Der erste Viertakter von Yamaha

Die Ursprünge der Yamaha XS 1 gehen vermutlich bis in das Jahr 1955 zurück: Damals produzierte der kleine japanische Motorradhersteller Hosk ein Zweizylindermotorrad mit einem halben Liter Hubraum, die 500cc Twin. Hosk baute damals die deutschen Horex-Motoren aus der Imperator 400 bzw. 500 in Lizenz nach. Wenig später wurde Hosk von Showa übernommen und innerhalb der nächsten Jahre entwickelten die Ingenieure der Firma die 500er weiter zur 650cc Twin. Showa wiederum ging schließlich in den 60er Jahren im Yamaha-Konzern auf und so stand diese Technik letztendlich dem Konzern aus Hamamatsu zur Verfügung. Man hatte sich hier wohl vom Vorgehen des Konkurrenten Kawasaki inspirieren lassen: Dieser hatte kurz vorher Meguro aufgekauft, der englische BSA-Motoren in Lizenz fertigte.

Die Yamaha XS 1 kam nie nach Deutschland

Die Yamaha XS 1 kam nie nach Deutschland (Foto: Nippon-Classic.de

Bis heute hat allerdings Yamaha den Einfluss der Horex-Technik vehement abgestritten und die Eigenentwicklung in den Vordergrund gestellt. Mit der CB 450 hatte 1965 Yamahas Konkurrent Honda ein Motorrad präsentiert, das den Weg in Richtung hubraumstärkerer Maschinen wies. Yamahas größtes Modell war zu dieser Zeit die YR-1, aus der später einmal die legendäre RD 350 werden sollte. Man arbeitete also fieberhaft daran, Technologien verfügbar zu machen, die den erfolgreichen Bau größerer Maschinen ermöglichten. Ziel war der US-Markt, der schon zu diesem Zeitpunkt relativ niedrige Abgaswerte forderte und auf dem Zweitakter traditionell kaum eine Chance hatten.

Ende der 60er Jahre hatten die Ingenieure die zur Verfügung stehende Technik, basierend auf der YR-1, so verfeinert, dass fast Marktreife erreicht wurde. Verschiedene Parameter in Design und Technik waren inzwischen von den britischen Herstellern Triumph (bes. von der Bonneville), BSA und Norton übernommen worden, andere vom Motor des Sportwagens Toyota 2000 GT – hier hatte Yamaha den kompletten Motor entwickelt.

Das Design der Yamaha XS 1 verströmt einen zeitlosen Charme

Das Design der Yamaha XS 1 verströmt einen zeitlosen Charme (Foto: Nippon-Classic.de

Und so stellte das Team um Chefingenieur Tanaka schließlich auf der Tokyo Motor Show im Herbst 1969 die Yamaha XS 1 vor. Die erste Yamaha mit Viertaktmotor war bis dato auch die leistungsstärkste Maschine der Marke mit den drei gekreuzten Stimmgabeln im Logo. Bis dieses Motorrad auch in Deutschland angeboten wurde, verging allerdings noch über ein Jahr: Erst 1971 fand die leicht modifizierte XS 2 ihren Weg zu den deutschen Händlern.

Der Motor – britischer Stil mit japanischer Technik

Der Motor der Yamaha XS 1 war als Viertakt Parallel-Twin an die erfolgreichen britischen Motorräder der damaligen Zeit angelehnt, glänzte aber mit hochmoderner Technik, wie z.B. einer kettengetriebenen obenliegenden Nockenwelle mit automatischem Kettenspanner, die über Kipphebel je zwei Ventile pro Zylinder betätigte. Des Weiteren gab es eine samt Pleueln wälzgelagerte Kurbelwelle, zwei Mikuni-Unterdruckvergaser mit 30 mm Durchlass – auf Basis einer Solex-Lizenz – und einen Motorblock mit horizontal teilbarem Gehäuse.

Der Parallel-Twin der Yamaha XS 1 wurde noch mit Muskelkraft zum Leben erweckt

Der Parallel-Twin der Yamaha XS 1 wurde noch mit Muskelkraft zum Leben erweckt (Foto: Nippon-Classic.de

Das Bike besaß ein exakt schaltendes Fünfganggetriebe sowie eine Mehrscheibenkupplung im Ölbad. Die Kraftübertragung ans Hinterrad erfolgte klassisch per Kette. Für den quadratisch ausgelegten Motor der XS-1 hatten die Entwickler Bohrung und Hub (75 mm x 75 mm) vom Toyota 2000 GT übernommen. Bei einer Drehzahl von 7000 Umdrehungen erreichte er eine Leistung von 53 PS und eine Höchstgeschwindigkeit von 180 km/h.
Der Kraftstoffverbrauch fiel mit 4,5 bis 5 Litern Normalbenzin auf 100 km äußerst sparsam aus. Mit einem Tankinhalt von zunächst 12,5 Litern konnte man also ungefähr 250 Kilometer herunterspulen.

Diese Werte wurden mit der Standard-Auspuffanlage der amerikanischen Version erzielt. In Deutschland erhielt diese jedoch keine TÜV-Abnahme und in der Folge reduzierte sich die Motorleistung auf 35,4 PS bei 7.250U/min. Mehr als 135 km/h konnte die Maschine damit nicht mehr erreichen.

Unter dem rechten Seitendeckel: Luftfilter, Teil der Elektrik

Unter dem rechten Seitendeckel: Luftfilter, Teil der Elektrik (Foto: Nippon-Classic.de

Fahrwerk und Bremsen der Yamaha XS 1

Anders als beim hochinnovativen Motor setzte Yamaha beim Fahrwerk auf bewährte Technik, wie eine hydraulisch gedämpfte Telegabel, ein stabiles Rahmenhauptrohr mit doppelten Unterzügen, sowie eine Hinterradschwinge mit zwei Federbeinen. An beiden Rädern (3.25-H-19 vorne und 4.00-H-18 hinten) kam jeweils eine ausreichend wirkungsvolle Duplex-Trommelbremse zum Einsatz. In der Summe der Eigenschaften konnten diese Komponenten aber nicht mit den Fahrleistungen mithalten und so wurde dem Bike letztendlich nur unterdurchschnittliches Fahrverhalten attestiert.

Selbst der Einsatz einer Scheibenbremse am Vorderrad beim Folgejahrgang der Yamaha XS 2, und die Wahl eines anderen Reifenfabrikats, z.B. Metzeler, brachte keine nennenswerte Verbesserung: Das Fahrverhalten blieb weiter hinter den Konkurrenten zurück und führte zusammen mit der Senkung der Motorleistung schließlich auch zum schnellen Ende der Baureihe.

Die XS 1 hatte vorn noch eine 200 mm Duplex-Bremse

Die XS 1 hatte vorn noch eine 200 mm Duplex-Bremse (Foto: Nippon-Classic.de

Modellpflege und Entwicklung zur XS 650

Die bereits erwähnten Änderungen zwischen den Varianten Yamaha XS 1 und XS 2, elektrischer Anlasser und Scheibenbremse vorne, konnten die anhaltend niedrigen Verkaufszahlen nicht steigern und führten hierzulande zunächst 1972 zu einer Einstellung des Imports durch die Mitsui Maschinen GmbH.
Hinter den Kulissen arbeitete das Werk aber intensiv an der Weiterentwicklung der XS 2. Yamaha konnte dafür den englischen Viertaktexperten Percy Tait gewinnen, der seit über 20 Jahren bei Triumph in der Entwicklungs- und Rennabteilung gearbeitet hatte.

Erst von der XS 2 kamen eine Exemplare nach Deutschland

Erst von der XS 2 kamen eine Exemplare nach Deutschland (Foto: Nippon-Classic.de

Mit einer Vielzahl von Maßnahmen gelang es seinem Team, fast alle kritischen Eigenschaften der XS 2 zu beseitigen und so verließ 1975 das komplett überarbeitete Nachfolgemodell XS 650 die Werkshallen. Die wichtigsten Änderungen waren:

  • Den Bereich von Steuerkopf, Rahmen und Schwingen versteiften ab jetzt Knotenbleche, zwei weitere Stellen am Rahmen erhielten Verstärkungen.
  • Der Lenkkopfwinkel wurde vergrößert und der Nachlauf verkürzt.
  • Statt der Einzel-Scheibenbremse am Vorderrad kam nun eine Zweischeibenanlage zum Einsatz.
  • Federung und Dämpfung erhielten eine Feinabstimmung.
  • Im Motor gelang es, die Kolbenseitenkräfte durch kürzere Kolben und längere Pleuelstangen zu verringern.
  • Der Kupplungsausdrückmechanismus erhielt drei Aludruckstangen.

Im Exterieur fanden sich jetzt Aluminium-Hochschulterfelgen, ein neuer Tank und eine neue Sitzbank. Eine neue Auspuffanlage ermöglichte auch wieder eine angemessene Leistung von nunmehr 51 PS.

Die Maßnahmen waren überaus erfolgreich und bescherten der „neuen“ Maschine immerhin eine Laufzeit von fast zehn Jahren. Erst 1984 lief die letzte Yamaha XS 650 vom Band. Durch eine erhebliche Überproduktion gelangten aber bis 1987 noch neue Maschinen in den Verkauf.

Tipps zum Gebrauchtkauf und Preisspiegel

Da 1970 sich gerade einmal eine Maschine nach Deutschland verirrte und von der Yamaha XS 2 nur 345 Exemplare an den Mann gebracht werden konnten, ist das hierzulande eine absolute Seltenheit. Positiver gestaltet sich die Lage bei dem Nachfolgemodell XS 650.

Laut Classic-Data werden für eine top gepflegte oder original restaurierte Yamaha XS 2 mindestens 4.000 Euro fällig, soweit sich überhaupt ein Besitzer von seinem Schätzchen trennen möchte.

XS1 Einblick: Luftfilter links und Batterie (fehlt)

XS1 Einblick: Luftfilter links und Batterie (fehlt) (Foto: Nippon-Classic.de

Die Versorgung mit Verschleißteilen ist unproblematisch, fast alle Teile sind original verfügbar. Anders sieht es bei Motorenteilen und der Auspuffanlage aus. Hier wirkt sich aber die hohe Verbreitung dieser Maschinen auf dem US-Markt günstig aus: Fast alle Teile, die in Deutschland nicht mehr zu bekommen sind, werden von diversen Anbietern z.B. über die amerikanische Plattform von ebay angeboten. Aber auch in Deutschland gibt es versierte Teilespezialisten. Dabei sind insbesondere zu erwähnen:

  • Twins Inn aus Gernsheim
  • XS 650 Shop aus Kiel (eMail: info@xs650shop.de)
  • Yamaha Klassiker Teile aus Itzehoe und
  • XS-Laden aus Fuchstal/Asch (eMail:info@xs-laden.de)

Technische Daten Yamaha XS 1 und XS 2

EinheitXS 1XS 2
1. Fakten
ProduktionszeitJahr1969 bis 19701971 bis 1973
Nummerierung (Rahmen)Startn/an/a
FarbenCandy Green, Candy OrangePearl Yellow Gold, Brillant Red/Black, Brilliant Red/White
NeupreisDMn/a5.295 DM
2. Motordaten
Motortyp2-Zylinder-Reihe, 4-Takt2-Zylinder-Reihe, 4-Takt
VentilsteuerungOHC, Kette, 2 VentileOHC, Kette, 2 Ventile
Nockenwelle1 obenliegend1 obenliegend
Hubraumccm653 ccm653 ccm
Bohrungmm75 mm75 mm
Hubmm74 mm74 mm
Verdichtungsverhältnis8,7:18,7:1
Vergaser2 Mikuni Gleichdruckvergaser (BS 38) mit je 38 mm2 Mikuni Gleichdruckvergaser (BS 38) mit je 38 mm
3. Leistungsdaten
LeistungPS53 PS53 PS
bei Drehzahlmin-17.000 U/min7.000 U/min
DrehmomentNm54,4 Nm54,4 Nm
bei Drehzahlmin-16.000 U/min6.000 U/min
LeistungsgewichtKg/PS3,5 Kg/PS3,7 Kg/PS
Höchstgeschwindigkeitkm/h185 km/h185 km/h
4. Abmessungen
Längemm2.170 mm2.175 mm
Radstandmm1.410 mm1.410 mm
LeergewichtKg185 Kg194 Kg
5. Bremse
Bremse vornDuplex 200 mm1 Scheibe 298 mm
Bremse hintenSimplex 180 mmSimplex 180 mm
6. Antrieb
Getriebe5-Gang Fußschaltung5-Gang Fußschaltung
AntriebKetteKette
StarterKickstarterKickstarter, E-Starter