1983 nahm Japans Motorradhersteller Nummer 1 die bayrische Konkurrenz aus München ins Visier und stellte mit der Honda XLV 750 R (D) einen fernöstlichen Gegenentwurf zur Großenduro BMW R 80 G/S auf die stollenbereiften Speichen-Räder. Die Honda-Ingenieure konstruierten für ihren längseingebauten V2-45°-OHC-Twin mit 750 ccm, 3 Ventilen pro Brennraum, 61 PS Spitzenleistung und 68 Nm Drehmoment ein ebenso stabiles wie hochbeiniges Fahrwerk.
Chopper goes Gelände
Der Motor der Honda XLV 750 R war abgeleitet vom für die USA produzierten Chopper-Modell VT 750 C und besaß neben einer Doppelzündung noch einen hydraulischen Ventilspielausgleich, ein 5-Gang-Getriebe und einen wartungsfreien Endantrieb per Kardanwelle.
Der Doppelschleifen-Rohrrahmen war aus Vierkantrohr gefertigt; vorne federte eine 43er Telegabel mit 220 mm Federweg, das Heck stützte sich über Hondas Pro-Link-Federungssystem mit Einzelfederbein und 180 mm Federweg gegen den Rahmen ab. Das 21-Zoll Vorderrad wurde über eine einzelne Scheibenbremse mit 280 mm Durchmesser und Doppelkolben-Bremssattel verzögert, im 17-Zoll Hinterrad verrichtete eine Simplex-Trommelbremse mit 170 mm Durchmesser ihren Dienst. Das im HRC-Farbschema blau-weiß-rot gehaltene Bike machte optisch schon was her, man sah ihm seine Masse schon an. Farbige Akzente setzten der rot abgesetzte Motor und die rot eingefärbten Radnaben, sowie die beiden unterhalb des Tanks montierten Lufthutzen, die dem hinteren Zylinder einen kühlen Kopf bewahren halfen.
Knapp daneben ist leider auch vorbei
Mit einer Sitzhöhe von 86 cm, dem hochbauenden V-Motor und einem massigen 20 Liter fassenden Tank wanderte der Schwerpunkt der RD 01 deutlich zu hoch nach oben, was sich auch in den Fahreigenschaften niederschlug.
Stadtbummeln oder schweres Gelände war eindeutig nichts für das „Dickerchen“ mit 220 kg fahrfertigem Gewicht. Eher taugte der Dampfer für schnellere Landstraßentörns und Autobahnetappen, denn mit einer Top-Speed von 175 km/h reichte es auch öfter für die linke Spur.
So fiel denn auch neben dem kraftvollen Durchzug und der hohen Spitzengeschwindigkeit die Laufruhe des Triebwerks neben der Wartungsfreundlichkeit des Kardans positiv ins Gewicht. Kritik gab es vor allem an den mangelnden Geländeeigeschaften, dem Getriebe und den zu schwachen Bremsen der XLV 750.
Da fast alle Tester der Honda XLV 750 R (D) das Prädikat „Thema verfehlt“ gaben, wurde die als Reise-Soft-Enduro eigentlich ganz gelungene, aber als „Geländeenduro“ falsch positionierte Maschine nach nur zwei Produktionsjahren 1985 in Deutschland wieder aus dem Programm genommen.
Schwachpunkte der Honda XLV 750 R
Im Laufe der Zeit klagten viele Besitzer über Probleme mit der aufwändigen Doppelzündung. Die Lichtmaschine erwies sich als defektanfällig und das Getriebe war oft kein Quell steter Freude. Interessenten sollten hier bei den Punkten genauer hinschauen. Zudem erfordern alle Arbeiten am Motor der Honda XLV 750, mit Außnahme für Lima und Kupplung, dass der Motor für die Reparatur ausgebaut wird. Das gestaltet das Reparaturprogramm aufwendig. Größtes Manko stellt aber inzwischen die dürftige Ersatzteile dar, denn allzu viele Exemplare der Großenduro liefen nicht vom Band.
Marktsituation
Da die Honda XLV 750 R (D) in ihrer gesamten Produktionszeit weltweit weniger als 10.000-mal gebaut wurde und nur die erste Auflage RD 01 in den Jahren 1983-1985 offiziell nach Deutschland importiert wurde und in den Preislisten stand, befinden wir uns in der Exoten-Liga. Ab und zu trifft man auf spätere Typen z.B. als Importe aus Frankreich als XLV 750 R (F), die am geänderten Farbschema zu erkennen sind, meist uni-metallic lackiert und mit goldeloxierten Felgen ausgestattet.
Das KBA verzeichnet noch 308 zugelassene Exemplare für Ende 2014, in den Verkaufsportalen ist sie ebenso ein selten zu findendes Bike. Wem der Sinn nach einer seltenen japanischen Reise-Enduro ohne große Gelände-Ambitionen steht, erhält mit einem technisch und optisch nahezu mängelfreien Exemplar einen Exoten, der auf der Straße richtig Spaß macht und nicht an jedem Biker-Treff im halben Dutzend auffährt. Über anziehende Gebrauchtpreise muss man sich deshalb nicht wundern.
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