Erst kürzlich hatten wir über den Einstieg von Kawasaki bei Bimota berichtet. Auf der EICMA 2019 wurde nicht nur die Übernahme von 49,9 Prozent der Anteile durch Kawasaki verkündet, sondern zugleich die neue Bimota H2 Tesi enthüllt. Das edle Sportmotorrad steht ganz in der Tradition der Marke Bimota, allerdings mit Kawasaki-Motor. Die Marke Bimota zählt zweifelsohne zu den Perlen im italienischen Motorradbau, bewegte sich aber immer mal wieder nahe und auch jenseits des wirtschaftlichen Abgrunds. Mit Kawasaki als Anteilseigner werden künftig stabilere Zeiten für die Kultmarke anbrechen.
Über den Kaufpreis sickerten noch keine Informationen durch, ein siebenstelliger Betrag dürfte aber nicht unrealistisch sein. Der bisherige Eigner, der Schweizer Marco Chiancianesi, behält mit 50,1 Prozent die Anteilmehrheit an Bimota. Dennoch dürfte der Einstieg von Kawasaki starken Einfluss auf die Antriebe künftiger Modelle haben, die in der Vergangenheit zumeist von Ducati, Honda, Suzuki und Yamaha stammten.
Bimota H2 Tesi mit Kawasaki-Herz und Achsschenkellenkung
In der neuen Bimota Tesi H2 kommt der Motor des Hypernaked-Modells Z H2 von Kawasaki zum Einsatz. Der Modellname deutet es bereits an. Der Reihenvierzylinder mit 998 Kubikzentimeter Hubraum leistet dank Kompressoraufladung satte 200 PS. Danach hören die Gemeinsamkeiten aber auch schon schnell auf.
Denn statt einem Gitterrohrahmenkonstruktion wie er bei der Kawasaki H2 zum Einsatz kommt, setzt Bimota auf einen Omegarahmen aus Aluminium. Während beim Hinterrad eine Bananenschwinge aus Aluprofil zum Einsatz kommt, setzt man vorne auf eine oft auch als Achsschenkellenkung bezeichnete Radnabenlenkung. Bereits Anfang der 1990er-Jahre hat Bimota Technikfreunde mit dieser ungewöhnlichen Lösung beim Modell Tesi 1D begeistert. Die von Bimota damals patentierte Radnabenlenkung erlebte 2005 und 2007 in den Modellen Tesi 2D beziehungsweise 3D jeweils ihr Comeback.
Wie einst Tesi 2D und 3D zeichnet sich die H2 außerdem durch einen wilden Wechsel von scharfen Kanten und glatten Flächen aus. Dadurch entsteht ein besonders zerklüfteter Eindruck. Typisch für Bimota sind zudem die Farben Rot, Weiß und Schwarz. Angesichts der Technik und Materialwahl dürfte die Tesi H2 ganz in der Tradition Bimotas sehr teuer werden. Doch ebenso wie die technischen Daten wird der Preis erst nächstes Jahr verraten, wenn die H2 auf den Markt kommt.
Geschichtlicher Abriss zur Marke Bimota
Bimota wurde 1973 von Valerio Bianchi, Giuseppe Morri und Massimo Tamburini gegründet. Der Markenname BIMOTA setzt sich simpel aus deren Anfangsbuchstaben zusammen. Am Anfang entwickelte Bimota Fahrwerkskits für die Yamaha TZ-Baureihe, baute später aber auf Basis vierzylindriger Nippon-Bikes komplett eigenständige Motorräder mit dem charakteristischen Gitterrohrrahmen.
2013 ging die Marke an die Schweizer Unternehmer Marco Chiancianesi und Daniele Longoni, die sich nun von ihren Anteilen trennten. Denn ihre großen Ankündigungen, wie dem Einstieg in die Superbike-WM und einer Jahresproduktion von 600 Maschinen – konnten die beiden nicht halten. Die letzten Pressemitteilungen auf der Bimota-Webseite stammen aus 2015 und die Werkstoren in Rimini schlossen vor zwei Jahren. Für den Niedergang dürften sowohl Differenzen zwischen den Gründern, als auch der rückläufige Trend für Spezialfahrwerke zu sehen sein. Auch wenn es Bimota in der jüngeren Geschichte immer wieder gelang, schlanke und scharfe Sportbikes zu entwickeln, wollte kaum jemand mehr die teuren Motorräder kaufen.
Quo Vadis Bimota?
Heute ist Bimota nur noch ein Markenname mit einer 46-jährigen Tradition. Aber Enthusiasten und Puristen auf der ganzen Welt liegt Bimota am Herzen. Deshalb kann ein Comeback mit eigenständigen Motorrädern durchaus Erfolg haben. Für Kawasaki liegt der strategische Vorteil in einer Erweiterung der Motorenproduktion für zusätzliche Baureihen. Offen bleibt die Positionierung von Bimota innerhalb des Kawasaki-Konzern wie auch im Markt gegenüber anderen Herstellern. Die Bimota H2 Tesi beweißt, dass Kawasaki unter der Marke Bimota limitierte Serien von Hochleistungsmodellen, einschließlich einer Spezialversion der kommenden Z Supercharge, wie vermutet auflegen wird.
(Autoren: Marion Mommen/SP-X, Jens Schultze)
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