Es ist wahrscheinlich eine Generationenfrage. Vielleicht ist es die Tatsache, dass wir mit alten TV-Serien aufwuchsen, die schlecht synchronisiert waren und deren Charaktere mit extremen 80er Frisuren in knallharten Vans oder schicken Sportwagen herumfuhren und mal wieder die Welt retteten. Der einfallsreiche MacGyver, die Anarchotruppe des A-Teams und die gestylten Miami Vice Cops lassen grüßen.
Und, vielleicht ist es manchmal der Wunsch selbst in Schwierigkeiten geraten, nur um zu sehen, wie wir die Situation meistern. Oder vielleicht ist es auch deutlich einfacher und uns treibt die überwältigende Notwendigkeit die Gegenstände, die uns umgeben, zu verändern und etwas völlig Neues zu schaffen.
So oder so ähnlich erging es Christian Moretti als er mal wieder vor einem schrottreifen, alten Motorrad stand und sich sagte: „ok, es ist Zeit für den Plan B…“ Und in diesem Fall war es eine Yamaha XV750 von 1981, die dringend nach einer radikalen Veränderung schrie.
Die gefledderte Milwaukee-Konkurrenz aus Japan
Obwohl sich die japanischen Ingenieure bei der Entwicklung der XV 750 alle Mühe gaben um gegen die Milwaukee-Twin zu konkurrieren, schafften sie es trotz einiger interessanter technischen Lösungen nicht den Charakter der amerikanischen Vorbilder zu treffen. Die Yamaha XV 750 war einfach zu „clean“, zu brav und viel zu leise.
Niemand wusste genau, was der XV in ihren letzten Lebensjahren passiert ist. Aber, wenn Christian Moretti etwas in den letzten Jahren gelernt hat, dann, dass es in manchen Fällen besser ist nicht zu fragen. Und so nahm er einige Kisten mit rostigen Teilen, überlackierten Motorteilen und einer brutal verstümmelten elektrischen Anlage entgegen. Und er ignorierte einfach die grotesk verlängerte Telegabel und die improvisierten Motorhalterungen an der verschandelten XV 750. Ok, Augen zu und durch.
Umbau der Yamaha XV 750 Orange Project
Plan B Motorcycles erkannte das schlummernde Potenzial der Yamaha und wollte – entgegen jeglicher Vernunft – einen „neoklassischen“ Café Racer bauen, der agil und gleichzeitig massiv ist, stabil auf der Geraden ist und trotzdem blitzschnell um die Ecken zirkelt.
Darüber hinaus hat der riesige Motor mit den beiden, weit auseinander liegenden Zylindern ein beeindruckendes Drehmoment wie ein Traktor und läuft viel runder als das V-Twin-Prinzip vielleicht vermuten lässt. Und es mag seltsam erscheinen, aber der V-Motor dreht sogar bis 7.000 Touren hoch und das nicht einmal schlecht. Die Verwandtschaft zur (fast) baugleichen Yamaha TR1 kann und will die XV 750 auch nicht verleugnen.
Nachdem Christian die Cruiser-typischen Teile wie Tank, Sitzbank und Seitendeckel entfernt hatte, blieb ein fast unsichtbares Monocoque-Chassis stehen, das über den Motor läuft und die Airbox für die beiden Vergaser geschickt integriert. Alles in allem sind das hervorragende Zutaten für einen schlanken und agilen Racer.
Der Tank an der XV 750 Orange Project stammt von einer alten Benelli, die nur für den US-Markt gebaut wurde, und war das erste Teil mit dem die Umwandlung begann. Das Benelli-Spritfass hing zuvor einige Jahre in Christian Moretti‘s Wohnzimmer und wartete nur auf das richtige Projekt. Nachdem der Tank auf dem XV-Rahmen montiert war, wurde alles Weitere um diese Linienführung herum definiert, was dem großen Motorblock noch mehr Aufmerksamkeit schenkte.
Das Chassis wurde komplett überholt, die werkseitige Fahrwerksgeometrie geändert und die Feder- und Dämpferelemente durch „brauchbares Material“ ersetzt. Das Frontend stammt von einer Ducati 916, teilweise ergänzt um eine aus Aluminium gefrästen Gabelbrücke und einer 43 Millimeter dicken Showa Upside-Down-Gabel. Als hinteres Zentralfederbein nahm Plan B Motorycles eine Showa Monoshock-Einheit von einer Yamaha R1.
Alles, was für den XV 750 Racer nicht unbedingt notwendig war, wurde entfernt und wesentliche Komponenten, die das Design störten, versteckt. In Summe speckte Plan B Motorcycles das XV 750 Orange Project um etwa 50 Kilogramm im Vergleich zum werksseitigen Yamaha Cruiser ab.
Die Sitzposition änderte sich mit Stummellenker und zurückverlegter Fußrasten deutlich und gibt dem Fahrer, der sich nun mehr auf die Handgelenke abstützt, das notwendige Rüstzeug um die Orange Project Yamaha um die Kurven zu jagen. Begleitet wird die Kurvenhatz von einem unterschwelligen Sound aus der Edelstahl-Auspuffanlage, der bis in den Knochen dringt.
Umbauten an der XV 750 Orange Project im Überblick
- Basis: Yamaha XV 750, Baujahr 1981, mit luftgekühltem V-Twin mit 749 ccm Hubraum
- Bikebuilder: Plan B Motorcycles aus Italien
- Rahmen: Standard-Rahmen mit integrierter Airbox beibehalten
- Heckpartie: selbstgebaute Halterung aus Voll-Aluminium mit Aufnahme der Lithium Batterie im Bürzel;
- Bürzel: Plan B Motorcycles, aus Fiberglass gefertigt
- Telegabel: Showa 43 mm Upside-down
- Gabelbrücke: Ducati 916
- Schwinge: originale XV 750 Schwinge versärkt
- Zentralfederbein hinten: Showa Monoshock von der Yamaha R1
- Räder: Speichenfelgen
- Bereifung von Michelin: vorn 110/80 – 18 und hinten 140/90 – 15
- Bremse vorn: schwimmend gelagerte 320 mm Scheibe mit Brembo 4-Kolben-Sattel
- Bremse hinten: Trommelbremse
- Auspuff: selbstgebaute Edelstahl-Auspuffanlage mit „HP Corse Hydroform“ Schalldämpfer
- Lenker: Clipons
- Griffe: Ledergriffe
- Tank: Benelli mojave
- Verkabelung: Plan B Motorcycles
- Fußrastenanlage: Plan B Motorcycles
- Fender: Gekürzter Fiberglas-Fender von der Triumph Thruxton mit Aluminium-Veredelung
- Lackierung: Porsche-Orange von 1973
- Airbrush: Emink
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