Damit beim Markteintritt des Herstellers in „Lime Green“ alles glatt ging, studierte man genau die Stärken und Schwächen der Konkurrenten, bevor man der Motorradgemeinde 1984 die KLR 600 für 6.550,- DM als Kawasakis Antwort vorstellte.
Kawasakis Enduro-Konkurrenz
Während die Mitbewerber Yamaha mit der XT 500 seit 1976 (quasi als Begründerin der Kategorie), Suzuki mit der DR 500/DR 500 S seit 1980 und Honda mit der XL 500 S/XL 500 R ab 1979 im Marktsegment der „Halbliter-Gelände-Eintöpfe“ schon prächtige Verkaufszahlen in ihre Auftragsbücher schreiben konnten, analysierte man bei Kawasaki in Akashi in dieser Zeit noch die Chancen und Risiken in diesem Bereich.
Das Herz der KLR 600
Mit der Kawasaki KLR 600 wollte man in Akashi konsequent ein sportlich-kompetitives Gesamtkonzept umsetzen. So setzten die Ingenieure einen neu entwickelten, wassergekühlten Einzylinder-Vierventil-DOHC-Motor mit 565 ccm, der offen 42 PS bei 7.000 U/min leistete, in einen geländetauglichen Einrohr-Rahmen aus Stahl ein. Die Ventilbetätigung erfolgte über drehzahlfeste Tassenstößel, die eintopftypischen Vibrationen minderten zwei kettengetriebene Ausgleichs-Wellen. Der kräftige 600er Einzylinder drückte in der offenen Version 48 Nm bei 5.500 U/min auf die Kurbelwelle und schickte die Kraft über ein 5-Gang-Getriebe mittels O-Ring-Kette ans 17-Zoll-Hinterrad, während sich vorne ein 21-Zöller in der Telegabel drehte.
Für Deutschland wurde eine zur Schonung der Versicherungsprämien eine Leistungsreduzierung auf 27 PS bei 6.000 U/min und 39 Nm bereits bei 3.000 U/min angeboten. Dank des mit der Kickstarterwelle gekoppelten Dekompressionsmechanismus KACR (Kawasaki Automatic Compression Release), startete der Motor per Muskelkraft stets zuverlässig. Beatmet wurde der wackere Triebling mit einem KEIHIN CVK 40 – Vergaser. Der Spritvorrat betrug 11,5 Liter.
Motortechnisch war die Kawasaki-Enduro dem Wettbewerb voraus, leider wirkte sich der Aufwand auch auf das Fahrzeuggewicht aus, so dass am Ende ein Leergewicht von 160 kg im Datenblatt stand. Nahm man die 7.290,- DM teure Variante KLR 600 E mit Elektrostarter, blieb die Anzeige der Waage gar bei einem Leergewicht von 163 kg stehen.
Die Beine…
Das Fahrwerk der Kawasaki KLR 600 zeigte sich ganz auf der Höhe der Zeit mit einer Uni-Trak gefederten Alu-Hinterrad-Schwinge, Exzenter-Kettenspanner und 220 mm Federweg am Mono-Shock-Federbein mit Druckluftunterstützung sowie eine ölgedämpfte Telegabel ebenfalls mit Druckluftpolster und 230 mm Arbeitsweg. Zur Verzögerung stand vorne eine 220 mm-Einfachscheibenbremse mit Einkolben-Schwimmsattel und hinten eine gestängebetätigte Simplex-Trommelbremse zur Verfügung.
Lob und Tadel zur Kawasaki KLR 600
Lob bekam die Maschine seinerzeit für den laufruhigen und durchzugstarken Motor, die fast komplette Ausstattung mit gut ablesbaren Instrumenten und Bordwerkzeugtasche sowie für das belastbare, geländetaugliche Fahrwerk. Kritik hagelte es wegen der auf der Straße und im Soziusbetrieb zu schwachen Bremsanlage. Kummer bereitete auch der zu anfällige und unterdimensionierte Steuerkettenspanner, der des Öfteren die Steuerkette überspringen ließ und so für Motorschäden sorgte.
„Legendär“ war seinerzeit auch der Ölverbrauch von bis zu 1,5 l auf 1.000 km. Das lag an trotz Flüssigkeitskühlung verzogenen Laufbuchsen und verschlissenen Ölabstreifringen des Einzylinders, als Folge häufigen Vollastbetriebs auf der Straße. Die korrosionsanfällige Auspuffanlage mit losen Prallblechen wurde häufig durch Nachrüst-Teile ersetzt.
Die Farben der Kawasaki-Enduro
Die zwischen 1984 und 1986 gebaute KAWASAKI KLR 600 A bzw. KLR 600 E (mit E-Starter) war in drei Einfachfarben erhältlich: in KAWA-Grün (weiß-blaue Beklebung), in Weiß (rot-blaue Decals) und in Rot (weiß-blaue Decals).
Die Marktsituation
Ende 2014 befanden sich lt. KBA im schönen Flensburg noch 852 angemeldete Exemplare der Kawasaki KLR 600 in Deutschland. Die meisten Maschinen werden wohl um lackiert und mit Zubehörteilen wie ACERBIS-Tanks und Handprotektoren sowie Nachrüst-Auspuffanlagen nicht mehr dem Originalzustand entsprechen. Wer auf diesen „Geländehüpfer“ steht, sollte in jedem Fall zu einem penibel warmgefahrenen und regelmäßig gewarteten originalen Exemplar greifen (Scheckheft). Bei schonender Fahrweise ohne lange Autobahn-Vollgas-Etappen können auch einige ambitionierte, sturzfreie Geländeeinlagen der Maschine nicht viel anhaben.
Gepflegte Fahrzeuge dieses Typs werden im Originalzustand zwischen 1.700,- EUR und 2.000,- EUR abgegeben, Bikes mit geringer Laufleistung sogar noch darüber. Sie ist es in diesem Fall aber immer Wert.
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