4.9.2016: Nochmal mit zarter Gewalt
Der Motor wird auch oben am Rahmen fixiert. Hierzu gibt es zwei Verbindungsbleche, die am Ventildeckel einerseits und an den Rahmenoberzügen andererseits verschraubt werden. So die Theorie, bislang hatte das auch immer gepasst.
Der Motorausbau im Rahmen der Kawasaki Z 750B Restauration hat jedoch die Toleranzen weit ausgeschöpft und so kam es, dass der untere Bolzen nicht durch alle Bohrungen passen konnte. Es fehlte immerhin ein Drittel Bohrungsdurchmesser für die Montage. Alle anderen Motorbolzen waren schon fest und der hintere untere sogar schon nicht mehr zugänglich, ohne wieder diverse Teile abzubauen. Mist!
Ok, dann eben etwas uneleganter: Der Motor hängt nach vorn unten, er muss also nach oben hinten. Wo ist der Drehpunkt für diese Bewegung? Richtig, genau in der unzugänglichen Aufhängung!
Das muss doch möglich sein… …die Latten vom Vergasereinbau lagen eh noch rum und der Wagenheber war auch nicht weit. Also drei Verbindungen gelöst und mit sanfter Hydraulikkraft dem Motor die 2 mm verpasst, die noch fehlten – hat geklappt.
7.9.2016: „Electrical Power On“
…heißt im Flugzeugbau der wichtige Fertigungsschritt, wenn zum ersten Mal die Elektrik eingeschaltet und getestet wird. Ein paar Nummern kleiner, aber gefühlt habe ich mich genauso gut, als die einzelnen Verbraucher in Betrieb gingen. Bis auf zwei Tacholämpchen, deren Ausfall ich in den Jahren vorher nie bemerkt hatte, (weil immer nur tagsüber unterwegs), hat alles sofort funktioniert. Ein bisschen justieren noch am Bremslichtschalter und an der etwas kniffligen Seitenständerabschaltlogik, aber dann war‘s das. Der Schaltplan und die Leitungsliste haben sich hier bezahlt gemacht und die Elektrik meiner Kawasaki Z 750 ist wieder vorzeigbar.
11.9.2016: Sanfte Gewalt – die dritte
Das Komplettieren geht flott voran und heute konnte dann die Auspuffanlage drunter. Während beide Krümmer und Endtöpfe ja mit Ako-Pads, Reiniger und Politur wieder ansehnlich gemacht werden konnten, war das Interferenzrohr ein hoffnungsloser Fall. So vernarbt und rau hätte man es auch nicht mehr ordentlich verchromen können. Ich habe mich deshalb entschlossen, dieses nahezu unsichtbare Stückchen Rohr mit Ofenlack zu behandeln. Das ging ganz gut und mit einer Heißluftpistole auf Vollgas – immerhin 550°C – ließ sich die Farbe auch gut einbrennen. Nur die Montage…ok, auch hier musste mal wieder Kraft angewendet werden. Aber faul (oder schlau?) wie ich war, standen da noch die großen Schraubzwingen in der Garage. Vorsichtig die beiden Übergänge von den Krümmern auf die Endrohre umschlossen und langsam angezogen und nach ein paar Zentimetern sitzt alles wie es soll. Logisch, dass ich die Schellen vorher aufgesteckt hatte.
Öl kann ich auch schon mal auffüllen. Hm, was fehlt eigentlich noch?
Ach ja – die Zündung muss noch eingestellt werden – zunächst nur mit Prüflämpchen und 17er Schlüssel zum Durchdrehen der Kurbelwelle, damit der Motor überhaupt anspringen kann. Später folgt dann die genaue Einstellung mit Schließwinkelmesser und Blitzlampe.
Lange nicht mehr gemacht und den Kontaktabstand wusste ich auch nicht mehr sicher. Aber dafür gibt es ja das Kompendium!
Diese Riesen-Fleißarbeit hat Werner aus der Twin-Interessengemeinschaft aus allen ihm zur Verfügung stehenden Quellen zusammengestellt und übersetzt. Das ist definitiv die (übrigens käufliche) Bibel für Twin-Fahrer und hat mich die letzten fünf Monate begleitet. Lieber Werner, ohne dein Kompendium wäre vieles anders gelaufen und einiges für mich komplizierter geworden. Vielen Dank für deine Mühe!
Zündfunken sind da, dann kann es heute losgehen! Tank drauf, Schläuche dran…Benzinhahn – nein!
Bevor hier zündfähiges Gemisch erzeugt wird, sollte vielleicht erstmal das Öl die Chance haben, die eine oder andere trockene Ecke im Motor wieder zu erobern. Nach ein paar Tritten auf den Kickstarter lasse ich den E-Starter noch etwa 30 Sekunden orgeln und hoffe, dass so langsam überall wieder Schmierstoff angekommen ist. Zumindest ist das Ölfiltergehäuse wohl wieder voll, denn der Pegel im Schauglas ist ein gutes Stück gesunken und ich muss etwa einen Viertelliter nachfüllen.
Ok, jetzt aber Sprit marsch! Jo, der lief auch. Und wie. Bis auf den Betonboden. Mist.
Schnell war klar, dass das Benzin aus dem Überlauf der linken Schwimmerkammer kommt. Aber ich hatte doch die Schwimmer auf Dichtigkeit überprüft, und neue Nadelventile sind auch drin…komisch. Am Vergaser selber auch nichts zu sehen, alles gut soweit. Was blieb mir anderes übrig, als den Vergaser noch einmal zu öffnen. Glücklicherweise geht das bei der Twin in eingebautem Zustand – wenn man die vordere innere Schwimmerkammerschraube dann findet. Fluch und Segen der neuen Inbusschrauben: Mit einem kurzen dicken Kreuzschlitzdreher wäre das Auffinden sicher einfacher gewesen, aber wenn man sie dann mal hat, ist die formschlüssige Verbindung des Inbus erheblich sicherer und besser handhabbar.
Tja, es gibt nichts, was es nicht gibt, siehe Bild.
Um sie ja nicht zu verbaseln, hatte ich die neuen Vergaserdüsen der Z750 samt Tütchen einfach ins Schwimmerkammergehäuse gelegt – ein aus meiner Sicht logischer Ort. Hat nur nichts genutzt, weil ich diesen Gedanken vergessen hatte und bei der Komplettierung des Vergasergehäuses ein paar Wochen zuvor verzweifelt nach den Düsen gesucht habe und – welch Glück – noch eine anderes Pärchen aus einem älteren Reparatursatz fand. Die Schwimmerkammer hab ich wohl von unten montiert und vorher nicht mehr reingeschaut. Beutelchen ist aufgeschwommen und hat den Schwimmer verklemmt. Blödheit gehört bestraft – mit einer halben Extrastunde Fummelei.
Warum nur links? Naja, rechts war viel eher fertig, weil ich ja beim linken die Düsen vergurkt hatte und auf die Schwimmerkammer von Michael warten musste…
Nach dem Wiederverschließen war auch alles gut und sie sprang an. Einfach so. Als wäre nix gewesen seit August 2015, wo sie das letzte Mal gefahren wurde. Auf die sofortige Probefahrt musste ich aber verzichten, denn die HU war seit April überfällig.
14.9.2016: Bei Kaiserwetter mit der Kawasaki Z 750B zur HU
Obwohl ich wahnsinnig gerne zur Oldtimer-Tankstelle Brandshof gefahren wäre, um mir vom dortigen Oldie-Prüfer (der nicht nur prüft, sondern auch hilfreiche Tipps gibt und einfach Freude an seiner Arbeit hat) den Segen zu holen, wollte ich die 35 Kilometer nach Hamburg nicht ohne Plakette riskieren und bin zum örtlichen TÜV gefahren.
Gut so, denn nach der völlig unproblematischen Abnahme hatte ich so die Gelegenheit, gleich zu Hause noch ein wenig an der Vergasereinstellung zu feilen. Ich hatte sie zwar gemäß Vorgaben voreingestellt, aber das Kerzenbild zeigte gleich, dass der Motor zu fett lief. Bei der Gelegenheit habe ich dann auch mit dem CarbTune-Synchrotester den Feinabgleich vorgenommen.
Nach ein paar Tagen offenbarte sich noch eine winzige Undichtigkeit, wieder am linken Vergaser. Der Messingstopfen im Zulauf ließ kubikmillimeterweise Benzin durch. Mit 290er Loctite und einem vorsichtigen Körnerschlag ließ sich das aber leicht in Ordnung bringen. Danke Gaga, fürs Mut machen, ich hätte mich wohl nicht getraut, weil ich Angst hatte, den Stift nur weiter reinzuschlagen. Aber nein, er hat sich gespreizt!
Nach Einstellung und 300 Kilometern weiter sehen die Kerzen viel besser aus. Mann, macht das Spaß, meinen Oldie wieder zu fahren!
4.11.2016: Tschüs, Kuchenblech!
Nein, es ist nicht nötig, aber das gehört jetzt auch noch dazu: Da ich die Stahlflexleitungen sowieso eintragen lassen musste, konnte endlich auch das olle Kuchenblech mal verschwinden.
12.12.2016: Restarbeiten an der Z 750B
Was bleibt noch zu tun? Nun, heute ist der Ventildeckel vom Glasperlstrahlen gekommen und ich habe inzwischen auch den LiMa-Deckel poliert. Zum Einbauen ist es mir aber im Moment in der Garage zu kalt.
Ein bisschen Statistik habe ich auch gemacht: In den knapp sechs Monaten habe ich etwa:
- 230 Arbeitsstunden benötigt,
- dabei etwa 5 Kilogramm Putzlappen und
- 8 Dosen Bremsenreiniger sowie
- eine halbe Dose Handwaschpaste verbraucht.
- Ich habe knapp 800 Fotos und einige wenige Videos gemacht und viel Geld ausgegeben.
Teuerster Einzelposten war die Rechnung für die neu eingespeichten Räder, der kleinste Betrag war für das Döschen gelbe Modellbaufarbe fällig, die ich für die Lenkerarmaturenbeschriftung brauchte. In Summe waren es fast 3500 Euro.
Mit ein paar Impressionen und einem Blick zurück auf die Kawasaki KH 500 vom Kiekeberg kann ich heute sagen: Geht doch!
Die anderen Teile der Restauration
Teil 1 der Kawasaki Z750 Restauration: Im ersten Teil ging es mit der Bestandsaufnahme los. Anschließend wurde die Maschine in ihre Einzelteile zerlegt. Weiterlesen ….
Teil 2 der Kawasaki Z750 Restauration: Im 2. Teil der Restaurationsgeschichte stellt Carsten die Ventile ein. Die Kupplung wird erneuert und mit widerspenstigen Teilen gekämpft. Weiterlesen….
Teil 3 der Z750 Restauration: Carsten hat Probleme mit angefressenen Motorgehäusedeckeln, kann aber den Motor schließlich montieren. Alles zum Nachlesen.
(Text, Fotos: Carsten Kohlmeier-Beckmann). Fragen zur Restauration gerne per Mail: ckb.bux(at)t-online.de
Ich habe mir gerade eine Z650 BJ 83 zugelegt, will die restaurieren ( was ich mich bisher noch nie getraut habe) und habe diese Story gelesen. Mit einem Wort: Klasse. Vielen Dank, Du hast mir Mut gemacht.
LG
manfred
Moin , ich bin auch grade dabei eine Z 750 Twin B1 zu restaurieren. Mein allergrößten Respekt , hat du wirklich gut hin bekommen.
Liebe Grüße. Von der Wurster Nordseeküste