Yamahas Straßen-Zweitakter der 70er Jahre

In den 1970er-Jahren erreichte Yamaha mit seinen Zweitakt-Zweizylinder Motorrädern den größten Erfolg. Diese Maschinen waren deshalb so beliebt, weil sie robust, leicht, schnell und preisgünstig waren. Yamaha verfolgte zur damaligen Zeit eine ganz klare Philosophie: kontinuierliche Verbesserung statt Neukonstruktion. Die Yamaha RD 200 entstand somit als direkte Weiterentwicklung aus den Vorgängermodellen von 1971 (CS 3) und 1972 (CS5).

Bei den RD-Modellen war diese Philosophie Programm. Die 200er war nur geringfügig kleiner und leichter als die RD 250. In Deutschland unterlag sie jedoch einer wesentlich günstigeren Versicherungseinstufung und war damit mit günstiger im Unterhalt.

In ihrem Segment hatte die RD 200 höchst unterschiedliche Konkurrenz, hauptsächlich aber aus eigenem Hause. Hauptkonkurrent war die etwas größere Yamaha RD 250 (Modelle 352 / 1A2), die mit 30 PS allerdings auch deutlich kräftiger und teurer im Unterhalt war. Von den anderen Herstellern am Markt spielten nur wenige Modelle eine größere Rolle. Hervorzuheben sind hier die Dreizylinder S1 250, bzw. KH 250 von Kawasaki, die Suzuki GT 250, sowie Zündapp KS 125 / 175 und die leichte Hercules K25T. Moto Guzzi / Benelli hatte mit den Modellen 250 C und TS 250 schöne und sportliche Maschinen in diesem Segment entwickelt, konnte aber auf dem deutschen Markt in dieser Zeit nicht richtig Fuß fassen.

Yamaha CS 5 / Yamaha RD 200

Die ersten RD 200 ähnelten noch stark der hier gezeigten CS5 (Quelle: Yamaparts.com)

Die Zeit der luftgekühlten RD-Zweitakter endete kurz nach Erscheinen der wassergekühlten LC-Modelle von Yamaha, die sich bis in die späten 80er Jahre großer Beliebtheit erfreuen konnten.

Die Motoren – modern, robust und spurtstark

Der Erfolg der RD-Baureihe lässt sich auf deren Motoren zurückführen. Bei der RD 200 kam ein 195 ccm großer Zweizylinder Zweitaktmotor (Bohrung 52 mm x Hub 46 mm) zum Einsatz. Die Schmierung des Motors erfolgte von Beginn an durch eine last- und drehzahlabhängig arbeitende Ölpumpe, die sich aus einem separaten Öltank bediente. Yamahas Marketing-Abteilung taufte dieses Verfahren der Getrenntschmierung „AutoLube“. Anders als Suzuki, spritzt das Autolub-System den Schmierstoff in den Ansaugkanal und nicht direkt zu den beweglichen Motorteilen.

Die Kraftstoff-Zufuhr regeln Membranventile an der Ansaugseite, die abhängig vom Unterdruck im Kurbelgehäuse den Einlasstrakt öffnen oder schließen. Zunächst kam, wie im Motor der RD 250, eine Fünfkanal Umkehrspülung („Fiveport“) mit fünf Kanälen zum Einsatz, ab der RD 200 DX sogar eine mit sieben Kanälen. Das sorgte für niedrigeren Verbrauch, sowie verbesserte Elastizität des Motors.

Der Motor wurde mit Muskelkraft oder dem elektrischen Anlasser (als Dynastarter konstruiert) zum Leben erweckt und leistete in der Version von 1975 maximal 22 PS (16,1 kW) bei 8.500 U/min. Ein auf die Leistungscharakteristik abgestimmtes 5-Ganggetriebe schöpfte die Motorleistung in allen Geschwindigkeiten voll aus. Die Höchstgeschwindigkeit betrug bei der 1975er Ausführung nach Werksangaben 138 km/h.

1977 reagierten die Japaner auf Änderungen in der Versicherungseinstufung der jeweiligen Märkte. Da ab diesem Jahr in Deutschland die Versicherungseinstufung nicht mehr nach Hubraum erfolgte, sondern nach Leistung, gab es neue „PS-Klassen“. Die RD 200 verlor fünf PS und hielt die günstige „17 PS-Klasse“ ein. Der in Tests gemessene Kraftstoffverbrauch von durchschnittlich sechs Litern Normalbenzin auf 100 Kilometer blieb unverändert. Da die Tankgröße nach wie vor 11,5 l betrug, blieb die maximale Reichweite von 200 Kilometer bestehen. Die Höchstgeschwindigkeit reduzierte sich auf 122 km/h.

Fahrwerk und Bremsen

Das Fahrwerk der Yamaha RD 200 bestand aus einem konventionellen Stahl-Rohrrahmen mit zwei Federbeinen hinten, die sich dreifach verstellen ließen. Erst die nachfolgenden LC-Modelle bekamen eine Cantilever-Hinterradschwinge mit zentralem Federbein. Die Befestigung der Soziusfußrasten an der Schwinge galt als ungünstig Lösung. Vorn kam eine einfach hydraulisch gedämpfte Telegabel mit 93 mm Federweg zum Einsatz.

Bis zum Modellwechsel 1976 gab es für beide Räder Trommelbremsen, was aber bei der unkritischen Fahrwerksauslegung und den Fahrleistungen seinerzeit allgemein ausreichend erschien. Nach heutigen Maßstäben dürfte die Bremswirkung insbesondere der verwendeten Trommelbremse am Vorderrad nicht einmal mehr zur „Bremsunterstützung“ ausreichen. Konsequenterweise setzten die Japaner ab 1976 am Vorderrad eine Scheibenbremse mit einer einzelnen Bremsscheibe (245 mm) ein, hinten fand weiter eine 135 mm-Trommel Verwendung. Die Fahrwerksauslegung war für den Straßenbetrieb ausgelegt und hielt auch gelegentlichem Soziusbetrieb stand.

Das Handling des kleinen Allrounders kann auch modernen Maßstäben noch gut standhalten; viele Fahrer attestieren der relativ leichten Maschine bei Stabilität, Agilität und Fahrverhalten Merkmale eines Rennbikes, das es nie gewesen ist. Vereinzelt äußerten Kritiker, die Maschine neige gelegentlich zu Schlingerbewegungen. Hier gibt es aus der Anhängerschaft diverse Ratschläge zur Abhilfe. Am effektivsten dürfte sich der Tausch des Touringlenkers gegen einen kurzen, geraden Lenker erweisen: Durch das nach vorne verlagerte Gewicht des Fahrers erhöht sich der „Dämpfungseffekt“ auf das Vorderrad, die kürzere Lenkstange stabilisiert das Rad zusätzlich.

Dennoch sollte man nicht vergessen, dass die RD 200 eine Weiterentwicklung der Yamaha RD 125 war: Die Konstruktion kann beim besten Willen nicht die Fahrleistungen einer RD 250 oder 350 erreichen. Durch ihre Agilität, resultierend aus dem niedrigen Gewicht und dem durchzugsstarken Motor, hat sich aber weltweit eine Fangemeinde für dieses in seiner eigenen Nische fahrende Liebhaberstück gebildet.

Entwicklung und Modellpflege der RD 200

Die Modellgeschichte der RD 200 kann man mit Fug und Recht als etwas „unübersichtlich“ bezeichnen. Die Gründe hierfür liegen in den vielen Unterschieden und Änderungen in Ausführung und Bezeichnung des Bikes auf den verschiedenen Märkten. Deshalb ist es teilweise schwer, eine RD 200 nach der optischen Erscheinung mit Sicherheit zu identifizieren, bzw. zu datieren.

1971 präsentierte Yamaha die CS 3, bereits mit 5-Gang-Getriebe. Ein Jahr später entwickelte der japanische Hersteller mit den gekreuzten Stimmgabeln im Logo daraus die CS 5 – sozusagen den Urahn der RD 200. Diese Neuentwicklung hatte neben den technischen Merkmalen auch bereits große optische Ähnlichkeit mit der RD 200A (Baureihe YCS3), die wiederum ein Jahr später auf den Markt kam.

„RD“ stand als Kürzel für „Race Developed“, was sich aber bei der „Zweihunderter“ eher auf verschiedene in Hamamatsu ursprünglich für den Rennsport entwickelte Komponenten bezog, als auf das Konzept. Das übernahm man ja von der RD 125. Anders als ihre größere Schwester RD 250 verfügte sie von Anfang an über einen Elektrostarter („Dynastart“). Alle RD hatten bereits die charakteristische Getrenntschmierung. 1974 und 1975 gab es nur kleinere, hauptsächlich kosmetische Änderungen, allerdings bezeichnete man die Baureihe im Jahr 1975 als „397“.

1976 gab es die größte Änderung in der Modellgeschichte, als die Baureihe „1E8“ unter der Bezeichnung RD 200 C zunächst bei Händlern in Großbritannien, dann 1977 unter der Bezeichnung RD 200 D auch in Kontinentaleuropa in die Läden kam. Diese Baureihe hatte (außer in Nordamerika) einen eckigeren Tank („Sargtank“), eine Scheibenbremse vorne und lackierte Schmutzabweiser. In Deutschland gab es eine Drosselung auf 17 PS, da die Behörden hier die Versicherungsklassen (wie erwähnt) neu strukturiert hatten.

Mit Einführung der RD 200E konnten die Kunden zwischen Ausführungen mit Speichen- oder Gussrädern wählen. Für das Modelljahr 1979/80 erhielt die RD 200E dann bereits die Lackierung und das Farbschema (schwarz / rot) der nachfolgenden wassergekühlten Zweitakter („LC“ für „liquid cooled“…).

RD 200 – Tipps zum Gebrauchtkauf und Preisspiegel

Für die RD 200 gilt das, was für fast alle älteren Motorräder gilt: Der individuelle Zustand sollte entscheidend sein für eine Kaufempfehlung. Durch die robuste Konstruktion und die für den Marktführer typische hohe Fertigungsqualität hat der kleine Allrounder jedenfalls alle Voraussetzungen zum Klassiker. Durch die hierzulande eher geringe Verbreitung steigen die Preise in Deutschland inzwischen wieder an.

Wegen seiner Agilität und seiner dynamischen Fahreigenschaften fuhren die meisten Besitzer ihre RD 200 in der Regel im höheren möglichen Geschwindigkeitsbereich. Die Technik war und ist aber ausgereift und standhaft genug, um dennoch viele Jahre problemlos zu funktionieren.
Von den am Markt verfügbaren Bikes sind die meisten (im Gegensatz zur Yamaha RD 250) noch in der Originalkonstellation oder entgingen dem Schicksal, „verbastelt“ oder „verbaut“ zu werden.

Die Beschaffung von Ersatzteilen läuft, entgegen oft geäußerter Befürchtungen, problemlos. Es gibt mittlerweile eine sehr große Fangemeinde für die „Zweihunderter“, die untereinander über das Internet gut miteinander vernetzt ist…

Die Yamaha RD 200 ist ein grundsolider Oldtimer. Allerdings erreicht sie nicht den Kultstatus ihrer großen Schwester RD 250. Die 250er war nur unwesentlich schwerer, bot aber deutlich bessere Fahrleistungen. Unter Berücksichtigung eines Marktwertes von bis zu 2.200 Euro (Classic-Data Bewertung für ein Exemplar mit Zustandsnote 1) rentieren sich aufwändige Restaurationsarbeiten kaum. Das vermeintliche Schnäppchen für wenige hundert Euro kann so zur Kostenfalle werden.

RD 200 – technische Daten

EinheitCS 5RD 200RD 200 DX
1. Fakten
ProduktionszeitJahr1971 bis 19721973 bis 19751976 bis 1980
Nummerierung (Rahmen)StartCS3-100101 bis 111576
CS3-200101 bis 216570
FarbenMetallic Purple / WhiteGold, Blue; Chappy Red, Space Blue, Crystal Silver, Competition YellowHigh Sparkle Blue, Red, Yellow, Silver
NeupreisDMn/a3.334 DM
2. Motordaten
Motortyp2-Zylinder, 2-Takt2-Zylinder, 2-Takt2-Zylinder, 2-Takt
VentilsteuerungSchlitzsteuerung,
5 Kanäle
Membran-/Schlitzsteuerung,
5 Kanäle
Membran-/Schlitzsteuerung,
7 Kanäle
Nockenwellekeinekeinekeine
Hubraumccm195 ccm195 ccm195 ccm
Bohrungmm52 mm52 mm52 mm
Hubmm46 mm46 mm46 mm
Verdichtungsverhältnis7,1:17,1:16,9:1
Vergaser2 Mikuni-Rundschiebervergaser (VM 20 SC) mit je 20 mm2 Mikuni-Rundschiebervergaser (VM 20 SC) mit je 20 mm2 Mikuni-Rundschiebervergaser (VM 20 SC) mit je 20 mm
3. Leistungsdaten
LeistungPS22 PS22 PS17 PS
bei Drehzahlmin-17.500 U/min7.500 U/min7.700 U/min
DrehmomentNm21,3 Nm21,3 Nm16,9 Nm
bei Drehzahlmin-17.000 U/min7.000 U/min7.200 U/min
LeistungsgewichtKg/PS5,4 Kg/PS5,3 Kg/PS5,5 Kg/PS
Höchstgeschwindigkeitkm/h135 km/h140 km/h122 km/h
4. Abmessungen
Längemm1.930 mm1.905 mm1.945 mm
Radstandmm1.245 mm1.245 mm1.245 mm
LeergewichtKg119 Kg116 Kg120,5 Kg
5. Bremse
Bremse vornDuplex 180 mmDuplex 180 mm1 Scheibe 245 mm
Bremse hintenSimplex 180 mmSimplex 180 mmSimplex 180 mm
6. Antrieb
Getriebe5-Gang Fußschaltung5-Gang Fußschaltung5-Gang Fußschaltung
AntriebKetteKetteKette
StarterPrimär-Kickstarter, E-StarterPrimär-Kickstarter, E-StarterPrimär-Kickstarter, E-Starter

Die Yamaha RD-Modelle im Überblick

Die luftgekühlten Yamahas

Die flüssigkeitsgekühlten Yamahas