Unsere „Arbeitsbiene“ ist eine Honda CB 400 Four von 1977 in – mehr oder weniger – Parakeet Yellow, die ich 1996 mit ca. 50.000 Kilometern auf der Uhr gebraucht gekauft hatte. Damals war die „Gelbe“ zarte 19 Jahre alt, aber optisch doch schon leicht angeschlagen. Der Vorbesitzer war Laternenparker. Inzwischen hat die kleine Honda über 200.000 Kilometer auf dem Tacho und hat schon ziemlich viel von Europa gesehen. Wie sie sich über die vielen Jahre und langen Urlaubstouren geschlagen hat, möchten wir euch hier erzählen.
Ab in die Provence
Im Sommer 1997 ging es auch gleich mit Zelt und meiner liebsten Sozia ab in die Provence: „Wo endlos weit der Lavendel blüht und der Auspuff vor Freude Funken sprüht…“ Kein Wunder so tiefergelegt wie wir mit dem ganzen „Geraffel“ waren! Und nach einem missglückten Bremsmanöver mitten in einer Spitzkehre war der erste Seitendeckel schon mal hin. Aber schon damals hatte ich immer mein bestes Werkzeug dabei. Gaffer- bzw. Panzerband! Das Provisorium, kunstvoll wieder zusammengepuzzelt und rückseitig verklebt, hielt dann noch so ein Jahr und wurde dann durch den Deckel eines günstig erstandenen „Schlachtmopeds“ in blau ersetzt.
Witzeleien wie „da kommt wieder das Schwedenbike“ o.ä. waren auszuhalten. Ersatzteile waren damals noch günstig zu bekommen, wenn man die Schlachtmotorräder gleich am Stück abnahm. Davon machte ich auch hin und wieder Gebrauch. Von dem daraus entstandenen Fundus zehre ich zum Teil noch heute. Nachdem der TÜV mich in der Zeit von meinem D-Kadett (in Gazellenbeige) geschieden hatte, musste die Honda nun auch für tägliche Winterfahrten im Pendelverkehr herhalten. Nach zwei nicht so wirklich „klimaerwärmten“ Wintern und ordentlich Salzkruste hatte ich ein Einsehen und die Honda bekam wieder einen vierrädrigen Untersatz über die Wintermonate zur Seite gestellt.
Mit den Wegen zur Arbeit und auch Aufgrund diverser Aktivitäten in der Motorradszene kam bis dahin eine jährliche Laufleistung von über 30.000 Kilometern auf die Uhr. Freitags nach Feierabend war dann meist „Schrauberabend“ angesagt. Spätestens Samstagnachmittag musste die kleine Honda wieder fit fürs „Treffen“ in „Irgendwoweitweg“ sowie für die folgende Arbeitswoche sein. Das fehlende Kleingeld für ausgedehnte Werkstattbesuche und die Aversion gegen frühmorgendliche Endlosfahrten in vollen Zügen war eine ständige Motivation selbst am Moped zu schrauben. Da musste ich zwar auch einige Male Lehrgeld bezahlen werden, andererseits verzieh die Honda auch so manch‘ groben Schnitzer. Ein Glück war, das es für die Honda CB 400 Four ein Reparaturhandbuch gab, welches den Namen auch verdiente. „Erklärbärvideos“ aus dem Internet gab es damals ja noch nicht.
2002 – die Spritpreise drücken auf das Budget
Als ich die Honda übernommen hatte, soff die auf der Autobahn locker über 7 Liter auf 100 Kilometer. Als ich mich dann irgendwann an die Vergaser ran getraut hatte, habe ich die 400er mit einem Reparaturkit auf gute 6 Liter bei Vollgas auf der Bahn gebracht. Im Bummelgang über die Landstraße braucht
sie seitdem knapp 5 Liter. Allerdings sind die 5 Liter eher graue Theorie. Sind die Fours doch nicht wirklich fürs langsam fahren gebaut worden. So ein Moped will doch artgerecht bewegt werden!
Trotz dieser Optimierung und auch zwecks Ausfallsicherheit folgte auch ich 2002 dem allgemeinen Trend zum Zweitmoped. Eine Enfield Taurus (Diesel 6,5 PS) sollte nun für seltenere Tankstellenbesuche sorgen und der Four etwas mehr Luft zum Verschnaufen besorgen. War doch auch so manches Ersatzteil für die kleine Four in der Zwischenzeit nicht mehr so ganz einfach zu bekommen.
Nach der Provencetour 1997 folgten neben vielen Wochenendtrips mit dem Zelt natürlich auch noch einige Campingurlaube z.B.:
- 1998 Riviera
- 1999 Schottland, bis hoch ans Nord-West-Kap.
- 2000 Frankreichrundfahrt
- 2002 Pyrenäen
- 2003 Korsika (mit Abstecher nach Rom)
- 2004 Mailand
- 2005 Österreich/Kroatien/Slowenien/Venedig
- 2006 Paris – Hochzeitsreise zu dritt. Die Gelbe und wir zwei!
- 2009 Ungarn
- 2013 Sardinien (mit Abstecher nach Rimini)
- 2015 Spanien Andalusien/Gibraltar
- 2016 Sizilien
Pleiten, Pech und Pannen – einige Episoden aus dem Urlaub“
Mit dem Mopped weg, mit dem ADAC nach Hause“ war unsere Standardantwort auf die Standardfrage: „Was, mit dem alten Motorrad wollt Ihr so weit weg?“ Nun, leider wurde der Spruch zuletzt doch einmal Realität. Ansonsten hat uns die „Gelbe“ immer aus dem Urlaub nach Hause gebracht.
1999 in Schottland lief mit dem „Hocker“ alles glatt. Das war auch gut so, so konnten wir uns ganz auf die Probleme mit unserer Bankkarte konzentrieren. Diese bescherte uns einen mehrtägigen Zwangsaufenthalt in den „Scotisch Borders“. Irgendwann kamen mit der Post die heiß ersehnten EC-Schecks und auch die parallel angestoßene Postüberweisung klappte damals nicht so von heute auf morgen. Wie es aber so ist, in solchen Situationen lernt man die nettesten Leute kennen und entdeckt auch die versteckteren Sehenswürdigkeiten in der Umgebung, an denen man ansonsten achtlos „vorbeigebrezelt“ wäre.
Erst, als wir wieder auf dem Kontinent waren, wurde mir bewusst, dass es besser gewesen wäre den Zündkontakten etwas mehr Beachtung zu schenken. Die waren dann nämlich bis auf die Eisen runter. Doch die Four hielt tapfer durch und mit 90 km/h ab kurz nach Paris brachte sie uns trotz der Vernachlässigung doch noch irgendwie bis nach Hause.
Später im Jahr 2000 waren Tina und ich irgendwo bei Orleans gestrandet als in Frankreich die Raffinerien bestreikt wurden und wir den Campingplatzwirt gebeten hatten uns 10-20 Liter Sprit zu besorgen. Er kam dann mit zweimal 20 Litern an. Die Kanister hatten wir dann noch links und rechts zusätzlich zum Campinggepäck für zwei Personen an den guten wertigen Schuch-Gepäckträger drangebunden. Wir mussten dann die Schrauben vom Nummernschildhalter rausdrehen, da sich dieselben sonst in den Reifen gefräst hätten. So polierte „nur“ der Reifen bei Bodenwellen gelegentlich das Schutzblech von unten. Die alten Stoßdämpfer waren nach der Aktion natürlich restlos tot. Dafür gab es dann ein paar schicke Konis – gebraucht aus dem Fundus versteht sich…
Ein Bruch musste geschient werden
2009 wollte ich nun endlich der „Gelben“ mal was Gutes gönnen und so kaufte ich ein paar nagelneue Ikon-Dämpfer. Leider hat einer der Dämpfer auf dem Weg nach Ungarn der Belastung nicht standgehalten. In Passau in einer Autowerkstatt wurde der Dämpfer provisorisch repariert, so dass es weiter nach Ungarn gehen konnte. Wieder zuhause, wurde der Stoßdämpfer auf Garantie eingeschickt und der neue Ersatz verrichtet seitdem tapfer seine Dienste. Auf dem Rückweg irgendwo in Slowenien streckte dann noch der wahrscheinlich beste aller Gepäckträger entnervt die Hufe. Da war wohl das ein oder andere Souvenir aus Ungarn dann doch zu viel. Doch mit „Hammer, Zange, Draht“ und zwei Gabelschlüsseln konnte die Bruchstelle erst mal „geschient“ werden. Der weiteren Heimfahrt stand somit nichts im Wege.
2015 in Andalusien hat ein Gefrierfischlaster das arme Stück doch eiskalt umgefahren. Gerade abgestellt, überlegte ich noch ob die „Biene“ hier nicht doch etwas ungünstig steht, da rauschte der eilige Fischtransporteur nur Millimeter an meinem Hintern vorbei und rasierte – genau, den gebeutelten Gepäckhalter. Dieser nahm die ganze Energie brav auf und verformte sich recht kunstvoll. Dafür blieb der Rest der Four trotz Umfaller im Großen und Ganzen heile. Nebenbei bemerkt, Kratzer sind an der „Gelben“ sowieso allgegenwärtig, sind also nicht weiter der Rede wert.
In diesem Zustand noch Gepäck aufladen zu wollen war allerdings illusorisch. Aber Gott sei Dank war auch hier eine Autoschlosserei nicht weit und mit langer Stange und Kupferrohr wurde ordentlich gebogen und geschient und so konnte die Motorradtour weitergehen.
Vom „Schandkarren“ aufgeladen
2016 nahm die Reise in Sizilien dann ein etwas unglückliches Ende. Nach einer ausgedehnten Tagestour quer über die Insel wurde spät abends auf irgendeinem Autobahnzubringer fernab vom Campingplatz das Licht schwach und die Gelbe nahm nur noch sehr unwillig Gas an. Schnell war klar, dass die Stromversorgung Ärger machte. Ersatzregler und Gleichrichter hatte ich zwar dabei aber ein Austausch brachte keine Besserung. Es musste also irgendwo ein Kabel sein. Ein Fehler an der Induktionslichtmaschine, quasi „unkaputtbar“, war unwahrscheinlich. Leider wurde es sehr schnell immer dunkler und weit und breit gab es hier keine Menschenseele. Und ein Messgerät hatte ich nun wirklich nicht dabei. Schweren Herzens blieb also nur den ADAC anzurufen, auf das dieser uns den
„Schandkarren“ schicken möge.
Der kam auch bald, brachte die „Gelbe“ im Hof des Abschleppers und uns im Hotel unter und beim ADAC versprach man uns eine Werkstatt zu organisieren. Die Ernüchterung folgte jedoch am nächsten Tag. Keine beim ADAC bekannte Werkstatt an der Ostküste Siziliens war bereit sich den alten Trödel auch nur anzusehen. So schickten wir die „Gelbe“ auf dem „gelben Karren“ heim und nahmen den Rest des Weges mit dem Mietwagen in Angriff. Zuhause dann angekommen, stellte sich heraus, dass es wirklich nur ein schnöder Kabelbruch gewesen war. Einfach so, nach nur guten 200.000 km auf der Uhr.
Natürlich gäbe es inmitten eines so langen Arbeitslebens noch einige weitere Bastelgeschichten zur „Arbeitsbiene“, aber das soll es erst einmal gewesen sein.
Viele Grüße von Tina und Stefan H. aus dem Raum Speyer
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