Die Yamaha XS 360 war 1976 der Shootingstar auf der Kölner IFMA und die Viertakt-Maschine verkaufte sich prima. Ein gut erhaltenes Exemplar wechselte 2015 von seinem bisherigen Eigentümer nach Wiesbaden. Der neue Besitzer, Informatik-Student Jens, machte damals ein echtes Schnäppchen und lud mich zum Foto-Shooting am Schlachthof ein. Wir sind danach in Kontakt geblieben und so erzählte mir Jens im letzten Winter von seinem Vorhaben die XS 360 zu einem Café Racer umzubauen.
Im Sommer war der Yamaha Racer nun endlich fertig und wir verabredeten uns Anfang Oktober zu einer Spritztour durch das schöne Wispertal. Natürlich nutzten wir die Gelegenheit, um die Maschine vorab ins rechte Licht zu rücken.
Der XS 360 Umbau begann im Winter
Jens wollte einen klassischen Yamaha XS 360 Umbau ohne dabei die Flex als dominantes Werkzeug einzusetzen. Eigentlich gehört es zu einem Umbau mit dem typischen Café Racer Heck dazu, dass das Rahmenheck gekürzt wird und einen „Loop“ als Abschluss bekommt. Jens entschied sich aber bewusst gegen „Amputationen“ am Heck und seinem Café Racer tut das meines Erachtens richtig gut. Zusammen mit der Halbschale bekam die Maschine eine gestreckte, gefällige Linie.
Für den Umbau wurde die Yamaha XS 360 zunächst einmal in alle Einzelteile zerlegt. Da der Motor jedoch bisher problemlos lief, verzichtete Jens auf eine aufwendige Revision und spendierte dem Parallel-Twin lediglich frisches Öl und neue Kerzen. Die Gussfelgen wurden glasperlgestrahlt, mit frischem Lack konserviert und bekamen nagelneue Metzler ME77 aufgezogen, deren Reifenprofil mit dem Racer-Look gut harmoniert.
Um Platz für ein freies Rahmendreieck zu schaffen, bekam Jens’ Yamaha XS 360 offene K&N-Filter mit einer neuen Vergaserabstimmung und eine kleine Batterie spendiert, die nun im Heckbürzel Unterschlupf fand.
Anpassung der Halbschale und Sitzbank notwendig
Die notwendigen Teile fand er im Kickstarter-Shop. Aber leider waren diese nicht ganz so „plug-and-play“ zu verarbeiten wie erwartet.
Den Sitzbankträger mussten Jens und sein Vater, der ebenfalls ein begeisterter Schrauber ist, anpassen. Denn das originale Zubehörteil war zum Tank hin für die XS 360 deutlich zu breit und hätte einen optischen Bruch bedeutet. Die Lösung war simpel wie wirkungsvoll. Sie sägten einen kleinen Keil aus der vorderen Trägerfläche heraus, drückte die Seitenflächen in die gewünschte Form und verstärkte alles wieder mit Glasfasermatten. Jetzt verjüngt sich die Sitzbank vorn und schließt perfekt zum Tank ab.
Da unter der Sitzfläche eine zwei Millimeter starke Edelstahlplatte sitzt, hatte der Eingriff auch keine negativen Auswirkungen auf die Statik. Die originalen Scharniere der Sitzbank blieben erhalten und das Teil weiterhin klappbar, denn im Heckbürzel müssen Elektrik und Batterie zugänglich bleiben. Letztendlich bezog eine Polsterei aus Rüdesheim noch die Aluverbundplatte mit einem Sitzpolster und hellbraunem Kunstleder.
Die Verkleidung ist von der Ducati 750 SS nachempfunden und wird als Ersatzteil beim oben genannten Shop gehandelt. Die „rohe“ Verkleidung und Scheibe verlangten abermals nach Finesse und handwerklichem Geschick. Denn die Scheibe war deutlich zu groß, die Halbschale viel zu breit und sämtliche Bohrungen fehlten. Unter Spannung gehalten, verbinden nun vier Halterungen auf jeder Seite die Verkleidung bombenfest mit der Yamaha XS 360. Hier haben sich Jens und sein Vater einiges einfallen lassen müssen. Die alte Tachohalterung, Lenkerhalterung entfielen, da die Instrumente im richtigen Winkel in die Halbschale verlegt wurden und passende Stummellenker das sportliche Ensemble abrunden.
Auf eBay fand Jens einen passenden H4-Scheinwerfer von einer BMW für seinen XS 360 Umbau, der die Scheinwerferöffnung an der Verkleidung nun satt ausfüllt. Der originale 17 cm Scheinwerfer war für den 21 cm messenden Ausschnitt viel zu klein.
Alle Teile bekamen abschließend eine brillante Metallicblau-Lackierung spendiert, die von zwei Schichten Klarlack geschützt wird. Mit schlichten Applikationen in Weiß erhält der Yamaha XS 360 Café Racer schöne Akzente.
Der perfekte Megaphone-Sound
Da die alten Schalldämpfer eh nicht mehr die besten waren, war die Entscheidung leicht gefallen in eine neue Auspuffanlage zu investieren. Die Wahl fiel auf zwei formschöne Megaphone-Auspufftöpfe mit Gegenkonus im klassischen Norton „Commando“-Stil. Die beiden Teile hören sich live richtig gut an und geben der kleinen Yamaha den perfekten, sonoren Sound und sind nicht aufdringlich laut.
Im Wispertal konnte der Yamaha XS 360 Café Racer zeigen, was in ihm steckt. Obwohl Gewichtsreduktion kein oberstes Ziel des Umbaus gewesen ist, purzelten ein paar Pfunde und machen die Yamaha insbesondere auf den geschwungenen Landstraßen jetzt äußerst agil. Und Jens‘ XS hielt mit meiner W800 locker mit. Der (theoretische) Leistungs- und Drehmoment-Unterschied war in der Praxis einfach nicht mehr vorhanden. Den Gasgriff aufgezogen und die Yamaha zog auch bergauf wie an der Schnur gezogen los. Und der Megaphone-Sound passt einfach super zu diesem flinken Café Racer – ein gelungener Yamaha XS 360 Umbau.
Informationen und technische Daten zur XS 360
Alle Fakten mit technischen Daten zur Yamaha XS 360 gibt es hier zum Nachlesen.
Hinterlasse einen Kommentar