Vor 70 Jahren, am 23. April 1946, meldete Firmenspross Enrico Piaggio beim Zentralpatentamt für Erfindungen, Modelle und Markennamen in Florenz die Vespa zum Patent an – “for a motor cycle with a rational complex of organs and elements with body combined with the mudguards and bonnet covering all the mechanical parts”.

Wie in Japan suchten nach Ende des Zweiten Weltkriegs viele Italiener nach einem erschwinglichen, motorisierten Fortbewegungsmittel. So entschied sich der ehemalige Flugzeughersteller zum Kurswechsel und Bau des Kultrollers.

Mit breitem Hinterteil und schmaler Taille erinnerte der erste Piaggo-Roller, die MP 6, an eine „Vespa“ (italienisch für Wespe) und gab der Legende ihren Namen. Das zeitlose Design des ewig jungen Sympathieträgers geht auf den Luftfahrt-Ingenieur Corradino D’Ascanio zurück und zieht sich bis in die gegenwärtige Formsprache hindurch. Er war es auch, der den bis dahin gewohnten öligen Kettenantrieb durch eine direkte Platzierung des Motors am Hinterrad ersetzte und somit Platz zwischen Sitz und Lenker schuf.

Sieben Jahrzehnte später blickt Piaggio mit 18 Millionen verkauften Einheiten auf eine beispiellose Erfolgsbilanz seiner Kultmarke zurück. Heute teilen Menschen auf der ganzen Welt ihre Begeisterung für den knuffigen Kult-Roller aus Italien. Einen besseren länder- und kulturübergreifenden Markenbotschafter als die Vespa selbst kann man sich kaum vorstellen.

Die Vespa wurde ein globaler Verkaufsschlager

Alles fing recht bescheiden an. Mit einer Produktion von gerade einmal zweitausend Einheiten der ersten Vespa mit 98 ccm Hubraum legte Piaggio 1946 den Grundstein für den späteren globalen Erfolg. Die „MP 6“ gab es in zwei Versionen: für 55.000 Lire gab es die „normale“ Vespa zu kaufen und für 61.000 Lire eine „Luxus“ Version, die mit ein paar Extras wie Tachometer und Weißwand-Reifen punktete. Enrico Piaggio, clever wie er war, sorgte bereits im Frühjahr 1946 für den passenden medialen Auftritt und präsentierte seine neue Vespa auf Shows und in Zeitschriften. Anfängliche Skepsis gegenüber dem neuen Roller-Konzept schlug schnell in Begeisterung um und so verkaufte Piaggio im ersten Jahr 2.484 Roller.

Vespa Broschüre

Werbung von Anfang an: Vespa Broschüre von 1949 (Quelle: Piaggio)

Vespa Werbung

Vespizzatevi! Werbung für den Zweirad-Mythos von 1950 (Quelle: Piaggio)

Vespa-Werbung

Vespa-Werbung von 1953 (Quelle: Piaggio)

Vom Erfolg bestätigt, brachte Enrico Piaggio 1947 auch eine 125er Vespa auf den Markt und setzte bereits 10.535 Roller ab. Im Jahr 1948 kletterte die Produktion auf sagenhafte 19.822 Einheiten. Als 1950, nur vier Jahre nach seinem Debüt, die Hoffmann-Werken in Lintorf als erster (deutscher) Lizenznehmer die Produktion aufnahmen, verließen 60.000 Vespa-Roller die Werkshallen.

Im folgenden Jahr begann in Großbritannien die Lizenzproduktion bei Douglas in Bristol sowie in Frankreich bei ACMA. 1953 begann Moto Vespa S.A. in Spanien mit der Vespa-Produktion und die Verkaufszahlen stiegen in jenem Jahr auf 171.200 Fahrzeuge.

Wie auch Soichiro Honda setzte Enrico Piaggio von Anfang an auf Globalisierung. Dank seiner unermüdlichen Entschlossenheit, gab es 1953 weltweit mehr als zehntausend Piaggio-Servicestellen, einschließlich Amerika und Asien. Und die Vespa-Clubs zählten bereits mehr als 50.000 Mitglieder.

1 Million Vespa-Roller

1956 hatte Piaggio schon 1 Million der Vespa-Roller produziert (Quelle: Piaggio)

Die Vespa –  ein Filmstar und Lebensgefühl

Der Roller ist nicht nur ein Phänomen, sie wurde ein Teil der Sozialgeschichte. Seit Filmen wie „Dolce Vita“ mit Marcello Mastroianni in der Hauptrolle steht ‚Vespa‘ als Synonym für Motorroller. Der neue Roller verkörperte ein Lebensgefühl von Freiheit, begleitet von Rock’n’Roll Musik und dem rauschhaften Leben zwischen Straßenflirt und allabendlichen Partys.

In Hunderten von Filmen ist die Vespa zu sehen. Audrey Hepburn und Gregory Peck waren 1953 in „Roman Holiday“ die ersten internationalen Schauspieler auf dem weltweit bekanntesten Roller. Die Filmografie setzt sich mit „Quadrophenia„, „American Graffiti“ und „Der talentierte Mr. Ripley“ hin zu „Dear Diary“ und „Transformers“ bis in die Gegenwart fort.

Heute, genauso wie früher, steht die Vespa für ein Lebensgefühl sowie für eine zeit- und klassenlose Mobilität auf zwei Rädern, so wie es der VW Golf bei den Automobilen verkörpert. Inzwischen mischt sich ein Hauch von Nostalgie dazu.

Ich kann nur sagen, liebe Vespa, bleib so wie Du bist – sympathisch, liebenswert und für Generationen gemacht. Herzlichen Glückwunsch zum 70. Geburtstag!