Suzukis Offroad-Familie bekommt Zuwachs

1971 war ein Jahr großer politischer und wirtschaftlicher Veränderungen. Bangladesch, Katar und Bahrain erreichten ihre Unabhängigkeit. In der damaligen DDR übernahm Erich Honecker die Macht im Staat. Sein Vorgänger Walter Ulbricht musste zurücktreten. Nach elfjähriger Bauzeit feierte Ägypten die offizielle Einweihung des Assuan-Staudammes. 1971 brachte aber auch eine Reihe heute berühmter Persönlichkeiten hervor. So erblickte beispielsweise der amerikanische Musiker Kid Rock am 17. Januar 1971 das Licht der Welt. Der ehemaliger japanische Motorradrennfahrer Masao Azuma wurde am 24. März in Osaka und der Gründer der Enthüllungsplattform WikiLeaks, Julian Assange, am 3. Juli in Townsville, Queensland, geboren.

Im selben Jahr erweiterte Suzuki seine Enduro-Baureihe um die Modelle TS 125, TS 185 und TS 400. Den Grundstein legte zwei Jahre zuvor die TS 250, von der in zwölf Jahren Bauzeit mehr als 200.000 Maschinen vom Band liefen.

Die Suzuki TS 185 glich konstruktiv der TS 125

Die Suzuki TS 185 glich konstruktiv der TS 125 (Quelle: Sudougsan)

Die TS 185 verkaufte sich in den USA und Kanada sehr erfolgreich. Kein Wunder, machte Amerikas Jugend den Trend zu geländegängigen Motorrädern massentauglich. Die Stärken der 185er lagen klar auf der Hand – ein exzellentes Leistungsgewicht und Handling. Mit gerade einmal 99 Kilogramm Trockengewicht wog die Maschine spürbar weniger als die 250er. Leichtbau wohin das Auge blickte: ein schmal bauender Motor, Einrohrrahmen mit gelochten Verstärkungsblechen, gelochtes Kettenritzel am Hinterrad und ein gelochte Rücklichthalterung. Auf der anderen Seite war der Leistungsunterschied zum größeren Modell eher gering. Die mitgebrachten Zutaten – Reifen mit Stollenprofil, lange Federwege und ein hochgelegter Auspuff – trafen genau den Geschmack der Käufer jener Tage.

Leider fand die TS 185 „Sierra“, wie sie in Nordamerika hieß, niemals den Weg nach Deutschland. Obwohl die Maschine perfekt in die 17 PS Versicherungsklasse gepasst hätte. Hierzulande griffen Offroad-Enthusiasten auf die fast baugleiche TS 125 zurück, die allerdings erst 1974 – drei Jahre nach Marktstart – ihr Deutschland-Debüt feierte.

Motor baugleich mit TS 125.

Ein fahrtwindgekühlter und schlitzgesteuerter Einzylinder-Zweitakt-Motor mit 183 ccm Hubraum erweckte die TS 185 zum Leben. Die Grundkonstruktion des Motors war bei der TS 185 und TS 125 identisch. Um den höheren Belastungen standzuhalten, war jedoch die Stahlkurbelwelle drei- statt zweifach kugelgelagert. Ebenso unterschieden sich die eingesetzten Ölpumpen.

Das kurzhubig ausgelegte Triebwerk (Bohrung: 64 Millimeter, Hub: 57 Millimeter) reagierte sehr spontan auf die Bewegungen der Gashand und ließ, wenn nötig, bis zu 17,5 PS bei 7.000 Umdrehungen von der Kette. Dem Fahrer stand ein maximales Drehmoment von 18,3 Nm bei 6.000 Touren zur Verfügung. Die stimmige Motorcharakteristik der Enduro harmonierte hervorragend mit dem geringen Gewicht der Suzuki. Für eine spürbare Kraftentfaltung waren keine Drehzahlorgien von Nöten. Passend zu diesem Dirt-Bike ließ sich das Fünfganggetriebe weich schalten.

Mit 17 PS schaffte die TS 185 rund 120 Sachen

Mit 17 PS schaffte die TS 185 rund 120 Sachen (Quelle: Sudougsan)

Befeuert wurde der Einzylinder-Kraftprotz von einem Mikuni-Rundschiebervergaser mit anfänglich 26 Millimeter Durchlass (TS 185 J: Vergasertyp VM 26). Von 1973 bis 1976 teilte sich die 185er einen kleineren Vergaser mit der Achtelliter-TS (TS 185 K bis M: VM 24 SH). 1976 modernisierte Suzuki modellübergreifend seine Motorenpalette um eine zusätzliche Membransteuerung. Im Zuge dieser technischen Überarbeitung erhielt der neue Vergaser eine desmodromische Steuerung zur Öffnung und Schließung des Schiebers (TS 185 A: VM 26 SS). Sehr modern für jene Tage war die kontaktlose elektronische Zündung („Pointless Electronic Ignition“), die den Wartungs- und Pflegeaufwand reduzierte. Lächerlich fielen hingegen die 6-Volt Anlage mit der 25 Watt Funzel namens Scheinwerfer aus.

Um den Ölverbrauch und Zündkerzenverschmutzung so gering wie möglich zu halten, setzte der japanische Motorradhersteller auf seine patentierte Getrenntschmierung „Crankshaft-Cylinder-Injection“. Der separate Öltank fasste 1,1 Liter. Das Getriebe benötigte etwas mehr als einen halben Liter Öl. Leider fiel das Tankvolumen recht klein aus. Die sieben Liter erlaubten nur Kurztrips.

Die handliche Offroad-Maschine konnte Steigungen bis 35 Grad Neigung erklimmen und erreichte eine Höchstgeschwindigkeit von 120 km/h. Damit war das Fliegengewicht nur unwesentlich langsamer als die größere und 28 Kilogramm schwerere TS 250.

Mit 99 Kilogramm war die Suzuki TS 185  ein Leichtgewicht

Mit 99 Kilogramm war die Suzuki TS 185 ein Leichtgewicht (Quelle: Sudougsan)

TS 185 Rahmen – stabil in allen Lagen.

Dass Japaner nicht nur ausgezeichnete Konstrukteure sind, sondern auch auf einem hohen betriebswirtschaftlichen Niveau arbeiten, ist hinlänglich bekannt. Insofern wundert es nicht, dass neben dem Motor auch beim Fahrwerk viele Gleichteile zur Anwendung kamen. Einzige Ausnahme bildete die Telegabel. Ansonsten teilten sich die Suzuki TS 185 und 125 dieselbe Rahmenkonstruktion. Die „Sierra“ hatte eine Gesamtlänge von 2.020 Millimeter und maß 1.340 Millimeter zwischen beiden Achsen.

Das Fahrwerk der Suzuki TS 185 bestand aus einem konventionellen Einrohrrahmen mit gegabeltem Motorunterzug. Um den Motor vor Geröll und Steinen zu schützen besaß die Enduro einen Steinschlagschutz aus Metall. Die Steuerkopfpartie erhielt zwei große Knotenbleche zur Verstärkung, was die Rahmenkonstruktion insgesamt sehr stabil machte.

Das 19 bzw. 21 Zoll große Vorderrad wurde von einer hydraulisch gedämpften sowie dreifach verstellbaren Telegabel geführt. Die hinteren Federbeine boten fünf Verstellmöglichkeiten. Vorn wie hinten verzögerten seilzugbetätigte Vollnaben-Trommelbremsen.

is 1974 unterschied sich die Suzuki TS 185 besonders beim Auspuff

is 1974 unterschied sich die Suzuki TS 185 besonders beim Auspuff (Quelle: Sudougsan)

Wichtigste Entwicklungsstufen bis 1977.

  • 1972: TS 185 J: 17,5 PS, verchromte Schutzbleche, Vergaser VM 26, feingliedriger Hitzeschutz am Auspuff, Vorderrad mit 3,00 Bereifung, 19 Zoll
  • 1973: TS 185 K: lackierte Schutzbleche, Vergaser VM 24 SH, großes Hitzeschutzblech am Auspuff, geänderte Rückleuchte
  • 1974: TS 185 L: 17 PS, geändertes Schutzblech hinten, Vorderrad mit 2,75 Bereifung, 21 Zoll
  • 1975: TS 185 M: Verdichtung von 6,2:1
  • 1977: TS 185 B: Doppelrohrrahmen, schwarz lackierter Motor mit Membransteuerung, vier Spülkanälen, neuem Zylinderkopf und desmodromischer Vergasersteuerung (VM 26 SS), neuer Auspuff, geänderte Tankform, neue Rücklichthalterung, schräge Gasdruckstoßdämpfer hinten, Halbnaben-Trommelbremse vorn

In den sechs Jahren rollten über 147.000 Maschinen dieses Typs von den Bändern im Hamamatsu.

Die späteren TS-Modelle hatten ein großen Frontflügel

Die späteren TS-Modelle hatten ein großen Frontflügel (Quelle: Sudougsan)

Worauf beim Kauf achten.

Schon zu Produktionszeiten überzeugte die TS 185 mit einem großartigen Handling, einem leistungsfähigen Motor und hoher Zuverlässigkeit. Als Offroad-Oldie ist die TS 185 meines Erachtens genauso attraktiv wie ihre größere Schwester und allemal der schwächlichen TS 125 vorzuziehen. Ihr Leistungsgewicht war und ist unschlagbar. Wer diesen Oldtimer kaufen möchte, wird sich allerdings im Ausland umschauen müssen.

Eine solide und vollständige Restaurationsbasis aus dem Jahr 1971gibt es bereits für 250 US-$ (ca. 190 Euro). Eine restaurierte TS 185 L von 1974 mit zwei Vorbesitzern lässt sich in den USA für 970 Euro auftreiben. Darauf zu achten ist in jedem Fall, dass es für die Maschine ein sog. „Certificate of Title“, welches mit dem deutschen Fahrzeugbrief vergleichbar ist. Ohne „Title“ ist keine Ausfuhr möglich. Schattenseite ist, dass die Importkosten nach Deutschland den eigentlichen Fahrzeugwert übersteigen. Hinzukommen Kosten für die Restauration. Ein Komplettaufbau kann bis zu 3.000 Euro verschlingen. Attraktive Alternative: auf Oldtimer spezialisierte Händler in Großbritannien kaufen Maschinen in den USA und richten sie wieder her.

Ehrlicher Kandidat fürs Gelände - Suzuki TS 185

Ehrlicher Kandidat fürs Gelände – Suzuki TS 185 (Quelle: Sudougsan)

Zu den Problembereichen der TS 185 gehören Motorvibrationen und sich dadurch lösende Muttern. Die Elektrik fällt durch defekte Zündung und Lichtmaschinen auf. Kolbenschäden, defekte Kurbellwellendichtringe und Ablagerungen von Ölkohle gehören ebenso dazu. Die Ölpumpe sollte auch auf Funktionsfähigkeit gründlich geprüft werden.
Als Massenproduzent verwendete Suzuki viele Gleichteile, weshalb viele Ersatzteile der TS 125 auch für die 185er verwendet werden können. Zylinder und Zylinderkopf des letzten Baujahrs (TS 185 B) können nicht für die Modellvarianten R bis M verwendet werden.

Technische Daten zur Suzuki TS 185

EinheitTS 185 RTS 185 JTS 185 KTS 185 LTS 185 MTS 185 B
1. Fakten
ProduktionszeitJahr197119721973197419751976 bis 1977
Nummerierung (Rahmen)StartTS185-10001... -24291TS185-24292... -50591TS185-50592... -84663TS185-84664... -115943TS185-115944... -142742TS1852-10001... -24006
FarbenStrip OrangeAscot Red,
Redondo Blue
Desert Yellow,
Coronado Blue
Light Blue,
Stardust Silver Metallic
Sunset Orange,
Silver Metallic
Phlolina Yellow,
Black, Orange
NeupreisDMn/an/an/an/an/an/a
2. Motordaten
Motortyp1-Zylinder, 2-Takt1-Zylinder, 2-Takt1-Zylinder, 2-Takt1-Zylinder, 2-Takt1-Zylinder, 2-Takt1-Zylinder, 2-Takt
Ventilsteuerungschlitzgesteuertschlitzgesteuertschlitzgesteuertschlitzgesteuertschlitzgesteuertschlitz-/membrangesteuert
Nockenwellekeinekeinekeinekeinekeinekeine
Hubraumccm183 ccm183 ccm183 ccm183 ccm183 ccm183 ccm
Bohrungmm64 mm64 mm64 mm64 mm64 mm64 mm
Hubmm57 mm57 mm57 mm57 mm57 mm57 mm
Verdichtungsverhältnis6,7:16,7:16,7:16,2:16,2:16,4:1
Vergaser1 Mikuni Rundschiebervergaser
(VM 26) mit 26 mm Durchlass
1 Mikuni Rundschiebervergaser
(VM 26) mit 26 mm Durchlass
1 Mikuni Rundschiebervergaser
(VM 24 SH) mit 24 mm Durchlass
1 Mikuni Rundschiebervergaser
(VM 24 SH) mit 24 mm Durchlass
1 Mikuni Rundschiebervergaser
(VM 24 SH) mit 24 mm Durchlass
1 Mikuni Rundschiebervergaser
(VM 26 SS) mit 26 mm Durchlass
3. Leistungsdaten
LeistungPS18 PS17,5 PS17,5 PS17 PS17 PS18 PS
bei Drehzahlmin-17.000 U/min7.000 U/min7.000 U/min7.000 U/min7.000 U/min7.000 U/min
DrehmomentNm18,6 Nm18,3 Nm18,3 Nm18,3 Nm18,3 Nm18,6 Nm
bei Drehzahlmin-16.500 U/min6.000 U/min6.000 U/min6.000 U/min6.000 U/min6.500 U/min
LeistungsgewichtKg/PS5,5 Kg/PS5,6 Kg/PS5,6 Kg/PS5,8 Kg/PS5,8 Kg/PS5,5 Kg/PS
Höchstgeschwindigkeitkm/h120 km/h120 km/h120 km/h120 km/h120 km/h120 km/h
4. Abmessungen
Längemm2.035 mm2.035 mm2.0102.035 mm2.035 mm2.050 mm
Radstandmm1.340 mm1.340 mm1.336 mm1.336 mm1.336 mm1.331 mm
LeergewichtKg99 Kg99 Kg99 Kg99 Kg99 Kg99 Kg
5. Bremse
Bremse vornSimplex 125 mmSimplex 125 mmSimplex 125 mmSimplex 125 mmSimplex 125 mmSimplex 125 mm
Bremse hintenSimplex 125 mmSimplex 125 mmSimplex 125 mmSimplex 125 mmSimplex 125 mmSimplex 125 mm
6. Antrieb
Getriebe5-Gang Fußschaltung5-Gang Fußschaltung5-Gang Fußschaltung5-Gang Fußschaltung5-Gang Fußschaltung5-Gang Fußschaltung
AntriebKetteKetteKetteKetteKetteKette
StarterPrimär-KickstarterPrimär-KickstarterPrimär-KickstarterPrimär-KickstarterPrimär-KickstarterPrimär-Kickstarter