Leidenschaft trifft Kompetenz – Anton Wolf findet für alles eine Lösung
Wenn man jemanden mit sympathisch, ehrlich und hilfsbereit beschrieben kann, dann ist es Anton Wolf aus dem hessischen Seligenstadt. Der als „Kawa-Toni“ bekannte Motorrad-Fachmann hatte sich bereits vor fast fünf Jahrzehnten einen Namen in der Kawasaki-Szene gemacht. Als Autodidakt begann er 1966 sich dem Thema Motorrad intensiv zu widmen und kann mit Stolz von sich behaupten, dass es kein Problem gibt, das er nicht lösen kann. Egal ob Arbeiten am Motor oder moderner Elektronik, Kawa-Toni geht der Ursache tief auf den Grund – gerne auch mal mitten in der Nacht, wenn er ungestört arbeiten kann. Er setzt dort an, wo die meisten seiner heutigen ‚Kollegen‘ schon längst die ‚Waffen strecken‘ und nicht mehr weiter wissen oder weiter machen wollen. Nicht so Anton Wolf. Er analysiert akribisch, skizziert komplexe Schaltpläne und lässt nicht eher locker bis die tatsächliche Ursache einer Störung gefunden ist.
So kam vor einiger Zeit ein frustrierter Motorradfahrer in seine ‚Motorradklinik‘, dem ein großer Kawasaki-Händler aus Bad Homburg eine neue Einspritzanlage für ein halbes Monatsgehalt aufschwatzen wollte. An einem verregneten Samstagabend hat sich Kawa-Toni wieder etwas einfallen lassen. Mit Improvisationstalent – dutzende Sicherheitsnadeln seiner Frau fanden ein neues ‚Einsatzgebiet‘ – hat er die Elektrik am Kompaktstecker der Maschine durchgemessen. Der vermeintliche Defekt der Einspritzung stellte sich als einfacher Kabelbruch und fehlerhafte Zündspulen heraus. „Der Mann war überglücklich. […] Ich bin kein Gott. Aber ich gebe keine Ruhe bis das Motorrad richtig läuft.“, fasst der passionierte Schrauber das damalige Ereignis freudestrahlend zusammen.
Liebevoll widmet er sich den alten und neuen Maschinen – egal ob Kawasaki, Honda oder BMW. Erst jüngst hat er im Kundenauftrag eine alte Honda CX 500 originalgetreu wieder hergerichtet. Die Restauration ist handwerklich so perfekt gelungen, dass der begeisterte Besitzer spontan ein üppiges Trinkgeld auf die Rechnung packte.
Vorsprung durch Wissen
Den gelernten Betriebselektriker und ehemaligen Sporttaucher faszinierten schon früh Zweiräder jeglicher Art. Zu seinen ersten Motorrädern gehörte eine Ducati mit 175 ccm Hubraum, die er schnell gegen eine RD 350 eintauschte. Auf die Yamaha folgte wiederum eine 500er BMW aus dem Jahr 1953. Nach Feierabend ‚studierte‘ er deren Technik und eignete sich schnell ein umfangreiches Wissen rund ums Motorrad an. „Ich wollte alles wissen und habe dafür meine ganze Freizeit geopfert.“, fasst Anton Wolf zusammen. Ordner für Ordner verschlang er technische Detailbeschreibungen und erlangte seine Elektronik-Expertise bei einem Fernsehtechniker.
Für Kawasaki leistete Kawa-Toni echte Pionierarbeit. Als der japanische Motorradhersteller Mitte der 1970er Jahre den Import selbst in die Hand nahm, wussten viele Kawa-Händler oftmals nicht weiter. Sie wurden an Anton Wolf verwiesen oder er zeigte ihnen in der Frankfurter Kawasaki-Zentrale wie es geht. „Da kannte sich doch kaum einer mit den Motoren aus.“, berichtet er aus jenen Tagen. Und Peter Krüger, zuletzt Schulungsleiter bei Kawasaki, ließ sich in Sachen Elektronik anfangs in Seligenstadt beraten, bevor er selbst anfing Händler zu schulen.
„Ich habe noch nie in meinem ganzen Leben bei Kawasaki angerufen und gefragt ‚wie geht denn das?‘, sondern habe es immer alleine herausgefunden. Wenn ich nicht weiterkomme, kommt niemand mehr weiter. Darauf bin ich auch sehr stolz.“ , gerät er ins Schwärmen.
Selbst die Demontage der schweren Motoren bewerkstelligt er im Alleingang. Dank seines Erfindergeistes löst er die Aufgabe mit zwei Laufkatzen, Flaschenzug und einer selbstgebauten ‚Spinne‘, deren Geheimnis er aber nicht preisgibt.
Die Leidenschaft für Motorräder bestimmt sein ganzes Leben
Im Alter von 25 Jahren startete Anton Wolf 1966 in die Selbständigkeit, zunächst nebenberuflich und in Zusammenarbeit mit einem befreundete Autoschlosser. Er brachte das Zweitakter-Know-How mit, sein Freund Peter das notwendige Wissen über Viertaktmotoren.
„Das sprach sich schnell herum, denn Motorrad-Werkstätten gab es damals nahezu keine hier.“
Die berufliche Liaison löste er aber nach 18 Monaten wieder auf.
Sein jetziges Motorrad-Geschäft hat er dann schließlich 1968 offiziell angemeldet. Anfänglich kümmerte sich Anton Wolf um Motorräder von Honda, Kreidler , Zündapp , Herkules sowie Garelli, an denen das Technik-Genie im Auftrag von Neckermann schraubte. Noch im selben Jahr sprach ihn der Chef des Versandhändlers an, ob er nicht auch den Service für Kawasaki-Motorräder übernehmen möchte. Anton Wolf stimmte spontan zu und Neckermann importierte die ersten sechs Exemplare der Kawasaki W1 und W2 aus der Schweiz. Gebrochene Kupplungsstangen und anderen Macken, aber auch die damals schleppende Ersatzteilversorgung von über sechs Wochen führten in die Katastrophe. Schnell zog sich Neckermann aus dem missglückten Kawa-Abenteuer zurück und überließ dem neuen Generalimporteur Detlev Louis das Feld, der Anton Wolf zum ersten Kawasaki-Händler in Deutschland machte.
Als Kawasaki 1972 mit der Z1 900 das seinerzeit leistungsstärkste Serienmotorrad präsentierte, kannte die Begeisterung der Kunden keine Grenzen mehr. Die Z1 wurde zum Leitstern am Motorradhimmel und an Rabatte war damals nicht zu denken. Für eine Ausstellung in Maintal besorgte sich Kawa-Toni kurzerhand eine gelbe Z1 bei Detlef Louis. Im November 1972 fuhr er mit dem Zug in die Hansestadt und bei 4 Grad Außentemperatur ‚seine Maschine‘ von Hamburg in die hessische Heimat zurück. Die Ausstellung war ein voller Erfolg und Kawas gelber Leitstern von neugierigen Interessenten umlagert.
1976 eröffnete Kawasaki eine eigene Niederlassung in der Berner Straße in Frankfurt und kündigte Detlef Louis den Importeursvertrag. Anton Wolf blieb der Marke aber treu und machte 1985 ein zweites Geschäft in Hanau auf, welches überwiegend sein Sohn geführt hat. Aufgrund rückläufiger Motorradverkäufe schlossen beide den Standort aber 20 Jahre später wieder.
Auch auf den Rennstrecken zu Hause
Keine Krankheit und kein Unfall können den liebenswerten Tüftler von seiner Leidenschaft abhalten: „Meine Ablenkung ist hier. Das ist mein Leben.“ Wo andere längst ihren Ruhestand genießen, dreht der heute 73-jährige erst richtig auf. Im Gespräch spürte ich wie Kawa-Toni noch heute vor Motorrad-Begeisterung sprüht. Denn neben der Reparatur von Old- und Youngtimern gehörten auch Motorradrennen zu seiner Leidenschaft. Bis vor wenigen Jahren fuhr Anton Wolf mit seiner Kawasaki 750 Super Sport noch aktiv bei Rennsportveranstaltungen mit. Mit Ausnahme von England, war er auf fast allen Pisten Europas zu Hause.
„Most und Brno und waren allerdings meine Lieblingsrennstrecken.“, erinnert er sich an die gute, alte Zeit zurück.
Heute hat er seine Lederkombi an den Haken gehängt – vor 20 Jahren jedoch undenkbar.
Wie sehr er für die Sache brennt wird schnell klar, wenn ihn selbst ein schwerer Unfall nicht von seiner Passion für den Motorsport abhalten konnte. Was war passiert? Am 17. Juli 1993 fuhr der damals 52-jährige beim Rennen im tschechischen Most mit. An der Spitze des Rennfeldes liegend, verlor er in einer Kurve die Kontrolle über seine Maschine, stürzte heftig und zog sich schwerste Verletzungen zu. Trotz Aufenthalt auf der Intensivstation antwortete er nach der Genesung lapidar auf die Frage, ob er weiterfahren würde: „Klar mache ich weiter.“ RTL verfilmte zwei Jahre später das spektakuläre Ereignis für die Sendung NOTRUF.
Die Faszination für den Motorsport ist schon längst auf Sohn Thomas übergegangen. Vater und Sohn fuhren früher gemeinsam Rennen. Während der Senior in der 750er Klasse unterwegs war, bestritt der Junior das 500ccm Segment und bekam dank seines Helm- und Motorraddekors den Spitznamen „Pünktchen“. 2013 wurde Thomas Wolf auf einer Kawasaki ZXR 400 sogar Vizemeister in der Viertakt-Trophy. Trotz beider Laufsiege im tschechischen Most fehlten Thomas Wolf am Ende 2 Punkte auf Sieger Axel Jöst, den er bestens vom früheren Kawasaki-ZXR 400-Cup her kannte.
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