1979 hatte Suzuki zwar bereits moderne Vierventil-Motoren im Programm, aber die in Japan gestalteten Zweiräder gerieten bislang etwas hausbacken. Manfred Baecker, seinerzeit Marketing-Chef von Suzuki Deutschland, wünschte sich daher eine exklusivere Verpackung für die hubraumstarken Modelle. Er überzeugte den skeptischen Marketingchef von Suzuki, Masao Tani, das Target Design Team aus Deutschland mit einem Neudesign – auch für die GSX 1100 – zu beauftragen. Die Vorgaben an das Design waren klar umrissen: unverwechselbar, europäisch, sportlich. Für das Target Design Team hieß das: „Technik sicht- und fühlbar machen und gleichzeitig die Funktionalität verbessern.“, wie MOTORRAD in ihrer Oktober-Ausgabe 1980 schrieb.
Im Sommer 1980 lud dann Masao Tani nervös und angespannt die Importeure ins Münchener Hilton Hotel zur Vorpräsentation der neuen IFMA-Modelle ein. Die avantgardistischen Katanas entfachten wahre Beifallsstürme. Vor allem die Suzuki GSX 1100 ED 2 („ED“ steht für European Design), die in nur drei Monaten entworfen wurde, erinnerte Osamu Suzuki an eine Concorde. Die Öffentlichkeit bekam das neue Suzuki-Flaggschiff erst im Herbst desselben Jahres auf der Kölner IFMA zu Gesicht.
Japanische Technik in progressiver Verpackung
Das deutsche Styling für die Suzuki Katana GSX 1100 war in allen Punkten gut durchdacht: Die wildleder-bezogene Doppelsitzbank ist nicht nur Stilmittel, sondern integrierte den Fahrer hervorragend in die Maschine. Auch in Sachen Ergonomie machte sich das Target Design Team Gedanken und platzierte Lenkerstummel und Fußrasten ideal für eine sportliche Haltung, die auch auf längeren Touren nicht zur Ermüdung führte.
Die ersten Tester bemängelten allerdings die neu gestylten Armaturen, die zu einer Einheit zusammengefügt waren. Manchen waren sie zu unübersichtlich. Die Drehzahl konnte man durch die orangefarbenen Ziffern zwar gut abzulesen, die Geschwindigkeitsangabe war hingegen schlecht zu entziffern. Katana-Treiber akzeptierten jedoch schnell die ungewöhnliche Ausführung und heute ist die Einheit ein edles und gesuchtes Stück, welches bei so manchem Streetfighter – auch anderer Marke – gerne verwendet wird.
Bewährter GSX-Motor verbessert
Basis der großen Katana ist der bewährte GSX 1100 Vierzylindermotor, der von vier Mikuni-Vergasern befeuert wird. Das frühere GS-Triebwerk wurde für den Dienst in der 1100er Katana in Sachen Leistung und Laufkultur weiter verbessert. Mit maximal 115 PS Leistung bot der bärenstarke Katana-Motor Kraft in allen Lebenslagen. Bereits ab 50 km/h konnte man im fünften Gang das Gas ohne Leistungsloch oder Verschlucken aufziehen. Aufgrund der damaligen Selbstbeschränkung der Importeure blieben hierzulande aber „nur“ 100 PS bei 8.700 U/min übrig.
Der Motor bekam eine rollengelagerte Kurbelwelle und der Vierventil-Zylinderkopf das patentierte TSCC-System (Twin Swirl Combustion Chamber; zu Deutsch Doppelwirbel Brennkammer). Die 16 Ventile werden über zwei obenliegende Nockenwellen und Schlepphebel angesteuert, die wiederum die Ventileinstellarbeiten im Vergleich zu Tassenstößeln erleichtern.
Komplett neu konstruierter Rahmen
Der neue Doppelschleifen-Rohrrahmen mit seinen kräftig dimensionierten Rohren wurde zusätzlichen mit Querstreben am Rahmenrückgrat und Knotenblechen verstärkt. Der Steuerkopf führt eine ebenfalls neu entwickelte Telegabel in zwei Kegelrollenlagern. Die Telegabel der Suzuki GSX 1100 Katana besitzt 150 mm Federweg, eine vierfach verstellbare Federbasis und ist mit dem damals hochaktuellen Anti Dive-System bestückt. Der Bremsdruck wirkte dabei auch auf die Dämpfung und verhärtete die Druckstufe. Das Ergebnis war zwiespältig: Auf Landstraßen oder in der Stadt war das Ansprechverhalten der Gabel schlechter, doch auf der Autobahn beim Zusammenbremsen aus hohen Geschwindigkeiten war das ANDF-Sytem (Anti Nose Dive Fork) überzeugend, denn die Katana-Gabel tauchte nicht so tief ein.
Sportlich straff ist die Aluminium-Kastenschwinge hinten geführt, die nur über bescheidene 108 mm Federweg verfügt. Dämpfung und Federbasis waren in vier bzw. fünf Stufen veränderbar. Bei der härtesten Einstellung gaben die Federbeinen Fahrbahnunebenheiten ungemildert und heftig an den Fahrer weiter. So war die GSX 1100 Katana bei der schnellen Kurvenhatz übers Land in ihrem Element, vermittelte Fahrspaß und ließ ungeahnte Schräglagen zu. Nur die GSX 750 vermittelte ein noch besseres Handling, da sie mit 3.25 bzw. 4.00 Reifen statt 3.50 und 4.50 Pneus bestückt war.
Äußerlich war die 1100er Katana leicht mit der GSX 750 Katana zu verwechseln. Bei genauem Hinsehen ergaben sich jedoch einige Unterschiede: So hatte die GSX 1100 S eine zweifarbige Sitzbank in Wildleder-Optik, einen zweifarbigen Vorderrad-Schutz, hell abgesetzte Enkei-Gußräder, einen schwarzen Heckbürzel und erwähnten breiteren Reifen.
Eindrücke zur Katana von Michael Bassmann
Der vorderen Doppelscheiben-Bremse der Suzuki Katana 1100 wurden eine mangelhafte Dosierbarkelt und ein schwammiger Druckpunkt zugeschrieben. Einige Fahrer deaktivierten daher später das Anti-Dive-System. Die hintere Scheibenbremse war hingegen gut und neigte nur in Extremsituationen zum Blockieren, wobei das Hinterrad im Motorschiebebetrieb ins Stempeln geriet. Sonst hatte die schöne Katana nur Detailmängel:
- Der Seitenständer bleibt gern hängen oder wird verbogen.
- Der Benzinhahn ist schwer zu bedienen.
- Der am linken Seitendeckel installierte Dreh-Choke lässt sich schlecht dosieren.
- Der Blinkerschalter, der mit Fernlichtschalter und Lichthupe kombiniert ist, überforderte auch so manchen Tester.
- Um an das schlechte Bordwerkzeug, die Batterie und den Luftfilter zu gelangen, musste die Sitzbank angehoben werden, was in Fummelei ausartete.
Wie es sich für eine Sportmaschine gehörte, war die Abdeckung der 0-Ring-Kette (Dimension 3/4″ x 3/8″) etwas knapp bemessen, was einen höheren Aufwand für die Pflege nach sich zog.
Alles in allem hatte diese Katana-Variante einen kompromisslos auf sportliches, leistungsorientiertes Fahren getrimmten Charakter – sie war perfekt für diesen Einsatzzweck. Wer aber Komfort oder gar Tourentauglichkeit bei ihr suchte, hatte sich für das falsche Bike entschieden.
Technische Daten Suzuki GSX 1100 Katana
Motor
- Typ: Vierzylinder-Viertaktmotor, luftgekühlt
- Ventilsteuerung: DOHC, 4 Ventile je Zylinder, Schlepphebel
- Hubraum: 1.075 ccm
- Bohrung × Hub: 72 × 66 mm
- Verdichtung: 9,5 : 1
- Leistung: 100 PS bei 8.700 U/min
- Drehmoment: 85 Nm bei 6.500 U/min
- Vergaser: 4 Mikuni mit je 34 mm Durchlass, Typ BS 34 SS
- Kraftübertragung: 5-Gang-Getriebe, Kette
Fahrwerk
- Rahmentyp: Doppelschleifenrohrrahmen
- Federung vorne: 37 mm Telegabel mit 150 mm Federweg, 4-fach verstellbare Federrate, ANDF-Sytem
- Federung hinten: Alu-Kastschwinge, zwei Federbeine mit 108 mm Federweg, Dämpfung und Federspannung einstellbar
- Reifen: vorn 3.50 – V19, hinten 4.50 -V17
- Bremsen: vorne Doppelscheibenbremse je 270 mm, hinten: Einfachscheibenbremse 270 mm
Abmessungen
- Länge: 2.260 mm
- Radstand: 1.520 mm
- Sitzhöhe: 770 mm
- Gewicht: 260 kg
- Tankinhalt: 21 Liter
Weitere Beiträge zur Suzuki Katana findet ihr in unserem Katana-Special.
(Titelfoto: Tommy von SurfSide Motorcycle Garage)
Mords- Bike, ey!
Seit 1998 nenne ich eine 11er Kat mein eigen. Die sportliche Charakteristik bemerke ich jedesmal, wenn ich von meinem anderen (englischen) Motorrad auf die Katana umsteige: Damit rumzutuckern oder gar zu „cruisen“ ist mir nicht möglich… Das Biest will Feuer!
Dass sie mäßig tourentauglich ist, unterschreibe ich. Das hat mich Anfang des Jahrhunderts aber nicht davon abgehalten, mit ihr (und meiner Ex-Freundin auf ihrer Honda) damit nach Marokko zu fahren. Das würde ich jetzt mit Mitte 40 nicht so dringend wiederholen.
Ich möchte meine Katana nicht missen. Auch wenn ein Motorrad des 21. Jahrhunderts im Alltag häufiger zum Einsatz kommt – man wird ja mit den Jahren bequemer…
Früher einmalig super, heute ein spezielles Abenteuer.
Meine Katana 1100 (Model 1981) habe ich seit 1983 und fahr sie auch heute noch sehr gerne. Meine Frau kommt jedoch auf der Kat nicht mehr mit wie früher. (Wir sind mittlerweile ü 60) Sie bevorzugt ein moderneres Motorrad zum mitfahren – seit Sie selbst nicht mehr fährt.
Die Sitzhaltung und vor allem die Bremsen sind natürlich im Vergleich mit den modernen Motorräder eigentlich schlimm. Trotzdem, mein nächstes Ziel wird sein, mit der Kat wieder einmal in die Alpen zu fahren und nicht wie mit der moderneren BMW, welche fast alleine die Passkurven nimmt, die Pässe zu geniessen. Der Reiz ist gross mit der Katana diese Pässefahrt zu machen.
Die Kat sollte die Berge wieder mal befahren nach über 25 Jahren.
Ja, war echt geil das Ding. Und Nippon-Classic ist eine geile Seite, danke dem Autor.
Eine Anmerkung weil es immer wieder kommt: In Österreich gab es nie eine 100PS-Beschränkung.
Das war lediglich ein deutscher Einfall.
L.G.
F.
intresserad katana