Das „Glemseck 101“ ist das Open-Air Event schlechthin für alle Cafe-Racer Fans aus Deutschland und ganz Europa. Auf der ehemaligen Solitude-Rennstrecke bei Leonberg gab sich am traditionell ersten Septemberwochenende wieder die Creme de la Creme der Motorrad-Szene ein Stelldichein. Zur 9. Runde des größten markenunabhängigen Motorradtreffens pilgerten 2014 wieder tausende Motorradenthusiasten. Die Reihe parkender Motorräder zog sich von der Autobahnausfahrt Leonberg-Ost bis in die Mitte der drei Kilometer langen Händlermeile. Stilecht kamen nicht nur die Helfer von Surfazz Motorcycles sondern auch viele Gäste und Musiker in Outfits der 1950er Jahre zur Veranstaltung.

Steven Flier kreiert das Plakat für das Racer-Event (Quelle: Steven Flier)

Steven Flier kreiert das Plakat für das Racer-Event (Quelle: Steven Flier)

An jeder Ecke gab es echte Zweirad-Vielfalt. Eine Vielzahl verschiedener Umbauten im Bobber- und Tracker-Style sowie coole Cafe-Racer und individuelle Concept-Bikes begeisterten das Publikum. Ebenfalls mit von der Party waren die harten Jungs der RoadRacer-Szene, die es richtig krachen ließen. Inzwischen wird das „Glemseck101“ mit der eindrucksvollen Atmosphäre der legendären Isle of Man Tourist Trophy gleichgesetzt.

Glemseck101 – Spannende Duelle, nicht nur für harte Jungs

Ein Glemseck 101 ohne die legendären 1/8 Meile (200 Meter) Sprintwettbewerbe, die in diversen Klassen ausgetragen werden, ist inzwischen undenkbar und daher fester Bestandteil des großartigen Spektakels. Im K.O.-System traten Samstag und Sonntag jeweils zwei Fahrer gegeneinander an. Längst mischen auch Frauen erfolgreich in diesem Wettbewerb mit. Mit Katja Poensgen und Nina Prinz waren zwei professionelle Fahrerinnen auf gesponserten Maschinen am Start. Katja Poensgen hatte sichtlich ihren Spaß am Event und machte auch abseits der Strecke eine gute Figur. Im „101 International Sprint“-Wettbewerb sicherte sie sich souverän den 3. Platz. Markus Reiterberger, Gewinner des IDM Superbikes 2013, holte sich Silber und Sylvian Berneron von „Holographic Hammer“ gewann auf seiner Suzuki GSX 1200 Inazuma. Er bedankte sich mit einem heißen Wheelspin, sehr zur Freude des Publikums.

Zu den Highlight gehörte 2014 in jedem Fall der „Sprintbeemer Furtherer“ mit Sèbastien Lorentz. Die Starrahmen-BMW mit Zweizylinder-Boxermotor und Nitro-Einspritzung lieferte einen Mördersound ab.

Glemseck101 (Nippon-Classic.de)

Der „Sprintbeemer Furtherer“ machte einen höllen Krach und ist eigens für Sprints konzipiert (Quelle: Nippon-Classic.de)

Neben dem „101 International Sprint“ duellierten sich 32 Cafe-Racer und die Fahrer in der sog. „StarrWars“-Challenge, die erstmals 2013 auf der Achtelmeile starteten. Rolf Reick, Kopf von KRAUTMOTORS, ist gleichzeitig auch „StarrWars“-Initiator. Reick ist bekannt für die Kunst des Weglassens, welche er konsequent in seinen schönen Cafe-Racern verwirklicht. Ein BMW-Bobber aus seiner Hand wurde vor einigen Jahren zum deutschen Custombike gekürt.

Glemseck 101 – Aufgemotzte Bikes an jeder Ecke

Man konnte sie nicht nur bestaunen, sondern vor allem auch hören und teilweise live erleben – die vielen aufgemotzten Bikes. Inzwischen greifen alle renommierten Motorradhersteller den Trend zu customized Bikes auf. In Glemseck waren toll veredelte Umbauten von Triumpf „Rock ‚N‘ Ride Munich“ und BMW zu sehen.

9. Glemseck101

Was wäre das Glemseck101 ohne schöne Frauen?

Mir persönlich gefielen jedoch zwei Motorräder besonders gut: Suzukis weiße „Fat Mile“ mit wunderschön abgesetzten Leder-Applikationen. Sie entstand auf Basis einer Suzuki Bandit 1250S und in Zusammenarbeit der Designer Hans A. Muth und Daniel Händler. Herausgekommen ist ein schlichter und bestechend schöner Cafe-Racer. Nina Prinz war beim International-Sprint mit ihr unterwegs. Die zweite Maschine fuhr Markus Reiterberger, eine schwarze „Nine T-One“ BMW von Edelweiß Motorsport mit sagenhaften 140 PS und 140 Nm Drehmoment.

Das Gros der umgebauten Maschinen stammt nicht von den Herstellern selbst, sondern wird von kreativen und technisch versierten Köpfen kleiner Werkstätten in Handarbeit gefertigt. Neben Edelweiß-Motorsport verwirklichen unter anderen Walzwerk Motorcycles, die Benders, Cafemoto oder Unique Cycle Work aus Italien.

Die legendäre Rennsportmarke Paton kam zum Glemseck 101

Ein Glanzpunkt beim Glemseck101 war sicherlich die Präsentation der PATON BM3R Re-Edition ’75, die Thiel Motorsport als eine von zwei käuflichen Rennmaschinen für den historischen Motorsport mit dabei hatte. „Die PATON-Motorräder sind alle handgefertigt“, verriet Oliver Thiel im Interview. In dem 76 PS starken Vintage-Racer stecken feinste Zutaten namhafter Zulieferer und „ein von Guiseppe Pattoni selbst entwickelter Rennmotor.“

Ein Preis von 72.000 Euro – zuzüglich Mehrwertsteuer versteht sich – unterstreicht die Ausnahmestellung dieses bildschönen Bikes. Schnell relativiert Oliver Thiel den Preis, dass „für einen original Classic-Renner, für den man noch alle Teile kaufen kann, die Paton ein recht erschwingliches Motorrad ist. Eine originale MV Agusta von früher kann schnell bei 150.000 bis 180.000 Euro liegen.“

Die Paton BM3R Re-Edition leistet 76 pS und kostet 72.000 Euro (Quelle: Cristian Di Luccio - meda36)

Die Paton BM3R Re-Edition leistet 76 PS (Quelle: Cristian Di Luccio – meda36)

PATON fertigt seit 1958 Rennfahrzeuge und entschied sich 2013 „einfach ein käufliches Rennmotorrad zu bauen.“, erläutert Thiel. Herausgekommen ist die S1 „Strada“, auf deren Rennversion Olie Lindsell 2014 den 6. Platz auf der Isle of Man in der Super Twin Klassse belegte. Pate der „S1“ ist das klassische Motorrad mit Gitterrohrrahmen mit einem Motor von der Kawasaki ER 650, der in der britischen Super-Twin-Klasse am häufigsten eingesetzt wird. Der Motor arbeitet im 180 Grad Gegenläufer-Prinzip, hat vier Ventile und ein Kassettengetriebe. „Dann bleibt auch der Paton-typische Sound erhalten.“, schwärmt Oliver Thiel. Die legendären italienischen Motorrad-Schmiede bietet die „S1“ in vier unterschiedlichen Versionen an, u. als Standardmodell, dann als TT 151 sowie als „PEP Memorial“-Edition, in Gedenken an den einstigen Gründer Guiseppe Pattoni.

Paton wurde 1958 in Mailand von Guiseppe Pattoni und Lino Tonti gegründet. Nach dem Tod Pattonis führt nun sein Sohn Roberto die kleine, aber feine Motorradmanufaktur für handgefertigten Maschinen fort. Übrigens verdiente sich der neunfache britische Motorradweltmeister Maik Hailwood 1958 auf einer 125er PATON seine ersten Sporen bei der Tourist Trophy auf der Ilse of Man. Der als „The Prince of Speed“ bekannte Ex-Weltmeister Phil Read fährt noch heute auf einer 500ccm PATON bei klassischen Grand-Prix mit. Phil Read fährt die einzige rote PATON . Sonst sind die PATONs typisch grün.

2015 feiert das Glemseck101 bereist seine 10. Ausgabe. Glückwunsch, und ich bin überzeugt, dass das coole Happening ein Burner bleiben wird. Am ersten Wochenende vom 4. bis 6. September ist es dann wieder soweit.

Bildergalerie zur 9. Ausgabe des Glemseck101