Nach dem einmalige Titelgewinn 1982 löste Honda ab 1986 bis zum Ende des Jahrzehnts  alle anderen Motorradhersteller beim Gewinnen der Rallye Paris-Dakar ab. Die Honda NXR 750 war ein von der HRC entwickeltes spezielles Wüstenrenngerät mit 65 PS, das ab Mitte der 1980er Jahre bei dieser härtesten Geländerallye alles in Grund und Boden fuhr. Die davon abgeleitete Honda XRV 650 Africa Twin kam für die breite Masse 1988 auf den Markt.

Honda XRV 650 Africa Twin für den Wettbewerbseinsatz

Honda XRV 650 Africa Twin für den Wettbewerbseinsatz (Foto: Gary Zens)

So hieß der Titelgewinner 1982, 1986 und 1987 der von YAMAHA gekommene Cyril Nevue (Frankreich), 1988 holte der Italiener Edi Orioli den Gesamtsieg bei den Motorrädern, während 1989 wieder ein Franzose, Monsieur Gilles Lalay mit einer NXR 750 triumphieren durfte.

Honda NXR750

Honda NXR750 (Foto: Gary Zens)

Jetzt was buntes für´s Gelände

Die ab 1988 in Deutschland für 10.570,- DM verkaufte Honda XRV 650 Africa Twin (Typ RD 03) sollte eine Replika der Honda NXR 750, eben jener Siegermaschine der Rallye Paris-Dakar von 1987, werden.  Das Grundkonzept basierte auf der Honda XL 600 V Transalp (Typ PD 06), optisch holte sich der damalige Chefdesigner Tomonori Mogi Inspiration durch die Original-NXR-750-Siegermaschine aus 1987, die er sich kurzerhand bei der HRC (Honda Racing Company) als Anschauungsobjekt auslieh. So wurden Lackkleid  (in drei Farben) und sämtliche Anbauteile  für die Serienversion  so authentisch wie möglich umgesetzt.

Honda XRV 650 Africa Twin von 1988

Honda XRV 650 Africa Twin von 1988 (Foto: Honda)

Der Motor war als alter Bekannter aus der PD 06 ein flüssigkeitsgekühlter V2-Twin mit je einer oben liegenden Nockenwelle (OHC) und je drei Ventilen pro Brennraum in einem Zylinderwinkel von 52°. Aus den 647 ccm bei einem Hub von 66 mm und einer Bohrung von 79 mm entsprangen in der offenen Version 57 PS bei 7.500 U/min, in Deutschland blieben dem Twin wegen der Versicherungs-einstufung glatte 50 PS bei 7.000 U/min und ein Drehmomentmaximum von 55 Nm bei 5.500 U/min übrig. Das reichte für eine Höchstgeschwindigkeit von knapp 170 km/h und satten Durchzug mit der Kraft der „zwei Herzen“.

Die Honda XRV 650 leistete in Deutschland nur 50 PS

Die Honda XRV 650 leistete in Deutschland nur 50 PS (Foto: Julian Eichhoff)

Der 9,4:1 verdichtete V-Twin war mit dem kleinen Hubraum nur in den Jahren 1988 und 1989 als Typ RD 03 erhältlich, die Nachfolgetypen RD 04, RD 07 und 07a wurden mit der Bezeichnung XRV 750 Africa Twin im Hubraum gesteigert, die Nennleistung blieb gleich. Beatmet wurde der Motor durch zwei 32 mm CV – Vergaser, gestartet wurde mit dem Elektrostarter. Die Kraft wurde über eine Mehrscheiben-Kupplung im Ölbad auf ein 5-Gang-Getriebe geleitet und ging dann via O-Ring-Kette ans Hinterrad.  Das Trockengewicht lag bei 185 kg, der Tank barg 24 Liter Benzin, ab Typ RD 04 einen Liter weniger, gleichzeitig stieg aber das Trockengewicht erst auf 210 kg, dann auf 204 kg (RD 07 und 07a).

Zugelegt: Honda XRV 750 (RD07) im Modelljahr 1993

Zugelegt: Honda XRV 750 (RD07) im Modelljahr 1993 (Foto: Honda)

Rahmen und Fahrwerk der Honda Africa Twin

Der Rahmen bestand aus einer Einschleifen-Stahlrohr-Konstruktion mit vor dem Motor gegabelten Unterzügen und stabilem Hauptrohr, die Sitzhöhe erreichte 880 mm, der Radstand lag bei 1.565 mm und das fahrfertige Gewicht mit allen Betriebsflüssigkeiten  betrug 220 kg. Nicht eben eine „kleine Geländeelfe“, aber die Techniker um Tomonori Mogi verstanden es geschickt, den Schwerpunkt des Bikes sehr niedrig um die Fahrzeugmitte zu konzentrieren, so dass man die Kilos weder im Stand, noch beim Bummeln in der City und erst recht nicht im Gelände merkte.

Die XRV 650 war mit einer Sitzhöhe von 880 mm für langbeinige Fahrer gedacht

Die XRV 650 war mit einer Sitzhöhe von 880 mm für langbeinige Fahrer gedacht (Foto: Julian Eichhoff)

Apropos Gelände: die Fahrwerkskomponenten waren bei der Africa Twin mit Federwegen von 230 mm vorne an der ölgedämpften 43 mm SHOWA-Telegabel mit Luftunterstützung und mit 210 mm am hinteren luftunterstützten Monoshock der Pro Link-Schwinge hervorragend geländegängig. Neben der großen Bodenfreiheit gefiel der Motor-Unterfahrschutz aus Aluminium ebenso wie die Steinschlagschutz-Abdeckung der guten vorderen Doppelkolben-Einscheiben-Bremse mit  296 mm Durchmesser.

Hinten verzögerte im Übrigen eine 240 mm Einzelscheibe mit Einkolben-Bremssattel. Die erfreulich gute Serienausstattung ging weiter über eine rahmenfeste Verkleidung mit Windschild und umlaufenden Sturzbügel, daneben zählte ein Hauptständer neben dem Seitenständer und eine Gepäckbrücke ebenfalls zum serienmäßigen Lieferumfang. Vorne rollte das Wüstenschiff auf einem 21-Zöller, hinten fuhr man auf 17-Zoll-Geläuf.

Der Motor der XRV 650 war gut geschützt

Der Motor der XRV 650 war gut geschützt (Foto: Julian Eichhoff)

Africa Twin Farben

Die im HRC-Farbschema blau-weiß-rot gehaltene Abenteuer-Enduro machte optisch echt was her. Man hatte sofort Lust aufzusteigen und den Langstrecken-Komfort und das satte Drehmoment auf einem Trip durch eine leicht Wüstenetappe bis zur nächsten Oase zu genießen.

Eine Gepäckbrücke gehörte zum serienmäßigen Lieferumfang der Honda Africa Twin

Eine Gepäckbrücke gehörte zum serienmäßigen Lieferumfang der Honda Africa Twin (Foto: Julian Eichhoff)

Marktsituation zur Honda XRV 650

Honda hatte mit der XRV 650 /XRV 750 Africa Twin eines der stimmigsten und zuverlässigsten Abenteuer-Reise-Enduros auf den Markt gebracht und das wirkt sich heute noch auf den Preisspiegel im Gebrauchtsegment aus. Gut gewartete und optisch ansprechend Exemplare gehen, wenn überhaupt, nicht unter 3.900 Euro in andere Hände, meist über 5.000 Euro. Die Laufleistung spielt eher eine untergeordnete Rolle, da größere Schwachstellen im Motor nicht bekannt sind. Selbst für Teileträger, die als Restaurationsbasis taugen, liegen noch mehr als 1.100 Euro Kaufpreis an (Quelle: Classic-Analytics, Bochum).

Das KBA verzeichnet noch 462 zugelassene Exemplare der Honda XRV 650 Africa Twin (RD 03) für Ende 2016, in den Verkaufsportalen ist sie ein selten zu findendes Bike.

Die Honda Africa Twin ist ein Langläufer - hohe Laufleistungen keine Seltenheit

Die Africa Twin ist ein Langläufer – hohe Laufleistungen keine Seltenheit (Foto: Julian Eichhoff)

Wem der Sinn nach einer zuverlässigen japanischen Abenteuer-Enduro mit einem Hauch Rallye ParisDakar steht, erhält mit einem technisch und optisch nahezu mängelfreien Exemplar einen  großen Namen in der Motorrad-Geschichte. Und die Honda Africa Twin macht auch auf der Straße beim Touren richtig Spaß. Die meisten Eigentümer verkaufen ihre „Dicke“ aber nicht, denn sie wird wegen ihrer Robustheit und Zuverlässigkeit sowie ihrem Reisekomfort sehr geschätzt. Über anziehende Gebrauchtpreise muss  sich deshalb niemand wundern.

Dieses Exemplar ist fast 30 Jahre alt und hat 90.000 km auf der Uhr

Dieses Exemplar ist fast 30 Jahre alt und hat 90.000 km auf der Uhr (Foto: Julian Eichhoff)

Die hier gezeigte XRV 650 hat bereits 90.000 Kilometer auf der Uhr und wurde von Motorradfotograf Julian Eichhoff wunderbar in Bild und Text auf seinem Blog Lumenatic festgehalten. Nach fast 30 Jahren läuft die Maschinen immer noch wie am Schnürchen.