zweitakter restauriert und seine Erfahrungen hier auf Nippon-Classic dokumentiert. Zahlreiche Fachartikel beim VFV und in Oldtimer-Zeitschriften entstammen seiner Feder.
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