Spätestens mit dem erfolgreichen Debüt der Kawasaki 900 Z1 Anfang der 1970er Jahre entwickelte sich ein regelrechter Appetit nach großvolumigen und schnellen Motorrädern. Denn in Sachen Fahrleistung setzte das 79-PS-Biest 1972 völlig neue Maßstäbe. Seit dieser Zeit ist die „Hubraumformel“ mit 900 Kubik aus Kawasakis Motorenprogramm nicht mehr wegzudenken. Während sich andere GPZ-Maschinen bis 1985 mit Zweiventilsteuerung und Luftkühlung im Programm hielten, brach 1984 der japanische Hersteller bei der Kawasaki GPZ 900 R gnadenlos mit dieser langjährigen Tradition.
1983 auf der kalifornischen Rennstrecke ‚Laguna Seca‘ vorgestellt, packte Kawasaki alles in die völlig neu konstruierte GPZ900R. Der neue Motor bekam vier Zylinder, jeder mit vier Ventilen versehen, die beiden Nockenwellen wurden nun von einer außen liegenden Steuerkette angetrieben und eine wirkungsvolle Wasserkühlung stellte sicher, dass sich der temperamentvolle Bursche mit seinen 115 PS nicht in einen ‚Hitzkopf’ verwandelte.
GPZ 900 R – der Star aus dem Film „Top Gun“
Mit einem bemerkenswerten Doppelsieg beim anspruchsvollen Tourist-Trophy-Rennen auf der ‚Isle of Man‘ untermauerte Kawasaki bereits im Debütjahr 1984 die Leistungsfähigkeit des damals noch unbekannten Sporttourers. Dieser Erfolg begründete die heutige Ninja-Legende. Spätestens mit dem Film „Top Gun“ erlangten die giftgrünen Performance-Renner jedoch absoluten Kultstatus. Aufmerksamkeitsstark setzte Tom Cruise 1986 die Kawasaki GPZ 900 R in Szene. Ihn selbst machte „Top Gun“ zum erfolgreichsten Hollywood-Star seiner Generation.
Der agile Klassiker begeistert noch heute seine Besitzer
Mit mehr als 74.000 verkauften Ninja-Motorrädern konnte Kawasaki vor zwei Jahren auf eine 30-jährige Erfolgsgeschichte zurückblicken. Heute ist die „Ninja“, wie sie zunächst nur in den USA hieß, weltweit der Inbegriff für das ultimative Supersportmotorrad und vor über 30 Jahren neue Maßstäbe in Sachen Leistung, Handling und Aerodynamik. Revolutionär war der 16-Ventil-Motor der GPZ 900 R, der in der Spitze 115 PS an das Hinterrad wuchtete. Hierzulande war Kawasakis Super-Bike auf 98 PS beschränkt, da sich die Zweiradhersteller auf eine Leistungsgrenze von 100 PS verständigt hatten.
GPZ-Besitzer Arnd B. zu nippon-classic.de: „Sie ist auch heute noch nach wie vor ein tolles Motorrad, ich würde sogar sagen der beste Wurf von Kawasaki. Die GPZ 900 R ist aber auch ein Witwenmacher und sollte selbst heute nicht unterschätzt werden.“
Der Name „Ninja“ geht auf eine zufällige Idee des früheren Kawasaki Marketing-Direktors, Mike Vaughan, zurück. Vaughan war Mitte der 1960er Jahre in Japan stationiert und beschäftigte sich dort mit der Geschichte der wendigen und schnellen Krieger. Deren Image war allerdings in der japanischen Kultur nicht besonders positiv. Es verwundert daher nicht, dass das Kawasaki-Management etwas mehr Überzeugungskraft erforderte, um den Namen imageträchtig einsetzen zu können. Doch es gelang.
Der Kawasaki GPZ900R Motor
Der gleitgelagerte, flüssigkeitsgekühlte Ninja-Reihenvierzylinder leistete aus exakt 908 ccm Hubraum eine Maximalleistung von 115 PS bei 9.500 U/min, die allerdings deutschen Käufern nicht vergönnt gewesen war. Aber auch 98 Pferdchen waren für den 228 Kilogramm wiegenden Supersportler mehr als ausreichend und genügten für eine Höchstgeschwindigkeit der Kawasaki GPZ900R von 240 km/h, deren Revier klar die Autobahn war und ist.
Obwohl der Motor mit 72,5 mm Bohrung und 55 mm Hub ganz klar auf Drehzahlen ausgelegt war, überzeugte er mit einem hohen Drehmoment von 79 Nm und der damit verbundenen Durchzugsstärke. Bereits ab 7.500 Touren schob das Triebwerk Motorrad und Fahrer vehement nach vorn und drehte spielend weit in den roten Bereich hinein.
Unter dem Leichtmetallkleid verbauten die Kawaski-Techniker hierfür auch das Allerneueste, was japanische Ingenieurskunst 1984 zu bieten hatte. Zwei obenliegende Nockenwellen, vier Ventile pro Zylinder über Schlepphebel betätigt und – durch eine nach außen verlegte Steuerkette – gerade Einlasskanäle sorgten für eine höhere Leistung als sie 12 Jahre zuvor noch möglich erschien. Vier ‚CVK34‘ Keihin-Vergaser mit jeweils 34 Millimeter Durchlass versorgten die vier Brennräume mit Zunder.
Ausgeklügelt – das GPZ 900 R Ninja Fahrwerk
Das ‚Backbone‘ der Kawasaki GPZ 900 R besteht aus einem Diamond-Brückenrahmen aus Stahlrohr. Da die Kawasaki-Konstrukteure dem Motor unschöne Vibrationen mittels Ausgleichswelle abgewöhnten, fungierte der Vierzylinder-Motor – starr mit dem Rahmen verschraubt – als mittragendes Rahmenelement. Ebenfalls verschraubt, um die Endloskette leicht wechseln zu können, waren die beiden Aluminiumplatten, die zu beiden Seiten die Hinterradschwinge und Fußrasten tragen. Die Heckpartie bestand ebenso aus verschraubtem Leichtmetall.
Ein Kawasaki-Novum war die erstmals in der GPZ 900 R verbaute, zentral gelagerte Hinterradschwinge mit umgelenktem, luftunterstütztem Zentralfederbein. Um eine weitere Versteifung der Konstruktion zu erreichen, wurden die Alu-Schwingenarme mit zusätzlichen Blechen zwischen Rad und Schwingenlagerung verschweißt. Ebenfalls neu war, dass die Hinterachse über separate Exzenter in der Schwinge und nicht mit dieser selbst verschraubt war. Somit konnte die Kette auf einfache Weise gespannt werden. Die Hinterachse musste dabei nicht gelöst werden.
Ebenfalls mit Luftunterstützung arbeitete die Telegabel mit progressiv arbeitender Dämpfung. Kawasaki taufte das Ganz „Automatic Variable Damping System“ (AVDS). In der Praxis erwies sich das Anti-Dive System als relativ wirkungslos und das kleine 16 Zoll Vorderrad als nicht beste Lösung, weshalb die letzten Modelle ein 17 Zoll Rad spendiert bekamen. Insgesamt geriet die Telegabel in ihrer Grundabstimmung zu hart und unkomfortabel, trotz 140 mm Federweg.
Durch den langen Radstand von 1.500 mm hat die Kawasaki GPZ 900 R einen hervorragenden Geradeauslauf und vermittelt ein sicheres Fahrgefühl auch bei hohen Geschwindigkeiten auf der Autobahn.
Typische Problemstellen der Kawasaki GPZ 900 R
Der anfällige Steuerkettenspanner der ersten Modelle gilt als bekanntes Problem der 900er Ninja. Hier hatte Kawasaki im Laufe der Modellentwicklung nachgebessert. Ansonsten gilt der Motor als Dauerläufer und erfreut sich problemlos sechsstelligen Kilometerständen. Längere Standzeiten können für Rostansatz im Tank sorgen und die Ansaugstützen können mit der Zeit rissig geworden sein (Falschluft!).
Das Kraftfahrtbundesamt zählte Ende 2013 noch 3.700 Maschinen in seinem Melderegister. Exemplare mit hohen Laufleistungen zw. 50.000 und 95.000 Kilometer sind für deutlich weniger als 1.000 Euro zu haben. Eine seltene Kawasaki GPZ900R im top Originalzustand und aus erster Hand mit wenigen Kilometern und lückenlos gepflegtem Scheckheft reichen dann schon an die 5.000 Euro heran.
Kontakt unter: info@becker-autos.de
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Hallo liebes Redaktionsteam,
wie wäre es denn einmal mit einer kleinen Story über die „Kronprinzen“ der 900er-Flagschiffe, nämlich seinerzeit die KAWASAKI Z 750 Four (Z2) oder RS und die GPZ 750 R.
Lange standen die beiden Modelle im Schatten ihrer zeitgenössischen größeren Schwestermodelle und wurden auch entsprechend weniger verkauft, was sie auf dem Classic-Markt umso interessanter macht.
In den Fahrleistungen nicht wirklich schlechter, waren die Preise (die Z2 wurde über Detlev Louis parallel nach DE importiert ) um einiges billiger.
Ich selber fahre eine GPZ 750 R Modell G3 aus 1986 und freue mich jedesmal auf einen „Ausritt“. Lt. KBA waren Ende 2014 von diesem Typ noch 160 Maschinen in DE zugelassen.
Als Infoquellen kann ich das Forum 900r.de und die homepage 750RS.webs.com sehr empfehlen.
Über einen „Kronprinzen-Artikel“ würden sich glaube ich einige Fahrer und Fans sehr freuen.
Beste Bikergrüße aus Krefeld
Frank Colling
Hallo Frank,
das ist eine super Idee, die wir gerne aufgreifen. Lass uns mal nächste Woche dazu sprechen.
viele Grüße
Jens
Hallo Jens,
sehr gerne. Ich bin nämlich bei Eurer Themenauswahl und der Vorstellung Eurer „Titelhelden“ auf das angenehmste überrascht, da Ihr auch die sog. „Mauerblümchen“ mit vorstellt und bewertet. Klar kennt jeder der Generation Ü40 eine Kawasaki H1 750 oder eine Honda CB 750 Four K0 bis K7 oder die netten Suzukis der GS-Baureihe; aber abseits der damaligen Verkaufsrenner gibt es viele Modelle, die es verdienen, einmal genauer vorgestellt zu werden, die Ihr auch schon im Fokus hattet. Dafür vorab schonmal ….DANKE….!
Gruß
Frank
Das sehe ich ganz genau so und freue mich, das auf dieser Plattform auch die unbekannteren Schätze ihrer Zeit Erwähnung finden. Das ist genau das, was den Unterschied zum üblichen Mainstream-Journalismus ausmacht. Ich entdecke selber ständig neue attraktive „Mauerblümchen“, die den „everybodies Darlings“ häufig im Detail sogar die Show stehlen können. Und sind wir mal ehrlich: die Herausforderung, ein Nischenmodell zu restaurieren und die hierfür nicht im „Katalog“ erhältlichen Teile aufzutreiben, ist die wahre Herausforderung. Und verdient echte Wertschätzung! Insofern Danke – sowohl an die Macher als auch an NC/Jens.
Gruß, Markus
[…] mussten sich alle Folgemodelle (GPZ 1000 RX, ZX 10 Tomcat) an der überaus erfolgreichen Kawasaki GPZ 900 R an ihrer ikonischen Vorgängerin in Punkto Ausgewogenheit, Handling und Fahrspaß abarbeiten. Bei […]