Es ging um die persönliche Freiheit, staatliche Bevormundung und die Angst vor platten Busen. Kaum ein Thema wurde zu Beginn der zweiten Hälfte der 70er Jahre des vergangenen Jahrhunderts so heftig diskutiert wie die neuen Vorschriften im Straßenverkehr, die zum 1. Januar 1976 in Kraft getreten waren. In diese Zeit fällt auch die Kawasaki KH 125.

Der Gesetzgeber hatte es doch tatsächlich gewagt, die Straßenverkehrsordnung zu einem Instrument der Unterdrückung zu machen. Die freie Fahrt für freie Bürger wurde durch die Einführung neuer Pflichten massiv eingeschränkt. Während sich Autofahrer und ihre Passagiere auf den Vordersitzen fortan mit einem Textilband fest an den Sitz binden mussten, um dann bei einem Unfall der Gefahr ausgesetzt zu sein, je nach Situation qualvoll zu verbrennen oder zu ertrinken, wurden Motorradfahrer gezwungen, der Coolness Adieu zu sagen und ihr Haupt mit einem unförmigen Kopfschutz zu bedecken.

Heute, 40 Jahre später, haben wir die Sinnhaftigkeit dieser Regelungen längst erkannt und blicken jetzt mit fast ungläubigem Staunen auf die damaligen Proteste und Bedenken.

Kawasaki KH 125 mit dem typischen Kawasaki-Heckbürzel wurde erstmals 1976 vorgestellt

Kawasaki KH 125 mit dem typischen Kawasaki-Heckbürzel wurde erstmals 1976 vorgestellt (Quelle: Nikolas Pfleger)

Mit Drehschieber und dicken Dichtungen zum Versicherungsliebling

Eher staunende als ungläubige Blicke von Fans klassischer Motorräder erntet dagegen die Kawasaki KH 125 als sie 1976 auf der IFMA erstmalig dem deutschen Publikum gezeigt wurde. Sie war in eben jener Zeit auf den deutschen Markt gekommen und konnte mit einigen technischen Besonderheiten, wie zum Beispiel einer Drehschiebersteuerung, überzeugen.

Das 6-Gang-Getriebe der Kawasaki KH 125 verdiente ein Lob

Das 6-Gang-Getriebe der Kawasaki KH 125 verdiente ein Lob (Quelle: Nikolas Pfleger)

Bei der kleinen 125er Kawasaki regelt eine individuell angepasste dünne Stahlplatte, die auf dem Kurbelwellenstumpf sitzt, den Gaseinlass. Durch den Einsatz dieser Technik konnte die Charakteristik des Motors nachhaltig verändert werden. Mit einer solchen Drehschieberplatte sollte es den Technikern in Japan auch gelingen, den Wunsch der deutschen Kawasaki-Niederlassung zu erfüllen, die Leistung des Motors auf versicherungsfreundliche 10 PS zu drosseln. Wäre die Kawasaki KH 125 mit den bei der Weltpremiere angekündigten 14 PS auf den deutschen Markt gekommen, hätte dies zur Folge gehabt, dass die sparsame Kawasaki in eine höhere Versicherungsklasse eingestuft worden wäre.

Kawasaki KH 125

Technisches Sahnestück: Kawasaki KH 125 Motor mit Drehschiebersteuerung (Quelle: Nikolas Pfleger)

Kawasaki KH 125 besticht durch perfekte Abstimmung von Motor und Getriebe

Bis diese Lösung jedoch in Deutschland ankam, behalf man sich hier mit einer dickeren Kopfdichtung, mit der die Verdichtung von 7,0 auf 6,0 reduziert wurde. Das Ergebnis waren die erwünschten 10 PS, die für günstige Unterhaltskosten sorgten.

Die Durchzugskraft des Triebwerks wurde durch diesen Eingriff nur wenig beeinträchtigt. Den Spurt von 0 auf 100 km/h absolviert die Kawasaki KH 125 in 17,7 Sekunden. Ein für diese Fahrzeugklasse doch recht respektabler Wert. Im Test wurde eine Höchstgeschwindigkeit von knapp 110 km/h ermittelt. Im Sattel lag dabei allerdings ein leichtgewichtiger Fahrer von 70 Kilogramm.

Technisch teilen sich – dank Plattformstrategie –  die Kawasaki KH 125 und ihre geländegängige Schwester KE 125 sowohl den Einzylinder-Zweitaktmotor als auch das Sechsgang-Getriebe.

Kawasaki KE 125

Die Kawasaki KE 125 stellte die technische Basis für die KH 125 (Quelle: Kawasaki)

Lobende Erwähnung fanden in zeitgenössischen Testberichten aber nicht nur die guten Fahrleistungen und die günstigen Kosten, sondern auch das klauengeschaltete Sechsganggetriebe. Das harmonische Zusammenspiel des Einzylinders mit dem hervorragend abgestuften Getriebe macht die KH125 zum idealen Gefährt für den Stadtverkehr. Der gut gedämpfte Sound des Auspuffs schonte darüber hinaus die Ohren lärmgeplagter Stadtbewohner.

Stadtflitzer zum Sonderpreis

Zur erstklassigen Handlichkeit der KH 125 trägt auch das spursichere Fahrwerk bei, das im Kern aus einem Zentralrohrrahmen mit einfachem Unterzug besteht. Während vorne eine ölgedämpfte Teleskopgabel mit einen Federweg von 110 mm verbaut ist, sind es hinten hydraulisch gedämpfte Federbeine, die mit einem Federweg von 70 mm für guten Fahrkomfort sorgen.

Sollte es einmal notwendig sein, den Vorwärtsdrang der flinken 125er zu zügeln, sorgen eine seilzugbetätigte, kräftig zupackende Scheibenbremse vorn und eine Simplex-Trommelbremse hinten effektiv für die gewünschte Verzögerung.

Weniger begeistert als von den ausgesprochen befriedigenden Fahrleistungen und der guten Handlichkeit zeigten sich die Fahrer der KH125 vom hohen Ölverbrauch der Maschine und dem nicht ausreichenden Kettenschutz. Auch die bei der Originalauslieferung montierten Dunlop-Pneus riefen nicht gerade Begeisterungsstürme hervor.

Eine angenehme Überraschung erlebten Kaufinteressenten jedoch beim Blick in die Preisliste. Für die dort aufgerufenen 2.595 D-Mark standen in den Ausstellungsräumen anderer Hersteller bescheiden ausgestattete Leichtkrafträder der 50er Klasse. Da blieb dann in jedem Fall noch genügend Geld übrig, um den neuen Vorschriften der Straßenverkehrsordnung gerecht zu werden und sich einen schicken Kopfschutz in Form eines Motorradhelmes zu leisten.

Die KH 125 wurde ausschließlich mit Muskelkraft zum Leben erweckt. Einen Startknopf gab es nicht.

Die KH 125 wurde ausschließlich mit Muskelkraft zum Leben erweckt. Einen Startknopf gab es nicht. (Quelle: Nikolas Pfleger)

Technische Daten Kawasaki KH 125

EinheitKawasaki KH 125 A1Kawasaki KH 125 A2Kawasaki KH 125 A3Kawasaki KH 125 A4
1. Fakten
ProduktionJahr1977-19781978-19791979-19801980-1982
NummerierungKH125A-000001KH125A-009901KH125A-015901KH125A-020701
FarbenFlame Orange and Prussian BluePoppy Red and Metallic Evening BlueCandy Lime Green and Candy Royal BlueCandy Persimmon Red & Metallic Regal 
NeupreisDM2.595 DM2.595 DM2.595 DM
2. Motordaten
Motortyp1-Zylinder, 2-Takt1-Zylinder, 2-Takt1-Zylinder, 2-Takt1-Zylinder, 2-Takt
VentilsteuerungDrehschieberDrehschieberDrehschieberDrehschieber
Nockenwellekeinekeinekeinekeine
Hubraumccm123 ccm123 ccm123 ccm123 ccm
Bohrungmm56 mm56 mm56 mm56 mm
Hubmm50,6 mm50,6 mm50,6 mm50,6 mm
Verdichtungsverhältnis6.0:16.0:16.0:16.0:1
Vergaser1 Mikuni Rundschiebervergaser (VM 24 SS) mit 24 mm1 Mikuni Rundschiebervergaser (VM 24 SS) mit 24 mm1 Mikuni Rundschiebervergaser (VM 24 SS) mit 24 mm1 Mikuni Rundschiebervergaser (VM 24 SS) mit 24 mm
3. Leistungsdaten
LeistungPS10 PS10 PS10 PS10 PS
bei Drehzahlmin-16.300 U/min6.300 U/min6.300 U/min6.300 U/min
DrehmomentNm11,8 Nm11,8 Nm11,8 Nm11,8 Nm
bei Drehzahlmin-15.500 U/min5.500 U/min5.500 U/min5.500 U/min
LeistungsgewichtKg/PS10,6 Kg/PS10,6 Kg/PS10,6 Kg/PS10,6 Kg/PS
Höchstgeschwindigkeitkm/h110 km/h110 km/h110 km/h110 km/h
4. Abmessungen
Längemm1.900 mm1.900 mm1.900 mm1.900 mm
Radstandmm1.235 mm1.235 mm1.235 mm1.235 mm
Reifen vorn2.75-182.75-182.75-182.75-18
Reifen hinten3.00-183.00-183.00-183.00-18
LeergewichtKg106 Kg106 Kg106 Kg106 Kg
5. Bremse
Bremse vornmech. Scheibe 190 mmmech. Scheibe 190 mmmech. Scheibe 190 mmmech. Scheibe 190 mm
Bremse hintenSimplex 110 mmSimplex 110 mmSimplex 110 mmSimplex 110 mm
6. Antrieb
Getriebe6-Gang Fußschaltung6-Gang Fußschaltung6-Gang Fußschaltung6-Gang Fußschaltung
AntriebKetteKetteKetteKette
StarterPrimär-KickstarterPrimär-KickstarterPrimär-KickstarterPrimär-Kickstarter