Honda bot in Amerika in den 1960er- und 70er Jahren für jede Hubraumklasse aus ihrem Verkaufsprogram eine Scrambler-Version an. Der Ursprung der Honda 450 Scrambler geht auf die 1965 vorgestellte Straßensportmaschine CB 450 zurück. Mit diesem Motorrad brachte Honda „ihr erstes großes Motorrad“ auf den Markt.

Es wurde von der Fachwelt bestaunt und bewundert. 43 PS aus 444 ccm (B 70mm x H 57,8mm) waren Leistungsdaten, die nur von der hubraumstärkeren Konkurrenz wie Triumph, BSA oder BMW geboten wurden. Während in England, aufgrund ihrer schwarzen Lackierung, die CB 450 K0 schnell den Spitznamen „Black Bomber“ erhielt, wurde in den USA, dem größten Absatzmarkt, die erwarteten Verkaufszahlen nicht erreicht. An den Fahrleistungen lag es nicht, denn „der Motor war straßentaugliche Renntechnik.“ (O-Ton Klacks).

Zwei obenliegende Nockenwellen, Drehstabventilfedern und fast 10 000 U/min gab es bis zum Erscheinen dieser Honda nur auf der Rennstrecke. Ernst Leverkurs resümierte 1967 am Ende des 20.000 Kilometer Langstreckentest in „Das Motorrad“:

„Die CB 450 ist ein schnelles, interessantes und qualitativ gutes Motorrad, deren Motor ein absolutes Glanzstück darstellt. Würdig in die „Golden List of Engines“ aufgenommen zu werden“.

Das Design der Honda Black Bomber kam nicht gut an

Das Design der Honda Black Bomber kam nicht gut an (Foto: Gary Zens)

Umbau-Kit für die „Black Bomber“: Wandlung zur CB 450D

Es lag am Design. Cycle World bezeichnete den Tank des Black Bombers als den vielleicht hässlichsten Tank überhaupt. Die Honda Händler in den USA fragten beim Importeur nach, ob sie dieses Motorrad nicht zurückgeben könnten – so schlecht lief der Verkauf!

Honda CB bzw. CL450D von 1967

Honda CB bzw. CL450D von 1967 (Foto: Paul Paddock)

Honda war clever und ließ über ihre Tochtergesellschaft R&D (Research & Development) in kürzester Zeit einen Umbaukit im „Scrambler Look“ entwickeln. Dieser auf 2000 Stück limitierte Kit in den „Wild New Colors“ Candy Orange, Candy Blue und Silver wurde von Juni 1967 bis Januar 1968 den Händlern und Kunden angeboten. Heute lässt es sich einfach feststellen, wer das Kit montiert hatte. Die Händler bekamen für 175 USD die „farbigen Lacksätze“ zum Umbauen geliefert, Endkunden mussten sich für 275 USD mit der silbernen Ausführung zufrieden geben, um aus dem „Black Bomber“ eine Honda 450 Scrambler zu machen.

Mit Umbau-Kit wird aus der CB eine CL 450D

Mit Umbau-Kit wird aus der CB eine CL 450D (Quelle: Volker Wolff)

Es war ein sehr aufwendiger Umbausatz, der aus 44 Teilen bestand. Davon waren 38 Teile exklusiv für dieses Modell und nur direkt von Honda Amerika zu beziehen, nicht über das Händlernetz. Es erforderte einiges an handwerklichem Geschick dieses Kit selbst zu montieren. Angefangen von der Auspuffanlage, dem Tank, den Seitendeckeln, den verchromten Schutzblechen vorne und hinten, dem Lenker, den Zügen, der Sitzbank, dem Rücklicht, den Fußrastenauslegern usw. Es gab allerhand zu schrauben.

Der Umbaukit von der CB 450 zur Honda CL450D bestand aus 44 Teilen

Der Umbaukit von der CB 450 zur Honda CL450D bestand aus 44 Teilen (Foto: Paul Paddock)

Identifikation der Honda CL 450 D

Verkauft wurde dieses Motorrad als Honda CL 450 D. Es geistert aber auch die Bezeichnung CB450D durch die Presse. Der Honda Parts Bulletin 228 vom 17. Juli 1967 gibt aber klar Auskunft darüber wie der „Ur-Scrambler“ bezeichnet wurde. Zu belegen ist dies ganz einfach, denn Honda hat für jedes Fahrzeug einen eigenen Produktioncode. Der „Black Bomber“ hatte den Code 283, das Umbaukit hatte 293. Das „D“ stand übrigens für die traditionsreiche Honda Bezeichnung „Dream“.

Honda Parts Bulletin belegt die Bezeichnung "CL 450"

Honda Parts Bulletin belegt die Bezeichnung „CL 450“ (Quelle: Volker Wolff)

Obwohl der nur in den USA verkaufte Kit ein Verkaufserfolg für Honda war, gingen die Meinungen der Tester über das Design der CL 450D auseinander. Cycle World schrieb:“ Warum nicht gleich so?“, dagegen fand Modern Cycle die Honda immer noch hässlich und bezeichnete sie als „Hulking Highpiper“ (schwer, plump).

Unterdessen wurde bei Honda mit Hochdruck an der Weiterentwicklung der 450er Baureihe gearbeitet. Das Design wurde komplett neu gestaltet, der Motor überarbeitet und das Getriebe bekam einen 5. Gang. Die Kurbelwellenlagerung, die beim 4-Gang Motor noch in einem mit dem Motorgehäuse verschraubten Lagerbock gelagert war, wurde geändert und aus Kostengründen wegrationalisiert. Die Kurbelwellenlager wurden direkt mit den beiden horizontal teilbaren Gehäusehälften geklemmt. Mittels Pass-Stiften wurden die Lager im Gehäuse gegen verdrehen gesichert.

Heute gilt: Bares gegen Rares - die ersten Modelle sind längst teuer geworden

Heute gilt: Bares gegen Rares – die ersten Modelle sind längst teuer geworden (Foto: Paul Paddock)

Der erste, echte Honda 450 Scrambler

Ab dem 1. Februar 1968 wurde die echte CL 450 Scrambler, die CL 450 K1, drei Monate vor dem Verkaufsstart der Straßenversion, der CB 450 K1, angeboten.

Die CL 450 K1 war in den USA der absolute Renner. Honda kam mit der Produktion der Scrambler nicht nach und so betitelte eine amerikanische Motorrad Zeitschrift ihren Testbericht mit: „The Honda you can´t buy!“ Und nach dem Erscheinen der ersten Fotos gingen bei Honda für über zwei Millionen Dollar Vorbestellungen ein!

Am Ende der K1 Serie standen 12.468 produzierte Scrambler 8.955 CB 450 gegenüber, obwohl die Scrambler (CL 450: 1.035 USD, CB 450: 957 USD) teuer war.

In Deutschland  fristete die Scrambler ein Mauerblümchendasein. Auch hierzulande kostete sie mit 3.980 DM ganze 250 Mark mehr als eine Honda CB 450, was den Anreiz zum Kauf noch zusätzlich gebremst haben dürfte. Mir ist kein deutscher Fahr- oder  Testbericht aus der damaligen Zeit bekannt. Lediglich in Testberichten ihres Schwestermodells, der CB 450 K1, wurde das Motorrad mit der „Segelstange“ und der hochgelegten Auspuffanlage erwähnt. Heute hat sich das Blatt gewendet. Wer eine Honda 450 Scrambler sucht, muss – wenn überhaupt eine angeboten wird – sehr tief in die Tasche greifen.

Honda CL 450 Scrambler als Spaßmobil

Honda schaltete in Deutschland ganzseitige Werbeanzeigen mit der Scrambler, es half nichts. Neun Liter Tankinhalt, davon 1,6 Liter Reserve, waren nun mal nicht angesagt, taugten nicht zum Touren fahren in Deutschland. Man kann es ein bisschen verstehen, denn je nach Fahrweise laufen bis zu 8 Liter durch die beiden 32er Keihin-Vergaser der Honda. Eine Scrambler war und ist keine Reisemaschine, sondern ein „Spaßmobil“, gebaut für Landstraßen und gut befestigte Feldwege. Dies spielgelt sich in den Prospekt- und Anzeigetexten „Die Freiheit die in ein Mann sich wünscht! wieder.

Geländetauglich war das Fahrwerk nur sehr begrenzt. Der Rahmen und die Federelemente sind mit denen der CB-Baureihe identisch und kommen sehr schnell an ihre Grenzen. Nur das 19 Zoll Vorderrad war ein Zoll größer als der CB und sollte die Geländetauglichkeit optisch unterstreichen. Die Scrambler hat eine etwas besseres Drehmoment (4,0 mkg/7.000 U/min zu 3,88 mkg/7.500 U/min der CB), was mit der Auspuffanlage zusammenhängt. Die Vergaser, die Nockenwellen und alle andern Motorkomponenten sind mit denen der CB Straßenversion identisch.

Honda 450 Scrambler K2-Modell

Honda 450 Scrambler K2-Modell (Quelle: Heiner Jakob)

Gut ausgebaute Landstraßen sind das Revier der CL 450, genau dafür ist der Honda Scrambler gebaut. Die aufrechte Sitzposition, der Motocross-Lenker, ihre 43 PS (CB: 45 PS), der Auspuffsound (ab 6.000 U/min bekommt man ein Grinsen ins Gesicht), all das macht den Spaßfaktor dieser Honda aus. Honda gibt im Datenblatt als Fahrgeräusch 84 dB, das Standgeräusch mit 79 dB an. Wer jemals einer CL 450 gehört hat, kann diesen Werten keinen Glauben schenken, soviel Akopatz kann man gar nicht in den Auspuff stopfen. Mir liegt die Briefkopie einer Scrambler vor, der vom TÜV 99 dB Fahrgeräusche bescheinigt wurden. Wie auch immer, eine CL 450 ist eines der lautesten Importmotorräder in Deutschland.

In amerikanischen Testberichten benötigte die Scrambler 14,94 Sekunden für die Viertelmeile. Die Höchstgeschwindigkeit der CB 450 wurde mit 108 mp/h (175 kmh) gemessen, die CL 450 war trotz der „Segelstange“ nur zwei Meilen langsamer (170 km/h). Allerdings war der Testfahrer nur leicht bekleidet, aber die rechte Hand stand auf „Vollgas“.

Die CL 450 K1 Modelle wurden, obwohl die Prospekte gedruckt waren, nie nach Deutschaland importiert. Bis alle technischen Abnahmen mit dem Kraftfahrt Bundesamt durchgeführt waren gab es schon die K2 Version. Von ihr wurden lediglich 15 Stück in Deutschaland verkauft! Die K2 wurde ab der Fahrgestellnummer 1012469 gebaut, nach Deutschland kamen Maschinen ab der Fahrgestellnummer 1014209. Zu erkennen ist dieses Modell an den Zierstreifen und dem „Honda“ Schriftzug auf dem Tank, den geänderten Seitendeckeln und der Sitzbank. In den darauf folgenden Jahren, in denen die CL 450 offiziell im deutschen Honda Programm war, wurden noch 60 Stück der K3 Scrambler in Deutschland verkauft. Im Kfz Brief stand handschriftlich:

„Das Fahrzeug hat einen hoch liegenden Doppelauspuff und ist mit einem Hochlenker ausgerüstet.“

Von der Honda CL 450 K3 kamen nur 60 Exemplare zu uns

Von der Honda CL 450 K3 kamen nur 60 Exemplare zu uns (Quelle: Nippon-Classic.de)

In letzter Zeit tauchen öfters originale 450er Scrambler auf, die man jedoch sehr schnell als „Umbauten“ entlarven kann. Auf diese Bastelbuden möchte ich hier nur kurz eingehen. Ein ganz wilder Umbau stand bei einem Händler zum Verkauf. Ein Mix aus allen auffindbaren Teilen wie z.B D-Typ Auspuffanlage, Suzuki Wasserbüffel Duplex-Vorderradbremse, Sonderlackierung, neuem Motor und vielen anderen Kleinigkeiten. Für schlappe 9000 Euro bekommt man ein, auf neudeutsch, gecustomizedes „Sankt Inbus“ den Schutzpatron der Dumm Schrauber!

Meine K1 Scrambler stammt übrigens aus den USA, wurde 1969 in Mexico verkauft und zugelassen. Sie kann mit einem Angehörigen der US Streitkräfte nach Deutschland. Dieser verkaufte die Honda an einen Scrambler, von dem ich sie wiederum bekam. Die originale mexikanische Rechnung und Zulassung waren dabei, ein Motorrad mit kompletter Historie!

(Fortsetzung folgt)

 

[Autor: Volker Wolff]