In den letzten Monaten wurden in der Presse vor allem zwei neue Motorradmodelle vielfach in den Himmel gelobt. Nun wollte ich es selbst wissen: wie wacker schlagen sich die Husqvarna Svartpilen 401 und Husqvarna Vitpilen 401 in der Praxis wirklich. Damit der Test nicht zu subjektiv ausfällt, waren Ines und Marius mit von der Partie und die KTM Duke 390 diente uns als Referenz zum schwedischen Motorrad-Duo. Nun sei direkt vorweggenommen, dass wir drei nicht unbedingt mit 1,90 Meter Gardemaß daherkommen, sondern uns eher am unteren Ende der Größentabelle einsortieren. Umso mehr wollten wir „erfahren“, wie gut die edlen 400er Husqvarnas zu Motorradfahrer/innen bis 1,75 Meter passen. Eine passende Strecke aus Autobahn, Landstraße und City war auch rasch gefunden, dass Wetter passte, also los ging‘s.
Das Design der Husqvarna Svartpilen 401 und Husqvarna Vitpilen 401
Von der 401 legt Husqvarna gleich zwei Versionen auf: die Husqvarna Vitpilen 401 als weißen „Street Racer“ und die schwarze Husqvarna Svartpilen 401, welche die Marketingstrategen als „Urban Explorer“ bezeichnen.
An den ersten Studien von 2014 hat Husqvarna – zum Glück – nur sehr wenig geändert. Die Formgebung der Husqvarna Svartpilen 401 und Husqvarna Vitpilen 401 erinnert stark an ein Dreieck, das sich zwischen die beiden Räder schiebt. Die Linie ist klar und der Stil skandinavisch geprägt, auch wenn der Schöpfer Maxime Thouveni aus Frankreich stammt. Beide Husqvarnas punkten dabei vor allem mit ihrem klaren, progressiven Design, das auf unnötigen Spielereien konsequent verzichtet. Schwedischer Minimalismus in Reinform.
Das hoch in der Luft schwebende Heck mit dem ausdrucksstarken LED-Rücklicht, die fließend gestaltete Tank-Sitzbank-Kombination und der nicht minder ausdrucksstarke LED-Rundscheinwerfer mit integriertem Tagfahrlicht sind fraglos enorme Hingucker. Der links an der Schwinge montierte Kennzeichenträger nebst Schutzblechfragment und Blinkern macht das „schwebende“ Heck erst möglich. Kleine Extravaganzen sind die Ausbeulungen am Tank, die den Marken-Schriftzug tragen.
Unterschiede zwischen Vitpilen und Svartpilen
Bei der Husqvarna Vitpilen 401 sind die Lenkerenden direkt an die Gabelbrücke angeflanscht und liegen in einer Ebene mit dem Sitz. Die Fußrasten sind gegenüber dem zweiten Modell, der Svartpilen 401 („Schwarzer Pfeil“), weiter nach hinten versetzt und der Oberkörper des Fahrers muss sich weit nach vorne beugen. Für mich war die tiefe Position der Lenkerenden extrem gewöhnungsbedürftig. Entsprechend lagert das eigene Körpergewicht auf den Handgelenken, was sich erst bei schnelleren Autobahnfahrten wieder etwas entkrampft.
Deutlich entspannter geht es auf dem schwarzen Schwestermodell Svartpilen 401 zu. Der hohe Lenker mit Querstrebe will nach unserem Geschmack deutlich besser zur 400er Husqvarna passen. Auch wenn ich mir etwas mehr Lenkerkröpfung gewünscht hätte. Die Husqvarna Svartpilen 401 kommt zudem mit grobstolligen Reifen, einem Unterfahrschutz und einem Rack auf dem Tank daher.
Beide 401’er Huskys wiegen rund 150 Kilogramm und rollen auf 17-Zoll-Reifen. Mit 9,5 Litern fällt das Tankvolumen zwar recht klein aus. Glaubt man aber der Reserveanzeige, sollte im Drittelmix eine Reichweite von gut 250 Kilometern mit beiden Modellen locker drin sein.
Die KTM Duke 390 spendet Motor und Fahrwerk
Antriebsseite verbaute Husqvarna den aus dem KTM-Verbund stammende, wassergekühlte Einzylinder-Motor, der in seiner Klasse wohl zu den Sahnestücken des Motorenbaus gelten dürfte. Mit den 150 Kilogramm Gewicht der Maschinen hat der Motor ein leichtes Spiel.
Wer es darauf ankommen lässt und den Gashahn ordentlich aufreißt, bekommt die kleine Husqvarna spielerisch aufs Hinterrad. Und der 373-ccm-Single dreht superschnell hoch. Das Triebwerk aus dem Hause KTM zeigt unerwartete Drehfreude bis hoch in den fünfstelligen Bereich. So richtig in Fahrt kommt der Motor jedoch erst ab 5.000 U/min, ab 7.000 Touren legt das Viertakt-Triebwerk noch mal zu, bis eine blinkende Kontrollleuchte zum Hochschalten mahnt. Untertouriges Fahren mag der Husqvarna-Motor jedoch nicht und deutet mit einem spürbaren Ruckeln an, dass es höchste Zeit wird einen Gang herunterzuschalten.
Mit einer Höchstleistung von 44 PS sind die Husqvarna VITPILEN 401 und ihre Schwester SVARTPILEN 401 übrigens auch für Inhaber eines A2-Führerscheins geeignet.
In der Fahrpraxis wird jede Beschleunigung mit der Husqvarna Vitpilen 401, egal ob an der Ampel oder auf der Auffahrt zur Autobahn, zum perfekten „Jagdrevier“ der kleinen Schwedin. Wie vom Katapult abgeschossen, wandelt die Husqvarna den Dreh am Gasgriff in ultraforschen Vortrieb um, das einem jedes Mal ein Grinsen ins Gesicht meißelt. Was die Fahrfreude jedoch so richtig trübt, ist der winzige Schalthebel. Was soll das denn?
Dafür belohnen wiederum die Bremsen. Die gelochten Bremsscheiben mit 320 mm Durchmesser vorn bzw. 230 mm hinten liefern zu jeder Zeit eine gut kontrollierbare und vor allem vertrauenerweckende Bremsperformance ab.
Das Fahrwerk vom Klassenprimus KTM Duke 390 verrichtet auch in der Husqvarna Svartpilen 401 und Husqvarna Vitpilen 401 ihren Dienst. Garniert wird der schicke Gitterrohrrahmen mit einer 43-mm-Gabel mit Open-Cartridge-System vorn, während das progressive Dämpfungssystem hinten direkt an der Schwinge angeschlagen ist. Und hier hat Husqvarna wirklich hochwertige Komponenten verbaut, was beide Motorräder zu echten Kurvenraketen macht. Die Husqvarna Svartpilen 401 und Vitpilen 401 gieren regelrecht nach Kurven und die serienmäßigen Metzler-Reifen der Vitpilen unterstreichen das gute Handling abermals.
Husqvarna Svartpilen 401 Sitzhöhe
Die Sitzhöhe der Husqvarna Vitpilen 401 und der Svartpilen 401 gehört mit 85 Zentimetern zu den eindeutigen Schattenseiten beider Design-Bikes. Für Fahrer/innen unter 1,80 Meter ist unseres Erachtens keines der Schweden-Bikes richtig gut geeignet. Beide Fußballen berühren zwar im Stand den Asphalt, rangieren wird aber so zur Tortur. Umgekehrt, will man sich als langer Kerl wiederum auf eine 400er schwingen? Wohl kaum. Husqvarna hat das Problem bereits erkannt und bietet eine Tieferlegung an, die laut KTM-Händler aber für das 2019er Modell der Vitpilen 401 und Svartpilen 401 noch nicht lieferbar ist.
Das flache Sitzpolster lässt Komfort nur erahnen. An der Svartpilen 401 störte zudem die Kante in der Sitzbank. Wohl deshalb will Husqvarna mit der Svartpilen und Vitpilen auch das „urbane“ Publikum ansprechen. Für lange Touren taugen sie definitiv nicht. In der Berliner Rush Hour will ich mir besonders die Svartpilen 401 aber auch nicht vorstellen.
Husqvarna Svartpilen 401 Preis
Mit 6.295 Euro Listenpreis liegen Husqvarna Vitpilen 401 und der Svartpilen 401 preislich rund 850 Euro über der Konzernschwester KTM Duke 390. Sicherlich zahlt man das Designkonzept mit. Das erwähnte Tieferlegungskit, bestehend aus zwei Gabelfedern und einer Feder fürs Zentralfederbein hinten, schlagen abermals mit 291 EUR zur Buche.
Und ähnlich wie Premiumhersteller im Automobilsektor kennt die Zubehörliste keine Grenzen. Wie wäre es mit einer Wave-Bremsscheibe vorn? 242,88 EUR, zack! Ein Akrapovic-Endschalldämpfer sorgt für 584,29 Euro für noch volleren Klang. Vielleicht noch einen Tankrucksack für 194,15 Euro dazu? Ich könnte hier endlos weiterschreiben… Brauchen tut man es meiner Meinung nach nicht.
Unser Fazit
Die Husqvarna Svartpilen 401 und Husqvarna Vitpilen 401 bieten den großen, kleinen Fahrspaß, einen tollen Sound und ein gelungenes Design mit ein paar unpraktischen Makeln. Nervig sind der zu kurz geratende Schalthebel, das schlecht ablesbare Display und die gewöhnungsbedürftige Sitzposition. Ich selbst war noch nie war ich so froh von einem Motorrad wieder absteigen zu dürfen. Allerdings, der Motor macht richtig Laune und süchtig. Auch wenn man sie fleißig schalten muss, weil die Husqvarna 401 nicht gerne untertourig fahren.
Ich würde also sagen: schwedische Foltermethode vom Klassenprimus aus Österreich.
Hallo Jens,
statt „form follows function“ jetzt das Gegenteil. Starkes Design trifft hier auf leider schlechte Ergonomie; und das bei tollen Komponenten (Motor, Bremsen, Fahrwerk) und höheren Preisen als beim „Stammvater“ Duke 390…
Trotzdem: tolle Bereicherung aus der renommierten schwedischen Schmiede, die dazu Gelegenheit hat, die kleinen Unwägbarkeiten abzustellen und so zwei richtig coole, eigenständige Bikes zu lancieren.
Bikergruß
Frank
Völlig daneben. Ich selbst sitze mit 184 cm Größe perfekt auf der Svartpilen und fühle mich auch nicht untermotorisiert. Mehr Bumms braucht man natürlich, wenn die Wampe am Tank anschlägt und das Ego eine ebenso freche wie spritzige Möppe nicht zulässt.
Das Design ist weit mehr als Hipster-tauglich – und die Ergonomie wirklich top. Dafür lass ich meine CBR gerne in der Garage.