Am Anfang war die XT. Dann lange….nichts! Als 1976 in Marrakesch (Marokko) die stil- und kategoriebildende Enduro-Ikone Yamaha XT 500 der staunenden Fachwelt vorgestellt wurde, hatten die anderen Hersteller Nippons knapp zwei Jahre lang kein Konkurrenzmodell als Antwort auf die erfolgreichen Begründerin der Kategorie „Einzylinder-Halbliter-Enduro“. Das Wort des Jahres 1978 war: „Konspirative Wohnung“, Walter Scheel war Bundespräsident und ein Liter Normalbenzin kostete 0,88 DM, Super lag bei 0,92 DM. Genau in diesem Jahr versuchte einzig Yamahas Stadtkonkurrent Suzuki (ebenfalls aus Hamamatsu) mit der schlank und gefällig gestylten SP 370, der sich bis dato glänzend verkaufenden XT 500 in den deutschen Zulassungsstatistiken ein wenig das Wasser abzugraben. Dafür waren damals 4.590 DM Kaufpreis beim SUZUKI-Händler fällig.
Kann weniger auch mehr sein?
Allerdings trat die SP mit einem deutlichen Hubraummanko und einer in der offenen Version um 9 PS geringeren Spitzenleistung von 24 PS gegen den „Platzhirschen“ an. In Deutschland fiel die Mehrleistung der XT 500 durch die Drosselung auf 27 PS wegen der günstigen Versicherungstarife weniger schwer ins Gewicht, aber der geringere Hubraum von Suzukis Geländesingle machte sich trotz einiger Kilos Gewichtsvorteil dennoch bemerkbar. Durch die geringeren Schwungmassen im Motor fehlte der gewisse „Dampfhammer“-Effekt.
Der Motor der SP 370
Erstmals konstruierten die Suzuki-Ingenieure einen luftgekühlten Enduro-Viertakt-OHC-Single mit klassischem Layout, zwei Ventilen und einer obenliegenden Nockenwelle im Zylinderkopf. 85 mm Bohrung und 65,2 mm Hub ergaben einen Hubraum von 369 ccm. Die Gemischaufbereitung übernahm ein 32 mm Mikuni VM 32 SS Gleichdruck-Vergaser. Die Spitzenleistung betrug 24,6 PS bei 7.500 U/min, das maximale Drehmoment von 28 Nm lag bereits bei 4.000 U/min an.
Gestartet wurde der Einzylinder stilecht mit dem Kickstarter. Die vorhandene Leistung reichte für eine Höchstgeschwindigkeit von 140 km/h lt. Tacho, der Verbrauch pendelte sich bei ungefähr 5,2 Liter Normalbenzin pro 100 km ein. Bei einem Tankinhalt von 8,5 Litern waren ohnehin keine großen Strecken ohne Tankstopp zu bewältigen. Der Auspuff wurde kunstvoll vom Auslass links um den Zylinder herum geführt, um dann unterhalb des Vergasers nach dem Seitendeckel auf der rechten Fahrzeugseite mit einem verchromten kleinen Hitzeschutzblech zu brillieren.
Die Kraftübertragung erfolgte nach gutem Standard über eine Mehrscheibenkupplung im Ölbad auf ein 5-Gang-Getriebe, von da aus ging es über eine 520er Rollenkette ans Hinterrad.
Fahrwerkstechnik
Ein Einrohr-Rahmen aus Stahl mit unter dem Motor gegabelten Unterzügen bildete das Grundgerüst, vorne federte eine ölgedämpfte Telegabel mit 185 mm Federweg, hinten bügelte eine mit hochwertigen Nadellagern ausgerüstete Schwinge mit herkömmlichen, in der Federvorspannung mehrfach verstellbaren Federbeinen (Dual Shocks) mit 132 mm Federweg eventuelle Fahrbahn-Ondulierungen weg.
Die SP 370 verfügte über eine Länge von 2,20 m und einen Radstand von 1,42 m. Bei 80 cm Breite und 1,18 m Höhe betrug die Bodenfreiheit 24 cm. Die an der Schwinge befestigten Soziusfußrasten ließen im Zwei-Mann-Betrieb beim Mitfahrer keine Langeweile in den Kniegelenken aufkommen. Generell wurde das Fahrwerk wegen seiner Agilität seinerzeit sehr gelobt, die wertige Schwingenlagerung ragte aus dem Feld der Mitbewerber mit ihren verschleißfreudigen Plastikbuchsen heraus.
Gebremst wurde vorne wie hinten mit 150 mm großen Simplex-Trommelbremsen, wobei die hintere Bremsmomentabstützung parallel zur Schwinge laufend am Rahmen angelenkt wurde, um die Hinterradfederung frei von Bremsmomenten zu halten. Vorne drehte sich ein 21-Zoll Speichenrad mit 3.00-21er Bereifung, hinten rollte man auf einem 18-Zöller und 4.00-18er Gummi.
Trocken wog die Suzuki SP 370 nur 123 kg. Fahrfertig blieb der Zeiger der Waage bei 135 kg stehen.
Ab 1980 wurde die Maschine wegen der geringen Verkaufszahlen in Deutschland als Suzuki SR 370 mittels einer geänderten Vergaserbestückung in der Spitzenleistung auf 17 PS reduziert. Hierbei ersetzte ein 22 mm BING-Gleichdruckvergaser das in der leistungsstärkeren Variante verwendete MIKUNI-Exemplar mit 32 mm Durchmesser. Die damit verbundenen niedrigeren Unterhaltskosten sollten dem Importeur als Abverkaufshilfe für die Restbestände dienen.
1980 schließlich wurde nach zwei Jahren Bauzeit mit der SUZUKI DR 400 schon der Nachfolger präsentiert. Die letzten leistungsreduzierten SR 370 wurden 1981 aus den Sortimentslisten beim deutschen Importeur in Heppenheim genommen.
Farben
SUZUKI verkaufte die SP/SR 370 vornehmlich in den zwei Farbvarianten: Marble Straight Red (05J9) und Marble Medium Yellow (03K). Lackiert wurden die beiden Fender und der Tank. Für die Seitendeckel verwendete man Black Semi Gloss / Satin Black (291), die Aufkleber waren bei allen Modellen weiß. Als dritte Farbe tauchte international noch die Variante in Silver Metallic (742) auf, hier fiel der Kontrast zu den Decals weniger stark aus.
Schwachstellen der Suzuki SP 370
Leider setzte sich die gut konstruierte Suzuki SP 370/SR 370 – Baureihe im damaligen Rennen bei der deutschen Zulassungsstatistik in der relativ neuen Kategorie „Einzylinder- Enduro mit 27 PS“ wie andere Mitbewerber auch gegen den „Platzhirschen“ nicht durch.
Ein Schwachpunkt dieser Modellreihe ist die serienmäßige Auspuffanlage, die manchmal bei Laternenparkern über Nacht rostete, Originalersatz zu bekommen ist fast unmöglich, deshalb könnten Nachrüstanlagen, z.B. von SEBRING oder M.S.R. hier Abhilfe schaffen. Ansonsten gilt der Motor bei normaler Pflege als sehr langlebig, vereinzelt sorgte die 6 V- Elektrik für ein wenig Kummer. Auch das oftmals problematische Startverhalten erfreute nicht immer. Wegen der echt schlechten Beleuchtung sollten Nachtfahrten die Ausnahme bilden. Auf der positiven Seite wurden seinerzeit das gute Handling, das wertige, geländetaugliche Fahrwerk, das geringe Gewicht und die gute Ausstattung mit kompletten und gut ablesbaren Armaturen gelobt.
Wichtig bei sonst gut erhaltenen und kompletten Exemplaren ist der Zustand von Lenkkopf- und Schwingenlager sowie ein intakter Rahmen mit unbeschädigten Lenkanschlägen. Die Ersatzteilversorgung ist wegen des damaligen mäßigen Verkaufserfolges eher schlecht. Entweder über Schlachtmaschinen oder über die internationale Suche (USA/Japan) kann man mit etwas Glück aber noch fündig werden.
Situation zur Suzuki SP 370 am Gebrauchtmarkt
Das KBA weist für 2020 für den Fahrzeugtyp Suzuki SP/SR 370 keine Bestandszahl aus, das bedeutet einen tatsächlichen Fahrzeugbestand von unter 100 Exemplaren. Die Preisspanne für Gebrauchtmaschinen liegt gemäß classic-analytics aus Bochum für Zustandsnoten 2 und besser ab 2.400,- €, eine weniger gut erhaltene Maschine mit Note 4 steht bei 700,-€.
Findet man ein weitgehend serienmäßiges und komplettes Bike in gutem Pflegezustand, kann man bei akzeptablem Verkaufspreis ruhig kaufen, von einigen Schlachtmaschinen werden sicherlich Teile zu verwenden sein. Durch die kleinen Verkaufszahlen entwickelt sich hier ein gesuchtes Sammlerstück, weil es 1978 Suzukis erste Viertakt-Enduro war.
Schöner Bericht über die wunderschöne SP370. Allerdings sind euch bei der Recherche Fehler unterlaufen, die ich gerne aufklären möchte.
1. das Hitzeschutzblech am Auspuff war ab Werk schwarz und nie verchromt.
2. In ihrem Debütjahr 1978 wurde die Suzuki SP 370 ausschließlich in den Farben marble straight red und Stardust silver metallic angeboten. Erst in der in einigen Punkten überarbeiteten zweiten Charge 1979 bot Suzuki das Motorrad auch in Marbel Medium yellow an. Diese Variante wurde vom deutschen Importeur allerdings nicht mehr geordert, da der erhoffte Verkaufserfolg ausblieb.
3. Der SUZUKI Schriftzug auf dem Tank war keinesfalls bei allen Modellen weiß. Diesen gab es sowohl in Schwarz als auch in rot mit schwarzer Umrandung.