Der Rennsport besitzt bei Yamaha eine lange Tradition. Bereits 1959/60 konnte die sportliche Version von Yamahas erstem Zweitakt-Parallel-Twin, die YDS-1, mit einem Umbausatz zu einer Rennmaschine umgerüstet werden. Daraus entstand als erste Straßenrennmaschine im europäischen Stil die Yamaha YDS-1R. Sie gilt quasi als Vorläufer der zehn Jahre später so erfolgreichen TD- und TR-Modelle. Damals platzierten sich hinter dem fast unschlagbaren Giacomo Agostini mit seiner MV Agusta durchweg die Yamaha Production Racer. Ihre Dominanz demonstrierten die japanischen Factory Racer dabei gleich in zwei Hubraumklassen: mit der Yamaha TD2 in der 250-ccm-Klasse und mit der Yamaha TR2 in der 350ern.
Konkurrenzfähige Production Racer
Diese Production Racer waren sofort konkurrenzfähig und blieben es jahrelang. Hatte sich Yamaha viele Jahre mit der 250er Klasse „begnügt“, entstand 1968 mit der YZ608 eine erste konkurrenzfähige Werks-350er für das Rennen im amerikanischen Daytona. Diese diente dann als Vorbild für die TR2.
Diese käufliche Rennmaschine kam 1969 auf den Markt und war bei Privatfahrern dieser Zeit äußerst beliebt. In diesem Jahr triumphierte der Privatfahrer Kent Andersson in Hockenheim bei der deutschen Meisterschaft. Mit nur 112 Kilogramm Trockengewicht war die TR2 nicht nur sehr leicht, sondern schöpfte auch noch satte 54 PS aus nur 348 ccm Hubraum des luftgekühlten Zweitakt-Parallel-Twins. Schnell reifte die Erkenntnis: ‚Wenn Du gewinnen willst, dann fahre einen käuflichen Racer von Yamaha‘.
Yamahas Rennsporterfolge mit den TD2- und TR2-Modellen sorgte für eine steigende Nachfrage, die Yamaha nur schwer befriedigen konnte. Das führte zu langen Verzögerungen bei der Lieferung von Maschinen nach Europa, denn mehr als 400 Maschinen konnte die Rennabteilung im Jahr nicht herstellen. Wenn es die TR2 noch heute geben würde, dann hätten die Bild-Zeitung und Yamaha sie garantiert als den „Volks-Renner“ vermarktet.
Der Yamaha TR2 Motor
Basierend auf dem Motor der 350er Serienmaschine R3 änderte Yamaha viele Leistungsteile und das Getriebe grundlegend um zu einem echten „Rennmotor“ zu kommen. Der weiterhin luftgekühlte TR2 Motor verfügte zwar wie der Serienmotor über eine Bohrung von 61,0 mm und einem Hub 59,6 mm, eine Motorsteuerung mit 5 Spülkanälen und ein horizontal geteiltes Motorgehäuse, allerdings wurden insbesondere die Zylinder gegenüber der Serie stark verändert.
So besaßen die TR2 Zylinder nicht nur deutlich größere Kanäle, sondern waren auch viel leichter als die Serienpendants. Erreicht wurde das durch eine Beschichtung der Lauffläche anstatt einer Graugussbuchse sowie etwas dünnere Kühlrippen. Die leichten und kurzen Kolben trugen nur einen einzelnen schmalen Kolbenring und besaßen Fenster für Spülkanäle nahe dem Einlass.
Zwei Mikuni-Vergaser vom Typ VM34SC sorgten für die Frischgaszufuhr. Das Getriebe war deutlich enger gestuft als in der Serie, der Primärtrieb wurde von Schräg auf gerade verzahnt umgestellt. Schließlich wurde noch die wie in der Serie mit vier massiven Kugellagern geführte Kurbelwelle mit Pleuellagern mit Silberkäfigen drehzahlfest gemacht.
Der Parallel-Twin zündete bis zu 9.500 Mal pro Minute in den beiden Verbrennungskammern das Benzin-Luftgemisch und protzte dann mit 54 PS Maximalleistung. Die Zündung bestand aus einem mit Kontakten bestückten Zündmagneten. Allerdings wurde dieser von vielen Fahrern später von kontaktlosen Zündungen z.B. von Kröber ersetzt.
Bei einem fahrfertigen Gewicht von gerade einmal 132 Kilogramm, musste jedes Pferdchen lediglich 2,4 Kilogramm in Vorwärtsbewegung wandeln. Im höchsten Gang des Fünfgang-Getriebes erreichte der leichte Renner damit immerhin einen Topspeed von waghalsigen 225 Km/h. Die Yamaha TR2 war eine wahre Offenbarung im Rennsport! Mit einem offensiven Fahrstil war die TR2 sogar in der Königsklasse konkurrenzfähig.
Yamaha schaute sich das Fahrwerk bei Norton ab
Das Fahrwerk bestand aus einem stabilen Doppelschleifen-Rohrrahmen, dessen Konstruktion sehr an die Rahmen der Norton Manx erinnert, das aber direkt von der ehemaligen Werksmaschine RD56 abgeleitet wurde. Vorn sorgte eine konventionelle Telegabel für Führung und Federung des Vorderrades, während am Heck zwei fast senkrecht montierte Federbeine und eine Doppelschwinge mit Kastenprofil zum Einsatz kamen. Der langgestreckte Tank nahm 23 Liter Kraftstoff auf sorgte für eine Sitzposition direkt über den Federbeinen. Im Sitzhöcker befand sich ein Öltank für die zusätzliche Ölversorgung des Zweitaktmotors über eine Ölpumpe. Diese wurde allerdings von den meisten Fahrern zugunsten der leichteren und sichereren Gemischschmierung entfernt
Obwohl Scheibenbremsen bereits in einzelnen Maschinen ausprobiert wurden, sorgten bei der TR2 riesige Duplex-Trommelbremsen vorn wie hinten für die notwendige Verzögerung. Leider ließen sich die beiden „Sensibelchen“ nur schwer richtig einstellen und waren auch nicht so effektiv wie Scheiben.
Die Wahl namhafter Fahrer
In der Saison 1970 hat sich die TR2 als das Motorrad der Wahl in der 350er-Klasse fest etabliert, weshalb nur wenig an dem Modell geändert wurde. Top-Fahrer, wie Don Emde, Rod Gould, Phil Read, und Mick Grant sowie unzählige andere, fuhren etliche Grand-Prix-Siege mit den Yamaha Rennern nach Hause. Allerdings wurden viele Maschinen von ihren Fahrern weiter optimiert. Gerne genutzt wurden z.B. Ceriani-Gabeln, andere Bremsen, elektronische Zündungen, Trockenkupplungen oder auch komplett andere Fahrwerke. So nutzte Phil Read 1971 beispielsweise einen extra für ihn gebauten Rahmen von Eric Cheney und vertraute auf einen TR2-Motor der von Helmut Fath und Ferry Brouwer getunt und auf Trockenkupplung umgestellt wurde.
1971 stellte Yamaha mit der TR2B ein leicht überarbeitetes Modell vor, das vor allem von einem erhöhten Verdichtungsverhältnis, eine auf 56 PS gesteigerten Leistung profitierte. Zu dem bekam das überarbeitete Modell einen etwas anderen Kraftstofftank und diverse, kleinere Detailänderungen.
1972 erschien dann mit der TR3 ein vollständig neues Modell auf der Bildfläche. Neben einem komplett neuen Fahrwerk änderte Yamaha das Bohrung-Hub-Verhältnis auf 64 x 54 mm, wie es dann schon seit 1970 die R5 hatte, verbaute nun serienmäßig eine CDI-Zündung und erhöhte die Verdichtung. Mit nun 2 PS mehr unter der Verkleidung sicherte sich der Finne Jarno Saarinen in diesem Jahr drei Siege auf der Yamaha TR3 und wurde Zweiter in der 350ccm-Weltmeisterschaft.
Auf eBay Kleinanzeigen entdeckt
Ralf Rosner, Gründer der Nippon-Classic IG, hat die nachfolgend gezeigte TR vor drei Jahren auf eBay-KLeinanzeigen entdeckt. Der aufgerufene Preis war so gering, dass er zuerst an eine umgebaute Serienmaschine dachte. Es war aber tatsächlich eine echte TR2.
Jedoch war die Yamaha in einem erbärmlichen Zustand, völlig verrostet, der Motor fest, eine falsche Gabel verbaut, Vorderrad und Bremsen fehlten. Danach hat er sich auf die Suche nach den fehlenden Teilen gemacht. Vorderrad und Bremsteile bekam er von einem Amerikaner, der auf den Philippinen lebt. Die Zündung kaufte er in Holland. Den Motordeckel entdeckte er in den USA, Verkleidung und Höcker in Tschechien und die fehlende Gabel erwarb er von einem Freund.
Die Auspuffanlage hatte angeschweißte Dämpfer, die entfernt wurden, um neue Endstücke anzuschweißen. Danach wurde die Yamaha TR2 von Grund auf neu aufgebaut. Der Motor wurde von Reiner Platt, ZMF Motors in Kirchhain, überholt. Tank, Verkleidung und Höcker professionell lackiert.
Inzwischen ist die Maschine in den Besitz von Yamaha-Spezialist und Buchautor, Peter Abelmann, gewechselt. Peter nahm sich diesem Artikel an und korrigierte bzw. ergänzte mit seiner Expertise den Beitrag. Vielen Dank Peter!
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