Kawasaki Z750 – der unterschätzte Tourer
„Was war das denn?“, fragten sich vermutlich viele Ende 1975? Stand nicht die englische Motorradindustrie kurz vor ihrem Untergang, die mit bornierter Vergangenheitsliebe im geistigen Gestern an traditionellen Parallel-Twin großer Bauart festhielt? Hatte nicht Yamaha zwei Jahre zuvor einen kapitalen Fehlstart mit der TX 750 hingelegt und mächtig Lehrgeld für thermische Probleme und ausgeleierte Balancer-Ketten gezahlt? Löste sich etwa der langjährige Trend zu Drei- und Vierzylinder-Reihenmotoren für großvolumige Maschinen auf? Wie also wollte man das Debüt der Kawasaki Z750 deuten?
Als der japanische Motorradhersteller die Maschine mit dem Parallel-Twin-Motor Ende 1975 vorstellte, fiel der konservative Langstreckenläufer nicht besonders auf. Das PS begeisterte Publikum schielte entweder auf die gleichzeitig vorgestellte Z 650 mit Vierzylinder-Viertaktmotor, welche die 750er in Sachen Leistung und Endgeschwindigkeit überbot, oder auf die schon zu Lebzeiten legendäre „Über“-Kawasaki 900 Z1.
Dabei hatte der nur 50 PS starke Twin ganz andere Qualitäten als die Konkurrenz aus dem eigenen Haus. Mit innovativer wie solider Technik, viel Bums aus dem Drehzahlkeller und einem kurvenwilligen Fahrwerk war die Kawasaki Z 750 B ein traumhaftes und zuverlässiges Motorrad gleichermaßen. So ließ sich auch Franz Josef Schermer in seinem berühmten MOTORRAD-Test von 1976 zu dem Resümee hinreißen, dass „sie die beste 750er Engländerin sei, die je in Japan gebaut wurde.“
Trotz dieser Qualitäten und Lobeshymnen war sie dennoch schwer an den Mann zu bringen. So setzte Kawasaki in Deutschland bis einschließlich 1979 gerade einmal 1.500 Exemplare für jeweils 6.500 DM ab. Ein neues Erwachen fand die Z 750 im Jahre 1983, als sie aus ihrem Dornröschenschlaf als Softchopper Z 750 LTD erwachte. Heute ist sie im Auslieferungszustand äußerst selten geworden, denn viele dieser Oldtimer dienen als Basis für Cafe Racer Umbauten.
Die Kawasaki Z750 bot mächtig Dampf schon bei 3.000 U/min
Während die Vierzylinder von Kawasaki erst kurz dem roten Bereich des Drehzahlmessers giftig wurden, konnte der gleichlaufende 750er Twin mit einer bärigen Kraft aus dem Drehzahlkeller punkten. Denn das maximale Drehmoment von 60 Nm lag schon bei 3.000 U/min an, die maximale Leistung von 50 PS bei 7.000 U/min. Dieser Kraftverlauf ermöglichte eine äußerst schaltfaule und gelassene Fahrweise. Zwei Gleichdruckvergaser von Mikuni – Typ: BS 38 – bezogen ihre Frischluft aus einem auswaschbaren Luftfilterelement und versorgten die beiden Brennräume mit dem Benzin-Luft-Gemisch. Im Durchschnitt genehmigte sich der „Zwilling“ 6,4 Liter Benzin und ermöglichte somit einen Aktionsradius von ca. 215 Kilometer.
Mit einem quadratischen Verhältnis von Bohrung und Hub (jeweils 78 Millimeter) kam der gleichlaufende Parallel-Twin (beide Kolben bewegen sich gleichzeitig auf und ab) auf einen Hubraum von exakt 745,4 ccm sorgte. Die Ingenieure hielten somit auch den Verschleiß aufgrund relativ niedriger Kolbengeschwindigkeit gering. Der Zylinderkopf war zeitgemäß mit zwei Nockenwellen, Tassenstößeln und Einstell-Shims zur Ventilbetätigung ausgerüstet. Ein Novum in der 750er Klasse: Zur Unterdrückung der bei Twins üblichen Vibrationen sollten eine gleitgelagerte Kurbelwelle und zwei Ausgleichswellen sorgen, was sich in der Praxis damals tatsächlich bewährte. Die beiden Ausgleichswellen drehten sich in zur Kurbelwelle entgegengesetzter Richtung und verfügten über eine automatische Kettenspannung. Die Kawasaki-Konstrukteure hatten dem vorherigen Schlamassel einer Yamaha TX 750 besonders viel Augenmerk geschenkt und eine passende technische Lösung aus Gleitschienen und Bügeln entgegengestellt.
Beim Getriebe und Antrieb machte Kawasaki keine Experimente. An Ort und Stelle kamen ein bewährtes klauengeschaltetes Fünfganggetriebe, eine Mehrscheibenkupplung in Ölbad und ein Sekundärantrieb über Kette zum Einsatz. Gestartet wurde entweder mit Elektrostarter oder mit Muskelkraft über den Kickstarter. Warum Kawasaki der elektrischen Anlage nur eine einfache kontaktgesteuerte Batterie-/Spulenzündung mit einem Unterbrecher und nur einer Zündspule gönnte bleibt ein Rätsel. Denn bereits die 750 H2 Mach IV besaß die robuste und wartungsarme C.D.I.-Zündanlage, bei der es einfach keine beweglichen Teile gab, die einzustellen waren oder sich abnutzen konnten.
Akustisch war die Z 750 eher ein „Mäuschen“, die Ansaug- und Auspuffgeräusche liefen streng nach Vorschrift und so mancher Zweizylinderfan war vom Sound der Kawasaki maßlos enttäuscht, statt des Twin-Sounds war nur der verhalte Geräuschpegel rotierender Bauteile im Aggregat zu vernehmen.
Kurvenfest und bremssicher
Ein Pluspunkt der 180 km/h schnellen Kawasaki Z 750 waren Rahmen und Fahrwerk. Die Erinnerung an vorhergegangene Zweitakter als auch an die Z-1R Super Four hinterließen noch einen üblen Nachgeschmack, oft war der Motor schneller als die Bremsen wieder verzögern konnten und der Rahmen ächzte unter den Beschleunigungswerten.
Der verbaute Doppelschleifenrahmen hatte keine Mühe das Motorrad mit seinem vollgetankten Gewicht von 235 Kilogramm plus Fahrer sicher durch die Kurven zu tragen. Einziger Kritikpunkt waren die zu straff abgestimmten hinteren Federbeine, was durch Einbau von Fremdfabrikaten kompensiert wurde. Während hierzulande ausschließlich Modelle mit Drahtspeichenrädern ausgeliefert wurden, gab es die Z 750 B auf der „Insel“ auch mit Gussrädern.
Die Kawasaki Z750 war die erste Kawasaki, die serienmäßig mit Scheibenbremse am Hinterrad (230 mm) und Vorderrad (245 mm) ausgerüstet wurde. Allerdings setzte die vordere Scheibenbremse eine potente Bremshand voraus. Optional konnte man sich eine zweite Scheibenbremse am Vorderrad nachrüsten, was sich Kawasaki aber gut bezahlen ließ. Die Tauchrohre und Vorderradnaben aller B-Modelle sahen entsprechende Aufnahme bzw. Gewinde für eine zweite Bremsscheibe bereits vor.
In der Bauzeit zwischen 1976 und 1984 wurden recht viele Modelle entworfen und produziert, grundsätzlich lassen sich Straßenmaschinen (B-Modelle) und Softchopper (LTD-Modelle) unterscheiden. Die meisten der hier aufgeführten Modelle nach 1979 waren ausschließlich für den amerikanischen Markt vorgesehen. Die Modellpflege beschränkte sich im Wesentlichen auf verschiedene Lackierungen, Dekors und Schriftzüge. Bei den Modellen von 1976 und 1977 saß die Hinterradschwinge noch in Buchsen, ab Z750 B3 (1978) in Nadellagern. Ebenfalls 1978 gab es eine geänderte Bremssattelaufnahme – jetzt hinter den Tauchrohren – und einen trapezförmigen statt runden Hauptbremszylinder.
Kaufberatung und Preisspiegel
Eigentlich ist die Kawasaki Z750 B ein robuster Oldtimer mit Nehmerqualitäten. Sie ist aber technisch recht aufwändig konstruiert. Mochten die vielen Ketten und Ausgleichswellen vor 40 Jahren mustergültig funktioniert haben, so stellen sie heute ein echtes Problem dar. Denn Verschleiß aus vier Jahrzehnten geht an der „japanischen Engländerin“ auch hier nicht spurlos vorüber.
Ralf Gille, Spezialist für W-Modelle und Triples aus dem Hause Kawasaki, berichtet von einem aktuellen Restaurationsprojekt:
„Das mit den Z750-Motoren ist eine ganz ärgerliche Geschichte. Da hat Kawasaki überhaupt keine Ersatzteilhaltung betrieben und man bekommt heute überhaupt keine Teile für die Dinger. In der Regel sind alle Spannschienen kaputt. Da geht mit den Jahren der Kunststoff weg und dann fangen die Ketten an am Aluminium zu schleifen und machen auch das Ritzel auf der Kurbelwelle kaputt.“
Die Experten der Z 750 Twin Interessengemeinschaft haben einen wichtigen Montage-Tipp parat:
„Wird zuerst die Steuerkette gespannt, dann der Deckel montiert, ist die Steuerkette im wahrsten Sinne des Wortes bis zum Zerreißen gespannt. Steuerkettenriss und kapitaler Motorschaden können die häufige Folge sein!“
Ein weiterer Schwachpunkt sind die Anlasserfreiläufe, die gerne kaputt gehen. Eine oftmals undichte Zylinderkopfdichtung sorgt für sichtbare Ablagerungen am Zylinderfuß. Positiv: Verschleißteile sind für überschaubares Geld zu haben und für die Demontage des Zylinderkopfes kann der Motor im Rahmen verbleiben. Das spart mächtig Zeit und Nerven. Z750 Twin Besitzer Carsten hat im April 2016 seine Maschine restauriert und hier darüber berichtet.
Mit 1.500 hierzulande abgesetzten Maschinen, gehört die Z750 B in die Kategorie „vom Aussterben bedroht“. Obwohl selten, bewegen sich die Preise für gut gebrauchte Exemplare lauf Classic-Data zwischen 3.700 und 4.700 Euro. Weltweit war der Erfolg mit 44.805 verkauften Z750 größer.
Kawasaki Z750 B – technische Daten
Einheit | Z 750 B1 | Z 750 B2 | Z 750 B3 | Z 750 B4 | ||
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1. Fakten | ||||||
Produktionszeit | Jahr | 1976 | 1977 | 1978 | 1979 | |
Nummerierung | KZ750B-000001 - 014947 | KZ750B-016101 - 025629 | KZ750B-25701 - 033033 | KZ750B-033101 - 046100 | ||
Farben | Diamond Red | Diamond Navi Blue, Diamond Brown | Luminous Dark Green, Luminous Dark Red | Luminous Brown, Midnight Blue | ||
Neupreis | DM | 6.500 DM | 6.636 DM | 6.636 DM | ||
2. Motordaten | ||||||
Motortyp | 2-Zylinder, 4-Takt | 2-Zylinder, 4-Takt | 2-Zylinder, 4-Takt | 2-Zylinder, 4-Takt | ||
Ventilsteuerung | DOHC, 2 Ventile/Zyl. | DOHC, 2 Ventile/Zyl. | DOHC, 2 Ventile/Zyl. | DOHC, 2 Ventile/Zyl. | ||
Nockenwelle | 2 obenliegend | 2 obenliegend | 2 obenliegend | 2 obenliegend | ||
Hubraum | ccm | 745 ccm | 745 ccm | 745 ccm | 745 ccm | |
Bohrung | mm | 78,0 mm | 78,0 mm | 78,0 mm | 78,0 mm | |
Hub | mm | 78,0 mm | 78,0 mm | 78,0 mm | 78,0 mm | |
Verdichtungsverhältnis | 8,5:1 | 8,5:1 | 8,5:1 | 8,5:1 | ||
Vergaser | 2 Mikuni-Gleichdruck-vergaser (BS 38) mit je 38 mm | 2 Mikuni-Gleichdruck-vergaser (BS 38) mit je 38 mm | 2 Mikuni-Gleichdruck-vergaser (BS 38) mit je 38 mm | 2 Mikuni-Gleichdruck-vergaser (BS 38) mit je 38 mm | ||
3. Leistungsdaten | ||||||
Leistung | PS | 50 PS | 50 PS | 50 PS | 50 PS | |
bei Drehzahl | min-1 | 7.000 U/min | 7.000 U/min | 7.000 U/min | 7.000 U/min | |
Drehmoment | Nm | 60 Nm | 60 Nm | 60 Nm | 60 Nm | |
bei Drehzahl | min-1 | 3.000 U/min | 3.000 U/min | 3.000 U/min | 3.000 U/min | |
Leistungsgewicht | Kg/PS | 4,3 Kg/PS | 4,3 Kg/PS | 4,3 Kg/PS | 4,3 Kg/PS | |
Höchstgeschwindigkeit | km/h | 180 km/h | 180 km/h | 180 km/h | 180 km/h | |
4. Abmessungen | ||||||
Länge | mm | 2.210 mm | 2.210 mm | 2.210 mm | 2.210 mm | |
Radstand | mm | 1.460 mm | 1.460 mm | 1.460 mm | 1.460 mm | |
Leergewicht | Kg | 216 Kg | 216 Kg | 216 Kg | 216 Kg | |
5. Bremse | ||||||
Bremse vorn | 1 Scheibe 245 mm | 1 Scheibe 245 mm | 1 Scheibe 245 mm | 1 Scheibe 245 mm | ||
Bremse hinten | 1 Scheibe 230 mm | 1 Scheibe 230 mm | 1 Scheibe 230 mm | 1 Scheibe 230 mm | ||
6. Antrieb | ||||||
Getriebe | 5-Gang Fußschaltung | 5-Gang Fußschaltung | 5-Gang Fußschaltung | 5-Gang Fußschaltung | ||
Antrieb | Kette | Kette | Kette | Kette | ||
Starter | Kickstarter, E-Starter | Kickstarter, E-Starter | Kickstarter, E-Starter | Kickstarter, E-Starter |
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Vielen Dank für diese interessante Zusammenfassung !
Die Abmessungen der Bremsscheiben beziehen sich nicht auf die Aussenmaße.
Da sind die Scheiben schon etwas größer 😉
Das Leergewicht wird in anderen Quellen mit 235 kg angegeben, läßt sich aber mit entsprechenden Umbauten bis auf ca. 200 kg reduzieren.
Hat mich sehr gefreut die Modellvorstellung der Kawasaki Z750Twin (B-Modell) hier zu lesen.
Michael, Webmaster der z750twin.de
Herzlichen Dank für die sehr gute und ausgewogene Darstellung.
Als Eigentümer einer originalen B2 kann ich die geschilderten positiven Eigenschaften nur unterstreichen. Mit den genannten wenigen Mankos läßt sich sehr gut leben. Vor allem, wenn man sich als Mitglied der sehr hilfsbereiten z750-Twin-IG miteinander austauschen kann.
Das Fahren mit diesem unterschätzten Oldtimer macht auch nach 40 Jahren immer noch sehr viel Spaß! Ein sehr gelungenes Motorrad, dass sich auch heute noch vor modernen Motorrädern nicht verstecken muss.
Ralf, z750-Twin-IG