Der Markt an kleinen  motorisierten Zweirädern im Segment der sogenannten Mokicks und Kleinkrafträdern mit 50 ccm und Leistungen bis  6,25 PS war seit den 1950er Jahren fest in der Hand der heimischen Hersteller ZÜNDAPP (München), KREIDLER (Kornwestheim) und HERCULES (Nürnberg). Deutschlands „Big Three“ teilten sich den Markt der 50 ccm-Zweitakt-Kleinmotorräder zwischen 2,9 PS und 6,25 PS in Deutschland unter einander auf. An eine KAWASAKI AR 50 war zu diesem Zeitpunkt noch nicht zu denken.

Kreidler Florett

Die letzten Kreidler-Maschinen wurden verramscht (Quelle: Auto & Technik Museum Sinsheim)

Schon im zarten Alter von 15 Jahren konnte man damals mit einem Mofa schon motorisiert um die Ecken flitzen, meistens mit einem Gefährt eben jener vorgenannten Hersteller, die zwar preislich, aber auch qualitativ die Champions-League darstellten. Anfang der 80er gehörten Features wie Mehrgang-Handschaltungen, Leichtmetall-Guss-Räder und Teleskop-Federgabeln zum guten Ton bei den deutschen Fabrikaten. Im Bereich der Kleinkrafträder (KKR) mit 50 ccm, die gesetzlich nicht im Hubraum, jedoch an Vergaserbestückung, Auspuffanlage und Übersetzung verändert werden durften, waren ebenfalls die südlich des „Weißwurst-Äquators“ gelegenen Hersteller lange Zeit marktbeherrschend.

Klangvolle Namen , wie Zündapp KS 50 TT Watercooled, Hercules K 50 RL oder Hercules K 50 ULTRA (beide Typen später auch als LC mit Wasserkühlung) sowie die legendäre Kreidler FLORETT RS  zaubern selbst heute noch erwachsenen Männern ein bewunderndes Lächeln ins Gesicht und sorgen für glänzende Augen wie bei Vorschulkindern kurz vor der weihnachtlichen Bescherung.

Kawasaki AR 50

IFMA Premiere 1980: Kawasaki AR 50 (Foto: Phil Holme)

Wegen der durch häufiges Tuning  der 50 ccm-Kleinkrafträder erzielten relativ hohen Fahrleistungen und den ebenfalls hohen Unfallzahlen entschied sich der Gesetzgeber mit tatkräftiger Unterstützung der Versicherungswirtschaft Ende der 70er zur Einführung der 80 ccm-Klasse.  Die Versicherungstarife wurden der relativen Schadenshäufigkeit in der KKR-Klasse angepasst, so dass der Besitzer einer Hercules K 50 ULTRA Anfang 1980 ca. 700-800,- DM Haftpflicht-Versicherung im Jahr berappen durfte, dem gegenüber lag anfangs der Tarif der neu geschaffenen „Leichtkrafträder“ mit 80 ccm bei zwischen 70,- und 100,- DM in der Haftpflicht-Versicherung.  Im Vergleich dazu: eine 50 PS-Mittelklasse-Maschine kostete damals ca. 300,- DM bis 400,- DM Haftpflichtprämie im Jahr.

Diese frisch aus der Taufe gehobene 80er-Klasse entdeckten die großen vier japanischen Motorradhersteller damals als neues Spielfeld zur Markenbindung für die Jugend. Kawasaki hatte auf der IFMA 1980 mit der AR 50 bzw. AR 80  (R für Road) und der AE 50/ AE 80  (E für Enduro) jeweils ein Straßen- und ein Enduro-Modell sowohl in der Mokick-  als auch in der neuen Leichtkraftrad-Kategorie am Start.

Kawasaki AR 50

Die Kawasaki AR 50 war die Straßenversion (Foto: Phil Holme)

Kawasakis Bonsai-Racer…

Der mit einem 18 mm Mikuni-Vergaser befeuerte, über Getrenntschmierung mit Frischöl versorgte Motor der Kawasaki AR  80 leistete  in der großen Version offen 10,2 PS bei 8.500 U/min aus 78 ccm.  Das maximale Drehmoment stand mit 8,5 Nm bei 8.000 U/min an. In Deutschland wurde die Maschine mit einem 16 mm Mikuni-Vergaser auf versicherungsgünstigen 6,3 PS bei 6.000 U/min gedrosselt, später folgte eine leichte Leistungserhöhung auf 7,2 PS  bei 6.000 U/min. Der kleine, membrangesteuerte luftgekühlte Einzylinder-Zweitakt- Motor besaß ein Bohrung-Hub-Verhältnis von  49 x 41,6 mm, die Mokick-Version Kawasaki AR 50 holte aus 49 ccm 2,9 PS bei 4.500 U/min.

Kawasaki AR 80 / AR 50

Doppeltes Lottchen: Kawasaki AR 80 und AR 50 (Foto: Phil Holme)

Hier wies das „Triebwerk“ eine Bohrung von 39 mm und einen Hub von ebenfalls  41,6 mm aus. Der schwarz lackierte Auspuff wurde sportlich eng an der unteren rechten Fahrzeugseite geführt und verlief mit einem Knick hinter der Fahrerfußraste nach oben.  Während die kleine 50er Version der AR über ein klauengeschaltetes Fünfgang-Getriebe ihre Kraft auf die Rollenkette zum Hinterrad übertrug, hatte die AR 80 ein Sechsgang-Getriebe an Bord. Da die Auflage des Gesetzgebers für die 80er-Klasse durchgehend befolgt wurde (unbedingte Manipulationssicherheit aller leistungsbestimmenden Motorkomponenten), waren fast alle Tuning-Versuche erfolglos oder nur mit immensem technischen Aufwand durchzuführen.

Kawasaki AR 80

Die Maschinen boten ein flottes Styling (Foto: Phil Holme)

Mit dem flotten Styling durch die goldeloxierten 18-Zoll-Gußräder, der KAWASAKI-Rennsport-Werksfarbe „Lime Green“ und der schicken Lenkerverkleidung mit dem zweiteiligen Stummellenker auf der oberen Gabelbrücke sowie dem kompletten Cockpit mit Tacho, Drehzahlmesser und diversen Kontrollleuchten sah die AR 50/80 trotz ihrer geringen Leistung sehr sportlich aus. Die fließende , an der großen GPZ-Baureihe angelehnte Formensprache der schlanken Tank-Sitzbank-Kombination mit keckem Heckabschluss wirkte stilsicher und gefällig .

Das Fahrwerk der Kawasaki AR 50

Der Rahmen bestand, ähnlich wie bei seinem Pendant Kawasaki AE 50/80, aus einer Einrohr-Stahl-Konstruktion mit unter dem Motor gegabelten Unterzügen. Die in Kunststoffbuchsen gelagerte Hinterradschwinge stützte sich mit einem Zentralfederbein über das rennsporterprobte UNI-TRAK-System  gegen den Rahmen ab und hielt das 18-Zoll-Hinterrad mit dem feinen  2.75-18-Straßenreifen am Boden. Vorne tat eine ölgedämpfte Teleskop-Gabel ihren Dienst und federte die ankommenden Unebenheiten unter dem schmalen 2.50-18 Vorderrad-Reifen ab.

Kawasaki AR 50 S

Kawasaki AR 50 mit 18-Zoll-Fahrwerk (Foto: Phil Holme)

Gebremst wurde die Kawasaki AR 50/80 vorne mit einer hydraulisch betätigten 180 mm-Einzelscheibenbremse und einem Einkolben-Schwimmsattel. Hinten verzögerte eine 110 mm Trommelbremse das 84 kg schwere Leichtmotorrad mit 9,6 Litern Benzin an Bord. Das zulässige Gesamtgewicht lag bei 260 kg. Im Allgemeinen wurde die Bremsanlage mit den erzielbaren Fahrleistungen recht gut fertig. Die Soziusfußrasten waren, im Gegensatz zu vielen Modellen der Mitbewerber, an eigenen Auslegern befestigt und ersparten dem Mitfahrer so die Beingymnastik.

Typische Schwachstellen der Kawasaki AR 50

Gelobt wurde das kleine Maschinchen seinerzeit für die gute Ausstattung mit wartungsfreier CDI-Zündung, UNI-TRAK-Federung, einer  sportlichen Lenkerverkleidung und für die komplette Instrumentierung mit gut ablesbarem Tacho und Drehzahlmesser sowie für das für damalige Verhältnisse gut liegende Fahrwerk; Kritik hagelte es wegen der im Soziusbetrieb zu schwachen Leistung des Motors.  Die durch die 6 Volt-Bordelektrik mehr als spärliche Beleuchtung war auch kein Glanzpunkt, während deutsche Mitbewerber hier mit 12 Volt-Bordnetz und H4-Licht auftrumpften.

Die strahlenden AR 50 / AR 80 Farben

Die zwischen 1981 und 1984 in Deutschland verkauften  Exemplare der Kawasaki AR 50/ AR 80 kamen in den beiden klassischen KAWASAKI-Farben „Lime-Green“ (schwarze Decals) oder „Sunbeam bzw. Firecracker Red“ (schwarz-weiße Aufkleber) daher, auf den Auslandsmärkten in Übersee und Asien waren zusätzlich noch zwei Versionen in „Polar White“  (schwarz-rote Beklebung) und „Ebony Black“ (rot-silberne Decals) bis in die 90er hinein erhältlich.

Kawasaki AR 80

Die Kawasaki AR 80 bzw. AR 50 gab es in verschiedenen Farben (Foto: Phil Holme)

Die Marktsituation

Lt. Fahrzeugzulassungsstatistik des KBA sind aktuell unter 100 Stück dieser grazilen Straßenmaschine zugelassen. Diese werden dann nicht mehr separat aufgeführt. Wenngleich dieses Bike mit der tollen Ausstattung hier in Deutschland zwischen 1981 und 1984 eher ein Nischendasein fristete und  insgesamt nur 4.409 Käufer fand , verkaufte sich die Kawasaki AR 50/ AR 80 vor allem auf den asiatischen Märkten (Singapur, Malaysia, Süd-Korea und den Philippinen) wegen des frischen Stylings und der robusten Technik äußerst erfolgreich und stand dort bis weit in die 90er Jahren im Schaufenster der Kawasaki-Händler. Die letzten Modelle wurden 1997 in Europa zum Preis von ca. 2.000 DM verkauft.

Ersatzteile sind hierzulande eher rar gesät, originale Decals/Ersatzteile sowie aufgearbeitete  Original-Teile bis hin zu einer kompletten Restaurierung liefert die Firma HolmeTech aus Chorley in der britischen Grafschaft Lancashire (www.holmetech.co.uk).

Kawasaki AR 50

Ersatzteile sind heute rar (Foto: Phil Holme)

In den einschlägigen Bewertungslisten tauchen die Kawasaki AR 50 bzw. Kawasaki AR 80 wegen der spärlichen Verkaufszahlen und der damit verbundenen eher geringen Marktrelevanz aktuell nicht auf; fahrbereite, komplette  und in annäherndem Originalzustand befindliche Exemplare werden so um die 700 Euro gehandelt, für verlebte Maschinen zahlt man um die 200 Euro.

Allerdings übersteigt der Wert der Restaurierungskosten den Zeitwert mehr als deutlich, so dass man schon echter Liebhaber der kleinen Bikes sein sollte, um sich nach einer AR 50/ AR 80 umzuschauen.