Suzuki blickte in den 1970er Jahren bereits auf außerordentliche Erfolge im Motocross zurück und hatte schon langjährige Erfahrungen im Bau leistungsfähiger Zweitakt-Motorräder gesammelt. Dieses Know How veranlasste Suzuki schließlich den reinrassigen Motocrossern auch eine zivile Enduro-Version mit Scheinwerfer und Blinker zur Seite zu stellen. Die Suzuki TS 400 debütierte 1972 und wurde bis einschließlich 1977 gebaut. Ihr ging bereits 1969 die TS 250 voraus, gefolgt von den Modellen mit 125 und 185 ccm Hubraum zwei Jahre später.
Suzukis Einstieg in die Offroad-Welt
1969 gelang Suzuki als erstem japanischem Motorradhersteller ein fulminanter Einstieg in das internationale Motocross-Geschehen. Im Debütjahr gab es für Suzuki bereits WM-Bronze. Ein Jahr später holten die beiden Belgier Joel Robert und Sylvain Geboers in der 250 ccm Klasse einen Doppelsieg in der Motocross-Weltmeisterschaft auf den gelben Maschinen. Joel Robert war der erste Motocross-Weltmeister auf einem japanischen Motorrad.
Auch 1971 und 1972 führten die TM-Maschinen aus Hamamatsu die 250 ccm als auch die 500 ccm Klasse an. In jener Zeit dominierten Veranstaltungen der American Motorcyclist Association (AMA), die mit attraktiven Preisgeldern viele talentierte Motocross-Fahrer in die USA lockte. Das Interesse an geländegängigen Motorrädern und Motocross-Veranstaltungen war beim amerikanischen Publikum gleichermaßen hoch.
USA als Hauptmarkt für große Enduros
Wichtigster Absatzmarkt für die Suzuki TS 400 waren daher die Vereinigten Staaten, wo die große Suzuki-Enduro den Namenszusatz „Apache“ bekam. Die TS 400 war knapp 20 Zentimetern länger und 27 Kilogramm schwerer als die kleine TS 185.
Neben Suzuki buhlte auch Yamaha um die Gunst kaufwilliger Enduristen. 1973 brachte Yamaha seine DT 360 auf den Markt und bohrte zwei Jahre später sein Topmodell auf 400 ccm (DT 400) Hubraum auf.
Ende der 1970er Jahre zeichnete sich das Aus für hubraumstarke Zweitakter langsam ab. Ein hoher Verbrauch und verschärfte Abgasvorschriften in den USA veranlassten die beiden Zweitakt-Spezialisten Suzuki und Yamaha zum Umdenken.
So versuchte die SP 370 mit Einzylinder-Viertaktmotor ab 1978 in die Fußstapfen der Suzuki TS 400 zu treten, schaffte es aber nicht. Der kommerzielle Erfolg blieb aus und Suzuki stellte die Fertigung nach zwei Jahren wieder ein. Leider fand die TS 400 nie den offiziellen Weg nach Deutschland. Schade eigentlich!
Suzuki TS 400 Motor zieht wie eine Lokomotive
Die Apache wurde von einem fahrtwindgekühlten Einzylinder-Zweitakt-Motor angetrieben. Mit einer Bohrung von 82 mm und 75 Millimeter Hub kam das bärenstarke Aluminium-Triebwerk auf einen Hubraum von 396 ccm und leistete bei einer Verdichtung von 6,8:1 (ab L: 7,3:1) maximal 34 PS bei 6.000 U/min.
Im direkten Vergleich verlangte eine Honda SL 350 nach mindestens 9.500 Touren, um 33 PS an das Hinterrad abzugeben. Hier macht sich das gelungene Hubraum-Design der Suzuki bemerkbar. Mit einem niedrigen Bohrung/Hub-Verhältnis von gerade einmal 1,09 war der TS-Dampfhammer ganz klar auf Durchzug ausgelegt. Der kurzhubige Honda-Motor kam nur auf ein Verhältnis von 1,26.
Entsprechend positiv gestaltete sich auch der Drehmomentverlauf der Suzuki 400. Von 2.500 bis 5.500 U/min lagen rund 40 Nm am Kettenritzel an. Mit einer flachen Drehmomentkurve ausgestattet, zog der Motor wie eine Lokomotive aus allen Lebenslagen. Auch in dieser Disziplin verlor die Honda gegen Suzuki. Stärker war nur Suzukis Motocross-Maschine TM 400 mit 40 PS und 44,5 Nm. Auch Yamahas Offroad-Flotte mit RT 3 bzw. DT 400 kam nicht an die Leistungswerte der TS 400 heran.
Ein Mikuni-Rundschiebervergaser mit 32 Millimeter Durchlass (VM 32, VM 32 SS),der seine Ansaugluft über ein auswaschbares Kunststofffilter unter der klappbaren Sitzbank bekam, versorgte den Brennraum mit dem erforderlichen Kraftstoffgemisch. Suzuki-typisch erfolgte die Schmierung der Hauptlager, Zylinderlaufflächen und Pleuellager als Getrenntschmierung mittels CCI-Öleinspritzung. Die Ölpumpe funktionierte last- und drehzahlabhängig. Der separate Öltank fasste 1,2 Liter.
Das Fünfganggetriebe und die 14-Scheiben-Kupplung arbeiten mit minimalem Aufwand. Starten ließ sich der Motor nur mit einem Primär-Kickstarter, bei dem der Motor auch bei eingelegtem Gang und gezogener Kupplung zum leben erweckt werden konnte. Um das Antreten des großvolumigen Singles zu erleichtern, hatten die Ingenieure aus Hamamatsu dem Zylinder einen Entlastungskanal spendiert. Der überschüssige Kompressionsdruck wurde direkt in das Abgassystem geleitet. Positiv fiel die 12 Volt Anlage, die elektronische Zündung und der 35 Watt Scheinwerfer auf. Die kleineren TS-Modelle mussten sich zum Leidwesen der Fahrer mit mageren 6 Volt und 25 Watt begnügen.
Wechsel von Ein- auf Doppelrohrrahmen
Der große Motor saß in einem stabilen Einrohrahmen. Unter dem Motor gabelten sich zwei Unterzüge, die von hinten zum Ende des oberen Zentralrohres nach oben wieder zusammenliefen. Die gesamte Steuerkopfpartie erhielt zur Versteifung zusätzliche Knotenbleche. Zwischen den dicken Rahmenrohren verlief unter dem Tank ein weiteres stabilisierendes Rohr. Die Form der Heckpartie erinnerte stark an einen Schneeschuh und wurde von zwei Diagonalstreben abgestützt.
Mit Modellpflege 1975 erhielt die Suzuki TS 400 L anstelle des Einrohr-Chassis einen Doppelschleifenrahmen mit identischen Fahrwerksabmessungen. Die doppelten Unterzüge machten eine Neukonstruktion des Zylinders nebst Kopf und Auspuff notwendig, denn der Auslasskanal zum Auspuff musste in die Mitte rücken. In zeitgenössischen Test beklagten die Testfahrer einen zu hohen Schwerpunkt des Motorrades.
Ursächlich dürften das 21 Zoll große Vorderrad und ein höher montierter Motor gewesen sein. Besonders auf rutschigem Untergrund vermittelten Reifen und Fahrwerk bei flotterer Gangart ein teilweise beängstigendes Gefühl. Im Straßeneinsatz untersteuerte die 400er L in Kurven.
Die hydraulisch gedämpfte Teleskopgabel bot eine sehr gute Federung und ein makelloses Ansprechverhalten. Die hinteren Federbeine erlaubten eine fünffache Verstellung der Vorspannung. Die „Apache“ brachte es auf eine Gesamtlänge von 2.215 mm bei einem Radstand von 1.385 mm. Mit 126 Kilogramm Trockengewicht wog der Offroad-Riese bescheidene acht Kilogramm mehr als eine TS 250, hatte aber nur 3,7 Kilogramm pro PS zu bewegen.
TS 400 gebraucht kaufen
Suzuki bewies mit sechs Platzierungen in der Motocross-Weltmeisterschaft nachdrücklich, dass der Hersteller aus Japan auch standfeste, leistungsstarke und wettbewerbsfähige Offroad-Maschinen bauen kann. Die Suzuki TS 400 Apache ist ein solider Enduro-Oldtimer mit einem bulligen Triebwerk und langlebiger Großserientechnik, der mehr als 30.000-mal gefertigt wurde.
Wer sich mit dem Gedanken trägt sich diesen Oldtimer anzuschaffen, muss sich im Land der Apachen umsehen. In Deutschland ist dieses Modell weitestgehend unbekannt. Für ein Modell von 1972 (TS 400 J) im gepflegten Originalzustand rufen potentielle Verkäufer zwischen 1.800 und 2.300 Euro (2.500 bis 3.000 US-$) auf. Am oberen Ende bewegt sich eine TS 400 L von 1975 in der Zustandsnote 2. Für eine komplett restaurierte Maschine (Zustand 1) werden rund 4.200 Euro (5.500 US-$) fällig.
Interessierte Käufer sollten in jedem Fall auf das sog. „Certificate of Title“, welches mit dem deutschen Fahrzeugbrief vergleichbar ist, achten. Das ist das wichtigste Dokument für eine erfolgreiche Ausfuhr nach Deutschland. Der Import gestaltet sich recht umfangreich und teuer. Einige Logistikunternehmen haben sich auf die Aus- und Einfuhr von Zwei- und Vierrädern spezialisiert.
Im Falle einer Motorüberholung ist darauf zu achten, dass die Teile zwischen den einzelnen Versionen unterschiedlich sein können. So unterscheiden sich Kurbelgehäuse der Versionen J, K und L hinsichtlich Verstärkungen und Bohrungen. Das L-Modell erhielt neben einem neuen Rahmen auch einen geänderten Zylinder, Zylinderkopf, Vergaser und teilweise andere Getriebezahnräder.
Für die Erneuerung der Motorverschleißteile (Kolben, Kurbelwelle, Dichtringe, Kupplung) und erforderlichen Chrom- und Lackierarbeiten ist mit ca. 3.000 Euro zu kalkulieren. Eine gute Adresse für Teilekataolog, Service Manual und eine Vielzahl von TS 400 Ersatzteilen ist Classic Suzuki Parts in Bolsward, Holland (www.classicsuzukiparts.nl). Auch bei www.cmsnl.com und www.discountbikespares.co.uk bieten Ersatz- und Verschleißteile für die TS 400.
Suzuki TS 400 technische Daten
Einheit | TS 400 J | TS 400 K | TS 400 L bis B | TS 400 M | TS 400 A | TS 400 B | ||
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1. Fakten | ||||||||
Produktionszeit | Jahr | 1972 | 1973 | 1974 bis 1977 | 1975 | 1976 | 1977 | |
Nummerierung (Rahmen) | Start | TS400-10001... -19018 | TS400-19019... - | TS4003-10001... -15955 | TS4003-15956... -24253 | TS4003-24254... -30144 | TS4003-30145... | |
Farben | Ascot Red | Coronado Blue, Bright Blue Mettalic | L: Marble Cordoba Orange B: Silver Metallic, Blue A: California Orange | Silver Metallic | California Orange | Blue | ||
Neupreis | DM | n/a | n/a | n/a | n/a | n/a | n/a | |
2. Motordaten | ||||||||
Motortyp | 1-Zylinder, 2-Takt | 1-Zylinder, 2-Takt | 1-Zylinder, 2-Takt | 1-Zylinder, 2-Takt | 1-Zylinder, 2-Takt | 1-Zylinder, 2-Takt | ||
Ventilsteuerung | schlitzgesteuert | schlitzgesteuert | schlitzgesteuert | schlitzgesteuert | schlitzgesteuert | schlitzgesteuert | ||
Nockenwelle | keine | keine | keine | keine | keine | keine | ||
Hubraum | ccm | 396 ccm | 396 ccm | 396 ccm | 396 ccm | 396 ccm | 396 ccm | |
Bohrung | mm | 82 mm | 82 mm | 82 mm | 82 mm | 82 mm | 82 mm | |
Hub | mm | 75 mm | 75 mm | 75 mm | 75 mm | 75 mm | 75 mm | |
Verdichtungsverhltnis | 6,8:1 | 6,8:1 | 7,3:1 | 6,8:1 | 6,8:1 | 6,8:1 | ||
Vergaser | 1 Mikuni Rundschieber-vergaser (VM 32) mit 32 mm Durchlass | 1 Mikuni Rundschieber-vergaser (VM 32) mit 32 mm Durchlass | 1 Mikuni Rundschieber-vergaser (VM 32 SS) mit 32 mm Durchlass | 1 Mikuni Rundschieber-vergaser (VM 32 SS) mit 32 mm Durchlass | 1 Mikuni Rundschieber-vergaser (VM 32 SS) mit 32 mm Durchlass | 1 Mikuni Rundschieber-vergaser (VM 32 SS) mit 32 mm Durchlass | ||
3. Leistungsdaten | ||||||||
Leistung | PS | 34 PS | 34 PS | 34 PS | 34 PS | 34 PS | 34 PS | |
bei Drehzahl | min-1 | 6.000 U/min | 6.000 U/min | 6.000 U/min | 6.000 U/min | 6.000 U/min | 6.000 U/min | |
Drehmoment | Nm | 40,3 Nm | 40,3 Nm | 40,3 Nm | 40,3 Nm | 40,3 Nm | 40,3 Nm | |
bei Drehzahl | min-1 | 5.500 U/min | 5.500 U/min | 5.500 U/min | 5.500 U/min | 5.500 U/min | 5.500 U/min | |
Leistungsgewicht | Kg/PS | 3,7 Kg/PS | 3,7 Kg/PS | 3,7 Kg/PS | 3,7 Kg/PS | 3,7 Kg/PS | 3,7 Kg/PS | |
Höchstgeschwindigkeit | km/h | 136 km/h | 136 km/h | 136 km/h | 136 km/h | 136 km/h | 136 km/h | |
4. Abmessungen | ||||||||
Länge | mm | 2.215 mm | 2.215 mm | 2.215 mm | 2.215 mm | 2.215 mm | 2.215 mm | |
Radstand | mm | 1.385 mm | 1.385 mm | 1.385 mm | 1.385 mm | 1.385 mm | 1.385 mm | |
Leergewicht | Kg | 126 Kg | 126 Kg | 126 Kg | 126 Kg | 126 Kg | 126 Kg | |
5. Bremse | ||||||||
Bremse vorn | Simplex 148 mm | Simplex 148 mm | Simplex 148 mm | Simplex 148 mm | Simplex 148 mm | Simplex 148 mm | ||
Bremse hinten | Simplex 148 mm | Simplex 148 mm | Simplex 148 mm | Simplex 148 mm | Simplex 148 mm | Simplex 148 mm | ||
6. Antrieb | ||||||||
Getriebe | 5-Gang Fußschaltung | 5-Gang Fußschaltung | 5-Gang Fußschaltung | 5-Gang Fußschaltung | 5-Gang Fußschaltung | 5-Gang Fußschaltung | ||
Antrieb | Kette | Kette | Kette | Kette | Kette | Kette | ||
Starter | Primär-Kickstarter | Primär-Kickstarter | Primär-Kickstarter | Primär-Kickstarter | Primär-Kickstarter | Primär-Kickstarter |
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