Honda hatte Ende der 1960er Jahre etliche Motorsporterfolge vorzuweisen und sich längst einen Ruf als Massenhersteller erworben. Es wurde höchste Zeit für ein hubraumstärkeres Motorrad. Im Oktober 1968 war es soweit: die brandneue Honda CB 750 Four sorgte auf der Tokio Motorshow für Furore und begeisterte Publikum wie Fachwelt gleichermaßen. Die CB 750 Four gilt zu Recht als erstes Superbike der Motorradgeschichte. Mit ihrem Vierzylinder-Reihenmotor und serienmäßigen Details, die bislang nur als Extra – wenn überhaupt – erhältlich waren, löste sie eine richtungsweisende Veränderung im Bau großer Motorräder aus.

Das Erfolgskonzept der CB 750 Four ist so simpel wie genial: kombiniere Leistung mit Sportlichkeit und echten Allrounder-Qualitäten in nur einem Motorrad. Und so wundert es nicht, dass ihre göttliche Optik und Ausstrahlung jeden elektrisiert – bis heute!  Die Honda CB 750 Four läutete 1969 eine neue Ära an Leistung, Laufruhe und Zuverlässigkeit in der Motorradwelt ein und dominierte in ihrem Segment die 1970er Jahre. Honda verhalf sie zu einer Spitzenstellung bei den Motorradherstellern. Und deshalb ist die Honda CB 750 Four für uns DAS Jahrhundert-Motorrad!

Sie gilt als Jahrhundert-Motorrad: die Honda CB 750 Four

Sie gilt als Jahrhundert-Motorrad: die Honda CB 750 Four (Foto: Nippon-Classic.de)

Seidenweicher Motor der CB 750 Four

Mit der Honda CB 750 Four schuf Honda die Keimzelle aller nachfolgenden Superbike-Modelle: mit vier Zylindern, vier Takten, vier Vergasern und schöner Vier-in-Vier Auspuffanlage (Vier-Ventil-Technik folgte später) setzte sie neue Maßstäbe bei Superbikes. Erstmals in einem Serienmotorrad verbaute Honda eine hydraulische Scheibenbremse vorn. Da war der Elektrostarter schon fast ein gerwöhnliches Feature – zumindest bei Honda.

Der luftgekühlte und quer eingebaute Vierzylinder-Viertakt-Reihenmotor der Honda CB 750 Four kam auf einen Hubraum von 736 ccm (Bohrung: 63 mm, Hub: 61 mm), leistete sagenhafte 67 PS bei 8.000 U/min sowie 60 Nm Drehmoment, welches bei 7.000 U/min anlag. Die Kraftstoffversorgung übernahmen 4 Keihin-Schiebervergaser mit jeweils 28 mm Durchlass. Es gab eine obenliegende, über Kette angetriebene Nockenwelle (SOHC) und zwei Ventile pro Zylinder, die schraubengefedert über Kipphebel geöffnet werden. Der Primärantrieb erfolgt über zwei parallele Einfachrollenketten.

Der seidenweiche Lauf des Reihen-Vierers der Honda CB 750 Four ist schon legendär

Der seidenweiche Lauf des Reihen-Vierers der Honda CB 750 Four ist schon legendär (Foto: Gary Zens)

Kraftvoller Gesamtauftritt

Kraft und Dynamik der innovativen Technologie kombinierte Honda mit einem zeitlosen, sportlichen Design zu einem unnachahmlich packenden Gesamteindruck.
Hondas große Four hat quasi über Nacht die Leistungsgrenzen von Serienmotorrädern neu definiert. 200 km/h Spitze und eine Beschleunigung von 0 auf 100 km/h unter 6 Sekunden waren eine klare Ansage an die Konkurrenz. Obwohl die CB 750 Four mit 218 kg nicht unbedingt den Leichtgewichten zuzurechnen ist, betrug das Leistungsgewicht erfreulich geringe 3,25 Kg pro PS.

Um einen hohen Fahrkomfort, aber vor allem auch Sicherheit bei höheren Geschwindigkeiten zu bieten, wurde dem Fahrwerk ein langer Radstand zwischen 1.455 mm (KO bis K2) und 1.495 mm (K7) spendiert. Allerdings geriet die Hinterradaufhängung schnell in Kritik.

Dass die CB 750 Four nicht nur für Touren taugt, sieht man deutlich

Dass die CB 750 Four nicht nur für Touren taugt, sieht man deutlich (Quelle: Nippon-Classic.de)

„Amerika first“ – war schon 1969 eine Devise

Da Honda mit der CB 750 Four primär den US-amerikanischen Markt anpeilte, feierte die erste Vorserienversion im Januar 1969 in Las Vegas ihr Debüt. Dem europäischen Publikum in Großbritannien und Frankreich wurde dann die CB 750 Four K0 im Oktober 1969 öffentlichkeitswirksam auf namhaften Rennstrecken vorgeführt. Deutschland bekam sie als letztes europäisches Land. Aber, Ernst Leverkus (Klacks) – Redakteur bei MOTORRAD – hatte sich schon im März 1969 in einer „Nacht- und Nebelaktion“ die Vorserienmaschine (sie war die einzige, welche durch Europa „herumgereicht“ wurde) für eine Probefahrt „ausgeliehen“.

Obwohl die 750er in jener Zeit eine neue Klasse im Motorradbau definierte, war sie nicht das erste Big Bike. Schon 1966 schuf Friedel Münch mit seiner legendären Münch-4 TT 1100 ein bärenstarkes Bike mit vier Zylindern. Mit über einer halben Million verkauften Maschinen wird deutlich wie goldrichtig die Japaner mit der CB 750 Four lagen.

Honda CB 750 Four Modellentwicklung

In den fast 10 Jahren Bauzeit liefen über eine halbe Million CB 750 Four vom Band. Das Motorrad wurde in dieser Zeit mehrfach modellgepflegt und weiterentwickelt. Zu den wichtigsten Entwicklungsstufen zählen:

  • Die erste Honda CB 750 Four K0 wurde von 1969 bis 1970 gebaut. Sie verfügte noch über ein „Eins-in-Vier-Gaszugsystem“, so dass jeder Vergaser von einem  „Verteiler“ aus mit je einem dedizierten Seilzug betätigt wurde. Zur Auswahl standen drei Farbtöne: Candy Blue Green, Candy Gold und Candy Ruby Red.
Schätzchen von 1969: Honda CB 750 Four K0

Schätzchen von 1969: Honda CB 750 Four K0 (Foto: Nippon-Classic.de)

  • 1970/71 folgte die CB 750 Four K1 nach. Wesentliche Änderung betraf die Umsetllung auf eine desmodromische Vergaserbetätigung mit zwei Gaszügen. Tank und Seitendeckel wurden neu gestaltet und in vier wählbaren Lackierungen angeboten. Das Gewicht legte um 17 Kg gegenüber der K0 zu.
  • 1972 kam die K2 mit Modifikationen an Rücklicht, Blinkern, Sitzbank und dem hinterem Kotflügel. Größere Reflektoren zollten einem gestiegenen Sicherheitsbedürfnis Tribut. Drei neue Farbtöne und Tankdekors sowie im Vergleich zur K0 kleinere Seitendeckeln ohne Schlitze an der Vorderkante betrafen weitere Anpassungen.
  • Für den amerikanischen Markt wurden die Modellvarianten K3, K4 und K5 gebaut (1973, 1974 bzw. 1975). Letztere waren auch für den japanischen Heimatmarkt vorgesehen.
  • 1975 erschien parallel zur K-Baureihe die CB 750 F1 (Super Sport). Auffälligste Unterschiede betrafen die Vier-in-Eins Auspuffanlage, einen geänderten Tank mit ebenem Deckel sowie eine verkleidete Heckpartie. Der Tank und Heckteil hatten eine knallgelbe Lackierung, während die Seitendeckel unlackiert schwarz blieben. Technisch überarbeitete Honda die Nockenwelle und die Vergaser. Das Hinterrad bekam eine Scheibenbremse spendiert.
  • Erst 1976 unternahm Honda mit der CB 750 Four K6 eine Modellpflege für den europäischen Markt. Neben einer auf 63 PS reduzierten Leistung gab es hellgrün unterlegte Instrumente, einen neuen Tank und flacheren Lenker. Die Käufer konnten sich nur für eine Farbgebung entscheiden: Candy Antares Red.
  • Von 1976 bis 1978 bot Honda eine (sog.) Hondamatic (CB 750 A) an, welche ein Halbautomatikgetriebe mit zwei Fahrstufen und einen Drehmomentwandler besaß. Allerdings fristete die Hondamatic eher ein Schattendasein.
  • 1977 kam dann die CB 750 Four K7 auf den Markt, die sich im Wesentlichen den Motor mit der CB 750 F1 teilte und somit wieder 67 PS leistete. Als Lackierungen standen Candy Alpha Red sowie Excel Black zur Auswahl.
  • Ebenfalls 1977 debütierte die Honda CB 750 F2. Das Nachfolgemodell der F1 verfügte nun über eine Doppelscheibenbremse vorn und gesteigerte Leistungsdaten. Der F2-Motor verfügte über 73 PS und 63 Nm Drehmoment, welches für einen besseren Durchzug in unteren Drehzahlbereichen sorgte. Optisch stachen die neuen Comstar-Felgen, der schwarze Motor und die lackierten Seitendeckel ins Auge. Es gab zudem neue Vergaser mit integrierten Beschleunigerpumpen.
1975 debütierte die Honda CB 750 F1 Super Sport

1975 debütierte die Honda CB 750 F1 Super Sport (Foto: Nippon-Classic.de)

Kaufberatung und typische Schwachstellen

Über die aktuelle Marktlage und Ersatzteilversorgung sprach Nippon-Classic.de mit Andree Cepok von AC-Motorradteile in Worms. André ist seit über 20 Jahren auf die Restauration alter Fours aus dem Hause Honda spezialisiert. Auf über 200 Quadratmetern hält AC-Motorradteile ständig mehr als 25.000 neue und gebrauchte Ersatzteile zur Verfügung.

Insbesondere die seltenen „Sandguss“ und frühen K0-Modelle sind heute bei Sammlern beliebte Oldtimer-Motorräder und wechseln den Besitzer – wenn überhaupt – nur unter der Hand. Von der „Sandguss“ sind beispielsweise damals nur 7.500 Stück vom Band gelaufen. Und wer eine CB 750 Four in einem top gepflegten oder original restaurierten Zustand kaufen möchte, muss sich im Klaren sein, dass das Preisniveau inzwischen fünfstellig ist. Andree Cepok aus Worms schätzt folgende Marktpreise als real ein:

  • „Sandguss“: 25.000 bis 35.000 €
  • K0: 15.000 bis 20.000 €
  • K2: 10.000 bis 12.000 €
  • K6: 6.000 bis 8.000 €

Diese Motorräder sind heute alle alltagstauglich.“ berichtet Andree aus eigener Erfahrung. Mit einer K6 ist er vor kurzem 2.800 Kilometer bis nach Monaco gefahren. Das einzige, was auf der Reise kaputt ging, war ein Abblendlicht.

Sieht aus wie aus dem Laden: seltenen Japan-Modell der CB750Four

Sieht aus wie aus dem Laden: seltenen Japan-Modell der CB750Four (Foto: Nippon-Classic.de)

Die Honda CB 750 F möchte bewegt werden

Denn „Standschäden“ sind selbst für restaurierte Oldtimer typisch.

„Dichtungen am Motor werden mit der Zeit trocken und hart. Nach einigen Kilometern verliert der Motor dann Öl. Außerdem verharzt die Vergaseranlage und die Düsen setzen sich zu. Hier hilft dann nur noch ein Ultraschallbad.“

Für die Honda CB 750 Four gab es auch jede Menge Zubehör

Für die Honda CB 750 Four gab es auch jede Menge Zubehör (Foto: Nippon-Classic.de)

Bei gepflegten Exemplaren ist ein Zerlegen der Maschine normalerweise nicht zwingend notwendig. Allerdings empfiehlt AC-Motorradteile ab einer bestimmten Laufleistung eine gründliche Motorrevision, die für die Honda CB 750 Four ca. 2.500 Euro kostet. Die Motorüberholung schließt die Prüfung und Erneuerung der typischen Verschleißteile ein – u.a.:

  • Überprüfung und Einstellen der Ventile,
  • Überholung der Steuerkettenspannung,
  • Je nach Zustand: Zylinderkopfüberholung mit Wechsel der Ventilführungen, Bearbeitung der Ein- und Auslasskanäle und bei Bedarf auch Gewindereparaturen,
  • Überprüfung der Zylinder und Kolben sowie, wenn notwendig, Austausch der Kolbenringe oder Kolben gegen eine Übergröße,
  • Check der Kurbelwelle, Kurbelwellen- und Pleuellager.
  • Austausch der Ruckdämpfer im Primärantrieb, die durch altersbedingte Verhärtung des Gummis reißen können.

Natürlich kann man einen Motorradmotor auch in Eigenregie überholen. Zu bedenken ist, dass der Motor der CB 750 stattliche 100 Kilogramm auf die Waage bringt. Eine sich anschließende Vergasersynchronisation erfordert zudem spezifisches Fachwissen und die notwendigen Prüfgeräte. Erfahrene Sammler und Liebhaber behalten übrigens die originalen Kreuzschlitzschrauben am Motor bei.

Das Jahrhundert-Motorrad im Doppelpack - Honda CB 750

Das Jahrhundert-Motorrad im Doppelpack – Honda CB 750 (Quelle: Nippon-Classic.de)

Ersatzteillage verschlechtert sich

Teilehändler und Restauratoren schauen teilweise besorgt auf die Ersatzteilversorgung, die vor 5 bis 10 Jahren deutlich einfacher war als heute. Viele Teile sind heute nicht mehr verfügbar, für andere werden aber bereits Nachbauteile gefertigt wie bspw. Motor- oder Auspuffhalteschrauben.

„Die Auspuffanlage ist inzwischen ein Problem, da die Produktion eingestellt wird.“

erzählt mir Andree Cepok. Auch die im Original mehrteilige Chromumrandung am Tank ist so nicht mehr zu bekommen.

Selten, teuer und gesucht: die 4-in-4 Auspuffanlage der CB 750 Four

Selten, teuer und gesucht: die 4-in-4 Auspuffanlage (Quelle: Nippon-Classic.de)

Technische Daten der Honda CB 750 Four

EinheitCB 750 Four K0CB 750 Four K1/K2CB 750 Four K3-5CB 750 Four K6CB 750 Four K7
1. Fakten
ProduktionszeitJahr1969-19701971-19721973 bis 197519761977
Nummerierung (Rahmen)StartCB750-1000001K1: CB750-1044650
K2: CB750-2000001
K3: CB750-2200001
K4: CB750-2300001
K5: CB750-2500001
CB750-2540001CB750-2700009
FarbenCandy Blue Green, Candy Gold und Candy Ruby RedK1: Candy Ruby Red, Candy Gold, Valley Green Metallic, Candy Garnet Brown;
K2: Brier Brown Metallic, Flake Sunrise Orange, Candy Gold
K3: Flake Sunrise Orange, Candy Bucchus Olive, Maxime Brown Metallic;
K4: Flake Sunrise Orange, Freedom Green Metallic, Boss Maroon Metallic;
K5: Planet Blue Metallic, Flake Apricot Red
Candy Antares RedCandy Alpha Red, Excel Black
NeupreisDM
2. Technische Daten
Motortyp4-Zylinder, 4-Takt4-Zylinder, 4-Takt4-Zylinder, 4-Takt4-Zylinder, 4-Takt4-Zylinder, 4-Takt
VentilsteuerungOHC Kette
Schraubenfedern
OHC Kette
Schraubenfedern
OHC Kette
Schraubenfedern
OHC Kette
Schraubenfedern
OHC Kette
Schraubenfedern
Nockenwelle1 obenliegend1 obenliegend1 obenliegend1 obenliegend1 obenliegend
Hubraumccm736 ccm736 ccm736 ccm736 ccm736 ccm
Bohrungmm61 mm61 mm61 mm61 mm61 mm
Hubmm63 mm63 mm63 mm63 mm63 mm
Vergaser4 Keihin Schieber-Vergaser
je 28 mm
4 Keihin Schieber-Vergaser
je 28 mm
4 Keihin Schieber-Vergaser
je 28 mm
4 Keihin Schieber-Vergaser
je 28 mm
4 Keihin Schieber-Vergaser mit Beschleunigerpumpe
je 28 mm
3. Leistungsdaten
LeistungPS67 PS67 PS67 PS63 PS67 PS
bei Drehzahlmin-18.000 U/min8.000 U/min8.000 U/min8.000 U/min8.000 U/min
DrehmomentNm59,8 Nm59,8 Nm59,8 Nm59,8 Nm59,8 Nm
bei Drehzahlmin-17.000 u/min7.000 u/min7.000 u/min7.000 u/min7.000 u/min
LeistungsgewichtKg/PS3,3 Kg/PS3,3 Kg/PS3,3 Kg/PS3,3 Kg/PS3,4 Kg/PS
Höchstgeschwindigkeitkm/h200 km/h200 km/h200 km/h200 km/h200 km/h
4. Abmessungen
Längemm2.215 mm2.215 mm2.215 mm2.215 mm2.215 mm
Radstandmm1.455 mm1.455 mm1.455 mm1.455 mm1.455 mm
LeergewichtKg218 Kg218 Kg218 Kg218 Kg231 Kg
5. Bremse
Bremse vorn1 Scheibe1 Scheibe1 Scheibe1 Scheibe1 Scheibe
Bremse hintenSimplexSimplexSimplexSimplexSimplex
6. Antrieb
Getriebe5-Gang Fußschaltung5-Gang Fußschaltung5-Gang Fußschaltung5-Gang Fußschaltung5-Gang Fußschaltung
AntriebKetteKetteKetteKetteKette

(Herzlichen Dank an Reinhard Hopp für die Textkorrektur)

Bildergalerie zum Jubiläum der CB 750 Four