„Hubraum ist durch nichts zu ersetzen, außer durch noch mehr Hubraum!“ So, oder so ähnlich dachten die Ingenieure bei Suzuki in Hamamatsu, als sie 1987 als Antwort auf die bereits im Verkauf befindliche Yamaha XT 600 Ténéré und die Kawasaki KLR 650 ihrerseits die Suzuki DR 750 Big (SR 41B) zum Kaufpreis von hierzulande 8.999 DM der Käuferschaft präsentierten.
Bei Honda versuchte man mit der XLV 750 bereits 1983 im Wettbewerb um die Krone der „Enduro-Pummel-Fee“, die drei anderen Mitbewerber aus Nippon hinter sich zu lassen; leider war dem Sumo-Bike Typ RD 01 mit 220 kg Gewicht fahrfertig außer dieser Krone kein großer Erfolg vergönnt.
Erst die Siege Anfang bis Mitte der 80er Jahre bei der Wüsten-Rallye „Paris-Dakar“ durch Stadtkonkurrent Yamaha mit der Wettbewerbsversion der XT 600 Z Ténéré und danach der XTZ 660 Ténéré, welche die hauseigene Titelserie durch Cyrill Neveu und Gaston Rahier beim prestigeträchtigen Wüstenrennen verkaufsfördernd in Absatzzahlen ummünzte, ließen beim Publikum die Bereitschaft zum Kauf großvolumiger und schwergewichtiger Reiseenduro-Modelle ansteigen.
Der große Suzuki-Eintopf
Die Mannen von Suzuki schnitzten mit dem Motor der DR 750 Big (SR 41B) ein feistes Statement aus dem Vollen: ein luft-/ölgekühlter 727 ccm-Einzylinder mit vier Ventilen und einer obenliegenden, kettengetriebenen Nockenwelle, der 50 PS bei 6.800 U/min und 55 Nm bei 5.600 U/min ablieferte, waren ein Wort. Davon blieben am Hinterrad immerhin noch 45,7 PS bei 6.500 U/min übrig.
Befeuert wurde der mit einem Bohrung-Hub-Verhältnis von 105 x 84 mm arbeitende und 9,5:1 verdichtete Single von zwei 33 mm MIKUNI Slingshot-Vergasern und schob an wie ein wütender Bulle. Die Vibrationen versuchten die Ingenieure mit zwei unterhalb des Kurbeltriebs liegenden Balancer-Wellen in den Griff zu bekommen, was auch einigermaßen gelang. Zu den weiteren Feinheiten des DR Big-Motors zählte eine Doppelzündung und die Spritzölkühlung des Kolbenbodens aus dem vergrößerten Ölvolumen des SACS-Kühlsystems (Suzuki Advanced Cooling System), welches sich bereits bei den GSX-R-Modellen bewährt hatte.
Gestartet wurde das bullige Einzylinder-Triebwerk durch einen entschlossenen Druck auf den Anlasserknopf des Elektrostarters. Um die Startprozedur für den Anlasser zu erleichtern, gab es zusätzlich einen Dekompressionshebel, der manuell gezogen werden musste. Die Leistung des Big-Single reichte aus, um das fahrfertig über 200 kg schwere Gefährt auf knapp 170 km/h zu beschleunigen. Beeindruckend war hierbei allerdings die Kraft und das Durchzugsvermögen aus niedrigen Drehzahlregionen, die der Motor in allen Lebenslagen an den Tag legte.
Fahrwerk der Suzuki DR 750 Big
Der Rahmen des „dicken Doktors“ bestand aus einem erprobten Einrohr-Stahl-Rahmen mit vor dem Motor gegabelten Unterzügen, der als Oblong Tubing Section Frame konstruiert wurde. Hierbei handelt es sich um eine sehr steife Konstruktion mit ovalem Querschnitt, die mit den auftretenden Kräften und dem Fahrzeuggewicht besser zurechtkommen sollte, als ein Rundrohr-Querschnitt.
Getreu dem Motto „Länge läuft“ betrug der Radstand der Suzuki DR 750 Big ordentliche 1.505 mm. Im Gelände stand eine Bodenfreiheit von 262 mm zur Verfügung. Die stabile Straßenlage war dem langen Radstand und dem satten Nachlauf von 138 mm zu verdanken und die Sitzhöhe lag bei 876 mm. Damit war klar, dass die DR Big nicht für kurzbeinige Fahrer konstruiert wurde. Der zweiteilige Tank fasste 29 Liter Benzin, der über zwei getrennte Tankdeckel befüllt wurde.
Vorne sorgte eine 38 mm starke hydraulische Telegabel mit Druckluftunterstützung und 240 mm Federweg für ordentlichen Komfort auch abseits befestigter Straßen. Hinten bügelte eine nadelgelagerte Kasten-Schwinge aus Stahl mit dem patentierten Full-Floater-Federsystem mittels progressiver Hebelumlenkung und 220 mm Arbeitsweg die Unebenheiten auf der Fahrstrecke glatt. Das Monofederbein war in der Federbasis mehrfach verstellbar.
Als Bremsanlage kam vorne eine 280 mm große Einzelscheibenbremse mit Doppelkolben-Schwimmsattel zum Einsatz, die zum Schutz gegen Steinschlag mit einer Abdeckung versehen war. Hinten tat eine 160 mm große Trommelbremse zuverlässig ihren Dienst, die auch bei Nässe verzögerungsfrei ansprach. Vorne drehte sich ein 21-Zoll Speichenrad mit einem 90/90-21 Enduro-Pneu, hinten rollte man auf einem 17-Zöller mit 130/80-17 Gelände-Reifen. Trocken brachte die DR 750 Big ein Gewicht von 175 kg auf die Waage.
1989: Modellentwicklung zur Suzuki DR 800 Big
Nach 1989 wurde das Modell als Suzuki DR 800 S BIG leicht überarbeitet. Der Hubraum wuchs auf 779 ccm an. Hierfür war keine größere Bohrung ausschlaggebend, sondern die Suzuki-Ingenieure machten sich die Mühe den Hub um 6 mm auf 90 mm zu erhöhen. Das maximale Drehmoment stieg leicht auf 59 Nm. Die Spitzenleistung behielt Suzuki bei. Die bis dahin halbhoch verlegte Einrohr-Auspuffanlage wich einer Zweirohr-Anlage, die jedoch beim Anbringen von Packtaschen oder Koffern unpraktischer war als beim Vorgänger. Auch das Farbkleid wurde mit der Hubraumerhöhung geändert auf einfarbige Ausprägung.
Die DR Big Farben
Suzuki stattete die DR 750 Big 1987 mit zwei hellen Zweifarben-Colorierungen aus:
- Orange-Rot/Weiß (survival-orange/special white)
- Blau/Weiß (violent-blue/special white).
Mit dem Modellwechsel 1989/1990 zur DR 800 S Big kamen die Maschinen in zwei Einfarben-Lackierungen entweder in Blau (alpine blue) oder in Rot (pearl twinkle red) zur Auslieferung.
Schutzbefohlene Großenduro
Überhaupt war diese Reise-Enduro für damalige Verhältnisse gut und sinnvoll ab Werk ausgestattet:
- Neben einem kompletten Cockpit mit Tacho, Drehzahlmesser und diversen Kontrollleuchten schützte ein kleines Windschild den Fahrer vor Winddruck.
- Große Faltenbälge an der Telegabel schützten die Simmerringe an den Tauchrohren.
- Eine Bremsabdeckung vorne verhinderte Steinschläge an Bremsscheibe und Bremssattel
- Die serienmäßigen Handprotektoren schirmten die „Greifwerkzeuge“ des Fahrers ab
- Für das Kurbelgehäuse gaben die Techniker dem „dicken Doktor“ einen Unterfahrschutz (leider nur) aus Kunststoff mit auf den Weg.
- Eine stabile Alu-Guss-Gepäckbrücke am Heck erleichterte das Festzurren von Gepäck ebenso wie das große Werkzeugfach im Heckfender das Unterbringen von Schraubendreher und Ring- bzw. Maulschlüssel nebst Zündkerzenschlüssel.
Warum ausgerechnet ein Hauptständer nicht zum serienmäßigen Lieferumfang gehörte, bleibt auch heute noch ein Geheimnis.
Typische Schwachstellen der DR 750 Big
Der Hauptschwachpunkt dieser Modellreihe (SR 41B) ist ganz klar die serienmäßige Auspuffanlage, die schon im Verkaufsprospekt rostete. Daher haben fast alle Besitzer mit einer Nachrüstanlage aus Edelstahl hier Abhilfe geschaffen. Ansonsten gilt der Motor bei normaler Pflege als sehr langlebig. Vereinzelt sorgte die Elektrik bei Laternenparker für ein wenig Kummer. Wichtig bei vielen Exemplaren ist der Zustand der Lenkkopflager, die sich als sehr verschleißfreudig herausstellten sowie der zu lange Seitenständer, der für einige unfreiwillige Umfaller sorgte.
Situation am Gebrauchtmarkt
Das KBA weist für die Suzuki DR 750 S Big einen Bestand von gerade einmal 348 Stück aus. Die meisten Exemplare haben heute hohe Kilometerlaufleistung und sind meistens nicht mehr zu 100% im Originalzustand. Alleine schon durch die stark korrosionsanfällige Auspuffanlage und dadurch montierten Austauschanlagen sowie durch sonstiges angebautes Zubehör und veränderter Lackierung wird die Suche nach einem Bike im damaligen Auslieferungszustand etwas zeitaufwändiger.
Wer den „dicken Doktor“ aber in sein Herz geschlossen hat und ein gepflegtes Exemplar der DR 750 Big mit lückenlosem Scheckheft erstehen kann, der soll zuschlagen, denn durch die kleinen Verkaufszahlen damals entwickelt sich die Suzuki DR 750 Big zu einem Sammlerstück. Classic-Analytics aus Bochum verzeichnet ein Preisniveau für gepflegte Fahrzeuge dieses Typs von 2.900 Euro, bei niedrigem Gesamtkilometerstand auch darüber. Eine brauchbare Restaurationsbasis gibt es bereits ab 1.100 Euro.
Stimmen auf Facebook
Andree E.: „Schöner Bericht!!! 1989 hatte die 750 (SR41) 1 Jahr lang hinten schon Scheibenbremse. 1990 steckten 800ccm im alten Kleid (SR42) mit einer Auspuffanlage und noch Doppeltank. Die „Tupper“-800S mit Doppelauspuffanlage, einem Tank und gut 20kg mehr auf der Hüfte dann ab 1991 erst (SR43)“
Wolfgang H.: „Damals hat fast jeder gekotzt aber es war ein toller Motor.“
Holger S.: „Das „Schnabeltier“ – die Schönste war sie ja nicht, aber der Motor war Klasse.“
Jorge M. A.: „Hatte eine von 1994 bis zum Jahr 2000, war ne geile Kiste. Vermisse die heute noch manchmal .“
Hallo zusammen und frohe Ostern,
der Motor alleine wäre ein schönes Triebwerk für einen Café-Racer, mit dem Antritt und dem Durchzugsvermögen.
Stelle ich mir wirklich spektakulär vor, habe aber von keinem fertigen Projekt in der Richtung gehört.
Vielleicht eine Anregung? Dann viel Spaß und viel Erfolg bei der Umsetzung.
P.S. Bitte um Zusendung von Bildmaterial und Berichten, falls das Bike schon rollt.
Bikergruß
Frank