Die Menschen in Finnland hatten schon immer eine Vorliebe für den Rennsport. Im Laufe der Jahre haben sie mehr als ein paar Weltklasse-Motorradfahrer hervorgebracht. Ein Blick zurück in die Geschichte zeigt, dass alles im Jahr 1932 begann, als das Land seinen ersten Grand Prix außerhalb von Helsinki veranstaltete. Ursprünglich war ein Platz für einen Zoo vorgesehen, aber die Pläne änderten sich und es stellte sich heraus, dass er sich gut für eine TT-Rennstrecke eignete. Daher erhielt die Strecke den Namen „Djurgarden“ (Tiergarten), nachdem sie ursprünglich Eläintarha genannt worden war.

Schlagzeile zum Finnland GP 1932

Schlagzeile zum Finnland GP 1932 (Quelle: Husqvarna)

Motorrad Grand Prix vor 90 Jahren

Nach gründlichen Vorbereitungen und massiver Werbung waren die Voraussetzungen für ein großartiges Wochenende mit einem neuen nationalen Zuschauerrekord gegeben. Berichten zufolge kamen fast 50.000 Zuschauer zur Rennstrecke von Eläintarha/Djurgarden, die im Vorfeld dieses großartigen Ereignisses auf Grand-Prix-Niveau gebracht worden war. Der Andrang war so groß, dass Tausende von Besuchern wieder nach Hause gehen mussten, weil es nur wenige Eintrittskarten gab und der Platz auf dem Renngelände nicht ausreichte.

Jeder Zentimeter an der Rennstrecke war bis zum Anschlag gefüllt, als es losging. Die Autos starteten an diesem Tag und erst um zwei Uhr nachmittags hatten die TT-Motorräder ihren Auftritt. Der schwedische Motorradhersteller Husqvarna hatte seine beiden Asse am Start, vertreten durch Gunnar Kalén in der C-Klasse (500 ccm), während Ragnar Sunnqvist in der B-Klasse (350 ccm) antrat. Die beiden Motorradklassen starteten gemeinsam mit 20 Fahrern aus der Startaufstellung vor der Tribüne.

Otto Brandt im „Schweden-Sandwich“

Gunnar Kalén mit der Startnummer acht war der schnellste Mann in der Startaufstellung, dicht gefolgt von Lokalmatador Otto Brandt auf einer britischen Rudge. Der drittplatzierte Ragnar Sunnqvist (Husqvarna) hatte bereits zu Beginn des Rennens Probleme mit seiner AJS und war gezwungen, den Rest des Feldes einzuholen, nachdem er stark aufgehalten worden war – zumindest konnte er das Rennen wieder aufnehmen. Nach etwas mehr als einer Minute fuhren die Führenden an den Tribünen vorbei, nachdem sie die ersten zwei Kilometer von insgesamt 42 Runden absolviert hatten.

Finnischer Motorrad Grand-Prix vor 90 Jahren: Verfolgungsjagd auf der "Railway Straight"

Finnischer Motorrad Grand-Prix vor 90 Jahren: Verfolgungsjagd auf der „Railway Straight“ (Quelle: Husqvarna)

Kalén lag immer noch an der Spitze und wurde nun von dem Finnen Arne Anttila auf seiner AJS und Hans Thorell verfolgt. Der einheimische Fahrer K. G. Granberg auf einer 500-ccm-Saroléa lag an vierter Stelle, knapp vor Sunnqvist und Erik Westerberg auf einer gut abgestimmten Norton. Beide kämpften um die Position. Nach fünf Runden war die Reihenfolge an der Spitze immer noch dieselbe, während Thorell auf den dritten Platz vorgerückt war und wie Anttila von den begeisterten Zuschauern kräftig unterstützt wurde. Die Finnen merkten, dass ihre Fahrer nicht die gleiche Erfahrung wie ihre schwedischen Nachbarn hatten, wenn es um internationale Kämpfe ging. In der 10. Runde hatte Kalén seinen Vorsprung vergrößert und lag nun 500 Meter vor dem zweiten und dritten Mann, Anttila und Granberg.

So stürmte Gunnar Kalén auf seiner super getunten 500er Husqvarna vor einer riesigen Zuschauermasse auf der langen „Railway Straight“ davon. Ragnar Sunnqvist lag nun auf Platz fünf der Gesamtwertung, aber auf Platz zwei der B-Klasse. Zu diesem Zeitpunkt hatten die fünf Führenden einen überwältigenden Vorsprung auf den Rest des Feldes. Während der nächsten zehn Runden machte Granberg eine erstaunliche Anstrengung und schloss zu Kalén auf. Nach etwas mehr als der Hälfte des Rennens lag er nur noch 25 Meter hinter dem Führenden.

Beim Großen Preis von Finnland 1932 war die Rennstrecke rutschig

Beim Großen Preis von Finnland 1932 war die Rennstrecke rutschig (Quelle: Husqvarna)

Erik Westerberg war gezwungen, an die Box zu fahren und seinen Schalthebel zu verstellen, bevor er das Rennen wieder aufnahm. Allerdings lag er zu diesem Zeitpunkt bereits eine Runde zurück. Bis zur 40. Runde folgte Granberg Kalén im Schatten des Führenden. Dann überholte der Finne unter dem Jubel der Zuschauer den Spitzenreiter – Kalén übernahm jedoch bald wieder die Führung. Granberg versuchte zu sehr, seine alte Position zurückzuerobern, als er stürzte, sich an der Schulter verletzte und aufgeben musste.

Nach diesem Zwischenfall war der Weg ins Ziel frei für Gunnar Kalén, der mit fast einer Minute Vorsprung vor Arne Anttila und Erik Westerberg gewann, die auf der letzten Etappe dieses zermürbenden Rennens aufgeholt hatten. Ragnar Sunnqvist wurde nach der gemessenen Zeit Zweiter der Gesamtwertung, aber er war natürlich der Meister der B-Klasse und feierte einen komfortablen Sieg. Ragnar lag fast vier Sekunden vor dem Finnen R. Lampinen auf seiner Rudge-Maschine. Dies war ein Doppelsieg für Husqvarna, der die Konkurrenz klar besiegte.

Aufstellung mit einer 500-ccm Rennmaschine

Aufstellung mit einer 500-ccm Rennmaschine (Quelle: Husqvarna)

„Wir hatten einen verheerenden Vorsprung vor der Konkurrenz, denn unsere Vollblutmaschinen waren perfekt in Schuss“, erinnert sich Kalén nach der Zieldurchfahrt. Seine Gesamtzeit betrug eine Stunde, acht Minuten und 37 Sekunden – bei einem beeindruckenden Schnitt von 89 km/h.

„Mehr als gewinnen kann man nicht“, sagte Ragnar Sunnqvist nach seinem Sieg in der 350-ccm-B-Klasse – seine Geschwindigkeit betrug 88 km/h. Fanfaren ertönten für die beiden Schweden mit Husqvarna-Motor. Nun freute sich die Welt des Motorsports auf den nächsten Grand Prix in Saxtorp, der in nur drei Monaten stattfinden würde. Hier würden die beiden Fahrer-Asse erneut einen Doppelsieg einfahren. Caramba!

Die beiden schwedischen Motorradfahrer Sunqvist und Kalen (links) im Jahr 1933

Die beiden schwedischen Motorradfahrer Sunqvist und Kalen (links) im Jahr 1933 (Quelle: Bundesarchiv)

Gunnar Kalén

Gunnar Kalén (1901 bis 1934) war ein schwedischer Motorradrennfahrer, der 1933 auf Husqvarna die Europameisterschaft in der 500-ccm-Klasse gewann und ein Jahr darauf in Hohenstein-Ernsttahl beim Großen Preis von Deutschland tödlich verunglückte.

Otto Brandt

Otto Brandt (1893 bis 1974) war ein finnischer Motorsportler und CEO der Otto Brandt Oy, die sich auf den Import von Rudge- und Humber-Motorrädern sowie Archimedes-Außenbordmotoren konzentrierte. Schon in jungen Jahren war Otto Wilhelm Brandt sehr sportlich und nahm in den 1920er Jahren an Motorradrennen teil. Seine Motorsportkarriere beendete Brandt 1947 nach einem Unfall. Ab 1960 importierte er Honda-Motorräder nach Finland.

Ragnar Sunnqvist

Ragnar Sunnqvist (1908 bis 1954) war ein schwedischer Motorradrennfahrer bildete zusammen mit Gunnar Kalén das Husqvarna Werksteam. Bei Husqvarna war er ebenfalls Testfahrer für die Straßenmaschinen. Zwischen 1932 und 1935 siegte er in verschiedenen Rennen der 350- und 500-ccm-Klasse.

Eine Husqvarna 500, wie sie von Gunnar Kalén pilotiert wurde, steht im Deutschen Zweirad-Museum in Neckarsulm

Eine Husqvarna 500, wie sie von Gunnar Kalén pilotiert wurde, steht im Deutschen Zweirad-Museum in Neckarsulm (Quelle: Joachim Köhler; Creative Commons BY-SA 3.0)

 

 

Übersetzung des Originaltextes von Kenneth Olausson.

Fotoquellen: Norten Kalén: Joachim Köhler, https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/legalcode;  Bundesarchiv, Bild 183-2007-0625-500 / CC-BY-SA 3.0