Hondas Dominanz im Motorradmarkt war den Mitstreitern aus dem Land der aufgehenden Sonne ein Dorn im Auge. Alle Hersteller versuchten mit immer neuen Segmenten und größeren Motoren Boden gut zu machen. So war auch Kawasaki spätestens seit Mitte der 1960er Jahre voll auf Angriff gepolt. Nachdem schon 1968 die 500 H1 der Konkurrenz das Fürchten lehrte, stellte 1971 das größte Bike aus Kawasakis Dreizylinder-Familie, die Kawasaki 750 H2, nun Werte auf, die es Anfang der 1970er Jahre absolut konkurrenzlos erschienen ließ. Die anderen japanischen Marken konnten hier nicht mehr nachlegen. Das bis dato stärkste Serienmotorrad der Welt wurde aber bereits ein Jahr später von einem Viertakter der gleichen Marke abermals übertroffen.
Bis heute zieht die Kawasaki 750 H2 Mach IV weltweit Fans in ihren Bann. Wer eindrucksvolle 74 PS abrufen, über 200 km/h aufdrehen und in vier Sekunden die 100 km/h Marke durchbrechen wollte, brauchte das zu Beginn der 1970er Jahre niemanden mehr zu beweisen. Denn er saß auf einer Kawasaki 750 H2 Mach IV. Ein eindrucksvoller Name für ein beeindruckendes Motorrad.
Obwohl die Fachpresse in ihren Tests 1972 wieder ein paar Negativpunkte wie den Benzinverbrauch aufzählte, ließen sich nur wenige Käufer davon abschrecken. Eine relativ leichte Maschine, die Kraft aus 750 Kubikzentimetern und der kernige, unverwechselbare Sound ließen so manchen Motorradfahrer noch einmal zu Kawasaki wechseln. Wer die H2 besitzen wollte, musste damals zwischen 5.400 DM und 5.900 DM auf den Ladentisch packen. Insgesamt verließen 49.540 der legendären 750er H2 Mach IV die Fabrikhallen.
Mit Kraft im Überfluss in 4 Sekunden von 0 auf 100.
Mit rund 35 Kilogramm weniger Gewicht als die Konkurrenz – 190 Kilogramm im Ganzen – und dem durchzugstarkem Motor waren Fahrleistungen möglich, die voll in die leistungsbetonte Motorrad-Philosophie der 70er Jahre passten. „Die 750er Kawa war eine echte Sprinterin.“ Die schiere Kraft und Geschwindigkeit, gepaart mit ordentlichen Dezibel aus den Endtöpfen zwirbelten Löckchen in die Nackenhaare der Fahrer.
Obwohl sich der Motor der 750er im Gegensatz zum Triebwerk der 500 H1 Mach III wesentlich ruhiger und kultivierter fuhr, hatten doch recht viele Fahrer ihre Schwierigkeiten mit der Mach IV. Während die einen ihre „Gashand“ im Griff hatten oder aufgrund von ausreichend Erfahrung und Übung die bis in den 3.Gang das Vorderrad abheben wollende Maschine unter Kontrolle hatten, machten wahrscheinlich genau so viele negative Erfahrungen mit den ungewollten „Rodeo“-Einlagen der H2. Das brachte der Mach IV so manchen negativ besetzten Beinamen. Aber in den siebziger Jahren, als Motorräder noch nicht „weichgespült“ und eher ursprünglich waren, tat das der Popularität keinen Abbruch und die Mach IV war der Traum vieler Motorradenthusiasten.
Der 750er Motor baut technisch auf dem 500er der H1 auf. Drei Rundschiebervergaser aus dem Hause Mikuni (VM 30SC) mit 30 mm Durchlass „füttern“ die drei voneinander getrennten Zylinder. „Vom Gasdrehgriff geht nur ein Seilzug zu einem Verteiler, von wo ab dann drei Züge den drei Vergasern und einer zur Ölpumpe führen. Ein zweiter Seilzug führt vom Drehgriff zu einem zweiten Verteiler, der drei Einzelzüge zu den Vergaserstarthebeln freigibt,“, fasste MOTORRAD-Tester Klacks den technischen Aufbau 1972 zusammen.
Ansonsten gibt es bei dem luftgekühlten Dreizylinder-Zweitaktmotor mit schlitzgesteuerten Einlass keine prägnanten Veränderungen zum hubraumschwächeren Modell. Er sitzt im Rahmen geringfügig weiter vorne. Zwar war das Triebwerk immer noch von Vibrationen geplagt, die im Gegensatz zur 500er Maschine aber wesentlich erträglicher erschienen. Die Kurbelwelle war 6-fach gelagert, links saß die Lichtmaschine, rechts das Primärantriebsritzel und die Zweikanal-Ölpumpe.
Was manche Ausfahrt trübte, war der mit ca. 17 Liter zu klein bemessene Tankinhalt in Kombination mit einem unersättlichen Benzinverbrauch. Bis zu 12 Liter von dem teuren Kraftstoff flossen durch die Vergaserdüsen. Wehe denen, die nicht alle 150 Kilometer an den nächsten Tankstellenbesuch dachten.
Kawasaki 750 H2 Fahrwerk mit Sicherheitsfeatures
Das Rückgrat der H2 Mach IV bildete ein verstärkter Doppelschleifen-Stahlrohrrahmen. Das Vorderrad lief in einer langhubigen, doppelwirkenden Teleskopgabel und wurde durch eine Scheibenbremse mit 296 mm Durchmesser verzögert. Das rechte Tauchrohr der Gabel bot schon von Werk aus die Montage einer zweiten Scheibenbremse an, was von vielen Käufern aufgrund der wahren Fahrleistungen auch angenommen wurde. Zusätzlich spendierten die Ingenieure am Steuerkopf der 750er zwei Lenkungsdämpfer – sowohl ein Reibungsdämpfer als auch einen Hydraulikdämpfer. Der Tourenlenker wurde gummigelagert, um die Weitergabe der Vibrationen zu vermindern.
Das Hinterrad, welches in einer Schwinge mit zwei, 3-fach verstellbaren Federbeinen lief, war mit einer 200 mm messenden belüfteten Simplex-Trommelbremse ausgestattet, die wegen ihrer ausreichenden Dimensionierung sogar noch in der Z1 verbaut wurde. Die Federung hinten fiel – typisch für japanische Motorräder jener Zeit – viel zu hart aus. Die Reifendimensionierung orientierte sich mit 3.25-19 H bzw. 4.00-18 H für das Hinterrad an der 500 H1 Mach III.
Platz für Werkzeug und Kleinkram bot der abschließbare Heck-Bürzel. Aufgrund der asymmetrischen Auspuffanlage, Markenzeichen der Mach-Familie, geriet die Position der rechten Soziusfußraste viel zu hoch. Die dadurch entstandene unangenehme Sitzposition machte die H2 auf Langstrecke nicht wirklich soziustauglich.
Modellpflege, Ausstattung und Farben
- 1971 (H2): Farben: Pearl Candy Blue und Pearl Candy Gold.
- 1973 (H2-A): vorderes Schutzblech verchromt, Sitzbankverriegelung und Tankverschluss abschließbar; Embleme-Änderung Seitendeckel, Leistungssenkung auf 71 PS bei 6.800 U/min, Drehmoment 75,4 Nm bei 6.500 U/min.
- 1974 (H2-B): Instrumente verändert, Überarbeitung: Rahmen, Sitzbank, Lackierung, Hauptständer, Auspuffanlage, Schutzbleche, Lenkerarmaturen, hintere Federbeine, Fußrasten, Elektrik, Tankverschluss, Rücklicht, Verlängerung der hinteren Schwinge um 100 mm, Entfernung Reibungsdämpfer am Steuerkopf, Modifizierung des Injectolube-Motor-Schmiersystems.
- 1975 (H2-C): Farben: Candy Super Red, Candy Purple; verkürzte Sitzbank, verlängerter Kraftstofftank, Positionsveränderung Lenkungsdämpfer, geänderte Auspuffanlage
Preise auf dem Gebrauchtmarkt und Aktuelles
Aufgrund der großen Beliebtheit der Maschine war die H2 schon in den 70er Jahren als Gebrauchtmotorrad nicht gerade ein Schnäppchen. Wer eine Kawasaki 750 H2 Mach 4 kaufen möchte, muss heute für ansehnliche, unverbastelte und technisch sehr gut erhaltene Exemplare 9.500 und 12.100 Euro einplanen. Allerdings ist die Versorgung mit Original-Ersatzteilen auch eher kritisch und so werden beschädigte Originalteile immer wieder überarbeitet, neu lackiert oder verchromt, nichts wird weggeworfen.
„Die US-Version, erkennbar an dem kurzen hinteren Kotflügel, sind besonders gefragt. Denn die Kotflügel der Europa-Variante gingen fast einmal um das ganze Rad herum – sieht total bescheuert aus. Da die US-Kotflügel ultra-selten sind, werden mit über 1.000 Euro gehandelt.“, weiß Ralf Gille zu berichten.
In Deutschland existiert seit 1981 ein H2-Club, dessen Mitglieder nicht nur das 750er Flagschiff, sondern auch die kleineren Modelle 500 H1 Mach III, S1 250, S2 350 und KH 400 liebevoll pflegen, ausführen und den Geist der berühmten Kawasaki-Dreizylinder-Zweitakter zelebrieren. Der H2-Club hilft mit Rat und Tat gerne weiter.
Und Kawasaki-Experten wie Ralf Gille aus Frankfurt restaurieren diese Kawa-Triples originalgetreu und mit viel Liebe zum Detail. Er kommt auch an neue Auspuffanlagen für die Triples, die es von der Firma Doremi für die alten H1 und H2 Modelle wieder gibt.
„Da sind sogar die Innereien, die Flöten wie original. Das ist auch ein Glück, denn die Dinger aufzuarbeiten kostet ein Vermögen. Die asymetrische Auspuffanlage inkl. Krümmer und Halteschellen kostet ungefähr 1.500 EUR, was für diese recht aufwendige Anlagen nicht zu viel ist.“
Thomas Haag aus S. weist darauf hin, dass sich die Ersatzteilnummer der Kolben zwischen den Modellen nicht geändert haben, sondern diese unter der gleichen Nummer der leistungsreduzierenden Kolben (ab H2A) verkauft wurden. Die alten Kolben der Kawasaki H2 hatten ein deutlich größeres Kolbenfenster, das bis an die Bohrung zum Kolbenbolzen heranreicht.
Stimmen auf Facebook
Andreas B.: „So eine Rakete, aber durch das Fahrwerk sehr eingebremst. Ich habe nach einer Saison meine verkauft, heute war das ein großer Fehler.“
Oliver M.: „Nur von reaktionsschnellen und versierten Fahrern voll einsetzbar.“
Detlef S.: „Ich hatte auch eine H2 war einfach nur Mega und wir Jungs kannten nur zwei Aggregat Zustände: Leerlauf und Vollgas. Zwei Kolbenfresser auf dem linken Zylinder ein Kolbenklemmer auf dem rechten, nie der mittlere nach 18000 km musste sie dann weichen. War in punkto Durchzug und Geschwindigkeit einfach Mega und der klannnnnnggggggggg.“
Freimut A.: „Eine fast unfahrbare Macht – ohne Fahrwerk.“
Dieter F.C.: „Meine erste Maschine von 1974-1976. Optisch ein Traum, aber fahrtechnisch ein Höllenteil.„
Kawasaki 750 H2 Mach 4 – technische Daten
Einheit | Mach IV (H2) | Mach IV (H2A) | Mach IV (H2B-H2C) | ||
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1. Fakten | |||||
Produktionszeit | Jahr | 1971 bis 1972 | 1973 | 1974 bis 1975 | |
Nummerierung | |||||
Farben | Pearl Candy Blue, Pearl Candy Gold | Candy Gold, Candy Purple, Candy Blue | Candy Gold, Candy Green; Candy Super Red, Candy Purple |
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Neupreis | DM | 5.400 DM | 5.600 DM | 5.900 DM | |
2. Motordaten | |||||
Motortyp | 3-Zylinder, 2-Takt | 3-Zylinder, 2-Takt | 3-Zylinder, 2-Takt | ||
Ventilsteuerung | Schlitzsteuerung | Schlitzsteuerung | Schlitzsteuerung | ||
Nockenwelle | keine | keine | keine | ||
Hubraum | ccm | 748 ccm | 748 ccm | 748 ccm | |
Bohrung | mm | 71 mm | 71 mm | 71 mm | |
Hub | mm | 63 mm | 63 mm | 63 mm | |
Verdichtungsverhältnis | 7,0:1 | 7,0:1 | 7,0:1 | ||
Vergaser | 3 Mikuni-Vergaser (VM 30 SC) mit je 30 mm | 3 Mikuni-Vergaser (VM 30 SC) mit je 30 mm | 3 Mikuni-Vergaser (VM 30 SC) mit je 30 mm | ||
3. Leistungsdaten | |||||
Leistung | PS | 74 PS | 71 PS | 71 PS | |
bei Drehzahl | min-1 | 6.800 U/min | 6.800 U/min | 6.800 U/min | |
Drehmoment | Nm | 77,5 Nm | 75,4 Nm | 75,4 Nm | |
bei Drehzahl | min-1 | 6.500 U/min | 6.500 U/min | 6.500 U/min | |
Leistungsgewicht | Kg/PS | 2,6 Kg/PS | 2,7 Kg/PS | 2,9 Kg/PS | |
Höchstgeschwindigkeit | km/h | 203 mh/h | 203 mh/h | 190 km/h | |
4. Abmessungen | |||||
Länge | mm | 2.080 mm | 2.080 mm | 2.110 mm | |
Radstand | mm | 1.410 mm | 1.410 mm | 1.448 mm | |
Leergewicht | Kg | 192 Kg | 192 Kg | 205 Kg | |
5. Bremse | |||||
Bremse vorn | 1 Scheibe 296 mm | 1 Scheibe 296 mm | 1 Scheibe 296 mm | ||
Bremse hinten | Simplex 200 mm | Simplex 200 mm | Simplex 200 mm | ||
6. Antrieb | |||||
Getriebe | 5-Gang Fußschaltung | 5-Gang Fußschaltung | 5-Gang Fußschaltung | ||
Antrieb | Kette | Kette | Kette | ||
Starter | Kickstarter | Kickstarter | Kickstarter |
Dear Sir..i have own H2A German specification in candy gold. HF2 28617.
This bike is all original and in excellent codition. All NOS parts. Only the rear fender was shortened by it’s first owner.
I would love to know how many of these German sepcs models were sold.
Thank you
Miguel
Bei der Modellpflege sollte auch die geänderte Auspuffanlage der Modelle B+C angeführt werden, danke!
Vielen Dank für den Hinweis, habe ich ergänzt! beste Grüße, Jens