Als ich im Mai 2011 mit meinem dabei war mein Abitur fertig zu machen, wusste ich nicht mehr wo mir der Kopf steht. Ich brauchte unbedingt eine Ablenkung, um meine Gedanken neu zu sortieren. Ich wollte was zum Basteln haben und fand im Netz eine erbärmlich aussehende Honda CB 550 Four oder besser gesagt das, was von ihr übrig war. Obwohl mir bewusst war, dass 500 Euro viel zu viel für diesen Teilespender waren, hatte ich nicht länger gezögert und karrte das Ding nach Hause. Später sollte sich mein erster Eindruck allerdings noch verschärfen, denn letztendlich konnte ich nur die Gabel, den Rahmen, Bremse und einige wenige Anbauteile verwenden. Alles andere war reif für den Schrottplatz. Ich habe mein erstes Lehrgeld gezahlt.

Bevor mein Caferacer so aussah, vergingen 400 Arbeitsstunden

Bevor meine Maschine so aussah, vergingen 400 Arbeitsstunden (Foto: Mathias Wiese)

Von Generation zu Generation

Den Oldtimer-Virus habe ich von meinem Papa geerbt. Mit einem Fundus älterer Maschinen lebte er seit Jahren vor, wovon ich schon lange träumte. In seiner Sammlung befand sich auch eine wunderschöne Honda CB 550 Four und mir gefiel der Sound dieser alten Maschine. Ein paar Ersatzteile hatte er auch noch. Also war klar, welcher Oldi die Basis stellen wird.

Als Basis für den Caferacer diente diese abgehalfterte Honda CB 550

Als Basis für den Caferacer diente diese abgehalfterte Honda CB 550 (Foto: Mathias Wiese)

Nach ein wenig Internet-Recherche stand schnell fest in welche Richtung der Umbau gehen sollte. Meine CB 550 Four sollte ein heißer Cafe Racer werden. Aber nicht so einer mit spartanischer Sitzbank, denn meine Freundin wollte ich schon gerne mitnehmen. Außerdem brauchte ich einen Motor mit mehr Leistung, denn die werkseitigen PS erschienen mir zu mager für mein Vorhaben. Aber dazu später mehr.

Ran ans Blech für den CB550 Four Café Racer

Mit einer klaren Vision von einem CB550 Four Café Racer vor Augen machte ich mich ans Werk. Wie viel Arbeit vor mir lag, konnte ich nur vage vermuten. Aber es war nachher mehr als gehofft.

Zunächst befreite ich den Rahmen der Honda von seinen Anbauten und räumte obligatorisch das Rahmendreieck für den angestrebten Look frei. Eine Firma in Nottuln verpasste dem Stahlgerüst eine gründliche Sandstrahl-Kur. Als konservierende Maßnahme entschied ich mich für eine widerstandsfähige Pulverbeschichtung. Um den typischen Café Racer Look zu erreichen, passte ich die originale Sitzbankplatte an, modellierte aus einem halben Zündapp-Tank – danke für das Opfer – den Höcker und verschweißte beides miteinander. Ein Edelstahlrohr nimmt nun das schlichte Rücklicht von Louis auf.

Naben und Achsen blieben orginial und bekamen ein Refresh spendiert

Naben und Achsen blieben orginial und bekamen ein Refresh spendiert (Foto: Mathias Wiese)

Beim Tank entschied ich mich für ein Spritfass einer alten Honda CX 500, das noch zu Hause herumlag. Schließlich hatte ich nur ein begrenztes Budget zur Verfügung und das Teil passt meines Erachtens super gut zur Heckpartie. Ein paar Änderungen waren auch hier notwendig. Der alte Benzinhahn wurde stillgelegt, dafür zwei neue eingelötet. Die Halbmondschellen vorn mussten nach hinten und etwas tiefer verlegt werden. Und die hintere Befestigung habe ich etwas gekürzt und hochgebogen.

Den Gleichrichter und Regler habe ich gegen eine neue Kombi-Einheit getauscht

Den Gleichrichter und Regler habe ich gegen eine neue Kombi-Einheit getauscht (Foto: Mathias Wiese)

Damit ergab sich eine perfekte Linie aus Tank und Sitzbank. Tank, Schutzblech und Sitzbankhöcker bekamen anschließend eine zweifarbige Racing-Lackierung. Das satte Grün stammt von einem bekannten deutschen Automobilhersteller. Der schwarzen Mittelstreifen verpasst der Honda eine zusätzliche sportliche Note. Die Sattlerei Lagraf aus Herne polsterte und bezog die Sitzbank mit einer strapazierfähigen, schwarzen Hülle – ein Traum für jeden Langstrecken-geplagten Hintern.

CB 550 Café Racer

Der zweifarbige Look steht dem Cafe Racer äußerst gut wie ich finde (Quelle: Mathias Wiese)

Der Motor wurde komplett überholt und aufgebohrt

Der Motor von meinem CB550 Four Café Racer besteht inzwischen aus zwei Teilen. Den heutigen „Unterbau“ spendierte ein CB 550 F Triebwerk. Zylinder und Kurbelwelle stammen von einer CB 650. Last but least befeuert ein Vergaser-Quartett aus einer Honda CB 750 K mit offenen Ansaugtrichtern aus Eigenfertigung den Reihenvierzylinder. Die uralte Vergasertechnik ist zwar nicht das Gelbe vom Ei, verschluckt sich mal gerne und muss ohne Beschleunigerpumpe auskommen, erfüllt aber ansonsten recht zuverlässig ihren Dienst.

Den Honda-Motor habe ich komplett zerlegt und überholen lassen

Den Honda-Motor habe ich komplett zerlegt und überholen lassen (Foto: Mathias Wiese)

Die erforderliche Motorrevision wollte ich allerdings Profis überlassen und fand mit dem Micke Motorenzentrum in Duisburg zwei kompetente Brüder, die die Motorüberholung zu vernünftigen Preisen übernahmen. Die Kurbelwelle erhielt eine Feinwuchtung, die Ventilschaftführungen wurden vermessen und für neuwertig befunden sowie die vier Zylinder gehohnt und mit neuen Kolben mit 1 Millimeter Übermaß ausgestattet. Eine schärfere Nockenwelle mit größerem Ventilhub trug schließlich zur weiteren Leistungssteigerung bei. Dabei übernahm die Campro Nockenwellenschleiferei den Umschliff einer originalen Nockenwelle mit anschließender Nitrierung.

Die 650 Euro für die Motorrevision waren sehr gut angelegt

Die 650 Euro für die Motorrevision waren sehr gut angelegt (Foto: Mathias Wiese)

Ohne auf dem Prüfstand gewesen zu sein, dürfte mein grüner Renner nun schätzungsweise etwa 65 Pferdchen am Hinterrad mobilisieren. Die Edelstahl-Krümmer für die Vier-in-Zwei Auspuffanlage habe ich in unserer Firma biegen lassen und zwei passende Endtöpfe aus dem gleichen Material spendiert.

Die Krümmer habe ich biegen lassen

Die Krümmer habe ich biegen lassen (Foto: Mathias Wiese)

Dörre Galvanotechnik in Lünen verpasste den Motorschrauben, Achsen, Bolzen, Kickstarter und Fußbremshebel eine Frischezellenkur und eine neuwertige Optik. Die hintere Radaufnahme tauschte ich gegen eine Kastenschwinge von Krüger & Junginger mit spielfreien Kegelrollenlagern. Wir alle kennen noch die wackeligen Kunststoffbuchsen aus Hamamatsu.

Ich entschied mich für eine 4-in-2 Anlage aus Edelstahl an meinem CB550 Cafe Racer

Ich entschied mich für eine 4-in-2 Anlage aus Edelstahl (Foto: Mathias Wiese)

Abgestützt wird das Heck von zwei einstellbaren Konis. Bei der Firma Behr kaufte ich direkt ab Werk zwei neue Felgen, die mit Edelstahlspeichen und den originalen Naben eingespeicht wurden. Dem Fahrwerk verpasste ich außerdem eine Doppelscheibenbremsanlage als Tribut an die Leistungssteigerung sowie solide Stahlflexleitungen vorn. Progressivere Telegabelfedern von Promoto haben im Handling einiges gebracht, da meine CB 550 Four nun nicht mehr so tief eintaucht.

Der Heckbürzel des Cafe Racers war mal ein alter Moped-Tank

Der Heckbürzel war mal ein alter Moped-Tank (Foto: Mathias Wiese)

Mir war zudem eine zuverlässige Elektrik äußerst wichtig, weshalb ich Regler und Gleichrichter gegen eine verlässliche Kombi-Einheit von Electrosport ausgewechselt habe, die auch bessere Kühlkörper besitzt und einwandfrei Ihren Dienst verrichtet. Bei der Zündanlage bin ich auf eine Lösung von Ignitech mit modernen Zündspulen von der Honda CBR 600 gewechselt, die weniger Widerstand haben und das Kaltstartverhalten spürbar verbesserten. Gegenüber der Werkseinstellung habe ich mich hinsichtlich des optimierten Triebwerks für etwas mehr Frühzündung entschieden und die mechanische Fliehkraftregelung eliminiert.

mit Luftfiltern -final sind sie offen

Erste Motorversion mit Luftfiltern -final sind sie offen (Foto: Mathias Wiese)

Die abgespeckte Gabelbrücke ziert ein Alu-Stummellenker aus dem Hause Magura. Da die Bremsanlage mehr „Saft“ brauchte, spendierte ich den Lenkerenden Kupplungs- und Bremshebel von einer Suzuki GSX-R. Ein wenig stolz bin auch auf das Kombi-Instrument mit digitalem Tacho und analogem Drehzahlmesser auf weißem Grund. Das Ganze verpackt in einer schicken Edelstahlhülle.

Kupplungs- und Bremshebel stammen von einer Suzi GSX-R

Kupplungs- und Bremshebel stammen von einer Suzi GSX-R (Foto: Mathias Wiese)

3.000 Kilometer nach Schottland ohne Ausfall

Auch wenn Eigenlob bekanntlich stinkt, bin ich mit meinem ersten Umbau mehr als zufrieden. Auch wenn ich bis zu dem heutigen Ergebnis rund 400 Arbeitsstunden und ca. 3.500 Euro investiert habe. Die gelungene Optik und der leistungsstarke Motor zaubern mir immer wieder ein Lächeln ins Gesicht. Das Triebwerk meines CB550 Cafe Racers dreht ohne Anstrengung bis 10.800 U/min hoch (zum Vergleich – eine „normale“ CB 550 schafft es auf 8.500 Touren) und das Fahrwerk ist extrem gut zu handhaben.

Der zweifarbige Look steht dem Cafe Racer äußerst gut wie ich finde

Der zweifarbige Look steht dem Cafe Racer äußerst gut wie ich finde (Foto: Mathias Wiese)

Anfang 2015 war ich mit dem Bike auf einer ausgiebigen Schottland-Tour unterwegs. Die 3.300 Kilometer hat die Maschine ohne jeglichen Ausfall absolviert. Nur mein Rücken hat gelitten, schließlich hing der Rucksack dran.

Auf meinem Schottland-Trip schnurrte meine Honda wie ein Kätzchen

Auf meinem Schottland-Trip schnurrte meine Honda wie ein Kätzchen (Foto: Mathias Wiese)

Die wichtigsten Umbauarbeiten zum CB550 Four Café Racer im Überblick

  • Rahmen: Sandstrahlen und Pulverbeschichtung (ca. 300 Euro)
  • Heckbürzel: in Eigenregie aus einem 50er Tank gebaut
  • Lackierung: zweifarbig (ca. 200 Euro)
  • Motorrevision: Hohnen, Übermaßkolben, neue Ventile, Überarbeitung Ventilschaftführung, Bearbeitung Zylinderkopf und Kanäle (ca. 650 Euro)
  • Nockenwelle: Nocken geschliffen (ca. 160 Euro)
  • Galvanik: Motorschrauben, Achsen, Bolzen, Kickstarter und Fußbremshebel (ca. 150 Euro)
  • Räder: neue Felgen, Einspeichen mit Edelstahlspeichen (ca. 310 Euro)
  • Fahrwerk: Gebrauchte und selbst überholte Koni-Dämpfer hinten, progressive Federn in der Telegabel (100 Euro)
  • Elektrik: Zündanlage von Ignitech und Gleichrichter-/Regler-Komination von Electrosport (200 Euro)
  • Armaturen: Kupplungs- und Bremshebel von einer Suzuki GSX-R, Tacho-/Drehzahlmesser-Kombi Marke Eigenbau

 

Zum Abschluss noch ein rattenscharfes Video:

 

(Text und Bilder: Mathias Wiese; Video: Vimeo/Mathias Wiese)