Die Suzuki GS 550 schloss die Lücke zwischen 400 und 750 ccm
Als Suzuki 1972 die GT 550 mit Dreizylinder-Zweitakt-Motor auf den Markt brachte, startete im Hintergrund bereits die Entwicklung verschiedener Viertakt-Motoren. Denn dem Motorradhersteller aus Hamamatsu war längst bewusst, dass sich das Ende großvolumiger Zweitakter Ende der Dekade abzeichnen würde.
Suzukis Einstieg in die Welt viertaktender Motorräder bereiteten die GS 400 mit Zweizylinder-Motor sowie die GS 750 mit Vierzylinder-Reihenmotor gemeinsam im Jahr 1976. Allerdings existierte zwischen beiden Modellen ein Hubraumsegment, welches von Honda seit langer Zeit dominiert und von anderen Herstellern wie beispielsweise Kawasaki, Benelli und Laverda erfolgreich erschlossen wurde. Die GT 550 benötigte eine würdige Nachfolgerin, der Konkurrenz sollten Marktanteile abgenommen und die Lücke im eigenen Portfolio geschlossen werden. Höchste Zeit also für ein Bike mit 500 bis 550 ccm Hubraum.
Anfang 1977 feierte schließlich die GS 550 als [fast] kleinste Vierzylinder-Maschine aus dem Hause Suzuki ihre USA-Premiere und stand im Sommer des gleichen Jahres in den Verkaufsräumen der deutschen Händler. Technisch basierte die 550er Suzuki auf der GS 750. Auch wenn sich Brennräume, Vergaser und Fahrwerksgeometrie unterschieden, war die Kleine von ihrer großen Schwester äußerlich kaum zu unterscheiden. Ein Blick auf den Seitendeckel lüftete schnell das Geheimnis.
Die Suzuki GS 550 bzw. Suzuki GS 550 E überzeugten auf ganzer Linie – eine Vielzahl technischer Raffinessen traf auf einen leistungsstarken Motor in einem gefälligen Fahrwerk. Wie gut sie war, belegt auch das Werbeprospekt aus jenen Tagen, in welchem Suzuki werbewirksam die Testergebnisse von MOTORRAD aufnahm:
„Diese Vierzylinder machte von sich reden als drei Abenteurer mit ihren funkelnagelneuen Maschinen von Kalifornien nach Alaska fuhren. Sengende Wüstenhitze und arktische Temperaturen ließen diesen `Langstrecken-Jet`völlig kalt. […] Wen will es wundern, dass auch diese Suzuki in einem deutschen Vergleichstest unangefochten den ersten Platz belegte!“
Elastischer GS 550 Motor überzeugte Fachpresse und Käufer
Herzstück der neuen Mittelklasse-Maschine bildete ein fahrtwindgekühlter Vierzylinder-Viertakt-Reihenmotor, der technisch weitestgehend dem GS 750 Motor entsprach. Das DOHC-Triebwerk besaß zwei obenliegende Nockenwellen, die über Tassenstößel jeweils zwei Ventile pro Zylinder öffneten und schlossen. Den Nockenwellenantrieb übernahm eine mittig laufende Steuerkette, über deren automatische Kettenspannung (von Suzuki „Posispanner“ getauft) sich nicht nur die Werkstätten freuten. Ebenso wartungsfreundlich gestalteten sich gegebenenfalls notwendige Ventileinstellarbeiten. Die Mechaniker brauchten nur die Tassenstößel herunterzudrücken, um an die Einstell-Shims zu gelangen. Diese Einstellplättchen gab es in 20 verschiedenen Stärken, von 2,15 bis 3,10 Millimeter in Abstufungen von 0,05 mm. Ein Ausbau der Nockenwellen entfiel, anders als beispielweise bei der Kawasaki Z 650.
Die Brennräume des Suzuki-Viertakters waren mit 56 x 55,8 mm fast quadratisch ausgelegt und wurden von vier Mikuni-Gleichdruckvergaser mit jeweils 22 mm Durchlass (Typ: VM 22 SS) befeuert. Vier gegossenen Kolben übertrugen die Verbrennungskräfte auf die sechsfach gelagerte Kurbelwelle. Das Leichtmetall-Triebwerk leistete aus 549 ccm Hubraum und bei einer Verdichtung von 8,6:1 bis zu 49 PS, die bei 9.000 U/min zur Verfügung standen. Besonders erfreulich fiel die Drehmomentkurve aus. Mit maximal 41 Nm bei 7.500 U/min stand ausreichend Dampf zur Verfügung. Der Motor bot aber auch ausreichend viel Elastizität, so dass entspanntes und schaltfaules Cruisen jederzeit möglich war.
Den Primärantrieb legten die Ingenieure aus Hamamatsu geradeverzahnt aus. Ein exakt zu schaltendes Sechsgang-Getriebe übertrug die Antriebskräfte über eine langlebige, selbstschmierende Rollenkette zum Hinterrad. Die 220 Kilogramm schwere GS 550 erreichte eine Höchstgeschwindigkeit von 180 km/h und fuhr damit knapp zehn Kilometer schneller als ihre Konkurrenz, die Honda CB 550 Four. Im Gegenzug trumpfte die Honda mit einem höheren Drehmoment von 44 Nm, welches sich insbesondere bei höheren Geschwindigkeiten vorteilhaft bemerkbar machte.
Vorbildliche Fahrwerkseigenschaften ab Werk
Was vor Jahren noch massiv an japanischen Motorrädern kritisiert wurde, erhob Suzuki Ende der 1970er Jahre zum Standard. Nicht unbedingt leicht, dafür aber nahezu unverwüstlich präsentierte sich der Doppelschleifen-Rohrahmen mit stabilisierenden Knotenblechen zwischen Steuerkopf und oberem Zentralrohr sowie zusätzlichen Querstreben im Bereich der vorderen und oberen Rahmenschleifen.
Vorbildlich war die hintere Doppelschwinge. Die eingesetzte Nadellagerung brachte nicht nur einen geringeren Verschleiß mit sich, sondern sorgte vor allem für eine präzise Kurvenlage. Die bei früheren Maschinen verwendeten Kunststoffbuchsen „versetzten“ gerne die Hinterhand und gehörten inzwischen der Vergangenheit an. Die Dämpfung und Federung der einfach ölgedämpften Telegabel hatten die Ingenieure aus Hamamatsu optimal abgestimmt. 150 Millimeter Federweg vorn und 85 Millimeter hinten boten Fahrer und Sozius ausreichend Komfort auch auf langen Strecken, obwohl die Mittelklasse-Maschine auf eine Luftunterstützung für Gabel und Federbeine à la GS 1000 verzichten musste. Die Sitzbank war nicht zu weich und nicht zu hart gepolstert. Das Fahrwerk kam mit der gebotenen Motorleistung und den 220 Kilogramm Gewicht in jeder Situation gut zurecht und vermittelte dank kürzeren Radstandes ein überzeugendes Handling.
Während die ersten Modelle der GS 550 B für den USA-Markt vorn nur eine einfache Scheibenbremse erhielten, kamen die Deutschland-Modelle von Anfang an mit Doppelscheiben zu den Händlern. Hinten verzögerte eine gestängebetätigte Simplex-Trommelbremse, die allerdings 1979 einer Einscheibenbremse wich.
Die GS 550 Modellreihe bekam jedes Jahr ein Refresh
Die erfolgreiche Modellreihe brachte nicht nur eine kontinuierliche Verbesserung, sondern auch verschiedene Varianten als Straßenmotorrad, Soft-Chopper und sportlicher-stylischer Katana hervor. Etwas verwirrend sind die verschiedenen Versionen benannt. Die Modelle für den deutschen Markt tragen ein „D“ in ihrer Versionsbezeichnung. Den Zusatz „E“ erhielten die Modell mit Alufelgen und Scheibenbremse hinten.
- 1977: Mit der Suzuki GS 550-B startete die Modellreihe mit Drahtspeichenfelgen und Einfach- (USA) bzw. Doppelscheibenbremse (Deutschland) vorn und Simplex-Trommelbremse hinten. Hierzulande kostete B-Version 5.850 DM inkl. Auslieferungspauschale.
- 1978: Die GS 550-C war in zwei Ausführgen erhältlich. Die Suzuki GS 550 entsprach der B-Version mit Ausnahme der Lackierungen. Die GS 550 E erhielt hinten eine Scheibenbremse und Leichtmetallfelgen und kostete 6.650 DM.
- 1979: GS 550 E-N entsprach dem 1978er Modell. Hinzukam eine L-Version im Chopper-Look mit geänderter Fahrwerksgeometrie und auf 1.495 mm verlängertem Radstand, einer Stufensitzbank und einem hohen Lenker. „Easy-Rider“ lässt grüßen.
- 1980: GS 550 E-T entsprach dem Modell von 1979 erhielt aber geänderte Farben und Dekors. Die Seitendeckel waren nun in der Hauptfarbe lackiert. Ganz in der Farbe „Marble Saint Red“ präsentierte sich das Sondermodell „Red Suzi“ mit roten Federn an den Federbeinen und rot abgesetzten Felgen. Motor und Auspuff waren Mattschwarz.
- 1981: Der GS 550 E-X spendierten die Japaner einige technische Neuerungen. Kegelrollen- ersetzten die bisherigen Kugellager der Lenkung. Eine kontaktlose Transistorzündung (CDI) war wartungsfrei und die Gleichdruck- statt Rundschiebervergaser teilten sie sich mit der im gleichen Jahr vorgestellten „Katana“. Design wie auch Farbgebung mit Silber/Rot/Schwarz waren bei der GS 550 M Katana absolut gelungen und trafen voll den Geschmack der damaligen Käufer. Ein absolutes Novum war die schwarz-rot geteilte Sitzbank.
GS 550 Empfehlungen für einen Gebrauchtkauf
Zunächst mal die nackten Fakten: Beim Kraftfahrtbundesamt waren 2013 noch 767 Maschinen dieser Baureihe registriert. Und Classic-Data taxiert eine GS 550 E im makellosen Zustand mit maximal 2.600 Euro. Verbrauchte bis restaurationsbedürftige Exemplare liegen so zwischen 300 bis 600 Euro. Wer nicht unbedingt einen Oldtimer zur Wertanlage sucht, macht mit der Suzuki GS 550 bzw. GS 550 E in den oberen Preisregionen nichts falsch. In Sachen Gebrauchtkauf gilt „keine besonderen Vorkommnisse“.
- Für die GS 550 sprechen vor allem die ausgereifte und auf Langlebigkeit ausgelegte Technik. Das Fahrwerk wird selbst modernen Ansprüchen gerecht und die Ersatzteilversorgung ist recht gut.
- Die Schattenseite: die meisten erhältlichen Exemplare sind mehr oder weniger verbastelt und haben teilweise drei oder mehr Vorbesitzer. Viele Maschinen bekamen im Laufe ihres Lebens beispielsweise eine Marshall 4-in-1 Auspuffanlage aus dem Zubehörhandel spendiert.
- Aufgrund ihres langstreckentauglichen 17 Liter Tanks haben 80% der gebrauchten GS 550’er zwischen 60.000 und 75.000 Kilometer auf dem Tacho. Altersbedingte Macken bleiben da nicht aus.
Zu den wenigen Problembereichen gehören u.a. Motorundichtigkeiten. Ölverluste können am Motor-Seitendeckel sowie am Zylinder, hier vor allem im Bereich des Zylinderkopfes auftreten. Ein niedriger Ölstand und ein verölter Motor sind verräterisch. Werden neue Kolben bzw. Kolbendichtringe im Übermaß notwendig, müssen auch die Zylinder gehont werden, was ca. 160 Euro kostet. Weiterhin kann der Simmerring der Kupplungsstange porös geworden sein. Gleiches gilt für die Kurbelwellendichtringe, Ventilschaftdichtungen und Gabelsimmerringe.
Weitere Verschließreparaturen betreffen die Dichtungen für die Seitendeckel, den Zylinderkopf und die Dichtungen im Benzinhahn, die nach Jahren ihren Dienst quittieren. Die notwendigen Ersatzteile gibt es überall und sind nicht teuer. Empfehlenswerte Adressen für GS 550 Ersatzteile sind Classic Suzuki Parts (www.classicsuzukiparts.nl), www.cmsnl.com und www.motorradteile-service.de.
Suzuki GS 550 / GS 550E technische Daten
Einheit | GS 550 B bis C | GS 550 E | GS 550 L | GS 550 M Katana | ||
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1. Fakten | ||||||
Produktionszeit | Jahr | 1977 bis 1978 | 1978 bis 1981 | 1979 bis 1982 | 1980 bis 1983 | |
Nummerierung (Rahmen) | Start | n/a | n/a | |||
Farben | Marble Red, Space Ble Metallic, Midnight Blue, Candy Gypsy Red, Straight Blue | Marble Saint Red, Candy Gypsy Red, Marble Canadian Blue, Cactus Green Metallic | Black, Marble Ontario Blue | Bright Silver Metallic, Marble Saint Red |
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Neupreis | DM | 5.850 DM | 6.085 DM | 7.011 DM | 8.215 DM | |
2. Motordaten | ||||||
Motortyp | 4-Zylinder-Reihe, 4-Takt | 4-Zylinder-Reihe, 4-Takt | 4-Zylinder-Reihe, 4-Takt | 4-Zylinder-Reihe, 4-Takt | ||
Ventilsteuerung | DOHC, Kette, 2 Ventile | DOHC, Kette, 2 Ventile | DOHC, Kette, 2 Ventile | DOHC, Kette, 4 Ventile | ||
Nockenwelle | 2 obenliegend | 2 obenliegend | 2 obenliegend | 2 obenliegend | ||
Hubraum | ccm | 549 | 549 | 549 | 549 | |
Bohrung | mm | 56,0 | 56,0 | 56,0 | 56,0 | |
Hub | mm | 55,8 | 55,8 | 55,8 | 55,8 | |
Verdichtungsverhältnis | 8,6:1 | 8,6:1 | 8,6:1 | 8,6:1 | ||
Vergaser | 4 Mikuni Rundschieber-vergaser (VM 22) mit je 22 mm Durchlass | 4 Mikuni Rundschieber-vergaser (VM 22) mit je 22 mm Durchlass | 4 Mikuni Rundschieber-vergaser (VM 22) mit je 22 mm Durchlass | 4 Mikuni Gleichdruck-vergaser (BS 32) mit je 32 mm Durchlass | ||
3. Leistungsdaten | ||||||
Leistung | PS | 49 PS | 49 PS | 49 PS | 50 PS | |
bei Drehzahl | min-1 | 9.000 U/min | 9.000 U/min | 9.000 U/min | 9.400 U/min | |
Drehmoment | Nm | 41 Nm | 41 Nm | 41 Nm | 39 Nm | |
bei Drehzahl | min-1 | 7.500 U/min | 7.500 U/min | 7.500 U/min | 9.400 U/min | |
Leistungsgewicht | Kg/PS | 4,0 Kg/PS | 4,0 Kg/PS | 4,2 Kg/PS | 3,5 Kg/PS | |
Höchstgeschwindigkeit | km/h | 180 km/h | 180 km/h | 180 km/h | 175 km/h | |
4. Abmessungen | ||||||
Länge | mm | 2.190 mm | 2.190 mm | 2.190 mm | 2.150 mm | |
Radstand | mm | 1.435 mm | 1.435 mm | 1.435 mm | 1.500 mm | |
Leergewicht | Kg | 196 Kg | 196 Kg | 196205 | 175 Kg | |
5. Bremse | ||||||
Bremse vorn | 2 Scheiben 275 mm | 2 Scheiben 275 mm | 2 Scheiben 275 mm | 2 Scheiben 275 mm | ||
Bremse hinten | Simplex | 1 Scheibe 275 mm | 1 Scheibe 275 mm | 1 Scheibe 275 mm | ||
6. Antrieb | ||||||
Getriebe | 6-Gang Fußschaltung | 6-Gang Fußschaltung | 6-Gang Fußschaltung | 6-Gang Fußschaltung | ||
Antrieb | Kette | Kette | Kette | Kette | ||
Starter | Kickstarter, E-Starter | Kickstarter, E-Starter | Kickstarter, E-Starter | Kickstarter, E-Starter |
Hallo, bei der GS 550 haben sich ein paar Fehler eingeschlichen. Die GS 550 ET von 1980 hatte bereits die Gleichdruckvergaser. Der Kickstarter fiel weg, die Zündung war auf manchen Märkten schon kontaktlos, auch der Primärantrieb wurde geändert. 1981 wurde dann noch das Design geändert, die letzten GS 550 E liefen 1983 vom Band. Eine Police Version gab es übrigens auch. Viele Grüße Frank
Hallo, meine Frage ist bei der GS550ET der Kickstarter problemlos nachzurüsten?
D.h. ist die Gehäuseaufnahme für die Kickstarterwelle noch die gleiche wie bei dem Vorgänger mit Kickstarter?