Ende der 1960er Jahre saßen die vier großen japanischen Motorradhersteller international bereits fest im Sattel. Mittlerweile hatten sie sich in den vergangenen Jahren ein gutes Stück vom amerikanischen Motorradmarkt gesichert. Die USA waren längst zur wichtigsten Absatzregion aufgestiegen. Und dort entdeckten die amerikanischen Jugendlichen ein neues Freizeitvergnügen für sich: Mit umgebauten Straßenmaschinen hatten sie sichtlichen Spaß daran am Strand oder im Wald fossilen Brennstoff in Vortrieb zu verwandeln. Hier waren allerdings kleinvolumige Motorräder mit guten Handling-Eigenschaften gefragt, wie die Yamaha CT 1 oder ihre spätere Version, die DT 175. Breiter Lenker, grobstollige Reifen und eine hochgelegte Auspuffanlage waren die Erfolgszutaten jener „Scrambler“.
Des Weiteren hielten die britischen Hersteller an ihren Big-Block Twins ohne nennenswerte Weiterentwicklungen fest, während die Japaner immer wieder neue Trends setzten. Sachte ging einerseits die Entwicklung hin zu immer größeren Hubräumen. Allen voran war es Honda, die 1965 mit der CB 450 „Black Bomber“ den Engländern einen kernigen Parallel-Twin mit DOHC-Zylinderkopf entgegenstellten. 1969 folgte die CB 750 Four und setzte in Sachen Leistung und Laufruhe neue Maßstäbe am Motorradhimmel. Als „Vorlage“ für die 1969 erschienene Yamaha CT 1 dürfte die 1962 debütierte Honda CL72 gewesen sein.
Yamaha gelingt mit der DT 1 der große Wurf
1968 gelang dann Konkurrent Yamaha der richtig große Wurf. Yamahas DT 1 mit 250 ccm Einzylinder-Zweitaktmotor vereinte echte Geländetauglichkeit mit guten Fahreigenschaften auf befestigten Straßen. Die Maschine traf voll den Zeitgeist wie auch den Geschmack manch eines Filmstars. Roberd Redford oder Brigitte Bardot begeisterten sich für die leichten Yamahas. Spätestens mit Steve McQueens tollkühnen Sprüngen auf einer Triumph Trophy TR6 wollte jeder selbst eine Enduro unterm Hintern haben und zum „King of Cool“ werden.
Mit vollen Auftragsbüchern legte der Hersteller mit den drei gekreuzten Stimmgabeln im Logo 1969 mit einem kleineren Ableger nach. Die neue Yamaha CT 1 in der 175 ccm Klasse rundete das Modell-Portfolio nach unten. Weitere Varianten mit 125 ccm (AT), 100 ccm (LT) und 90 ccm (HS) folgten bis 1972 nach. Die Yamaha CT 1 wurde bis 1973 angeboten und von der Yamaha DT 175 im Jahr 1974 abgelöst, die ständig weiterentwickelt bis 1981 vom Band lief.
Drehfreudiger und spritziger Motor
Die halbstarke Enduro wird von einem luftgekühlten Zweitakt-Single mit 171 ccm Hubraum (Bohrung 66 mm x Hub 50 mm) angetrieben, der sein Frischgas aus einem Mikuni-Schiebervergaser mit 24 Millimeter Durchlass bezieht. Yamahas „AutoLube“-System versorgt das schlitzgesteuerte Triebwerk drehzahl- und lastabhängig mit ausreichend viel Motoröl, welches – anders als bei Suzukis „CCI-Injection“ – einfach aber wirkungsvoll in den Ansaugtrakt eingespritzt wird.
Der Motor der Yamaha CT 1 überzeugte durch seine Drehfreudigkeit, aber auch Spritzigkeit sowie ein breit nutzbares Drehzahlband. Allerdings geriet die verbaute Schwungmasse viel zu klein, wie MOTORRAD in einem Test 1975 monierte:
„Die DT-Motoren besitzen eine so geringe Schwungmasse, dass sie – sinkt die Drehzahl unter einen bestimmten Wert – urplötzlich und ohne Vorankündigung stehenbleiben.“
Tatsächlich zog sich das Problem durch gesamte Yamaha DT Baureihe hindurch. Allerdings fiel wirkte sich die geringe Schwungmasse nur bei Trialfahrten aus. Profis halfen sich mit einem kleineren Kettenritzel vorn und einem geänderten Zündzeitpunkt.
Die Yamaha CT 1 bzw. DT 175 stemmten 14 PS bei 6.340 U/min (DT 175 MX: 15 PS bei 7.500 U/min) auf die mehrteilige, zweifach-gelagerte Kurbelwelle. Ihr maximales Drehmoment von 15,7 Nm reichte aus, um die gerade einmal 107 Kilogramm leichte Knatterkiste in höheren Gängen ab 2.000 Touren zu beschleunigen. Ein schräg-verzahnte Primärantrieb übertrug die Motorkräfte dann zum klauengeschalteten Fünfganggetriebe, welches nicht ganz Niveau der größeren DT 250 erreichte. Die spartanische Abdeckung der Antriebskette verhöhnte ihre eigentliche Bestimmung und schützte maximal den linken Fuß des Sozius. Wobei die kurze Sitzbank eher Rätsel aufgibt, wo dieser denn überhaupt sitzen soll.
Gut gelöst hatte Yamaha den Primär-Kickstarter, so dass die Maschine selbst bei eingelegtem Gang und gezogener Kupplung angetreten werden konnte. Ein E-Starter hätte auch nicht in das simple Motorradkonzept gepasst. Ebenso einfach war die elektrische Anlage aufgebaut. Die Schwunglichtmagnetzündanlage produzierte schwachbrüstige 6 Volt und sorgte auf der Straße für eine diffuse Beleuchtung. Wehe dem, der nicht vor Einbruch der Dunkelheit sein Ziel erreicht hatte und auf die Funzel angewiesen war.
Insgesamt ist die CT 1 eine gutmütige und zähe Enduro und für den gelegentlichen Ausflug in die Pampa absolut ausreichend. Mit maximal 115 km/h zog sie zwar keine Wurst vom Brot, aber auch das erwartete niemand von einem solchen Motorrad.
Modellentwicklung von der Yamaha CT 1 zur DT 175 MX
Yamaha verbesserte seine 175’er Enduro über die Jahre permanent weiter. Die wichtigsten Meilensteine waren:
- 1969 bis 1973: Yamaha CT 1 bis Yamaha CT 3
- 1974 bis 1977: Yamaha DT 175
- 1978 bis 1981: Yamaha DT 175 MX
Yamaha CT 1
Das Original von 1969 orientierte sich optisch wie technisch stark an der im Vorjahr vorgestellten DT 1. Markant waren das niedrige Schutzblech direkt über dem 18 Zoll Vorderrad, der Tank mit seiner rundlichen Form, die kurze Sitzbank und der breite Lenker mit der typischen Querstrebe. Von Anfang setzte Yamaha auf einen stabilen Doppelrohrrahmen. Ein kleiner Lenkkopfwinkel in Kombination mit einer kurzen Doppelschwinge und senkrecht sitzenden Federbeinen sorgten für einen kurzen Radstand von gerade einmal 1.290 mm und die enorme Wendigkeit der kleinen Enduro. Die CT 2 und CT 3 kamen ohne nennenswerte Änderungen 1972 bzw. 1973 auf den Markt. Im Wesentlichen unterschieden sie sich durch geänderte Lackierungen.
Yamaha DT 175
Mit dem Modelljahr 1974 verpasste Yamaha seiner Enduro eine radikale Frischenzellenkur. Die Neuauflage ging über die sonst üblichen optischen Retuschen deutlich hinaus. Erste Auffälligkeit war die Namensänderung. Ab 1974 lief die Enduro als Yamaha DT 175 vom Band. Die Ingenieure änderten die Fahrwerksgeometrie der frisch-gebackenen DT 175. So wuchsen der Radstand auf 1.325 Millimeter, das Vorderrad auf 21 Zoll und der Nachlauf auf 126 Millimeter. Die gestreckte Maschine bot nun tatsächlich Platz für einen Sozius, auch wenn die Fußrasten weiterhin unvorteilhaft an der hinteren Schwinge befestigt waren.
Die DT 175 musste aber auch Abstriche gegenüber der großen Schwester DT 250 machen. Das Fahrwerk war weniger verwindungssteif, die Hinterradschwinge führte ein spürbares Eigenleben und die Dämpfung geriet zu hart. Gute gelungen war hingegen die Verlegung der neu-entwickelten Auspuffanlage zwischen die Rahmenrohre hindurch. Der schlitzgesteuerte Motor erhielt einen Membran-Einlass (sog. „Zungenventil“) zur besseren Leistungsausbeute im unteren und mittleren Drehzahlbereich.
Yamaha DT 175 MX
1978 folgte schließlich mit der DT 175 MX die letzte Ausbaustufe. Yamaha positionierte die völlig überarbeitete und neu-gestaltete MX als sportliche Enduro, die sich auch im harten Geländeeinsatz keine Schwächen leistete. Yamaha verzichtete nun auf Doppelschleifen und verbaute stattdessen einen versteiften Einrohrrahmen. Ein weiteres Novum war die exklusive Cantilever-Hinterradschwinge, die bisher nur von echten Wettbewerbsmaschinen bekannt gewesen ist. Mit einen fast waagerecht verbauten Zentralfederbein erreichte die DT 175 MX hinten einen enormen Federweg von 145 Millimeter (vorn: 180 mm). Mit einer Bodenfreiheit von 265 Millimeter und dem nun unterm Lenkkopf montierten Schutzblech meisterte sie nahezu jegliche Offroad-Disziplin. Der auf 1.350 Millimeter gewachsene Radstand stabilisierte den Geradeauslauf. „Unter der Haube“ tat sich auch einiges: der neu entwickelte Motor bekam einen radialen Zylinderkopf, eine kontaktlose CDI-Zündanlage und ein Sechsganggetriebe. Die Leistung legte auf 15 PS zu.
Yamaha CT 1 / DT 175 gebraucht kaufen
Die zuletzt gebaute DT 175 MX verfügt über eine ausgereifte und robuste Technik, leistet sich keine nennenswerten Schwächen, wirkt aber äußerlich auch nicht so als wäre sie vor über 30 Jahren auf unsere Straßen gekommen. Wer Vernunft kaufen möchte, ist mit der MX besser bedient. Zumal auch die offiziellen Preise von Classic-Data mit 2.200 Euro für einen Top-Zustand merklich unter den Preisen der DT 175 liegen. Hier rufen potentielle Verkäufer 800 Euro mehr auf.
Wer jedoch ein Oldtimer-Motorrad mit Kult-Status sucht, wird definitiv bei den frühen CT 1 bis CT 3 fündig. Die Yamaha CT 1 ist kompakt und leicht und wirkt geradezu filigran in ihrer Erscheinung. Besonders schön sieht dieser Oldtimer in der originalen candy-goldenen Lackierung aus. Hierzulande quasi nicht zu finden, tummeln sich viele dieser Klassiker in den USA zwischen 500 und 2.000 US-$.
Auch seltene Ersatzteile wie die Tankembleme oder die Auspuffanlage lassen sich in den USA für nicht ganz kleines Geld auftreiben. Zudem gibt es viele Händler, die sich auf Yamaha OEM Ersatzteile spezialisiert haben, meistens in den Niederlanden, in Großbritannien oder in den USA. Lager, Dichtringe und Kolben im Übermaß stellen keine organisatorischen Herausforderungen dar.
Technische Daten Yamaha CT 1 / Yamaha DT 175
Einheit | CT 1 bis CT 3 | DT 175 | DT 175 MX | ||
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1. Fakten | |||||
Produktionszeit | Jahr | 1969 bis 1973 | 1974 bis 1977 | 1978 bis 1981 | |
Produktion (Stk) | 133.329 | 62.015 | |||
Nummerierung (Rahmen) | Start | CT1-000101 bis 009740 CT1-010101 bis 031460 CT1-139101 bis 162879 CT1-065101 bis 098830 CT1-100101 bis 144920 | A: 443-000101 bis 025820 B: 445-100101 bis 126950 C: 559-000101 bis 009548 | ||
Farben | CT1: California Orange, Candy Green, Candy Orange CT2: Brilliant Red CT3: Gold Dust | A: Yale Blue B: Balboa Blue C: French Blue | White, Red, Black, Blue | ||
Neupreis | DM | n/a | 3.246 DM | 3.263 DM | |
2. Motordaten | |||||
Motortyp | 1-Zylinder, 2-Takt | 1-Zylinder, 2-Takt | 1-Zylinder, 2-Takt | ||
Ventilsteuerung | Schlitzsteuerung | Membrangesteuert | Membrangesteuert | ||
Nockenwelle | keine | keine | keine | ||
Hubraum | ccm | 171 ccm | 171 ccm | 171 ccm | |
Bohrung | mm | 50 mm | 50 mm | 50 mm | |
Hub | mm | 66 mm | 66 mm | 66 mm | |
Verdichtungsverhältnis | 6,8:1 | 6,8:1 | 6,8:1 | ||
Vergaser | 1 Mikuni Vergaser (VM 24 SH) mit 24 mm Durchlass | 1 Mikuni Schiebervergaser (VM 24 SS) mit 24 mm Durchlass | 1 Mikuni Schiebervergaser (VM 24 SS) mit 24 mm Durchlass | ||
3. Leistungsdaten | |||||
Leistung | PS | 15 PS | 14 PS | 15 PS | |
bei Drehzahl | min-1 | 7.000 U/min | 6.340 U/min | 7.500 U/min | |
Drehmoment | Nm | 16 Nm | 15,7 Nm | 14,5 Nm | |
bei Drehzahl | min-1 | 5.500 U/min | 6.340 U/min | 6.500 U/min | |
Leistungsgewicht | Kg/PS | 6,4 Kg/PS | 7,1 Kg/PS | 7,4 Kg | |
Höchstgeschwindigkeit | km/h | 115 km/h | 115 km/h | 112 km/h | |
4. Abmessungen | |||||
Länge | mm | 1.960 mm | 2.145 mm | 2.145 mm | |
Radstand | mm | 1.290 mm | 1.325 mm | 1.350 mm | |
Leergewicht | Kg | 96 Kg | 100 Kg | 111 Kg | |
5. Bremse | |||||
Bremse vorn | Simplex 130 mm | Simplex 130 mm | Simplex 130 mm | ||
Bremse hinten | Simplex 130 mm | Simplex 130 mm | Simplex 130 mm | ||
6. Antrieb | |||||
Getriebe | 5-Gang Fußschaltung | 5-Gang Fußschaltung | 6-Gang Fußschaltung | ||
Antrieb | Kette | Kette | Kette | ||
Starter | Kickstarter | Kickstarter | Kickstarter |
Schöner Artikel , bin Yamahafahrer Schwerpunkt Trial 74 Jahre
Hallo – toller Artikel. Ich habe mir jüngst eine DT 175 MX zugelegt und restauriere sie gerade. Kann mir jemand verraten, wo ich die Farbcodes bzw. die Angaben für die Original-Farben bekomme, damit ich das einem Lackierer geben kann und er mir meine DT wieder schon ROT macht?
Danke schon mal und Grüsse, Tom