Yamaha GT50 – was ist denn das? Nein es ist kein Schreibfehler. Es ist keine Suzuki oder Zündapp sondern eine kleine Yamaha – ein in Deutschland ziemlich unbekanntes Modell. Daher zunächst ein wenig Geschichte: In den 60er Jahren waren insbesondere in den USA sogenannte Mini-Bikes mit 8, 10 oder 15-Zoll großen Rädern ein ganz großes Geschäft. Kleine Unternehmen wie Italjet oder Rockfort Motors aber auch Honda verkauften tausende dieser kleinen Maschinen, mit denen junge Amerikaner durch die Gegend düsten.

Yamaha griff also in den Baukasten und steckte 1970 seinen mit Drehschiebersteuerung ausgerüsteten 50er-Zweitakt-Motor mit liegendem Zylinder (in Deutschland unter anderem in der FS1 bekannt) in ein kleines Fahrwerk. Geboren war damit die Yamaha FT1, ein Minibike im Cross-Outfit mit hochgelegtem Auspuff und grob profilierten 15 Zoll-Reifen. Interessant war, dass das Moped mit vollständiger Elektrik inklusive Blinker ausgeliefert wurden. Auch eine lastabhängige Getrenntschmierung (Autolube) hatte Yamaha der FT1 verpasst. Nach Europa kamen nur ganz wenige dieser Maschinen die im Übrigen auch mit 60ccm als JT1 verkauft wurden.

Prospekt der Yamaha FT1

Prospekt der Yamaha FT1 (Foto: Peter Abelmann)

Yamaha GT50 löst die FT1 ab

1973 wurde die FT/JT1 von der GT50/80 abgelöst. Dabei handelte es sich um eine vollständige Neukonstruktion. Der Motor kam nun aus der RD/DT/TY50 Familie, hatte einen stehenden Zylinder und Membraneinlass. Neben dem Motor stammte auch der Rahmen aus diesem neuen Moped-Baukasten von Yamaha. Die Maschine bekam allerdings nur das 4-Gang Getriebe der Yamaha DT50. Der wesentliche Unterschied zu den „großen“ Geschwistern waren wiederum die kleinen Räder mit nur 15 Zoll und entsprechend kurzen Gabeln und Schwingen. Dabei war die Gabel (vollständig aus Stahl) sehr einfach aufgebaut. So hatte sie nur auf einer Seite eine Dämpfung – die Federung steckte im anderen Gabelrohr.

Neukonstruktion: Yamaha GT50 im Baukastensystem

Neukonstruktion: Yamaha GT50 im Baukastensystem (Foto: Peter Abelmann)

Für das kleine Leichtgewicht (64 Kilogramm trocken) reichte das aber aus. Mit einer Leistung von 4 PS musste die 50er in Deutschland allerdings als teures Kleinkraftrad zugelassen werden. Entsprechend selten sind die Maschinen verkauft worden. Die 80er Version hatte nur wenig Leistung mehr (4,6 PS) und musste sogar als Motorrad laufen. Meist wurden die kleinen Flitzer hinten aufs Wohnmobil geschnallt oder als Fahrerlagermopeds im Rennsport genutzt. Der 1979 in Japan vorgestellte Nachfolger mit Zentralfederbein kam dann allerdings nicht mehr nach Europa.

Wie der Zufall es wollte

Ich selbst bekam 2004 zum ersten Mal eine Yamaha GT50 zu sehen. Und das kam so: Bei einem Geschäftsessen kam ich mit einem Tischnachbarn über Hobbys ins Plaudern. Nachdem ich ihm über meine Yamaha-Leidenschaft erzählt hatte und er von seinen Ambitionen beim Moto-Cross berichtet hatte, sagte er wie aus dem Nichts zu mir: Ich hab da noch ´ne alte 50er Yamaha zuhause – die können Sie sich gerne abholen. Ist ziemlich rostig – aber meine Kinder sind damit über den Hof gebraust. Das lies ich mir nicht zweimal sagen und sammelte dieses arme verrostete „Ding“ ein. Sie wurde dann erstmal in meinem Schuppen abgestellt und „vergessen“. Zum Jahresanfang 2017 erzählte mir dann mein Bruder, das ein Freund von ihm ein Mofarennen auf seinem Acker veranstaltet – zusammen mit der Frage ob ich nicht ne 50er hätte… ich hatte – und zwar die GT50.

Die Yamaha GT50 ist hierzulande sehr selten

Die Yamaha GT50 ist hierzulande sehr selten (Foto: Peter Abelmann)

Aus Zeitgründen schaffte ich die GT also rostig wie sie war zu meinem anderen Bruder, der zugesagt hatte, sie zum Laufen zu bringen. Gemacht hat er dann recht wenig: Auspuff befestigt, Benzinhahn gedichtet, Vergaser mit Bremsenreiniger ausgesprüht und Luft auf die Reifen – und schon lief die kleine Yamaha. Bei den ersten Proberunden stellten wir noch fest, dass die Gabel klemmte – aber vor dem Rennen war keine Zeit mehr. Beim Rennen waren immerhin 15 Teams am Start, um sich im Februar eine Schlammschlacht sondergleichen zu geben.

Spaß statt ernst: Mopedrennen auf dem Acker

Spaß statt ernst: Mopedrennen auf dem Acker (Foto: Peter Abelmann)

Wir hatten unzählige Stürze, da die uralten und abgefahren Reifen null Grip boten und die Gabel feststeckte, aber es machte tierisch Spaß und wir waren voller Tatendrang für 2018. Das Jahr über hatte ich dann erstmal andere Projekte – aber zum Jahreswechsel begann ich mich mit der Yamaha GT50 zu beschäftigen. Ziel war es, ein funktionierendes Fahrwerk auf die Räder zu stellen, und ein wenig mehr Bodenfreiheit zu bekommen. Jetzt kam mir der Yamaha-Baukasten zugute.

Schrott wird flott

Fangen wir mal vorne an: Das Vorderrad wurde zur Verbesserung der Spurführung auf 17 Zoll vergrößert. Ich nutzte dazu ein Vorderrad einer Yamaha YL1, das ich noch im Fundus hatte. Das Rad bekam dann einen groben Heidenau-Reifen aufgezogen. Die Vorderradgabel wurde gegen ein deutlich stabileres und längeres Exemplar aus einer 125er AS3 ersetzt. Das hochgelegte Schutzblech kam von einer DT100 (Nachbau), außerdem gab es noch einen neuen Lenker und Griffe auch aus dem Fundus.

Schutzblech von einer DT100

Schutzblech von einer DT100 (Foto: Peter Abelmann)

Hinten kamen zwei deutlich längere Stoßdämpfer von Piaoli zum Einsatz, allerdings war dafür die originale Schwinge viel zu kurz. Kurzerhand orderte ich also per Ebay-Kleinanzeigen eine DT50 Schwinge die tatsächlich „plug and play“ passte und sicher 10 cm länger war. Es lebe der Baukasten! Das Hinterrad (nur 32 Speichen) sollte eigentlich nur gesäubert werden, aber ich stellte fünf gebrochene Speichen fest. Also alles auseinander und mit neuen Speichen neu machen. Jetzt kam ich langsam schon wieder in Zeitnot… das Rennen nahte!

Fünf gebrochene Speichen am Hinterrad der GT50 mussten getauscht werden

Fünf gebrochene Speichen am Hinterrad der GT50 mussten getauscht werden (Foto: Peter Abelmann)

Ein Problem war auch der Hinterreifen. 15 Zoll ist im Cross sehr ungewöhnlich – 14 ist hier das Maß der Dinge. Nach viel Sucherei fand ich dann einen Reifen in den USA, der zwar alt, aber sehr grob profiliert war. Anschließend stellte ich auch noch fest, das der Rahmen heillos verbogen war… doch ein Bekannter konnte kurzfristig mit Ersatz helfen. An einem langen Abend wurde also alles nochmal umgebaut. Blieb noch die Sitzbank – die deutsche Bank ist für zwei Personen ausgelegt und furchtbar hässlich. Daher hatte ich schon im Laufe des Jahres eine kurze Japan-Sitzbank besorgt. Die wurde nun mit neuem Bezug restauriert und alles war fertig für den zweiten Einsatz beim Ackerrennen!

Die kurze Sitzbank passt perfekt zur Yamaha GT50

Die kurze Sitzbank passt perfekt zur Yamaha GT50 (Foto: Peter Abelmann)

Vor Ort war die GT der Star der Veranstaltung. Viele fragten nach dem kleinen Moped und wir gingen mit großen Erwartungen an den Start. Das Fahrwerk funktionierte tatsächlich tadellos und wir waren gut im Rennen – bis der Motor aufgab. Beide Kolbenringe waren weggeflogen – anscheinend hatte der Kolben durch Verschleiß viel zu viel Spiel. Wurde trotzdem noch ein bierseliger netter Abend nach dem Rennen – aber es war klar was kommen musste: Motorüberholung.

Beide Kolbenringe der GT 50 hatten sich vom Acker gemacht

Beide Kolbenringe der GT 50 hatten sich vom Acker gemacht (Foto: Peter Abelmann)

Generalüberholung des GT50 Motors

Für das Rennen 2019 fing ich etwas früher an als im Vorjahr, damit ich nicht wieder in Zeitnot kommen würde. Der Motor wurde zerlegt und von Grund auf neu aufgebaut. Neue Kurbelwelle, neuer Kolben, Zylinder ausschleifen, Umbau auf ein 5-Gang-Getriebe aus der GT-MX (Crossvariante für die USA), alle Lager neu sowie eine elektronische VAPE-Zündung kamen nun zum Einsatz. Ein mechanischer federbelasteter Kettenspanner aus dem Zubehör (eigentlich für eine DT80MX) half jetzt die lange Kette auf Spannung zu halten. Um das Moped später auch mal auf der Straße fahren zu können. bekam sie nun auch eine Lichtanlage, Tacho und Zündschloss, einen verlängerten Seitenständer und zum Abschluss noch neuen Lack (passend zum DT100 Schutzblech) spendiert.

In diesem Jahr wurde die kleine Yamaha von Grund auf erneuert

In diesem Jahr wurde die kleine Yamaha von Grund auf erneuert (Foto: Peter Abelmann)

Das Rennen 2019 war ein riesiger Spaß – alles klappte wie gewünscht. Allerdings hatte die Konkurrenz extrem aufgerüstet. Gegen echte 50er Enduros vom Schlage einer Kreidler VanVeen Cross oder Fantic Caballiero hatten wir natürlich keine Chance. Auch dem Veranstalter passte dieses Wettrüsten nicht, so dass ab dem kommenden Jahr nur noch echte Mofas mit Pedalen zum Einsatz kommen dürfen. Für die auf gepimpte GT50 heißt es daher, sich nun nicht mehr im Matsch abmühen zu müssen, sondern nur noch gelegentlich für Ausfahrten oder als Fahrerlagermoped herhalten zu dürfen. Ich finde es hat sich gelohnt!

50 Kubikzentimeter Spaß

50 Kubikzentimeter Spaß (Foto: Peter Abelmann)

 

Euer Peter Abelmann

 

Anmerkung: Wer mehr über die Yamaha-Zweitakter erfahren möchte, findet in Peters Buch viele, lesenswerte Informationen.