So schön es auch ist, eine alte Honda CB 750 Four, eine Z1000 oder einen anderen japanischen Schatz längst vergangener Tage zu fahren. Doch manchmal spielt das Wetter einfach nicht mit, dass selbst der leidenschaftlichste Fan von klassischen Motorrädern nicht im Sattel sitzen kann – auch wenn mancher bei dem Gedanken wohl „leider“ seufzen mag.
Allerdings heißt das nicht, dass man sich für diese leidlichen Phasen des Lebens, die sich über den Winter auch auf mehrere Monate ausdehnen können, vom Thema Zweirad verabschieden müsste. Denn tatsächlich gibt es mehr als nur eine Handvoll Optionen, die sich alle rund um Bikes und Motoren drehen.
1. Einfach mal genießen
Die Leidenschaft rings ums Motorrad muss sich nicht zwangsläufig darin manifestieren, auf irgendeine Weise zupacken zu müssen. Im Gegenteil, es gibt auch genügend Beschäftigungen, die in ihrer Art und Weise eher einem ganz entspannten Genießen ähneln, ohne selbst viel tun zu müssen – zumindest in körperlicher Hinsicht.
Ab ins Motorrad-Museen
Motorräder begleiten den Menschen seit den Frühtagen der Automobilisierung. Dementsprechend haben sie nicht nur eine hohe Bedeutung für die Verkehrsgeschichte, sondern sind auch untrennbar mit dem Rennsport verbunden – und den Herstellern selbst. Dementsprechend werden viele dieser in mehreren Hinsichten „wertvollen“ Bikes als Exponate in diversen Museen ausgestellt.
Für echte Fans klassischer japanischer Bikes sind natürlich die Werksmuseen der Hersteller wahre Pilgerstätten. Suzuki hat ebenso eine Ausstellung vorzuweisen, wie es Honda tut, dazu Yamaha und Kawasaki. Der einzige echte Wehrmutstropfen bei diesen Ausstellungen der „Big Four“: Sie befinden sich samt und sonders im Mutterland der Hersteller, sind also für mitteleuropäische Fans nicht gerade im Rahmen eines Wochenendausflugs zugänglich.
Allerdings gibt es durchaus auch Alternativen, die in etwas komfortablerer Distanz liegen:
- Das Deutsche Zweirad- und NSU-Museum Neckarsulm.
- Der PS.Speicher Einbeck, nach eigenem Bekunden Europas größtes Oldtimer-Museum.
- Das Motorradmuseum Schloss Augustusburg, dem Vernehmen nach Europas größte Ausstellung für Zweirädriges.
Neben diesen drei großen Ruhmeshallen der Motorrad-Kultur möchte ich zudem noch das ring°werk am Nürburgring sowie das Motor-Sport-Museum am Hockenheimring erwähnen. Es gibt also genug „Pilgerstätten“ – und Japan ist ja sowieso immer eine Reise wert.
Auf zur Rennstrecke – oder zumindest vor den Fernseher
Muss man immer selbst Motorradfahren, um Spaß an Bikes zu erleben? Klares Nein, denn wer mit diesem „Virus“ infiziert ist, kann es meistens auch genießen, anderen dabei zuzusehen, wie sie den Drehzahlmesser in den roten Bereich treiben.
Das bringt uns zu einem Thema, das sich primär als „Zuschauerspaß bei Rennen mit alten und neuen Motorrädern“ umschreiben lässt. Eine der bekanntesten Veranstaltungen in diesem Metier ist die Klassik Trophy bzw. Moto Trophy, die in normalen Jahren mehrfach an verschiedenen Locations gastiert. Ferner gehört dazu natürlich auch der MotoGP als Königsklasse des zweirädrigen Rennsports, auch wenn sein einziges deutsches Gastspiel auf dem Sachsenring stattfindet.
Schon das reine Zuschauen bei solchen Veranstaltungen ist ein Vergnügen. Allerdings bietet es sich auch an, der Sache noch mehr Nachdruck zu verleihen. Beim Thema Sportwetten ist der Motorsport schon lange nicht mehr außenvor, womit sich hartes Fan-Wissen durchaus zu ebenso harten Euros machen lässt. Und wo es Rennveranstaltungen gibt, sind meist auch entsprechende Treffen, Camping- und ähnliche Veranstaltungen nicht weit. Perfekt also, um vielleicht auch Freunde und Familie mit Zelt und Lagerfeuer an die zweirädrige Leidenschaft heranzuführen.
Das Wetter spielt dafür nicht mit? Auch kein Problem, vieles wird ja auch im TV übertragen oder zumindest gestreamt. Sollte selbst das keine Option sein, dann ist immer noch YouTube eine wahre Fundgrube sowohl für Aufnahmen alter Veranstaltungen wie aus heutiger Sicht nicht mehr wirklich passende Werbespots…
Lesen und Informieren – über Neues und Altes
Zugegeben, klassische Bikes – nicht nur solche aus dem Reich der aufgehenden Sonne – mögen technisch um einiges simpler sein als zeitgenössische Neuware. Aber kennt man deshalb wirklich jedes Detail, das es über das eigene Bike zu wissen gibt? Oder was ist mit der Geschichte der Hersteller?
Fakt ist, es gibt rings um unser Hobby eine enorme Menge Interessantes und Lehrreiches. Und sich dieses Wissen anzulesen, ist ein Genuss, der im Zweifelsfall auch einen längeren Winter kurzweilig versüßen kann.
Wie wäre es für den Einstieg mit der Wikipedia-Liste nicht mehr existierender Motorradhersteller und davon ausgehenden Artikeln? Oder das Standardwerk für Fans von Kraftstoffgemisch: Typenkompass Japanische Zweitakt-Motorräder aus der Feder von Frank O. Hrachowy?
Wer mit dieser Art von Literatur die heimischen Regale zu füllen gedenkt, dem haben wir unserer Bücherecke auch ein paar lohnenswerte Buchempfehlungen zusammengestellt. Und vielleicht lässt sich ja dank einer guten Seele im Netz sogar eine originale Werkstatt-Reparaturanleitung seines eigenen Bikes finden. Apropos gute Seelen im Netz.
Motorradfreundschaften pflegen und knüpfen
Unsere kleine, aber feine Motorrad-Szene lebt davon, dass alle sich in gewisser Hinsicht als Familienmitglieder betrachten. Auch wenn den einen oder anderen Bike der Gruß auf der Straße verloren geht, verbindet uns alle ein gemeinsames Interesse.
Doch was machen gute Familienmitglieder? Ganz genau, sie suchen wenigstens ab und zu den Kontakt zueinander – ganz gleich, ob in digitaler oder physischer Form. Zwischen classic-motorrad.de und dem caferacer-forum.de gibt es allein im Netz genügend Anlaufstellen zum Austausch untereinander. Darüber hinaus gibt es noch die englischsprachige Foren wie classic-motor.bike oder classicmotorcycleforum.com.
Zumal auf diese Weise nicht nur der Kontakt gepflegt werden kann. Jeder Teilnehmer kann sein eigenes Wissen nutzen, um das von anderen zu vermehren: Tipps für die Reparatur, die Auswahl eines neuen-alten Bikes, Routen für Touren und nicht zuletzt die Nachwuchspflege – auch unsere Szene ist darauf angewiesen, dass möglichst viele Neulinge Lust auf Altblech bekommen.
Handfest loslegen: Projekte umsetzen
Natürlich, wir bei Nippon-Classic.de wissen selbst zu gut, dass nicht jeder dazu geboren ist, den ganzen Winter oder auch nur einige Wochen passiv zu bleiben. Selbst das schönste Buch über klassische Japan-Bikes weckt ja am Ende doch nur den Hunger, sich selbst auf den Sattel zu schwingen oder anderweitig aktiv zu werden.
Das eigene Bike-Projekt: Beschäftigung für Jahre
Wer diese Zeilen liest, dürfte wahrscheinlich mindestens einen fahrbaren, zweirädrigen Untersatz besitzen. Also ein Fahrzeug, das zumindest keine unmittelbaren Zuwendungen benötigt, um sicher auf die Straße zu können.
Allerdings haben wir die ganzen How-To-Texte in unserer Ratgeber-Kategorie ja auch nicht nur zum Lesen, sondern vor allem zum Nachmachen erstellt. Dann kommen ein paar weitere Faktoren hinzu:
- Wohl jeder Biker dürfte seinen „Weißen Wal“ haben. Ein Bike, das er noch lieber fahren würde als das, was ihm bislang gehört.
- Je weniger Arbeitsbedarf ein Motorrad hat, desto teurer ist es – mit frisch und perfekt restaurierten Geräten als preislichem Gipfel. Umgekehrt gilt, dass selbst bei begehrten Klassikern der Ankaufspreis erstaunlich niedrig sein kann, wenn noch viel Zeit und Geld investiert werden müssen, bevor die Maschine in den Augen eines deutschen Prüfingenieurs Gnade findet.
- Motorräder kommen mit weniger Platz aus, so dass das eigene Projekt in der Garage, im Schuppen oder Keller angegangen werden kann.
Am Ende dieser Gleichung steht immer eine Idee: Jetzt für günstiges Geld ein wahrhaft „schrottreifes“ oder zumindest sehr erbarmungswürdiges Bike für kleines Geld erstehen. Der Zustand ist fast egal, selbst ein übel zugerichteter Rahmen lässt sich häufig noch instand setzen. Anspruchsvoller sind vermutlich Kabelbaum oder ausgeleierten Ventilsitz. Aber auch das ist machbar. Glücklich schätzt sich der, der noch das eine oder andere Spezialwerkzeug von einst sein Eigen nennt. Nur wenige Werkstätten können heute noch alte Motorräder reparieren oder restaurieren.
Und wir alles wissen, so ein Restaurationsprojekt ist eine Art Langzeitbeschäftigung, mitunter für Jahre. An diesem Projekt-Bike wird einfach immer dann gearbeitet, wenn das Wetter eine geplante Wochenendtour ins Wasser fallen lässt oder man nach einem harten Tag voller Kopfarbeit wieder freibekommen möchte.
Die eigene Werkstatt aufbauen: Lebenswerk und Vermächtnis
Es gibt Besitzer klassischer Motorräder, die lassen alles Notwendige in der Werkstatt erledigen – das ist aber schon deshalb eine Minderheit, weil diese Variante sehr ins Geld geht und außerdem Spezialisten für alte Bikes aus Japan nicht eben in jeder Motorradwerkstatt zu finden sind.
Nicht zuletzt aus dem Grund, weil es bei dieser Leidenschaft vielen auch darum geht, ihr ltes Motorrad wirklich vollumfänglich kennenzulernen, kann es deshalb eine taugliche und für sich langfristig beschäftigende Option sein, sich seine eigene Motorradwerkstatt einzurichten. Dazu braucht es, im Gegensatz zu einer privaten Autowerkstatt, nur wenig:
- Einen per Motorrad zugänglichen, abschließbaren Raum mit mindestens zehn Quadratmetern Grundfläche – mehr ist natürlich besser, aber wer nicht gerade Beiwagenmaschinen reparieren will, kommt damit zurecht.
- Eine Motorradhebebühne. Kostenpunkt je nach Belastbarkeit ab 300 Euro.
- Viel Kunstlicht, möglichst in allen Raumecken und über der Hebebühne Steckdosen. Optimal wäre zudem eine irgendwie geartete Beheizbarkeit – im Zweifelsfall kann das aber auch ein Propanbrenner erledigen.
- Eine große, robuste Werkbank, gegebenenfalls ergänzt um weitere Möbel, die aber alle in Eigenregie angefertigt werden können.
Tatsächlich braucht es dann „nur“ noch das entsprechende Werkzeug zwischen Kompressor und diversen Schlüsseln und Nüssen – und die können sogar aus dem Baumarkt stammen, da bei Japan-Bikes zwar manchmal für europäische Gewohnheiten „merkwürdige“ Maulweiten und Gewindesteigungen benötigt werden, aber dennoch typischerweise alles metrisch ist. Ungleich zu klassischen Fabrikaten aus England und den USA.
Wer sich einmal eine Werkstatt eingerichtet hat, der entdeckt ziemlich schnell, dass dieser Raum nie fertig ist, immer wieder optimiert, verändert und angepasst werden kann. Und wenn man schon einmal dran ist, wäre in der hinteren Ecke nicht sogar Platz für einen kleinen Tresen samt Kühlschrank und einer alten Ledercouch…?
Reparieren, Warten, Austauschen
Die Werkstatt ist fertig, zumindest ist aber eine Wartungsanleitung, rudimentäres Werkzeug und Grundwissen im Umgang mit beidem vorhanden. Denn mehr braucht es nicht – zumindest nicht, um ein aktuell fahrbares, verkehrssicheres Bike in diesem Zustand zu belassen.
Denn wo Restaurierungsarbeiten tatsächlich nicht ohne eine „echte“ Werkstatt ablaufen können, so können die kleinen alltäglichen Arbeiten zwischen Ölwechsel, dem Spannen der Kette oder dem Austausch von Bremsbelägen und -flüssigkeit tatsächlich mit deutlich geringerem Aufwand vonstattengehen – im Zweifelsfall im Hof unter freiem Himmel.
Neben dem Werkzeug braucht es dazu nur entweder eine konkrete Wartungsanleitung für das entsprechende Motorradmodell oder, sofern es um allgemeinere Arbeiten geht, auch nur universell gültige Checklisten wie die des Instituts für Zweiradsicherheit für den Saisonstart.
Spaß macht das auf jeden Fall. Außerdem spart es gutes Geld, sorgt dafür, dass man sein Motorrad näher kennenlernt, auch ohne jede einzelne Schraube in den Händen gehalten zu haben. Zudem entsteht ein Lerneffekt, der vielleicht schon nach wenigen „Sitzungen“ dafür sorgt, dass man sich den Beginn des oben genannten Projekt-Bikes zutraut.
Teile suchen, Teile finden, Teile verkaufen
Was ein echter Fan klassischer Motorräder ist, der wird meistens über kurz oder lang ganz automatisch zu einem Jäger und Sammler. Denn wo das letzte Exemplar eines Bikes vielleicht vom Band lief, als der Bundeskanzler noch Schmidt hieß, werden viele Ersatzteile zu einem Gut, das Jahr für Jahr immer kostbarer, weil rarer, wird.
Irgendwann kommt der Tag, an dem selbst das robusteste Teil aus Altersschwäche den Dienst versagt. Und dann? Dann gibt es zwei Optionen:
- Das Bike wird so lange zwangsweise stillgelegt, bis das passende Teil gefunden wurde. Mit etwas Pech für mehrere Jahre.
- Der Besitzer geht in seiner Werkstatt ans Ersatzteilregal, greift hinein und entnimmt das Teil, das er vielleicht schon vor zehn Jahren erworben hat, ohne damals einen akuten Bedarf gehabt zu haben.
- Problematisch wird es bei Auspuffanlagen, die nach Jahrzehnten öfters durchgerostet sind und kaum noch als Original aufzutreiben sind. Je nach Modell gibt es inzwischen aber eine Handvoll Hersteller, die wieder hochwertige Retro-Teile nachfertigen.
Im Klartext: Es lohnt sich immer, zwischendurch im Netz oder auf Treffen (sobald uns die Anti-Corona-Politik wieder lässt), bei Werkstatt- und Sammlungsauflösungen seine Augen ganz weit offen zu halten, aktiv zu suchen und direkt zuzuschlagen.
Sämtliche Ersatzteile finden im Zweifelsfall in einer großen Truhe oder Kiste Platz. Jetzt mögen sie zwar nur „totes Kapital“ sein. Irgendwann kommt jedoch der Moment, an dem es nicht mehr ohne weiteres möglich ist, sie beim Teilehändler seines Vertrauens schnell zu bekommen.
Dann macht es sich bezahlt, seine Bike-freie Zeit ein wenig als Jäger und Sammler verbracht zu haben – von dem warmen Glücksgefühl, das einen durchströmt, wenn man bei eBay und Co. ein vielleicht seit Jahren von keinem Zulieferer mehr hergestelltes Teil in originalverpackter New-Old-Stock-Qualität findet, einmal ganz zu schweigen.
Zusammenfassung und Fazit
Zugegeben, nicht im Sattel sitzen zu können, kann äußerst unangenehm sein, selbst wenn das eigene Bike nicht picobello restauriert ist. Allerdings sind solche Phasen kein Zwang, bei einem Streaming-Dienstleister seiner Wahl nur stupide Serien zu schauen. Im Gegenteil, gerade die Motorrad-Szene bietet so vielfältige Möglichkeiten, sich auszutoben, ohne beide Hände am Lenker zu haben – und vielleicht wird es ja auch so mancher Partner danken, wenn man nicht in jeder freien Minute den Helm aufsetzt und in die Welt hinausfährt.
Bildernachweis: Titelbild von Capri23auto auf Pixabay
Hallo Jens, hallo liebe Biker,
ich bin persönlich sehr gespannt, wann die ersten japanischen Hersteller sich einen weiteren Geschäftsbereich aufbauen und auf den alten, hoffentlich noch vorhandenen Werkzeugen wieder Originalteile wie z.B. Auspuffanlagen für unsere Klassiker nachfertigen, bzw. über die damaligen Zulieferer dieses neue „Spielfeld“ aufmachen.
In dem Zusammenhang ziehe ich den Hut vor der Weitsicht und dem Geschäftssinn einiger deutscher Automobilhersteller, die sich mit ihrer jeweiligen „Klassik-GmbH“ schon längst auf diesen Weg gemacht haben. So gibt es von Mercedes-Benz von einzelnen Kotflügeln über ganze Rohkarossen bis hin zu nachgefertigten Chromzierleisten jede Menge Ersatzteile nach zu kaufen und sogar ein Classic-Partner-Netzwerk, das Besitzern von klassischen Fahrzeugen der Marke mit Rat und Tat zur Seite steht – in Zeiten enger und gesättigter Märkte vielleicht eine Überlegung wert? Denn neben dem Erhalt dieser teils epochalen und ikonischen Klassiker aller Hubraumkategorien spielt auch die Nachhaltigkeit eine nicht zu unterschätzende Rolle, es wurden ja seinerzeit beim Bau unserer Motorrad-Young- und Oldtimer Ressourcen und Energie verbraucht.
Die Umwelt dankt es, wenn man repariert und weiter benutzt und nicht wegwirft und neu kauft.
Aus diesem Blickwinkel viel Spaß beim Restaurieren und Erhalten.
Herzliche Bikergrüße
Frank Colling