Im 1. Teil der Restauration der alten Kawasaki Z750 ging es mit der Bestandsaufnahme los. Anschließend wurde die Maschine in ihre Einzelteile zerlegt. In Teil 2 wird es schmutzig und nervenaufreibend. Aber auch der Wiederaufbau wird eingeleitet.
20.5.2016: Nun geht’s an die versiffteste Stelle
Irgendwann war es dann soweit – nach Demontage des Hinterrades, der Federbeine und der Schwinge blieb nur noch ein Teil übrig – der Hauptständer. Das ist ja ein so dermaßen praktisches Teil, dass ich auch nicht im Ansatz jemals darüber nachgedacht habe, den zu entfernen. Und ich kann auch nicht verstehen, warum dieses Teil bei so vielen heutigen Bikes einfach fehlt. Ob die 5 Kilogramm wirklich soooo viel ausmachen?
Nun ist das ja definitiv die am meisten vernachlässigte Stelle am Bike und bei meiner Twin offenbarte sich nach Beseitigung des ganzen schmierigen Drecks zudem eine blöde Alterserscheinung. Ja, sie stand die letzten Jahre immer ein wenig weich und wackelig auf den zwei Beinen und genau das wollte ich irgendwie auch beheben, aber das war gar nicht so einfach. Eigentlich soll der gesamte Ständer auf seinem Lagerrohr drehen, das wiederum am Rahmen verklemmt und mit Splint gesichert sein sollte. Erstaunlicherweise war das Rohr im Ständer zwar gangbar (danke, Kettenfett und Ölschmier!), aber der japanische Mechaniker, der alles mal vor 38 Jahren zusammengebaut hat, hat irgendwie vergessen die beiden Klemmbolzen auch richtig anzuziehen.
Geschätzte 2000mal mit Sand und Staub gedreht – nun hatte ich den Salat: Die Achse ließ sich nicht mehr klemmen, hatte dafür aber zwei saubere Nuten und locker 2 mm radiales Spiel das eben für den kippeligen Stand verantwortlich war. So musste dann das Schweißgerät nochmal ran. Mit zwei aufgedickten Klemmungen und gutem Zureden später beim Einbau dreht jetzt alles zum ersten Mal im Leben der Twin genau so, wie es mal angedacht war.
In den folgenden Tagen gab es viel Kleinarbeit – so viele Teile im Setzkasten, die noch eingehender Pflege bedurften, z.B. der vordere Bremszylinder. Die braune Brühe, die beim Zerlegen rausträufelte, hat bei mir dann doch ein kleines P ins Gesicht gebrannt – damit bin ich letztes Jahr noch gefahren? Ersatzteile sind in Deutschland kaum zu bekommen. Also habe ich dann in UK bestellt. Völlig unproblematisch, aber eben Apothekenpreise…
Apropos „Apothekenpreise“: Die bestellten Edelstahlschrauben sind gekommen. Sehr praktisch, bei www.online-schrauben.de bekommt man A2 und A4 – Normteile in beliebiger Stückzahl, bei eins beginnend(!). Selbst winzige M3*5, fein säuberlich eingetütet, sind kein Hindernis und generell sind auch die Preise für den Aufwand ok. Allerdings haben wir an unseren Kawasaki Motorrädern ja eine kleine Besonderheit: Gewinde mit 10 mm oder mehr sind keine Norm- sondern Feingewinde und zudem nur in A4 erhältlich – mit fatalen Folgen fürs Preisgefüge.
30.5.2016: Die Garage leert sich
So nach und nach gehen alle größeren Teile auf Reisen: Der Rahmen meiner Z750B und diverse kleinere Teile kamen nach Lüneburg zum Pulverbeschichten, der Tank zum Lackierer und die Räder zunächst zum Reifendienst, um die Reifen abzuziehen, danach nach Preetz zu Walmotec, um neue Speichen und eine neue Vorderradfelge zu bekommen. Die Firma hatte schon mein Guzzi-Hinterrad neu gemacht und ist wirklich eine Top-Adresse für Speichenräder.
12.6.2016 Mal reinschauen
Der Motor der Kawasaki Z750 ist von außen einigermaßen gereinigt, so dass ich ihn mal über Kopf nehmen kann. Ein paar Latten, eine Saftkiste sowie zwei Ziegelsteine haben die ganze Konstruktion einigermaßen kippsicher gemacht, so dass ich die Ölwanne abnehmen konnte, um endlich mal das Innere des Z750 Twins zu sehen.
War ich neugierig, wie diese ominösen Ausgleichswellen wohl aussehen würden. Viel sieht man nicht und ich habe mich doch gewundert, wie viel Hohlraum trotz des Gewichts da noch vorhanden ist. Das Getriebe und – soweit erkennbar – auch die Laufbuchsen sind tip-top in Ordnung und der Kettenspanner der Ausgleichswellenkette sah auch noch ok aus. Also habe ich nur das Ölsieb gereinigt. Selbst da war aber nicht viel zu holen.
Die Ölwanne habe ich mit neuer Dichtung wieder montiert und das gute Gefühl genossen, mit der Entscheidung gegen eine Motorüberholung alles richtig gemacht zu haben! Abends habe ich mir dann die Vergaser vorgenommen und neue Membranen montiert. Nicht so ganz einfach, denn das Polyamid der Stützringe musste dafür entfernt werden um Platz für die sogenannten Libranen zu machen, die den Stützring schon einvulkanisiert mitbringen und am Kolben mittels Sekundenkleber verklebt werden. Die Beschreibung des Anbieters stimmte so nicht, aber am Ende saßen beide Libranen sauber auf den Kolben.
17.6.2016 Eiskalt sauber
Ich hatte ja immer die Kawasaki KH500 vor Augen, also musste auch dringend am Motorgehäuse was passieren 37 Jahre Erosion, Dreck und Staub haben den Block samt Zylindern und Kopf doch eher, na sagen wir mal, gealtert, aussehen lassen. Eigentlich war ich ja schon auf der Suche nach einem Glasperl-Strahlbetrieb. Alles was so behandelt wurde, sah immer wie neu aus. Glücklicherweise hat mich das oben schon erwähnte Telefonat mit Uwe davon abgebracht – seine Story vom gestrahlten Motor, der nach 200 Kilometern dann einen Glasperl-Kolbenfresser hatte, war Abschreckung genug.
Glasperlen nur, wenn alles (!) zerlegt ist und man wirklich jeden Winkel hinterher prüfen und reinigen kann! Aber nicht so aggressiv, im Ergebnis deutlich schwächer, aber auch ungefährlicher ist Trockeneisstrahlen, da das eigentliche Strahlgut sich in Luft auflöst (d.h. genaugenommen ja CO2). Leider ist das Verfahren aufwändig und teuer und es gibt nur wenige Betriebe, die diese Leistung anbieten. Im Süden von Hamburg ist allerdings ein Großer namens „Eiskalt sauber“. Zu dem bin ich dann auch hingefahren, nachdem ich den Motor weitestgehend vom öligen Schmier befreit hatte und die Ein-und Auslassöffnungen mit Sperrholzdeckeln verschlossen hatte. Da Trockeneis beim Auftreffen sublimiert und so schlagartig sein Volumen verzigfacht, wirkt es beim Eindringen in festen Dreck wie ein Sprengsatz. Das funktioniert aber eben nicht bei weichem Schmutz. Das Ergebnis nach einer halben Stunde professioneller Reinigung ist ein einwandfrei sauberer Motor, dessen Patina aber weiterhin sichtbar bleibt. Ich habe, wo mich die Korrosionsblüte gestört hat, dann zu Hause noch mit Dremel und Stahlbürste nachgearbeitet und bin jetzt damit zufrieden.
18.6.2016 Kupplung der Kawasaki Z750 wird erneuert
Der Z750 Motor steht wieder auf der Werkbank und es lässt sich angenehm arbeiten. Der rechte Deckel ist schnell runter. Die alte Dichtung macht einem, wie alle anderen auch, natürlich nicht die Freude, beidseitig sauber abzulösen. Die Reste pappen prima am Motorgehäuse und wollen gerne sorgfältig entfernt werden. Nach anfänglicher Angst die Dichtflächen zu beschädigen, hat sich die Anwendung eines 12 mm-Stecheisens sehr bewährt: Mit der Spiegelseite aufs Metall aufgelegt, kann die Klinge parallel zur Dichtfläche arbeiten und es besteht keine Gefahr, Scharten zu erzeugen.
Die Pittings an den Zähnen der Kupplungsglocke waren vernachlässigbar und so blieb mir das Lösen der zentralen Mutter ohne Sonderwerkzeug erspart. Der Wechsel der Kupplungsscheiben, Beläge und Federn ist an der Kawasaki Z750 Twin in ein paar Minuten erledigt. Erstaunlicherweise war das neue Paket sogar ein paar Zehntel dünner als das alte, das definitiv sein Ende erreicht hatte: Versprödet, verhärtet und nicht mehr in der Lage, bei beherztem Zug am Gasgriff den gewünschten Effekt ans Hinterrad durchzureichen.
Ich habe die Beläge allerdings vor Montage auch nur mit Öl bestrichen und nicht, wie ich es jetzt besser weiß, mehrere Stunden in Öl gebadet. Vielleicht sind da die fehlenden Zehntel versteckt? Der Setzkasten hat sich inzwischen gut gefüllt. Na, wer findet im Wimmelbild die oben mal erwähnte Kupplungsschnecke? 😉
20.6.2016 Abendbeschäftigung am Schreibtisch
Sehen die beiden Mikuni-Vergaser nicht wieder schick aus, so fertig montiert? Das dicke Ende kommt noch…
2.7.2016 Ventilspiel an der Kawasaki Z750 eingestellt
Im Laufe der letzten Woche habe ich viel „Kleinkram“ an der Kawasaki Z750 erledigt, notwendig, aber unspektakulär. Inzwischen sind die Shims von Martin und das Ventilhaltewerkzeug von Gunnar eingetroffen. Wieder habe ich von Twintreibern aus dem Forum Hilfe erhalten, ohne dass man sich bislang auch nur mal gesehen hätte. Toll, nicht?
Nach sorgfältigem Messen des Ventilspiels und reiflichem Hin-und Herrechnen kam ich zum Ergebnis, dass zwei Auslassventil-Shims ersetzt werden mussten und von diesen ein Scheibchen bei einem Einlassventil weiterverwendet werden konnte. Das zweite Einlassventil konnte so bleiben wie es war. Erstaunlich, nach fast 60.000 Kilometern ohne Einstellung ging es jeweils um 5 Hundertstel…
Dieses Rübertauschen birgt natürlich Gefahren – insbesondere wenn man das Ganze zum ersten Mal macht: Obwohl ich die neuen Scheiben noch nicht hatte, wollte ich schon mal wissen, ob mein geplanter Tausch zielführend ist oder ob ich noch mehr Shims besorgen muss. Also: Motor durchgedreht bis das Auslassventil offen war, Montagewerkzeug angesetzt, weitergedreht und das Scheibchen rausgefummelt (übrigens einfacher mit einem kleinen Schraubendreher und einer Spitzzange als mit dem empfohlenen Magneten).
Um das Werkzeug fürs Einlassventil nutzen zu können, musste ich es natürlich vorne wieder ausbauen, also weiterdrehen, um das Werkzeug zu entlasten.
AAAAAAHRGHHH – das trockene „GNUPPS“ klang definitiv falsch. Die Sache war mir ziemlich schnell klar und auch die Konsequenz: Der Nocken hat statt des Shims zunächst nur den Rand des Tassenstößels heruntergedrückt und beim Weiterdrehen hat die Ventilfeder den Tassenstößelboden eben ca. 2mm auf den Nocken gestoßen. Nicht wirklich schlimm, wenn nicht der Nocken jetzt gefangen gewesen wäre… Mit Gewalt weiterdrehen hätte sicher den Tassenrand beschädigt – zurück das Gleiche.
Also blieb mir nur die Möglichkeit, das Ventil wieder voll zu öffnen und zu hoffen, dass ich das Werkzeug auch so ohne Shim wieder montiert bekomme. Andernfalls hätte ich die Nockenwelle ausbauen müssen…
Es hat geklappt, so gerade eben konnte ich das Werkzeug am Rand ansetzen und am Zylinderkopf fixieren, gut gegangen. Die Aktion habe ich dann erst vollendet, als ich wirklich alles zusammen hatte. MERKE: Drehe NIE den MOTOR durch, wenn nicht ALLE Shims an Ort und Stelle sind!
3.7.2016 Elektrik, zweiter Teil
Terrassenwetter, viel zu warm für Lederkombi. An moderaten Tagen lockt dann immer die Guzzi zum schraddeln und ich komme nicht weiter. Aber ich habe ja keinen Zeitplan und überhaupt keine Eile.
Heute also Lenkereinheiten zerlegen, reinigen, Kontakte pflegen und die Gehäuse neu lackieren. Für die Beschriftung habe ich mir extra ein Döschen gelben Lack besorgt. Die Modellbaufarben sind ja nun schon in Minigebinden, aber ich brauch‘ doch nur 2 Kubikmillimeter…Macht nix, das nächste Winterprojekt (Slotcar) wird wohl gelb 😉
Den Kabelbaum habe ich zunächst mal geometrisch vermessen und dann, nach Reinigung, Kontaktspray und wieder Reinigung (Kontaktspray ist aggressiv und sollte nicht im Stecker verbleiben) sämtliche Leitungen durchgeklingelt und eine Leitungsliste angelegt. So ist dann nach und nach ein aktueller Schaltplan meiner Kawasaki Z 750 entstanden, mit allen Änderungen.
15.7.2016 Alles glänzt
Der Pulverbeschichter ist fertig und ich kann es gar nicht abwarten, meine Teile aus Lüneburg abzuholen. Boah, sehen die Sachen wieder gut aus! Sämtliche Gewinde, und Bohrungen hat der Betrieb sorgfältig abgedeckt und mussten von mir nur von der Schutzfolie wieder befreit werden. Da ich die vier Nadellager der Schwinge nicht ausbauen wollte, hatte ich lediglich hier Vorarbeit geleistet und das Schwingenrohr mit einer Gewindestange und großen Karosseriescheiben verschlossen.
17.7.2016 Zusammenbau der Kawasaki Z750
Ein besonderer Tag: Ich fange an, wieder zusammenzubauen. Es geht los mit dem Hauptständer. Etwas fummelig wegen der oben schon erwähnten Reparaturlösung, aber ich werde mit einem satt flutschenden Scharnier ohne Spiel belohnt. Schwinge, Federbeine Gabelbrücke gehen Flott und am Abend ist die ganze Konstruktion so gerade eben noch alleine tragbar. In der folgenden Woche kommen Gabel, Schutzblech, Armaturen und Elektrik wieder an ihren Platz und der Torso wird, da ich die Räder noch nicht zurück habe, somit unbeweglich.
24.7.2016 Eine winzige Hässlichkeit
Vor über dreißig Jahren ist mir ein Bolzen abgerissen – einer von vieren, die den linken Motordeckel und damit das Kupplungswiderlager fixieren. Beim Versuch, den Rest des Bolzens aus dem Motorblock zu entfernen, ist mir nach erfolglosem Aufbohren der Schraube das – ungeeignete – Werkzeug abgebrochen. Das wars dann, denn im Bohrloch steckte nun ein Stück meiner Dreikant-Schlüsselfeile. Ich bin dann mit anfangs mulmigem Gefühl eben mit drei Schrauben unterwegs gewesen und im Lauf der Jahre hab ich es erst hingenommen, dann vergessen (denn ich hatte noch der Ästhetik wegen eine Blindschraube in den Deckel geklebt).
Nun sollte es ja endlich mal ordentlich gemacht werden. Die Schraube saß nicht in einem Sackloch, sondern schaute mit ihrem Ende etwa 1,5 mm aus der Bohrung heraus, zu wenig, um mit einer Zange vernünftig Drehmoment ausüben zu können.
Ich war nun eigentlich bereit, mit Übermaß auszubohren und einen langen Bolzen mit Mutter zu verwenden…wenn da nicht diese Sch….Dreikantfeile gewesen wäre. Wisst ihr wie hart eine Dreikantfeilenspitze ist??? Mein HSS-Bohrer weiß es jetzt und ist geradezu platt.
Ich habe dann etwa eine Stunde mit dem Dremel und einem Diamantbohrer (von meinem Zahnarzt, danke!) dieses Teil bearbeitet – ohne wirklich erkennbaren Erfolg . Ich weiß nicht mehr warum, aber sicher mehr aus Verzweiflung als rational begründet habe ich nochmal die Rohrzange genommen und den Stumpf gepackt. Jo, und da war ich dann ziemlich baff, denn er bewegte sich! Mit gaaanz vorsichtigen Bewegungen habe ich dann tatsächlich den Rest der Schraube herausschrauben können. Offensichtlich hat die Dremelei soviel Good Vibrations erzeugt, dass das Gewinde schlichtweg erschöpft war ;-). Erfreulicherweise sind sogar noch etwa 6 Gewindegänge heil und verwendbar.
Fortsetzung folgt….
Die anderen Teile der Restauration
Teil 1 der 37 Jahre alten Kawasaki Z750 Restauration
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(Text, Fotos: Carsten Kohlmeier-Beckmann)
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