Vor einigen Tagen traf ich mich mit Carlo und Bastian Dötsch in Hildburghausen um mit ihnen über ihr letztjähriges Umbau-Projekt zu sprechen. Da die „Golden Ei“ getaufte Maschine eine gewisse „Radikalität“ mitbringt, war ich auf die Motivation der beiden thüringischen Custom-Stars umso gespannter die W650 Golden Ei zu sehen.
Inspiriert von einer X-Road
„Wir haben ja schon einige “W“ umgebaut und die „Golden Ei“ ist nicht unser erstes Custom-Bike.“, geht Carlo auf meine Frage ein. Wenn man schon über ein Dutzend W650 gechoppt hat, muss man halt mal was Neues machen. Wir haben uns damals auch mal in Japan umschaut, aber die Projekte dort sind viel zu extrem und wären hier gar nicht realisierbar, weil es entweder die Zulassung nicht erlaubt oder es den Geschmack der deutschen Motorradfahrer nicht triff.“
Bis dato gab es noch kein W650 Custom-Bike, bei dem die Auspuffanlage hinten durch die Sitzbank geht. Und so ließen sich Carlo und Bastian ein Stück weit von einem Supermoto-Bike inspirieren, der Sachs X-Road 125, bei der der Auspuff oben zentral herauskommt.
„Darauf basiert der Grundgedanke zur W650 „Golden Ei“ und den Rest der Maschine haben wir quasi um die Auspuffanlage herumgebaut, wenn man das so sagen will.“
Ziel der beiden Schraubertalente war es die Maschine so weit wie möglich schlank zu halten und vor allem die Verkabelung zu cleanen. Hierbei war es beiden sehr wichtig, dass auch die Kabel, die unten vom Motor kommen, ebenfalls im Rahmen verschwinden. Auch der Lenker wurde gecleant, so dass man bei der „Golden Ei“ eigentlich nur ein Kabel vom Vergaser sieht. Die Verkabelung im Fahrwerk unterzubringen war insgesamt auch die größte Herausforderung an diesem Scrambler-Projekt.
Die W650 „Golden Ei“ folgt einem klaren Farbkonzept
Farblich hatten sich die Dötsch-Brüder schnell auf eine zeitlose Kombination aus gold und schwarz geeinigt, die man auch noch in 20 Jahren gerne anschaut. Wichtig war ihnen dabei, dass die verschiedenen Teile alle denselben Goldton bekommen.
Ein Kunde aus Baden-Württemberg sprach Zweirad-Dötsch an um die goldenen Felgen seiner Kawasaki W800 schwarz eloxieren lassen. Da allein so ein hinterer, gold-eloxierter Felgenring bei Kawasaki rund 700 Euro kostet, wurden sich beide Parteien schnell einig. Die Dötschs bekamen den goldenen Felgensatz, der Kunden einen schwarzen aus der thüringischen Werkstatt.
Damit die Optik perfekt wurde, musste unbedingt auch die Telegabel in der Farbe des beliebten Edelmetalls erscheinen. Für die Behandlung der Tauchrohre haben Carlo und Bastian deutschlandweit fünf Firmen angesprochen, die aber alle ablehnten. Einzig ‚SO Products‘ war in der Lage die Tauchrohre goldfarbig mit Titan-Nitrid zu beschichten. Im Ergebnis entsteht eine schöne und sehr harte, verschleißfeste Oberfläche. Für 350 Euro war die Sache geritzt.
Neben Tank-Linierung und Kawasaki-Schriftzug, taucht der Farbton nur noch bei den kleinen Ventilkappen im Handgranaten-Look auf. Ansonsten verzichtete Carlo bei dem geradlinigen W650 Scrambler auf unnütze Spielereien.
Der „Golden Ei“ Tank stammt von einer Kawasaki KH125, die es nicht so oft in Deutschland gibt. Wie es der Zufall wollte, hatten die versierten Bikebuilder aus Hildburghausen damals ein Kunden-Motorrad in der Werkstatt. Nach einer ‚Anprobe‘ stand fest, dass so ein Tank ideal für die „Golden Ei“ ist, da er lang genug war um die Sitzbank nicht zu weit nach vorn kommen zu lassen. Nach einiger Suche fand sich auch tatsächlich der gewünschte Tank. Natürlich musste Carlo den gesamten Tunnel am Tank umarbeiten, bis das kleine Spritfass perfekt auf der W650 saß.
Elektronik und Verkabelung waren tricky
Bei den „inneren Werten“ bestand die größte Herausforderung darin, die „Elektronik der Japaner „auszutricksen“, das sie nur sehr schwer zu verstehen ist. Selbst das Werkstatthandbuch gibt kaum Aufschluss darüber. Lösung des Problems? Messen, Testen und Anpassen. Der Lenker war dabei zeitlich das aufwändigste Teil. Heute laufen darin 13 Kabel durch, was nur mit einem Zoll-Lenker machbar gewesen ist.
Als digitale Steuereinheit für das Motorrad verbaute Zweirad-Dötsch das Tastersteuerungssystem m-Unit V.2 von Motogadget, das nun das Herz der gesamten Fahrzeugelektrik bildet. Mit dem programmierbaren System bringt die W650 „Golden Ei“ nun ein paar nette Features mit. So verfügt der Scrambler über eine Warnblinkanlage und Mini-Blinker, die nach einmaligen Tastendruck dreimal blinken und wieder von allein stoppen.
Die W650 „Golden Ei“ ist laut, leicht und schnell
Bei den Endschalldämpfern fiel die Wahl auf eine Laser X-Treme GP Auspuffanlage, die eigentlich für eine Yamaha R6 gedacht ist. Laser warnte bereits vor, dass die Anlage „brutal laut“ wird, weswegen Carlo vier Dezibel-Killer nachträglich in die Endschalldämpfer verbaute. Ohne dieses Update könnte man die „Golden Ei“ nicht einmal mit 50 Sachen durch die Ortschaft bewegen. Mit der modifizierten Laser-Anlage hört sich der Dötsch-Scrambler nun nicht mehr wie eine Kawasaki W650 an, sondern vielmehr wie eine Einzylinder-Enduro.
Heute steht die radikal umgebaute W650 knapp 40 Kilogramm leichter da und bringt nur noch rund 180 Kilogramm auf die Waage. Es ginge zwar noch mehr, versichert Carlo, aber einige Sachen wurden bewusst nicht auf Gewichtsoptimierung getrimmt.
So besteht der Lenker aus Stahl und nicht aus leichtem Alu. Felgen, Speichen und Bereifung bieten weiteres Potenzial, aber als Scrambler muss die W650 auf schweren Stollenreifen laufen. Um auf die Verkabelung des Seitenständers verzichten zu können, hat das „Golden Ei“ den Hauptständer behalten. Denn der serienmäßige Seitenständer verlangt nach Strippen zum Kupplungsschalter, Seitenständerschalter und zur Diodenschaltung. Natürlich ginge auch ein automatisch hochklappender Seitenständer, aber die leiern viel zu schnell aus und dem eigen Qualitätsanspruch zuwider läuft:
„Wir bauen ja nur etwas, was man auch lange Zeit fahren kann. Unsere Umbauten sind ja keine reinen Show-Bikes, sondern sollen auch fahrbar sein.“
Kontakt zu Zweirad-Dötsch unter http://www.zweirad-doetsch.de/
Hinterlasse einen Kommentar