Honda brachte 1985 mit der VFR 750 F (RC 24) ein echtes Siegerbike im Serienfahrzeugbau mit wassergekühltem V4-DOHC-Vierventil-Triebwerk heraus. Die Maschine war nicht nur leistungsstark, sondern endlich auch standfest. Deren Weiterentwicklung in Gestalt der VFR 750 F (RC 36) nahm fahrwerkstechnische Anleihen bei einem echten Traumbike, der Honda VFR 750R.  Es war das Motorrad, welches in den meisten Jugendzimmern Ende der 80er Jahre bei motorradbegeisterten Jungs als Poster mindestens eine Wand schmückte. Und jene legendäre Honda RC 30 feiert 2017 ihren 30. Geburtstag. Nippon-Classic.de sagt herzlichen Glückwunsch!

Zum Verkaufsstart Ende 1987 /Anfang 1988 für unter 30.000,- DM angeboten, war sie ein direkter Ableger der Honda RVF-Werksrenner in der Endurance-WM. Bis zum Produktionsende 1993 verließen knapp 3.000 Exemplare dieses auf einer separaten Fertigungslinie von speziell ausgesuchten Mitarbeitern montierten Edel-Renners die Hallen im Werk Hamamatsu.

Die RC 30 war ein direkter Ableger der Honda RVF-Werksrenner in der Endurance-WM

Die RC 30 war ein direkter Ableger der Honda RVF-Werksrenner in der Endurance-WM (Foto: Honda)

Alter Bekannter

Wie bei der 1983 vorgestellten und mit einigen Kinderkrankheiten „gesegneten“ VF 750F RC 15 blieb das Motoren-Layout beim wassergekühlten V4-DOHC-Vierventil-Aggregat mit 90° Zylinderbankwinkel und einem kurzhubigen Bohrung-Hub-Verhältnis von 70 x 48,6 mm sowie einem Hubraum von 748 ccm gleich und erwies sich somit als alter Bekannter.

Die Honda VF 750 F entstand als rennsporttaugliche Straßenvariante

Die Honda VF 750 F entstand als rennsporttaugliche Straßenvariante (Quelle: Honda)

Damit ließ man es bei den Gemeinsamkeiten aber bewenden, da bei der RC 30 wesentlich kompaktere Zylinderköpfe installiert waren. Neben vergrößerten Ein- und Auslassventilen, stabileren Ventilschäften und einer größeren Vergaserbestückung (mit Schnellwechselvorrichtung für die Düsennadeln) wurde zur Leistungssteigerung die Verdichtung auf 11,0 : 1 erhöht, die Zahnradkaskade zur Nockenwellensteuerung noch gewichtsoptimiert und aus hochwertigem Chrommolybdänstahl hergestellt.

Motorische Glanzpunkte der Honda VFR 750R

Weitere innermotorische Glanzpunkte waren neben der Spritzölkühlung der geschmiedeten Aluminium-Kolben, welche zur Reibungsreduzierung nur noch einen Kompressionsring und einen Ölabstreifring trugen und ab der Ölabstreifnut mit einer Teflon-Molybdän-Beschichtung versehen waren. Weitere Highlights sind die nur noch 235 Gramm schweren Titan-Pleuel, die im Gegensatz zur VFR 750 F (RC 24) 50 Gramm weniger pro Stück auf die Waage brachten.

Honda VFR 750 F von 1986 (RC24)

Honda VFR 750 F von 1986 (RC24) (Foto: Nippon-Classic.de)

Die Kraftübertragung erfolgte bei der RC 30 über ein am Schaltautomat optimiertes und mit einem „langen“ ersten Gang versehenen 6-Gang-Getriebe. Die Kupplung war, wie beim Technologieträger Honda NR 750 (RC 40), als „Anti-Hopping-Clutch“ zur Vermeidung des Hinterrad-Stempelns beim Herunterschalten mit einem Dämpfer für das Motor-Rückdrehmoment versehen. Vom Getriebeausgang ging´s dann per verstärkter O-Ring-Kette ans Hinterrad.

Das Leistungsdatenblatt verzeichnete eine Spitzenleistung von 112 PS bei 11.000 U/min und ein maximales Drehmoment von 69 Nm bei 10.500 U/min. Das war genug für damals pfeilschnelle 245 km/h Spitzengeschwindigkeit bei 208 kg Gewicht vollgetankt. Aufgrund der höheren thermischen Belastung benötigte der Motor der VFR 750 R (RC 30) im Gegensatz zur RC 24 zwei Wasserkühler, um bei Tempobolzerei neben dem Ölkühler den Motor im „grünen Temperaturbereich“ zu halten.

112 PS bei 208 Kilogramm Gewicht sind noch heute echt beeindruckend

112 PS bei 208 Kilogramm Gewicht sind noch heute echt beeindruckend (Foto: Nippon-Classic.de)

Honda VFR 750R RC30 Fahrwerk

Der formschöne Aluminium-Brücken-Rahmen mit massiven Seitenprofilen vom Lenkkopf zur Schwingenlagerung beherbergte vorne eine hochwertige, mehrfach in Zug- und Druckstufe einstellbare 43 mm Telegabel mit 120 mm Arbeitsweg und Schnellverschlüssen für die Vorderachsklemmung. Hinten stütze sich die gegossene Aluminium-Einarmschwinge über ein voll einstellbares und über Umlenkhebel angesteuertes Zentralfederbein mit 130 mm Federweg gegen den Rahmen ab.

Die vordere Bremsanlage bestand aus einer schwimmend gelagerten 310 mm Doppelscheibenbremse mit einteiligen Doppelkolben-Festsätteln, hinten tat eine 220 mm Einzelscheibenbremse mit Doppelkolben-Festsattel ihre Pflicht.

Die VFR 750R besaß eine Einarmschwinge mit Zentralmutter zum schnellen Radwechsel

Die VFR 750R besaß eine Einarmschwinge mit Zentralmutter zum schnellen Radwechsel (Foto: Nippon-Classic.de)

Die Honda VFR 750R RC 30 ähnelte ihrer kleinen Schwester, der VFR 400 R NC30, wie ein Zwilling. Die RC30 rollte vorne wie hinten auf Magnesium-Gußräder mit 120/70-17 Zoll Sportreifen vorne und einem 170/60-18 Zoll „Sportler“ am Hinterrad. Für einen schnellen Wechsel war das Hinterrad mit einer Zentralmutter an der Einarmschwinge befestigt. Die Rahmengeometrie war auf beste Handlings-Eigenschaften ausgelegt, ohne beim Geradeauslauf zu schwächeln. Hierfür setzten die Honda-Konstrukteure auf:

  • einen kürzeren Radstand von 1.406 mm – im Vergleich zu 1.480 mm bei der VFR 750F RC 24,
  • einen steileren Lenkkopfwinkel von 65° 30´sowie
  • einen geringeren Nachlauf von 91 mm und
  • ein schmal bauendes Triebwerk
Honda VFR 750R mit der kleinen Schwester im Hintergrund

Honda VFR 750R mit der kleinen Schwester im Hintergrund (Foto: Nippon-Classic.de)

RC 30 Farben

Die VFR 750 R wurde nur in den HRC-Werksfarben Weiß-Blau-Rot lackiert, wobei der rote Farbanteil in der „Kriegsbemalung“ durch die Keil-Silhouette in der Fahrzeugmitte optisch überwog.

Schwächen

Wie bei jedem hochpreisigen Exoten waren auch bei der ansonsten sehr zuverlässigen und edel ausgestatteten VFR 750 R  (RC 30) die Unterhaltskosten enorm. Sei es bei Wartung und Verschleißteilen, der Vollkasko-Versicherung oder bei Reparaturen nach Sturzschäden, hier war immer der „große Geldbeutel“ angesagt. Auch sieht es heute mit der Ersatzteilversorgung außer durch Schlachtfahrzeuge sehr abenteuerlich aus. Der geneigte Interessent sollte sich für ein gut gewartetes, komplettes Bike ohne Sturzschäden entscheiden und am Besten in der RC 30 Club Deutschland oder dem  RC 30 Owners Club vernetzen.

Geringes Gewicht und super Handling machten die VFR 750R so erfolgreich

Geringes Gewicht und super Handling machten die VFR 750R so erfolgreich (Foto: Nippon-Classic.de)

Da die Maschine zu 80 % von ambitionierten Hobbyrennfahrern oder semi-professionell bei Rennen eingesetzt wurde, ist eine Bekanntschaft mit dem griffigen Asphalt mehr als wahrscheinlich. Hier gilt es, beim Rahmen und den Fahrwerkskomponenten genauer nach etwaigen Sturzschäden zu schauen. Die technische Zuverlässigkeit ist, je nach Belastung durch die Tuning-Ausbaustufen (bis max. 150 PS mit Werks-Kit 1992) bei moderat belasteten Exemplaren jedoch unauffällig.

Typisch RC 30: Vollverkleidung mit Doppelscheinwerfer

Typisch RC 30: Vollverkleidung mit Doppelscheinwerfer (Foto: Nippon-Classic.de)

Marktsituation zur VFR 750R

Das KBA verzeichnet für 2016 keinen Eintrag einer zugelassenen VFR 750 R  in Deutschland. Wahrscheinlich werden sich einige wenige Maschinen in Sammlerhänden befinden, die diese dann mit einer 07er Zulassung ab und an auf den Straßen bewegen, ansonsten werden die Maschinen unter Liebhabern stets „unter der Hand“ weiterveräußert.

Classic-Analytics in Bochum ermittelt als Ausgangsbasis zur Preisfindung einen Betrag von 20.000,- € für gepflegte Exemplare mit geringen Gebrauchsspuren und immerhin noch 12.300,- € für verbrauchte Bikes mit deutlichen Mängeln und eingeschränkter Fahrbarkeit, die aber eine brauchbare Basis für Restaurierungen sein können.

P.S. Der ewige Nordschleifen-Rekord für Motorräder wurde übrigens mit einer RC 30 aufgestellt. 1993 brannte Helmut Dähne, der bayrische Tausendsassa, mit 7:49,72 min die legendäre Rekordmarke für immer in den Asphalt. Herzlichen Glückwunsch dazu an den Fahrer und an das Geburtstagskind auf zwei Rädern!

Das Cockpit der RC30 mit vielen Zusatzinstrumenten

Das Cockpit der RC30 mit vielen Zusatzinstrumenten (Foto: Nippon-Classic.de)